VwGH 98/16/0176

VwGH98/16/017628.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der K GmbH in St. Pölten, vertreten durch Dr. Wolfgang Emberger, KEG, Rechtsanwaltskanzlei in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Mai 1998, Zl. GA 9-1461/96, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1090;
BewG 1955 §15 Abs1;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;
ABGB §1090;
BewG 1955 §15 Abs1;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (als Bestandnehmerin) schloß am 15. Oktober 1995 mit einer Bestandgeberin betreffend eine Liegenschaft einen Bestandvertrag, der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"II.

Die Vertragsteile sind übereingekommen,

...

c) Das Entgelt für den Erwerb des Mietrechtes beträgt ATS 150,000.000,00 (Schilling hundertfünfzig Millionen). ...

V.

Dieses Bestandverhältnis beginnt am 1. (ersten) Oktober 1995 (eintausendneunhundertneunzigfünf) und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

VI.

Jeder Vertragsteil ist berechtigt, dieses Bestandverhältnis unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Letzten eines jeden Monats (tunlichst zum Ende eines Geschäftsjahres) mittels eingeschriebenen Briefes aufzukündigen und damit zur Auflösung zu bringen.

Die Bestandgeberin verzichtet jedoch ausdrücklich darauf, dieses Bestandverhältnis früher als zum 30. (dreißigsten) September 2015 (zweitausendfünfzehn) aufzulösen.

...

IX.

Die Bestandgeberin verpflichtet sich der Bestandnehmerin gegenüber, eine anteilige Verfügung (richtig: Vergütung) für den Fall zu gewähren und zu bezahlen, daß das vertragsgegenständliche Bestandverhältnis vor dem

30. (dreißigsten) September 2015 (zweitausendfünfzehn) von der Bestandnehmerin zur Aufkündigung gebracht wird.

Diese Rückvergütung besteht darin, daß die Bestandgeberin pro Jahr der vorzeitigen Beendigung dieses Vertragsverhältnisses 5 % des in Abschnitt II.C festgelegten Entgelts von ATS 150,000.000,00 (Schilling hundertfünfzig Millionen) rückerstattet, wofür jedoch eine Wertbeständigkeit jedoch nicht vereinbart wird.

Die vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages und die anteilige Rückvergütung des festgelegten Entgeltes kommt jedoch nur in Betracht, wenn sich die wirtschaftliche Situation für die Bestandnehmerin entgegen den Erwartungen so gravierend verschlechtert, daß die Fortführung des Einrichtungshauses als nicht mehr zumutbar betrachtet werden muß."

Als Bestandzins wurde bis zur Erteilung der Benützungsbewilligung ein monatlicher Betrag von ATS 170.000,--, ab dem auf die Erteilung der Benützungsbewilligung folgenden Monat ein monatlicher Betrag von ATS 350.000,-- vereinbart (Punkt X. des Bestandvertrages).

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern ging von einer unbestimmten Vertragsdauer aus und bezog neben dem

36-fachen Monatsbetrag auch die Einmalleistung von S 150 Millionen in die Bemessungsgrundlage mit ein.

Der dagegen (mit dem Argument, es sei auch betreffend die Einmalleistung nur vom anteiligen Wert für drei Jahre auszugehen) erhobenen Berufung gab die belangte Behörde keine Folge; sie änderte aber den angefochtenen Bescheid dahin ab, daß sie ausgehend von einer Vertragsdauer von 20 Jahren gemäß § 15 Abs. 1 BewG das 18-fache des Jahreswertes und die gesamte Einmalleistung der Gebührenbemessung zugrundelegte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die

vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß die Gebühr ausgehend von einem Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu berechnen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG ist für Bestandverträge (§§ 1090ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen eine Gebühr von 1 v.H. zu entrichten. Nach Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle sind einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, auch dann zum Wert zu zählen, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die

wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu

bewerten (§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG).

§ 15 Abs. 1 BewG lautet auszugsweise:

"(1) Der Gesamtwert von Nutzungen oder Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist die Summe der

einzelnen Jahreswerte abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinsenszinsen. Dabei ist von einem Zinssatz in Höhe von 5,5 v.H. auszugehen. Der Gesamtwert darf das 18-fache des Jahreswertes nicht übersteigen. ..."

Kern des Beschwerdevorbringens ist das Argument, daß Punkt IX. Abs. 1 des Vertrages keinerlei Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit durch die Beschwerdeführerin als Bestandnehmerin darstelle, wobei die Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich davon ausgeht, daß sich der Vertragspunkt IX. auf die Kündigungsmöglichkeiten bezieht und daß die (in einem Vertragspunkt VII. geregelten) Fälle der sogenannten außerordentlichen Kündigung im Beschwerdefall nicht relevant sind. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß Punkt IX. Abs. 3 des Vertrages nicht nur die anteilige Rückvergütung an das Vorliegen der im zitierten Punkt näher umschriebenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin knüpft, sondern die vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages durch die Beschwerdeführerin selbst. Unter der "vorzeitigen Auflösung", von der Punkt IX. Abs. 3 des Vertrages spricht, ist nämlich der im Punkt IX. Abs. 1 geregelte Fall zu verstehen, daß die Bestandnehmerin den Vertrag vor dem 30. September 2015 zur Aufkündigung bringt. Daraus folgt aber, daß im Wege des Punktes IX. auch die Bestandnehmerin grundsätzlich für 20 Jahre an den Vertrag gebunden ist, ausgenommen den Fall der in Punkt IX. Abs. 3 näher beschriebenen Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation.

Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden, weil nach der ständigen hg. Judikatur ein seinem Wortlaut nach zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag gebührenrechtlich als solcher auf bestimmte Zeit anzusehen ist, wenn entweder beide Teile vor Ablauf einer bestimmten Zeit den Vertrag nicht einseitig beenden können oder wenn diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag bezeichnete Fälle beschränkt ist (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren, 34/2D letzter Absatz und Ergänzung D 34/3D erster Absatz referierte hg. Judikatur). Die im Beschwerdefall für die Beschwerdeführerin gemäß Punkt III. Abs. 3 des Vertrages nur ausnahmsweise bestehende Möglichkeit der Aufkündigung des Vertrages vor dem 30. September 2015 bei Eintritt einer entsprechenden Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation vermag die grundsätzliche vertragliche Bindung auch der Beschwerdeführerin bis zum 30. September 2015 an den Vertrag nicht aufzuheben. Demgegenüber muß auch das Argument der Beschwerde versagen, die Beschwerdeführerin bräuchte im Falle der vorzeitigen Aufkündigung keinen Bestandzins mehr zu leisten.

Mit Rücksicht auf diese Vertragslage ergibt sich vor dem Hintergrund der oben zitierten ständigen hg. Rechtsprechung bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, zumal auch die Ausführungen zum formal geltend gemachten Verfahrensmangel nur die Auslegung der vorstehend wiedergegebenen Vertragspunkte (und damit eine Rechtsfrage) betreffen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die einfache Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Wien, am 28. September 1998

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