Normen
ARB1/80 Art14 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs1;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §30 Abs3;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §44;
VwRallg;
ARB1/80 Art14 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs1;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §30 Abs3;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §44;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. Jänner 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG 1992) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer, der am 21. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist sei, am 12. August 1992 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet habe. Wenig später habe er einen Befreiungsschein und aufgrund dessen einen Sichtvermerk bis 29. Oktober 1994 und danach eine Aufenthaltsbewilligung bis 30. April 1995 erhalten. Die Ehe sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 23. August 1995 rechtskräftig für nichtig erklärt worden, weil sie der Beschwerdeführer nur deshalb geschlossen hätte, um eine Arbeitserlaubnis und eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Das im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG 1992 relevante Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers bestehe in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen. Aufgrund dieses Verhaltens sei das Aufenthaltsverbot auch im Grunde des § 19 FrG 1992 gerechtfertigt. Da weder familiäre noch sonstige Bindungen des Beschwerdeführers festgestellt werden könnten, falle auch die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG 1992 zu Lasten des Beschwerdeführers aus.
1.2. Mit dem Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. Februar 1998 hat die belangte Behörde
1. den Antrag des Beschwerdeführers vom 8. August 1997 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 44
Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen und
2. den Antrag des Beschwerdeführers vom 8. August 1997 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 75 Abs. 2 FrG zurückgewiesen.
Den Spruchpunkt 1. dieses Bescheides begründete die belangte Behörde damit, daß sich aus den Entscheidungsgründen des Ehenichtigkeitsurteiles ergebe, daß der Beschwerdeführer für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet habe. Damit sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG erfüllt. Bei der Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers falle zusätzlich zu seinen Ungunsten ins Gewicht, daß er ungeachtet des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes seinen Aufenthalt in Österreich fortgesetzt habe. Von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes könne daher keine Rede sein. Der Bescheid, mit dem festgestellt worden sei, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 9. September 1980 erfülle, bedeute lediglich, daß der Beschwerdeführer für die Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung keine Beschäftigungsbewilligung benötige. Das Arbeitsmarktservice weise in dem Bescheid überdies ausdrücklich darauf hin, daß der Bescheid nur in Verbindung mit einer gültigen Aufenthaltsberechtigung - die der Beschwerdeführer nicht besitze - Gültigkeit hätte. Die familiären und sonstigen Bindungen des Beschwerdeführers hätten sich nicht zu seinen Gunsten geändert. Vielmehr habe der Beschwerdeführer durch seinen Verbleib im Bundesgebiet sehr deutlich dokumentiert, keinerlei Bedenken zu haben, sich über die für ihn maßgebenden fremdenpolizeilichen Vorschriften in geradezu beharrlicher Weise hinwegzusetzen.
2. Nur gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 25. Februar 1998 richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
Nach der - auch hier maßgeblichen - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur gleichlautenden Bestimmung des § 26 FrG 1992 kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 95/18/1309).
Für - auf dem FrG 1992 basierende - Aufenthaltsverbote, die vor dem Inkrafttreten des FrG mit 1. Jänner 1998 erlassen wurden, normiert § 114 Abs. 3 dieses Gesetzes folgendes:
"Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlaß für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können."
2.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt
- 1. die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
- 2. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Als bestimmte Tatsache im Sinn dieser Bestimmung hat nach deren Abs. 2 Z. 9 u.a. zu gelten, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat.
2.2. Der Beschwerdeführer meint, daß das Aufenthaltsverbot deshalb in den Bestimmungen des FrG keine Deckung fände, weil nach den Feststellungen des Ehenichtigkeitsurteiles das für die Eheschließung geleistete Geld vom Beschwerdeführer nicht an die Braut, sondern an deren ehemaligen Lebensgefährten, der "den geschäftlichen Teil ... abgewickelt" habe, gezahlt worden sei.
Dem ist zu entgegnen, daß es nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf ankommt, ob der Vermögensvorteil als Entgelt für die Eheschließung an die Braut oder an eine dritte Person - etwa den "Vermittler" - geleistet wird.
2.3. Weiters führt der Beschwerdeführer aus, daß die belangte Behörde an die Begründung des Ehenichtigkeitsurteiles nicht gebunden sei und daher die Feststellung betreffend die Leistung eines Vermögensvorteiles für die Eheschließung nicht "ungeprüft" ihrer Entscheidung hätte zugrundelegen dürfen.
Damit verkennt der Beschwerdeführer, daß gemäß § 46 AVG als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Der belangten Behörde stand es daher - ungeachtet der nicht bestehenden Bindung an die Urteilsbegründung - frei, ihre Feststellung auf den Inhalt des Ehenichtigkeitsurteiles, das jedenfalls ein taugliches Beweismittel darstellt, zu stützen.
Der Ansicht der belangten Behörde, daß vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG erfüllt sei, kann somit nicht entgegengetreten werden.
3.1. Das - die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigende - Fehlverhalten des Beschwerdeführers sah die belangte Behörde einerseits in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung der Ehe und anderseits darin, daß der Beschwerdeführer trotz Verhängung des Aufenthaltsverbotes im Inland verblieben sei.
3.2. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, daß die Eheschließung bereits mehr als fünf Jahre zurückliege und daher davon nach dem hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0097, keine Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen mehr ausgehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis - und in mehreren nachfolgenden Erkenntnissen - ausgesprochen, daß für das Treffen der Prognose gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 oder Z. 2 FrG 1992 nicht allein auf das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden Bedacht zu nehmen ist, sondern - unter der Voraussetzung seitherigen Wohlverhaltens - auch auf den seit Verwirklichung dieses Fehlverhaltens verstrichenen Zeitraum. Dieser Gesichtspunkt komme auch für die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger (einer österreichischen Staatsbürgerin) zum Tragen: je länger die Eheschließung zurückliege, umso mehr Gewicht sei dem Wohlverhalten seit diesem Zeitpunkt für die zu treffende Prognose zuzumessen.
Demgemäß hat der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen sich der Beschwerdeführer seit der rechtsmißbräuchlichen Eheschließung mehr als fünf Jahre wohl verhalten hat, die Ansicht vertreten, der besagte Rechtsmißbrauch rechtfertige die Annahme nicht (mehr), daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung gefährde (§ 18 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992).
Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung der Frage, ob die nunmehr in § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) aufgrund der Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG gerechtfertigt ist.
Für den Beschwerdeführer ist damit jedoch schon deshalb nichts gewonnen, weil er sich seit der rechtsmißbräuchlichen Eheschließung nicht wohl verhalten hat, sondern unbestritten trotz rechtskräftiger Verhängung des Aufenthaltsverbotes im Inland verblieben ist, ein Verhalten, das eine große Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt.
3.3. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei aufgrund des auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei aus 1963 gefaßten Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates EWG-Türkei zum Aufenthalt berechtigt, dies habe das Arbeitsmarktservice mit rechtskräftigem Bescheid vom 9. Juni 1997 festgestellt, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.
Der Spruch des bei den Verwaltungsakten erliegenden Bescheides des Arbeitsmarktservice, Regionale Geschäftsstelle Handel - Transport - Verkehr - Landwirtschaft, vom 9. Juli 1997 hat folgenden Inhalt:
"Aufgrund Ihres Antrages vom 17.6.1997 wird festgestellt, daß Sie die Voraussetzungen des Artikel 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19.9.1980 erfüllen und damit in Österreich freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten unselbständigen Beschäftigung haben."
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 18. Juni 1998, Zl. 97/18/0648, ausgesprochen hat, besteht die normative Wirkung eines derartigen rechtskräftigen Feststellungsbescheides in der bindenden Klärung, daß im Einzelfall die vom Assoziationsratsbeschluß Nr. 1/1980 geforderten Voraussetzungen für die Assoziationsfreizügigkeit eines türkischen Arbeitnehmers in Österreich erfüllt sind.
Nach § 30 Abs. 3 FrG haben niedergelassene, sichtvermerkspflichtige Drittstaatsangehörige, die aufgrund eines Staatsvertrages, eines Bundesgesetzes oder eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union ein Bleiberecht genießen, nach Maßgabe dieses Staatsvertrages, Bundesgesetzes oder Rechtsaktes Anspruch auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels.
Die Verhängung eines - wie vorliegend - aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigten Aufenthaltsverbotes ist jedoch gemäß Art. 14 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/1980 auch gegen Personen, die die Voraussetzungen für die Assoziationsfreizügigkeit erfüllen, zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Jänner 1996, Zl. 95/18/1354). Da in diesen Fällen das Aufenthaltsverbot somit ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen für die Freizügigkeit bestehen kann, verliert es auch nicht dadurch seine Wirksamkeit, daß das Vorliegen dieser Voraussetzungen festgestellt wird. Dies bedeutet aber, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers trotz der rechtskräftigen Feststellung, daß er die Voraussetzungen für die Assoziationsfreizügigkeit erfülle, rechtswidrig ist, weil er entgegen einem bestehenden Aufenthaltsverbot aufrechterhalten wurde.
Die Ansicht der belangten Behörde, daß das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei, begegnet daher keinen Bedenken.
4. Gegen die in der Beschwerde nicht bekämpfte Ansicht der belangten Behörde, daß sich die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers nicht zu seinen Gunsten geändert hätten und dem Aufenthaltsverbot die Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG nicht entgegen stünden, bestehen im Hinblick auf den hohen Stellenwert, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 95/18/1309, mwN), und auf den seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichenen Zeitraum von lediglich 13 Monaten keine Bedenken.
5. Da das Aufenthaltsverbot somit auch nach den Bestimmungen des FrG hätte erlassen werden dürfen und die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, nicht weggefallen sind, liegt die behauptete Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Oktober 1998
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