Normen
BAO §114;
BAO §303 Abs4;
EStG 1988 §6;
KStG §19;
VwRallg;
BAO §114;
BAO §303 Abs4;
EStG 1988 §6;
KStG §19;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin hält seit 11. März 1993 1 %, die Zweitbeschwerdeführerin seit ebenfalls 11. März 1993 99 % am Grundkapital der B-AG.
Mit Beschluss der Generalversammlung der B-AG vom 11. Oktober 1993 wurde das Grundkapital der B-AG von S 18,114.000,-
- auf S 5,434.200,--, somit um 70 %, herabgesetzt. Von dieser Kapitalherabsetzung entfielen auf die Erstbeschwerdeführerin S 126.700,-- und auf die Zweitbeschwerdeführerin S 12,553.100,--.
Anlässlich von bei den Beschwerdeführerinnen durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfungen wurde festgestellt, dass bei der bilanziellen Behandlung der erwähnten "Kapitalherabsetzung/Beteiligungsbewertung" die Rechtsansicht vertreten worden sei, dass eine ordentliche Kapitalherabsetzung auf Gesellschafterebene als Teilliquidation zu qualifizieren sei und insoweit eine steuerwirksame Vermögensänderung vorliege, als sich Anteile im Betriebsvermögen befänden. Der Kapitalrückzahlung als Betriebseinnahme stehe eine Abschreibung des Buchwertes (Anschaffungskosten) gegenüber, die dem Verhältnis des herabgesetzten Nennwertes zum Gesamtnennwert der vom jeweiligen Gesellschafter gehaltenen Anteile entspreche. Demzufolge seien in den Bilanzen zum 31. Dezember 1993 die Anschaffungskosten mit 70 % teilwertberichtigt und als "Verlust Kapitalherabsetzung B-AG" mit S 670.000,-- (Erstbeschwerdeführerin) und S 50,512.000, -- (Zweitbeschwerdeführerin) erfasst worden. Diesem aufwandsmäßigen Beteiligungsabgang sei die Kapitalrückzahlung von S 126.700,-- (Erstbeschwerdeführerin) und S 12,553.100, -- (Zweitbeschwerdeführerin) erlösmäßig gegengebucht und somit eine aufwandswirksame Beteiligungsabschreibung in Höhe von S 545.300,-- (Erstbeschwerdeführerin) und S 37,958.900,-- (Zweitbeschwerdeführerin) erlösmäßig ausgewiesen worden. Wesentliche Änderungen im Betriebsumfang der B-AG hätten nicht festgestellt werden können und seien auch im Rahmen des Parteiengehörs nicht vorgebracht worden. Dem jeweiligen Prüfungsorgan seien keinerlei betriebsspezifische Sachverhalte bekannt gegeben worden, die einer Teilliquidation entsprechen würden. Die durch die Unternehmen in Bezug auf die Kapitalherabsetzung vorgenommene Bewertung entspreche nicht dem "Teilwertgedanken" des § 6 Z. 1 EStG 1988 und somit auch nicht den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen. Als Minderung der Betriebssubstanz sei dem Prüfungsorgan nur die Verwendung von Barmitteln zur rückzahlungsmäßigen Bedienung der Kapitalherabsetzung erkennbar. Somit sei die Kapitalherabsetzung als "Equity-Fall" in der Form zu beurteilen, dass der Rückzahlungsbetrag zu einer Verminderung der Anschaffungskosten geführt habe und darüber hinaus keine Auswirkungen auf den Teilwert vorliegen. Demzufolge sei die vorgenommene Teilwertabschreibung (S 545.300,-- bei der Erstbeschwerdeführerin und S 37,958.900,-- bei der Zweitbeschwerdeführerin) aufwandsmäßig rückzuführen.
Das Finanzamt nahm die Verfahren betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1993 unter Bezugnahme auf die Feststellungen der jeweiligen abgabenbehördlichen Prüfung mit Bescheid wieder auf und erließ entsprechende neue Sachbescheide.
In den dagegen erhobenen Berufungen wandten sich die Beschwerdeführerinnen jeweils sowohl gegen die Wiederaufnahme der Verfahren als auch gegen die neuen Sachbescheide. Zur Wiederaufnahme wurde jeweils vorgebracht, dass der aufwandswirksame Beteiligungsabgang im Jahresabschluss zum 31. Dezember 1993 in einer eigenen Position gesondert ausgewiesen worden sei, dem Finanzamt daher alle "Tatbestände" sehr wohl bekannt gewesen seien. Zum neuen Sachbescheid wurde im Wesentlichen jeweils vorgebracht, dass die Behandlung der Kapitalherabsetzung beim Gesellschafter in Übereinstimmung mit der Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Finanzen und der herrschenden Literaturmeinung erfolgt sei.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen jeweils abgewiesen.
Zur Wiederaufnahme der Verfahren wurde begründend insbesondere ausgeführt, dass der Umstand, dass am Betriebs- und Vermögensumfang der B-AG abgesehen von der Verminderung in Höhe der Kapitalrückzahlung keine wesentlichen Änderungen eingetreten seien, vor Erlassung der Erstbescheide nicht bekannt gewesen seien. Bei Kenntnis dieser Tatsachen wäre eine Buchwertminderung über den Betrag der Kapitalrückzahlung hinaus nicht anzunehmen und ein über diesen Betrag hinausgehender Aufwand nicht anzusetzen gewesen.
Die neuen Sachbescheide begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass in der ordentlichen Kapitalherabsetzung eine Teilliquidation nicht erblickt werden könne, weil sich durch sie nichts an den Beteiligungsverhältnissen geändert habe. Die Beschwerdeführerinnen seien nach wie vor mit 1 % bzw. 99 % an der B-AG beteiligt. Eine - über den Betrag der Kapitalherabsetzung hinausgehende - objektivierbare Vermögensminderung der B-AG sei gegenständlich ebenfalls nicht gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen erhobenen Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
Soweit die Beschwerdeführerinnen vorbringen, es seien keine Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, welche eine Wiederaufnahme des Verfahrens ermöglichten, ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass der den Beschwerdefällen zu Grunde liegende Sachverhalt in wesentlichen Teilen erst im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfungen festgestellt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage, ob ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vorliegt, maßgebend, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen sei, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. die bei Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 2. Auflage, Tz 10 zu § 303 zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Dies ist gegenständlich zweifellos nicht der Fall, weil dem Finanzamt erst anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfungen die Tatsache bekannt wurde, dass keine ausreichenden Gründe für eine Teilwertabschreibung der Beteiligung im erfolgten Ausmaß vorlagen. Von den Beschwerdeführerinnen wird auch gar nicht in Abrede gestellt, dass erst anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfungen neu hervorgekommen sei, dass eine über den Betrag der Kapitalrückzahlung hinausgehende Minderung des Betriebs- oder Vermögensumfanges der B-AG nicht eingetreten war. Sie meinen lediglich, dass dem Finanzamt alle Angaben bekannt gewesen seien, aus denen - nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen rechtlich richtig unter Zugrundelegung der Ansicht einer diesbezüglichen Teilliquidation - die Höhe der Teilwertänderungen hätten ermittelt werden können. Den Umstand, dass die Bewertung des Beteiligungsansatzes auf der Ansicht beruhte, dass eine ordentliche Kapitalherabsetzung eine Teilliquidation darstelle, haben die Beschwerdeführerinnen in den abgeschlossenen Verfahren allerdings ebenso wenig offen gelegt wie die näheren Umstände, die zu einem im Bericht zur Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1993 (Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung) angesetzten "Verlust Kapitalherabsetzung" B-AG geführt haben.
Aber auch eine unzureichende Begründung der Ermessensentscheidung, das Verfahren wieder aufzunehmen, rügen die Beschwerdeführerinnen zu Unrecht. Zutreffend hat die belangte Behörde unter Berufung auf die hg. Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass ein Vertrauensschutz für Auskünfte im Einzelfall, die nicht von der zuständigen Abgabenbehörde erteilt wurden, nicht besteht. Die belangte Behörde war daher entgegen der in den Beschwerden vertretenen Ansicht nicht verhalten, die Anfragebeantwortungen des BMF im Rahmen des Ermessens - ungeachtet der Frage nach ihrer Richtigkeit - als jedenfalls gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens sprechenden Billigkeitsgrund zu berücksichtigen.
Auf § 307 Abs 2 BAO berufen sich die Beschwerdeführerinnen im Übrigen zu Unrecht. Gegenständlich liegt eine sich auf eine allgemeine Weisung des Bundesministeriums für Finanzen stützende Änderung der Rechtsauslegung nicht vor.
Aber auch das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der neuen Sachbescheide ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen: Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass es sowohl verfehlt ist, in einer ordentlichen Kapitalherabsetzung eine Teilliquidation des die Kapitalherabsetzung beschließenden Unternehmens zu sehen (vgl. diesbezüglich Heidinger/Heidinger, Kapitalherabsetzung nach Kapitalberichtigung als "Teilliquidation"?, ecolex 1993, 477), als auch, allein auf Grund einer ordentlichen Kapitalherabsetzung und Rückzahlung von Nominalkapital eine über diese Rückzahlung hinausgehende Verminderung des Buchwertes der Beteiligung zu berücksichtigen. In den angefochtenen Bescheiden wurde darauf hingewiesen, dass bei einer Liquidation das Betriebsvermögen der Gesellschaft verwertet oder veräußert werde und es im Zuge dessen zu einer Beendigung des Geschäftsbetriebes einer Kapitalgesellschaft und zu einer Übergabe des Vermögens an die Aktionäre komme. In der Folge brachte die belangte Behörde zum Ausdruck, dass ein Sachverhalt, welcher dem wenigstens zum Teil entspreche, bei der B-AG nicht vorgelegen sei. In den Beschwerden wird weder in Abrede gestellt, dass einer Liquidation im Wesentlichen die von der belangten Behörde umschriebenen Handlungen zu Grunde liegen, noch, dass gegenständlich Derartiges auch nicht in Teilbereichen bei der B-AG geschehen wäre. Die Beschwerdeführerinnen meinen lediglich, dass das Nennkapital für eine Kapitalgesellschaft von entscheidender Bedeutung sei. Nicht von ungefähr verlange der Gesetzgeber ein bestimmtes Nennkapital und müssten bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung strenge Gläubigerschutzbestimmungen eingehalten werden. Die belangte Behörde habe offen gelassen, ob eine erhebliche Verminderung des Betriebsumfanges allenfalls nach Ablauf des Jahres 1993 erfolgt sei. Damit übersehe die belangte Behörde, dass eine solche Änderung des Betriebsumfanges ihre Wurzeln in der 1993 erfolgten Kapitalherabsetzung "hätte" und daher in diesem Jahr zu berücksichtigen sei.
Keines der beiden Argumente ist aber geeignet, eine Teilliquidation zu begründen: Es steht nämlich der Geschäftsumfang eines Unternehmens mit seinem Nominalkapital in keinem direkten Zusammenhang. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Gesetz je nach Gesellschaftsform ein bestimmtes Nennkapital und für den Fall der Kapitalherabsetzung Gläubigerschutzvorschriften vorsieht. Andererseits haben die Beschwerdeführerinnen im Verwaltungsverfahren konkrete Behauptungen einer allenfalls in späteren Jahren ins Gewicht fallenden Betriebseinschränkung, welche nicht mit Änderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Situation der Branche, in welcher die B-AG tätig war zusammenhingen, nicht aufgestellt. Die Frage, ob eine Verminderung des Betriebsumfanges ihre Wurzel in der Kapitalherabsetzung des Jahres 1993 hat, stellt sich daher gegenständlich nicht.
Die Beschwerdeführerinnen meinen, es wäre verfehlt, für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft ihr Nennkapital im Jahr 1 um 95 % auf 5 % und im Jahr 2 um die verbliebenen 5 % (in Form einer handelsrechtlichen Liquidation) auf 0 herabsetzt, die "steuerlichen Liquidationsfolgen" nicht aliquot aufzuteilen, sondern zur Gänze im Jahr 2 eintreten zu lassen. Dazu ist zu sagen, dass die "steuerlichen Liquidationsfolgen" nicht durch die Herabsetzung des Nennkapitals eintreten, sondern durch die nach gefasstem Auflösungsbeschluss tatsächliche Abwicklung (§ 19 KStG 1988).
Argumente, weshalb der Teilwert der jeweiligen Beteiligung der Beschwerdeführerinnen an der B-AG durch deren Kapitalherabsetzung über die Höhe der entsprechenden Rückzahlung des Grundkapitals hinaus gemindert sein sollten, haben die Beschwerdeführerinnen ebenfalls nicht dargestellt und sind auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
Die Beschwerden erweisen sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren. Von der jeweils beantragten Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. April 2001
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