Normen
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangene Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 3. November 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe rechtzeitig einen Verlängerungsantrag gestellt, doch habe der (wegen unzulässiger Wohnverhältnisse ergangene) Abweisungsbescheid vom 22. März 1994 dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden können, weil er schon zuvor das Bundesgebiet verlassen gehabt und wieder in der Türkei gelebt habe. Am 21. Oktober 1995 sei der Beschwerdeführer mit einem bis 17. Dezember 1995 gültigen Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist und illegal in Österreich geblieben. Der seinerzeitige Abweisungsbescheid sei ihm am 27. März 1996 zugestellt worden, der Bundesminister für Inneres habe der dagegen eingebrachten Berufung mit Bescheid vom 31. Jänner 1997 keine Folge gegeben, zumal im Anschluss an einen Touristensichtvermerk die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht zulässig sei. Diesbezüglich sei beim Verwaltungsgerichtshof ein Beschwerdeverfahren anhängig. Da sich der Beschwerdeführer seit Ablauf seines Touristensichtvermerkes (seit 18. Dezember 1995) illegal im Bundesgebiet aufhalte, bestehe kein Zweifel, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben seien. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht die Bestimmungen des § 19 FrG entgegenstünden. Was die Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 19 FrG betreffe, sei auf Grund des kurzen legalen Aufenthalts von keiner relevanten Integration des Beschwerdeführers auszugehen. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet seien vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden. Mangle es aber an einem im Grund des § 19 FrG relevanten Eingriff, so bedürfe es keiner Prüfung, ob die Ausweisung nach dieser Bestimmung dringend geboten sei. Somit sei die Ausweisung des Beschwerdeführers im Grund des § 19 FrG zu Recht verfügt worden, sodass der Berufung keine Folge zu geben gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorweg ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt daher vorliegend nicht zum Tragen.
2. Die Beschwerde führt gegen den angefochtenen Bescheid ins Treffen, dass der Beschwerdeführer bereits am 5. Mai 1997 - somit vor Erlassung des erstinstanzlichen Ausweisungsbescheides - aus Österreich ausgereist sei. Bereits in seiner Berufung gegen den Erstbescheid hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass in seinem Fall § 17 Abs. 1 FrG angesichts dieser Ausreise nicht zur Anwendung kommen könne (vgl. Blatt 119 der vorgelegten Verwaltungsakten); von daher handelt es sich bei dem besagten Beschwerdevorbringen - entgegen der Gegenschrift der belangten Behörde - nicht um eine unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Weder dem angefochtenen Bescheid noch den vorgelegten Verwaltungsakten lässt sich ein Hinweis darauf entnehmen, dass sich die belangte Behörde mit dem besagten Berufungsvorbringen näher auseinander gesetzt hätte; vielmehr hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - ohne erkennen zu lassen, worauf diese Feststellung gründet - lediglich festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer seit Ablauf seine Touristensichtvermerkes "(seit 18.12.1995)" im Bundesgebiet aufhalte. Das Unterbleiben der Auseinandersetzung mit dem besagten Vorbringen stellt aber aus den nachfolgenden Überlegungen einen wesentlichen Verfahrensmangel dar: § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG kommt seinem Wortlaut nach nur dann zur Anwendung, wenn sich der Fremde im Zeitpunkt der Erlassung der Ausweisung rechtswidrig in Österreich aufhält. Wäre der Beschwerdeführer bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - im Sinn seiner Berufungsvorbringens - bereits aus Österreich ausgereist, ließe sich die vorliegende - trotzdem erlassene - Ausweisung nur dahingehend deuten, dass es diesfalls nach Auffassung der belangten Behörde auf den (rechtswidrigen) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung nicht ankäme. Damit würde die belangte Behörde zum Ausdruck bringen, dass die Ausweisung im vorliegenden Fall erst bei (allfälliger) rechtswidriger Rückkehr des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet zum Tragen käme. Von daher könnte der in ihrer Gegenschrift geäußerten Ansicht der belangten Behörde, dass der angefochtene Bescheid angesichts der besagten Ausreise "offensichtlich ins Leere" gehe, nicht beigepflichtet werden. Vielmehr stünde der Annahme, der objektiv rechtswidrigen Erlassung der Ausweisung gleichsam auf Vorrat entspreche kein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des diese Maßnahme verfügenden Bescheides der Umstand entgegen, dass bei Aufrechterhaltung desselben die daraus erfließende Ausreiseverpflichtung den Beschwerdeführer künftig - im Falle neuerlichen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich - treffen würde. Vor diesem Hintergrund kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei einem Unterbleiben dieses Versäumnisses zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigen, Ergebnis gekommen wäre.
3. Im Hinblick darauf war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und - auf Grund der sich aus der mangelhaften Sachverhaltsfeststellung ergebenden unzureichenden Begründung -lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG in dieser Bestimmung mit S 2.500,-- festgesetzt ist.
Wien, am 18. Dezember 2000
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