VwGH 98/15/0029

VwGH98/15/002922.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Gerhard Waisocher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiser-Josef-Platz 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 10. Juli 1997, B 65-3a/94, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1985 bis 1988, Wiederaufnahme (Gewerbesteuer 1985 bis 1987) sowie Gewerbesteuer 1985 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §4 Abs5;
EStG 1972 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegen den angefochtenen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Mit Beschluss vom 28. November 1997, B 2442/97, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte den Beschwerdeführer zur Bezeichnung des Beschwerdepunktes iSd § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG auf.

Die vom Beschwerdeführer eingereichte Beschwerdeergänzung führt Beschwerdegründe sowie als Beschwerdepunkt im Sinne der vorzitierten Bestimmung das Recht auf rechtsrichtige Anwendung und Gleichbehandlung hinsichtlich der Reisekosten im Bereich der Betriebsausausgaben (§ 4 Abs. 4 und 5 EStG 1972) im Vergleich zu den Reisekosten iSd § 26 Z 7 EStG 1972 an. Aus der Beschwerdeergänzung ergibt sich, dass sich die Beschwerde insoweit gegen den angefochtenen Bescheid richtet, als er Einkommensteuer 1985 bis 1988 betrifft.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes ist auch die Frage der Zuständigkeit zu prüfen. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die örtliche Zuständigkeit des in erster Instanz eingeschrittenen Finanzamtes Graz-Stadt und damit auch gegen die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde als Rechtsmittelbehörde.

Gemäß § 55 Abs. 1 BAO ist für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen natürlicher Personen das Wohnsitzfinanzamt örtlich zuständig. Gemäß § 55 Abs. 2 BAO ist Wohnsitzfinanzamt jenes Finanzamt, in dessen Bereich der Abgabepflichtige einen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei mehrfachem Wohnsitz im Bereich verschiedener Finanzämter gilt als Wohnsitzfinanzamt jenes, in dessen Bereich sich der Abgabepflichtige vorwiegend aufhält.

Die erstinstanzlichen Bescheide sind dem Beschwerdeführer am 25. Jänner 1991 zugestellt worden. In den Einkommensteuererklärungen hat der Beschwerdeführer als Wohnsitz Graz, I-Straße angegeben. In Tz 7.2.3. des BP-Berichtes vom 24. August 1990 ist festgehalten, dass der Beschwerdeführer seit seiner Wiederverehelichung im Jahr 1982 mit der Gattin, den beiden Stiefkindern und einer gemeinsamen Tochter in Graz lebe. Eine polizeiliche Meldung gebe es aber auch hinsichtlich der Wohnung seiner Mutter in Wien.

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mit Eingabe vom 3. Juli 1991 dem Magistratischen Bezirksamt für den 16. Wiener Gemeindebezirk die Standortverlegung seines Technischen Büros vom bisherigen Standort in Graz nach Wien bekannt gegeben. Die Standortverlegung des Betriebes nach Wien sei in der Folge gemäß § 49 Abs. 2 GewO mit Wirkung vom 27. August 1992 bewilligt worden. Der entsprechende Fragebogen für die steuerliche Erfassung sei beim Finanzamt für den 8., 16. und 17. Wiener Gemeindebezirk am 16. April 1993 eingereicht worden. Der Beschwerdeführer behaupte zwar im Berufungsverfahren, sein Familienwohnsitz befinde sich nunmehr in Wien. Das Finanzamt habe aber die Feststellung getroffen, dass die Kinder des Beschwerdeführers in den Streitjahren den Kindergarten bzw. die Schule in Graz besucht hätten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer auch als Lehrer tätig sei und seiner Lehrverpflichtung an der Landesberufschule in Graz nachkomme (18 Wochenstunden von Montag bis Freitag). Im Hinblick auf die zusätzliche Tätigkeit an der Volkshochschule bestehe kein Zweifel am vorwiegenden Aufenthalt in Graz.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe nicht gewürdigt, dass seine leiblichen Kinder Gregor und Bernhard in Wien in Schul- bzw. Berufsausbildung gestanden seien, seine pflegebedürftige Mutter in Wien wohnhaft gewesen sei, wo er selbst ebenfalls polizeilich gemeldet gewesen sei, die Oberleitung seines Unternehmens in Wien gelegen sei, und er dort eine 20 Wochenstunden umfassende Geschäftsführertätigkeit ausgeübt habe. Somit bestünden die stärksten Bindungen an Wien.

Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in Graz in aufrechter Ehe mit seiner Ehegattin Maria gewohnt und dort in Haushaltsgemeinschaft mit den Kindern der Ehegattin sowie einer gemeinsamen Tochter gelebt hat, und im Hinblick darauf, dass sich in Graz zumindest ein weiterer Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers befunden hat, davon ausgegangen ist, dass sich der Abgabepflichtige vorwiegend in Graz aufgehalten habe, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im übrigen normiert § 73 erster Satz BAO, dass die Zuständigkeit eines Finanzamtes erst mit dem Zeitpunkt endet, in dem ein anderes Finanzamt von den seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen Kenntnis erlangt. Dass ein Finanzamt in Wien vor Jänner 1991 Kenntnis iSd § 73 erster Satz BAO erlangt hätte, behauptet der Beschwerdeführer gar nicht.

Die örtliche Zuständigkeit der Abgabenbehörde zweiter Instanz ist gemäß § 74 BAO gegeben, wenn in ihrem Bereich die Abgabenbehörde erster Instanz gelegen ist. Nach § 75 BAO bleibt selbst bei einem Übergang der örtlichen Zuständigkeit auf ein anderes Finanzamt die dem bisher zuständig gewesenen Finanzamt vorgesetzte Finanzlandesdirektion Abgabenbehörde zweiter Instanz hinsichtlich aller Bescheide, die dieses Finanzamt erlassen hat (vgl. das den Beschwerdeführer betreffende hg Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, 89/14/0088).

Der Beschwerdeführer hat für sein technisches Büro, aus welchem er Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielte, von Graz aus berufliche Fahrten unternommen (Tz 7.2.7 der BP-Berichts). In Tz 17.2.4 des BP-Berichtes ist die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer für seine Fahrten Diäten geltend gemacht habe, auch wenn die Fahrten nicht über den Nahbereich von 25 Kilometer hinausgegangen seien. In gleicher Weise seien für die Gattin und für Dienstnehmer Tagesgelder geltend gemacht worden, obwohl vom Beschwerdeführer keine entsprechenden (Lohn)Zahlungen an diese Personen geleistet worden seien. Es sei auch zur Doppelverrechnung von Tagesgeldern (für ein und denselben Tag mehrfache Geltendmachung des vollen Tagessatzes) gekommen. Weiters habe der Beschwerdeführer auch für die Zeit seines Kuraufenthaltes in Bad Hofgasten regelmäßig Dienstreisen (für die betreffenden Tage jeweils fünf bis sieben Stunden für jeweils zwei Personen) sowie für Weihnachen, Pfingsten, Ostern (fünf oder sechs Tage für jeweils zwei Personen) sowie häufig für Samstage und Sonntage Tagesgelder geltend gemacht. Der Prüfer schätze die anzuerkennenden Tagesgelder pauschal mit 10% (1985 bis 1987) bzw. 25% (1988) der geltend gemachten Sätze.

In der Berufung verwies der Beschwerdeführer darauf, dass seine Reisen wegen ärztlich festgestellter Invalidität und innerer Erkrankungen in hohem Maße mit einem Verpflegungsmehraufwand verbunden seien. Die an Feiertage, Samstagen und Sonntagen durchgeführten Dienstreisen von jeweils zwei Personen seien von der Behörde anzuerkennen.

In der abweisenden Berufungsentscheidung führte die belangte Behörde aus, ein Verpflegungsmehraufwand, der auf eine Erkrankung zurückzuführen sei, führe nicht zu als Betriebsausgaben abzugsfähigen Reisekosten, sondern könne allenfalls im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen Berücksichtigung finden. Die Erklärung der beruflichen Veranlassung der Tagessätze für Reisen für jeweils zwei Personen an Feiertagen und Wochenenden (beispielsweise über Pfingsten) sei der Beschwerdeführer schuldig geblieben. Angesichts der Unzahl der im BP-Bericht festgestellten Mängel hinsichtlich der geltend gemachten Tagesgelder und mangels eines substantiierten Vorbringens erscheine die Schätzung des Prüfers der Lage des Falles angepasst.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe bei seinen Reisen den Gemeindebereich verlassen, die belangte Behörde habe aber unzulässigerweise auf eine bestimmte Entfernung (25 km) abgestellt. Diese Differenzierung zur Reise nach § 26 Z 7 EStG sei im Gesetz nicht enthalten. Die geltend gemachten Pauschalsätze hätten anerkannt werden müssen.

Der Beschwerdeführer hat Pauschalsätze nach § 4 Abs. 5 EStG 1972 auch für seine Gattin bzw für andere Personen geltend gemacht, obwohl nach dieser Bestimmung ausschließlich für den Unternehmer selbst Pauschalsätze angesetzt werden dürfen (und obwohl ihm die Unzulässigkeit aus der abgabenbehördlichen Prüfung betreffend Vorperioden bekannt sein musste, vgl. nochmals das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis 89/14/0088). Er hat unbestritten für bestimmte Tage den vollen Tagessatz doppelt geltend gemacht. Er hat zudem unbestritten unzulässigerweise Tagessätze für zwei Personen für die Zeit seines Kuraufenthaltes in Bad Hofgastein (1986 und 1988 jeweils ca drei Wochen) geltend gemacht. Bei dieser Sachlage hat sich die belangte Behörde nicht in Widerspruch zur allgemeinen Lebenserfahrung gesetzt, wenn sie mangels konkreter Nachweise auch die Reisen an Feiertagen (z.B. das Osterwochenende von Karfreitag bis Ostermontag 1988) und einen Teil der Reisen an Samstagen und Sonntagen als nicht glaubwürdig angesehen hat. In Anbetracht der Höhe der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Tagessätze (jährlich rund 90.000 S) und der bloß allgemein gehaltenen Berufungseinwendungen erweisen sich die von der belangten Behörde zum Ansatz gebrachten Beträge als das Ergebnis schlüssiger Schätzung.

Dass Reisekosten nur bei einem beruflich veranlassten Mehraufwand als Betriebsausgaben anzukennen sind und ein solcher im Nahbereich des Betriebsortes nicht anfällt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Schögl/Wiesner/Nolz/Kohler, EStG9, § 4 Anm. 33; Hofstätter/Reichel, § 4 Abs. 5 Tz 2). Die in der Beschwerde angesprochene Norm des § 26 Z 7 EStG 1972 betrifft nicht den Betriebsausgaben- bzw Werbungskostenabzug.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 22. November 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte