VwGH 98/14/0114

VwGH98/14/011426.1.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des WU in S, vertreten durch Mag. Norbert Mooseder, Rechtsanwalt in Steyr, Stelzhamerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 27. Mai 1998, Zl. RV 152/1-10/1998, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO §30;
StGB §159;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO §30;
StGB §159;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der U. GmbH, über deren Vermögen mit Beschluß des zuständigen Landesgerichtes vom 3. Februar 1998 der Konkurs eröffnet wurde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 BAO zur Haftung für Abgabenschulden der Gesellschaft (Lohnsteuer 11/97, Dienstgeberanteil 11/97, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/97, Umsatzsteuer 10/97 und Umsatzsteuer 11/97) herangezogen, die zwischen 15. Dezember 1997 und 15. Jänner 1998 fällig geworden sind.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, das Bestehen der Abgabenschulden und die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der Gesellschaft seien unbestritten. Die Uneinbringlichkeit der über die Zwangsausgleichsquote (20 %) hinausgehenden Beträge, für die der Beschwerdeführer in Anspruch genommen werde, stehe fest. Bei einer Beendigung des Konkursverfahrens ohne Zwangsausgleich läge die Quote nur bei 9 %. Der Zwangsausgleich sei bei der Tagsatzung vom 26. Mai 1998 angenommen worden, jedoch noch nicht rechtskräftig bestätigt, sodaß die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtiger zulässig sei.

Was die schuldhafte Verletzung der den Beschwerdeführer als Vertreter treffenden Pflichten anlange, sei hinsichtlich der Lohnsteuer auf § 78 Abs. 3 EStG 1988 hinzuweisen. Im übrigen sei es Sache des Geschäftsführers darzutun, warum er nicht dafür habe Sorge tragen können, daß die anfallenden Abgaben rechtzeitig und vollständig entrichtet worden seien. Es sei nicht Sache der Finanzverwaltung, die Pflichtverletzung nachzuweisen, denn regelmäßig habe nur der Geschäftsführer den Einblick in die Gebarung der Gesellschaft, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Der Beschwerdeführer habe keine Argumente zu seiner Entlastung vorgebracht. Er habe nicht einmal behauptet, in Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes gehandelt zu haben, sondern lediglich vorgebracht, er habe nur über jene Mittel verfügen können, die zur freien Verfügung gestanden seien. Die Bank habe zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes "nur mehr die notwendigen Wareneinkäufe überwiesen". Anläßlich einer bei der Gesellschaft durchgeführten Prüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen sei aufgrund der Einsichtnahme in das Kassabuch festgestellt worden, daß im Dezember 1997 Einnahmen in der Höhe von S 149.884,-- (Summe der Tageslosungen) erzielt worden seien. Dazu komme ein Übertrag aus dem Vormonat in der Höhe von S 42.329,--. Von der so errechneten Summe von S 192.213,-- seien Ausgaben von S 15.818,70 getätigt und S 142.400,-- auf ein Konto bei einer Bank eingezahlt worden. Der Betrag von S 33.994,30 sei als Übertrag für Jänner 1998 in der Kassa verblieben. Im Dezember 1997 seien Abgaben in der Höhe von S 306.258,-- fällig geworden. Im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Mittel hätte der Beschwerdeführer die Abgaben zumindest teilweise entrichten können. Im Jänner 1998 habe die Gesellschaft Einnahmen von S 389.382,82 erzielt. In der Verwendung der vorhandenen Mittel für die Bezahlung der Lieferanten und anderer Gläubiger anstelle der gleichmäßigen anteiligen Befriedigung aller bestehenden offenen Verbindlichkeiten liege eine Verletzung der Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger.

Nach dem Gesagten sei von einem schuldhaften Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen, das als Ursache für die Uneinbringlichkeit der Abgaben anzusehen sei. Im Rahmen der Ermessensübung könne dem Beschwerdeführer zugute gehalten werden, daß für ihn die Fortführung des Betriebes im Vordergrund gestanden sei. Er habe allerdings seine abgabenrechtliche Verpflichtung über Monate hinweg vernachlässigt und trotz vorhandener Mittel keine Zahlungen geleistet. Dem öffentlichen Interesse an der Einhebung der Abgaben sei gegenüber den Interessen des Beschwerdeführers der Vorrang zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Im Beschwerdefall sind die Vertretereigenschaft des Beschwerdeführers und die Uneinbringlichkeit der Abgaben, hinsichtlich welcher mit dem angefochtenen Bescheid die Haftung geltend gemacht wird, nicht strittig. Im Mittelpunkt der Beschwerdeausführungen steht die Behauptung, den Beschwerdeführer treffe mangels vorhandener Mittel kein Verschulden an der Nichtzahlung der Abgaben.

Dazu ist zunächst festzuhalten, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Vertreters ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Reichen die vorhandenen Mittel zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger nicht aus, hat der Vertreter darzutun, daß er den Abgabengläubiger bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, 97/14/0160, mwN).

Der Beschwerdeführer ist dieser Pflicht zur Glaubhaftmachung im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen, sondern hat sich im wesentlichen auf die Behauptung beschränkt, keine Mittel zur Entrichtung der Abgaben gehabt zu haben. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Hinweis auf die Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung dargelegt, warum sie der Behauptung des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt hat. In der Beschwerde wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die nicht als unzutreffend erkannt werden können, nicht näher eingegangen.

Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 30 KO und § 159 StGB darzutun versucht, ihn treffe kein Verschulden, ist ihm zu erwidern, daß nicht zu erkennen ist, inwiefern aus diesen Bestimmungen ein Entschuldigungsgrund betreffend seine Verpflichtung zur zumindest anteiligen Befriedigung des Abgabengläubigers abgeleitet werden kann. Eine im Sinne des § 30 KO anfechtbare Begünstigung des Abgabengläubigers hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ebenso wenig zugemutet wie ein im Sinne des § 159 StGB strafbares Verhalten.

Daß es bei Erfüllung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten nicht zur Uneinbringlichkeit der davon betroffenen Abgabenschulden gekommen wäre, liegt auf der Hand. Bei der Verletzung von abgabenrechtlichen Zahlungspflichten bedarf es daher - anders als bei der Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten - keiner näheren Begründung der Kausalität der Pflichtverletzung für die eingetretene Uneinbringlichkeit der Abgaben.

Da - wie oben dargelegt wurde - von einem Entschuldigungsgrund für die Pflichtverletzung durch den Beschwerdeführer keine Rede sein kann, sind auch die darauf gegründeten Behauptungen zur Ermessensübung nicht zielführend. Im übrigen hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Umstände geltend gemacht, welche die belangte Behörde bei der im Grunde der §§ 7 und 20 BAO gebotenen Ermessensübung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zugunsten des Beschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben für maßgeblich angesehen und den Beschwerdeführer mit Haftungsbescheid für den Ausfall in Anspruch genommen hat.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich auf den im Konkursverfahren abgeschlossenen und bestätigten Zwangsausgleich verweist, ist daraus für seinen Standpunkt schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die schuldbefreiende Wirkung eines Ausgleichs (§ 53 Abs. 1 AO) bzw. eines Zwangsausgleiches (§ 156 Abs. 1 KO) für den Hauptschuldner erst mit der Rechtskraft der Bestätigung des Ausgleiches eintritt. Daß die Ausgleichsbestätigung bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtskräftig gewesen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht und kann auch nach der Aktenlage nicht angenommen werden.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Jänner 1999

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