VwGH 98/17/0137

VwGH98/17/013725.5.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Rechtsanwaltssozietät M - L in P, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 6. März 1998, Zl. Jv 41/98, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb;
GebAG 1975 §18 Abs2 idF 1989/343;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §19 Abs2;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb;
GebAG 1975 §18 Abs2 idF 1989/343;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §19 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, beantragte unter Vorlage einer Verdienstentgangsbestätigung einer Rechtsanwaltskammer den Ersatz des durch seine Zeugenvorladung bei Gericht erlittenen Verdiensteinganges für zwei Stunden zu je S 1.250,--, gesamt S 2.500,--. Nach Aufforderung des Kostenbeamten, den entgangenen und begehrten Einkommensverlust der Höhe nach im Sinne des § 18 Abs. 2 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) durch Vorlage geeigneter Beweismittel nachzuweisen, legte der Beschwerdeführer ein Schreiben vor, in welchem eine Treuhand GmbH ihm aus seinen betriebswirtschaftlichen Ergebnissen Einnahmen von S 2.518,26 pro Stunde bestätigte.

Der Kostenbeamte bestimmte mit Bescheid die Zeugengebühr mit insgesamt S 294,-- (Entschädigung für Zeitversäumnis von zwei Stunden mit je S 147,--) und wies das Mehrbegehren mit der Begründung ab, die Bestätigungen der Rechtsanwaltskammer und der Wirtschaftstreuhänder GmbH seien keine tauglichen Grundlagen zur Berechnung des Verdienstenganges.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, als Rechtsanwalt sei er an die Verschwiegenheitspflicht gebunden. Diese mache es nicht möglich, die konkreten Tätigkeiten, an denen er gehindert gewesen sei, detailliert darzustellen. Diese Tätigkeiten hätten weder substituiert noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden können. Die damit verbundene Einnahmemöglichkeit, welche jedenfalls über den vom Beschwerdeführer begehrten Stundensatz gelegen sei, sei unwiederbringlich verloren gegangen. Es erscheine ihm daher nur recht und billig, den verringerten Satz, der sich aus der vorliegenden Bestätigung der Rechtsanwaltskammer ergebe und der die Verhältnisse des Berufsstandes konkret berücksichtige, zu begehren.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde keine Folge. Dies mit der Begründung, aus den Schriftsätzen des Beschwerdeführers lasse sich eine konkrete Behauptung, daß er bestimmte Tätigkeiten während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei, nicht ableiten. Die Bezeichnung und Beschreibung sowie die erforderlichenfalls notwendige Bescheinigung bestimmter Tätigkeiten hätte vom Beschwerdeführer auch anonymisiert, somit ohne Verletzung der vom Beschwerdeführer angeführten Verschwiegenheitspflicht erfolgen können. Wenn der Beschwerdeführer auch behaupte, daß die konkreten Tätigkeiten, an denen er gehindert gewesen sei, weder substituiert noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden hätten können, könne nicht darauf geschlossen werden, daß die angesprochenen Tätigkeiten überhaupt verloren gegangen seien. Im Rahmen der im § 18 Abs. 2 Gebührenanspruchsgesetz festgelegten Bescheinigungspflicht hätte der Beschwerdeführer diesbezüglich darzutun gehabt, welcher unaufschiebbaren Art diese Tätigkeit gewesen sei. Dies insbesondere im Hinblick auf die Kürze des in Frage stehenden Zeitraumes von zwei Stunden, bei dem noch nicht davon gesprochen werden könne, daß der bloße Umstand der Abwesenheit einen Verdiensteingang in dem Sinne, daß Tätigkeiten verloren gegangen seien, angezeigt erscheinen ließe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht die Zeugengebühr als Entschädigung für Zeitversäumnis im beanspruchten Ausmaß zugesprochen zu bekommen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes - unter Berücksichtigung der Gebührenansätze der Verordnung des Bundesministers für Justiz, BGBl. Nr. 214/1992 - lauten:

"Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfaßt

...

2. Die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. ...

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

  1. 1. S 147,-- für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
  2. 2. anstatt der Entschädigung nach Z. 1
    1. a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
    2. b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
    3. c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter, ...

(2) Im Sinne des Abs. 1 Z. 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z. 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0184, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung, sowie die hg. Erkenntnisse vom 15. April 1994, Zl. 91/17/0172, und vom 17. Februar 1995, Zl. 92/17/0254).

Als wesentlich wurde in der Rechtsprechung bei der Beurteilung des tatsächlichen Einkommensentganges eines selbständig Erwerbstätigen auch erachtet, ob es dem Zeugen möglich und zumutbar war, die betreffenden Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht durchzuführen, wobei auch die Dringlichkeit bzw. Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen können (hg. Erkenntnis vom 15. April 1994, Zl. 91/17/0172). Geht es um behauptetermaßen tatsächlich entgangenes Einkommen wegen "verloren gegangener" Beratungsaufträge, dann ist zu berücksichtigen, welcher Art und welcher Dringlichkeit (allenfalls Unaufschiebbarkeit) diese entgangenen Beratungsaufträge gewesen sind (hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1995, Zl. 92/17/0254).

Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zur bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten (vgl. hiezu Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0184).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 14. Februar 1986, Zl. 86/17/0023, und vom 27. März 1987, Zl. 86/17/0257, weiters dargetan hat, können die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Aufgrund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der dem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2 GebAG keineswegs verschlossen ist. Die Schätzung des tatsächlichen Einkommensentganges, der durch eine bestimmte Zeitversäumnis verursacht wird, ist jedoch der Ermittlung eines fiktiven Einkommens nach Durchschnittsätzen keineswegs gleichzuhalten, muß doch Ausgangspunkt auch der Schätzung stets eine konkrete, dem selbständig Erwerbstätigen ein Einkommen vermittelnde Tätigkeit während des Zeitraumes der Verhinderung sein (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. April 1994, Zl. 93/17/0329).

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren eine Verdienstentgangsbestätigung einer Rechtsanwaltskammer und eine Bestätigung über seine Einnahmen pro Stunde vorgelegt. Damit ist er seiner Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zu behaupten, nicht nachgekommen, sondern hat nur ein fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes Einkommen als Ersatz begehrt.

Der Beschwerdeführer brachte bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vor, der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zu behaupten, stehe seine Verschwiegenheitspflicht entgegen. Dem entgegnete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit der Feststellung, die Bezeichnung und Beschreibung sowie der erforderliche notwendige Bescheinigung bestimmter Tätigkeiten hätte vom Beschwerdeführer auch anonymisiert, somit ohne Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht erfolgen können.

In der Beschwerde behauptete der Beschwerdeführer wiederum nur, die Bescheinigung der konkreten Tätigkeit hätte nur unter Verletzung der Verschwiegenheitspflicht erfolgen können. Er verabsäumt es aber, konkret auf die zutreffende Feststellung des angefochtenen Bescheides bezüglich der Möglichkeit anonymisierter Angaben einzugehen und legt nicht dar, aus welchen Gründen es ihm unmöglich sein soll, den konkreten Verdienstentgang durch solche Angaben auch ohne Verletzung der Verschwiegenheitspflicht behaupten und bescheinigen zu können.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den geltend gemachten Anspruch im Sinne des § 18 Abs. 2 GebAG als nicht bescheinigt angesehen hat.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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