VwGH 98/14/0014

VwGH98/14/001430.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde des Ing. J B in H, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 2. Dezember 1997, 4/53/1-BK/Hl-1996, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1988 bis 1993, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119;
BAO §167 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
BAO §119;
BAO §167 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird hinsichtlich des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1988 bis 1993 zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Handelsvertreter, vermittelt seit rund 15 Jahren für ausländische Auftraggeber Kunststoffgranulat. In den Jahren 1988 bis 1994 erklärte er Umsätze von rund 791.000 S, 887.000 S, 1,115.000 S, 987.000 S, 896.000 S, 789.000 S und 983.000 S. In den Jahren 1988 bis 1993 erklärte er Gewinne von rund 57.000 S, 80.000 S, 26.000 S, 54.000 S, 70.000 S und 69.000 S sowie im Jahr 1994 einen Verlust von rund 17.000 S. Da anlässlich einer die Jahre 1988 bis 1990 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung Umsatzverkürzungen festgestellt wurden, setzte das Finanzamt für die geprüften Jahre die Umsätze mit rund 872.000 S, 957.000 S und 1,156.000 S und die Gewinne mit rund 176.000 S, 210.000 S und 113.000 S fest. Die dementsprechenden Bescheide erwuchsen bis zu einer in der Folge gemäß § 99 Abs 2 FinStrG durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung zunächst in Rechtskraft.

Im März 1996 teilte die deutsche Abgabenbehörde mit, der deutsche Kunstoffproduzent MKV GmbH & Co KG (idF nur: die MKV) habe in den Jahren 1990 bis 1993 auf Grund von Rechnungen der liechtensteinischen Gesellschaft WSCE (idF nur: die WSCE) dem Beschwerdeführer rund 351.000 DM, 324.000 DM, 173.000 DM und 256.000 DM für Umsatzvermittlung in Österreich bar ausbezahlt.

Da der Beschwerdeführer die von der deutschen Abgabenbehörde mitgeteilten Umsätze nicht erklärt hatte, nahm der für die Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung vorgesehene Prüfer mit dem deutschen Prüfer telefonisch Kontakt auf und hielt sodann in einem Aktenvermerk fest, der deutsche Prüfer habe nicht festgestellt, wer Machthaber der als Domizilgesellschaft anzusehenden WSCE sei. Der deutsche Prüfer habe jedoch festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Provision für die Vermittlung von von der MKV erzeugtem Kunststoffgranulat an ausschließlich österreichische Abnehmer den Differenzbetrag zwischen dem deutschen und dem höheren österreichischen Verkaufspreis erhalten habe. Dem deutschen Prüfer seien keine schriftlichen Verträge über die Vereinbarungen zwischen der MKV und dem Beschwerdeführer vorgelegt worden. Es sei behauptet worden, es habe nichts Schriftliches vereinbart werden können, weil der Beschwerdeführer auch für das deutsche Kunststoffwerk BM (idF nur: die BM) an österreichische Abnehmer Kunststoffgranulat vermittle, weswegen ihm gleichartige Tätigkeiten für andere Auftraggeber vertraglich verboten seien.

Im Zug der daraufhin nach § 99 Abs 2 FinStrG durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, die MKV habe dem Beschwerdeführer auch in den Jahren 1987 bis 1989 und im Jahr 1994 bar rund 5.000 DM, 56.000 DM, 76.000 DM und 228.000 DM ausbezahlt. Der Prüfer vertrat die Ansicht, die Beträge von insgesamt rund 10,276.000 S seien dem Beschwerdeführer als Provisionen für die Vermittlung von von der MKV erzeugtem Kunststoffgranulat an ausschließlich österreichische Abnehmer in den Jahren 1987 bis 1994 zugeflossen. Die Abrechnung wäre nur zum Schein über die WSCE erfolgt.

Das Finanzamt folgte in den gemäß § 303 Abs 4 BAO wieder aufgenommenen Verfahren der Auffassung des Prüfers und erließ ua dementsprechende Bescheide betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Streitjahre.

In der gegen die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1988 bis 1993 erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, das Finanzamt habe es verabsäumt, den Zufluss der von der MKV bezahlten Provisionen an ihn schlüssig zu beweisen. Die deutsche Abgabenbehörde sei ausdrücklich vom Zufluss der Provisionen an die WSCE ausgegangen. Es seien ihm daher keine Beträge zugeflossen. Er habe dem Prüfer im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht Fotos von der WSCE und einen liechtensteinischen Handelregisterauszug vorgelegt. Weitere Beweise könnten von ihm nicht verlangt werden. In einer Berufungsergänzung führte der Beschwerdeführer aus, die (im nunmehrigen Verfahren ebenfalls) belangte Behörde habe in der Berufungsentscheidung betreffend einen Sicherstellungsauftrag anerkannt, die von der MKV geleisteten Provisionen seien nach Liechtenstein geflossen. Wenn er als Empfänger der von der MKV geleisteten Provisionen bezeichnet werde, setze dies voraus, dass die WSCE eine "Postkastenfirma" (gemeint wohl: Domizilgesellschaft) wäre und er an dieser beteiligt sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Weder sei er an der WSCE beteiligt, noch handle es sich bei dieser um eine Domizilgesellschaft, sondern vielmehr um ein florierendes Unternehmen, das im Jahr 1952 mit einem Kapital von 200.000 SFR gegründet worden sei.

Anlässlich der Vernehmung des Beschwerdeführers als Beschuldigter im Finanzstrafverfahrens gab er an, er sei vorwiegend für die BM und die WSCE als Handelsvertreter tätig. Zwischen der MKV und ihm bestehe kein unmittelbares Vertragsverhältnis. Die WSCE sei anlässlich einer Messe an ihn herangetreten und habe ihm angeboten, ihre Produkte bei verschiedenen Abnehmern zu präsentieren. Wie aus der in Kopie vorgelegten, am 8. Jänner 1986 mit der WSCE getroffenen Vereinbarung ersichtlich sei, habe ihm die WSCE eine Kundenliste zur Verfügung gestellt. Er habe sich verpflichtet, die Produkte der WSCE anzubieten. Als Gegenleistung habe er die von ihm bisher vertriebenen Produkte bei den von der WSCE genannten Kunden anbieten dürfen. Er habe sich unentgeltlich verpflichtet, für die WSCE die Abrechnung mit der MKV vorzunehmen, den für die WSCE bestimmten Betrag bar zu kassieren und unverzüglich an die WSCE weiter zu leiten. Sein Vorteil habe darin bestanden, dass ihm die WSCE neue Kunden bekannt gegeben habe. Durch das Anbieten einer neuen Produktpalette (die Produkte der BM seien durch die der MKV "ergänzt" worden) habe er mehr der von der BM erzeugten Produkte vermitteln können. Die von der MKV ihm bar ausbezahlten Beträge seien von ihm persönlich der WSCE übergeben worden. Die Originale der Empfangsbestätigungen besitze er nicht mehr, weil sie für ihn nicht wichtig gewesen seien. Die von ihm angeforderten Kopien der Empfangsbestätigungen der WSCE lege er vor.

In Beantwortung eines von der belangte Behörde gestellten Amtshilfeersuchens teilte der deutsche Prüfer mit, es habe kein Anlass bestanden, die Leistungsbeziehungen zwischen der MKV und dem Beschwerdeführer in Zweifel zu ziehen. Von der MKV sei im Endeffekt der Nachweis geführt worden, dass der Beschwerdeführer Leistungen von objektiv feststellbarem Wert an sie erbracht und die dafür bar ausbezahlten Beträge auch in Empfang genommen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zunächst feststellte, es sei allein strittig, ob die von der MKV bar ausbezahlten Beträge dem Beschwerdeführer für seine Vermittlungstätigkeit zugeflossen seien oder ob er diese Beträge nur im Namen und für Rechnung der WSCE vereinnahmt und sodann unentgeltlich weiter geleitet habe. Unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 115 und 119 BAO sowie der hiezu insbesondere zur Frage von Auslandsbeziehungen ergangenen hg Rechtsprechung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, in jenen Fällen, bei denen Sachverhaltselemente Wurzeln im Ausland hätten, bestehe eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Die stärkste Ausprägung habe die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, wenn für die Abgabenbehörde Untersuchungen von behaupteten Sachverhalten im Ausland unmöglich seien. Dies sei etwa in Liechtenstein der Fall, weil mit diesem Staat kein Rechtshilfeabkommen in Abgabensachen bestehe. In einem solchen Fall werde die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen zur Beweisvorsorgepflicht. Der Steuerpflichtige habe somit schon bei Aufnahme und Durchführung der Beziehungen zum Ausland Vorsorge zu treffen, um so die steuerlich relevanten Umstände später zweifelsfrei beweisen zu können. Die Abgabenbehörde habe sodann unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei. Dazu genüge es, jene von mehreren Möglichkeiten als erwiesen anzunehmen, die eine überragende Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit für sich habe und alle anderen Möglichkeiten zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lasse. Den Beschwerdeführer treffe wegen der Beziehung zu Liechtenstein, einer bekannten Steueroase, zweifellos eine erhöhte Mitwirkungspflicht, der er nur ungenügend nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer habe lediglich einen liechtensteinischen Handelregisterauszug, eine Kopie der am 8. Jänner 1986 mit der WSCE getroffenen Vereinbarung und Kopien der Empfangsbestätigungen der WSCE vorgelegt. Aus dem liechtensteinischen Handelsregisterauszug über die im Jahr 1952 als ISE gegründete WSCE ginge weder hervor, wer deren Gründer gewesen noch wer nunmehr deren Eigentümer (gemeint wohl: Berechtigter aus der Gründungsurkunde) sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, welches Ereignis zur völligen organisatorischen Umgestaltung infolge Änderung der Firma auf WSCE im Jahre 1976 geführt habe. Ob der Beschwerdeführer in einem Naheverhältnis zur WSCE stehe, entziehe sich auf Grund der mangelnden Ermittlungsmöglichkeit der Abgabenbehörde in Liechtenstein und der ungenügenden Beweisanbote des Beschwerdeführers der unmittelbaren Beweisbarkeit. Die vorgelegte Kopie der am 8. Jänner 1986 mit der WSCE getroffenen Vereinbarung, in der sich der Beschwerdeführer zur unentgeltlichen Tätigkeit für die WSCE verpflichtet habe, sei auf dem gleichen Geschäftspapier wie die Empfangsbestätigungen abgefasst und als Adresse des Beschwerdeführers jene angegeben, die erst zweieinhalb Jahre später mit Bescheid der Gemeinde neu vergeben worden sei. Bei den vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopien der Empfangsbestätigungen der WSCE falle bis auf das jeweils geänderte Datum die Wortgleichheit und das gleichartige äußere Erscheinungsbild auf. Obwohl sich die Telefon- und Fax-Nummern der WSCE im Lauf der Zeit geändert hätten, sei dies in den Empfangsbestätigungen der WSCE nicht berücksichtigt worden. Es könne somit nicht ausgeschlossen werden, dass die am 8. Jänner 1986 mit der WSCE getroffene Vereinbarung und die Empfangsbestätigungen der WSCE erst im Nachhinein zu Beweiszwecken angefertigt worden seien, um die Weiterleitung der von der MKV dem Beschwerdeführer bar ausbezahlten Beträge an die WSCE zu fingieren. Es sei aus dem Blickwinkel eines wirtschaftlich denkenden Menschen schwer vorstellbar, dass die Vermittlung von Kunststoffgranulat an ausschließlich österreichische Abnehmer, die der MKV insgesamt rund 10,276.000 S wert gewesen sei, vom Beschwerdeführer unentgeltlich für die WSCE erbracht worden sei, wobei der hiebei vom Beschwerdeführer erzielte Vorteil allein in der Nutzung der von der WSCE zur Verfügung gestellten Kundenliste bestanden habe. Werde noch berücksichtigt, dass dem Beschwerdeführer schon anlässlich der die Jahre 1998 bis 1990 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung Umsatzverkürzungen nachgewiesen worden seien, müsse das bloße Handeln des Beschwerdeführers im Namen und für Rechnung der WSCE verneint werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im eigenen Namen und für eigene Rechnung als Handelsvertreter für die MKV tätig gewesen sei, weswegen ihm auch die bar ausbezahlten Beträge als Provisionen verblieben und damit zuzurechnen seien. So weit der Beschwerdeführer behaupte, sie sei an Feststellungen oder Rechtsansichten im Verfahren betreffend einen Sicherstellungsauftrag gebunden, verkenne er die Rechtslage. Sie sei nämlich gemäß § 167 BAO, abgesehen von gesetzlichen Vermutungen und der verbindlichen Klärung von Vorfragen durch eine zuständige Behörde, in ihrer Beweiswürdigung frei. Bei der Frage, ob dem Beschwerdeführer bestimmte Beträge zugeflossen seien, handle es sich um keine Vorfrage, sondern um eine Tatfrage. Darüber hinaus sei in dem erwähnten Verfahren auch nicht die Weiterleitung der Beträge an die WSCE, sondern lediglich die Gefährdung der Einbringung der Abgabenschuld auf Grund der behaupteten Beziehung des Beschwerdeführers zur WSCE festgestellt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Wiederaufnahme

Der Beschwerdeführer macht erstmals in der Beschwerde auch die Rechtswidrigkeit des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1988 bis 1993 geltend.

Gemäß § 307 Abs 1 BAO ist mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wieder aufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Auch wenn die zitierte Gesetzesbestimmung die Verbindung des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides mit dem neuen Sachbescheid anordnet, so ist jeder dieser Bescheide für sich einer Berufung zugänglich, wie auch jeder dieser Bescheide für sich der Rechtskraft teilhaftig werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom 12. September 1996, 96/15/0163, mwA).

Gegen den die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid hat der Beschwerdeführer keine Berufung erhoben. Der angefochtene Bescheid spricht nicht über die Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

Bemerkt wird, dass ein Sachbescheid jedenfalls nicht mit der Begründung erfolgreich angefochten werden kann, der die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügende Bescheid sei rechtswidrig gewesen.

2. Sachbescheid

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer das von der MKV produzierte Kunststoffgranulat österreichischen Abnehmern angeboten und die MKV dem Beschwerdeführer in den Jahren 1987 bis 1994 Beträge von rund 10,276.000 S bar ausbezahlt hat. Strittig ist, ob die von der MKV in den Jahren 1988 bis 1993 bar ausbezahlten Beträge von rund 8,451.000 S dem Beschwerdeführer für seine Vermittlungstätigkeit zugeflossen sind oder ob er diese Beträge nur im Namen und für Rechnung der WSCE vereinnahmt und sodann unentgeltlich weiter geleitet hat.

Ob dem Beschwerdeführer in den Streitjahren Beträge von rund 8,451.000 S als Provisionen verblieben und damit zuzurechnen sind, war eine von der belangten Behörde auf der Tatsachenebene zu lösende Sachverhaltsfrage. Einen Abgabepflichtigen, der aufklärungsbedürftige Geschäfte tätigt, die ihre Wurzeln in einem Land haben, in dem die Abgabenbehörde keine Sachverhaltsermittlungen durchführen kann, trifft dabei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Hiebei liegt es am Abgabepflichtigen, die zweifelhaften Geschäftsbeziehungen vollkommen offen zu legen. Eine strenge Prüfung ist besonders dann geboten, wenn sich das zu beurteilende Geschehen in einem für die Herbeiführung von Abgabenverkürzungen begünstigenden Bereich wie Liechtenstein abspielt (vgl das hg Erkenntnis vom 24. November 1987, 86/14/0098, mwA). Tritt der Abgabepflichtige in der Lebenserfahrung widersprechende Beziehungen ein, muss er von Anbeginn dafür sorgen, dass er der Abgabenbehörde diese Beziehungen im Bedarfsfall vollständig aufhellen und dokumentieren kann.

Der Beschwerdeführer bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl das hg Erkenntnis vom 7. August 2001, 95/14/0041, mwA).

Die belangte Behörde hat die von der MKV dem Beschwerdeführer bar ausbezahlten Beträge als diesem auch steuerlich zugeflossen beurteilt, weil sie in freier Beweiswürdigung der am 8. Jänner 1986 mit der WSCE getroffenen Vereinbarung, in der sich der Beschwerdeführer zur unentgeltlichen Tätigkeit für die WSCE verpflichtet hat, keinen Glauben geschenkt hat. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel - einen liechtensteinischen Handelregisterauszug, eine Kopie der eben erwähnten Vereinbarung und Kopien der Empfangsbestätigungen der WSCE - als nicht ausreichend für die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung angesehen hat, er habe im Endeffekt Kunststoffgranulat unentgeltlich für die MKV vermittelt. Aus dem liechtensteinischen Handelsregisterauszug ist für die Lösung der Frage, ob der Beschwerdeführer in einem Naheverhältnis zur WSCE gestanden ist, nichts zu gewinnen. Allerdings hätte die belangte Behörde erkennen können, dass es sich bei der WSCE um eine Domizilgesellschaft handelt. Denn deren Firma ist im liechtensteinischen Handelsregister nicht in deutscher, sondern in englischer Sprache eingetragen. Eine derartige Eintragung ist gemäß Art 1014 liechtensteinisches Personen- und Gesellschaftsrecht nur bei Domizilgesellschaften zulässig. Da eine Domizilgesellschaft ein Unternehmen ist, das in Liechtenstein keinen geschäftlichen Betrieb hat, kann eine solche auch keine Leistungen erbringen (vgl das hg Erkenntnis vom 22. März 1995, 93/13/0076, Slg Nr 6987/F). Der Beschwerdeführer hat auch nie dargestellt, welche Leistungen die WSCE mit Ausnahme der ihm zur Verfügung gestellten Kundenliste erbracht hat. Die vorgelegte Kopie der am 8. Jänner 1986 mit der WSCE getroffenen Vereinbarung ist auf dem gleichen Geschäftspapier wie die Empfangsbestätigungen abgefasst und als Adresse des Beschwerdeführers jene angegeben, die aktenkundig erst zweieinhalb Jahre später mit Bescheid der Gemeinde neu vergeben worden ist. Wie sich aus den ebenfalls aktenkundigen Telefon- und Faxverzeichnissen von Liechtenstein ergibt, sind bei den vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopien der Empfangsbestätigungen der WSCE die im Lauf der Zeit erfolgten Änderungen der Telefon- und Fax-Nummern der WSCE unberücksichtigt geblieben. Die belangte Behörde hat daher im Einklang mit der Lebenserfahrung zu Recht ausgeführt, es sei aus dem Blickwinkel eines wirtschaftlich denkenden Menschen schwer vorstellbar, dass die Vermittlung von Kunststoffgranulat an ausschließlich österreichische Abnehmer, die der MKV insgesamt rund 10,276.000 S wert gewesen sei, vom Beschwerdeführer unentgeltlich für die WSCE erbracht worden sei, wobei der hiebei vom Beschwerdeführer erzielte Vorteil allein in der Nutzung der von der WSCE zur Verfügung gestellten Kundenliste bestanden habe.

Der Beschwerdeführer macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides insoweit geltend, als in diesem auch von der MKV in den Jahren 1987 und 1994 dem Beschwerdeführer bar ausbezahlte Beträge erfasst worden seien, obwohl der angefochtene Bescheid nur über die Jahre 1988 bis 1993 abspreche.

Diese Behauptung ist aktenwidrig. Nur in der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides werden die gesamten von der MKV dem Beschwerdeführer in den Jahren 1987 bis 1994 ausbezahlten Beträge von rund 10,276.000 S erwähnt. Mit dem angefochtenen Bescheides ist die Berufung gegen die Bescheide betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1988 bis 1993 abgewiesen worden. Nur die in diesen Jahren von der MKV dem Beschwerdeführer ausbezahlten Beträge von rund 8,451.000 S sind im angefochtenen Bescheid erfasst.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich behauptet, die belangte Behörde sei an Feststellungen oder Rechtsansichten im Verfahren betreffend einen Sicherstellungsauftrag gebunden, verkennt er die Rechtslage. Bei der Frage, ob dem Beschwerdeführer bestimmte Beträge als steuerlich zugeflossen zu beurteilen sind, handelt es sich - wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat - um keine Vorfrage, sondern um eine Tatfrage. Darüber hinaus ist im erwähnten Verfahren betreffend einen Sicherstellungsauftrag auch nicht der Zufluss bestimmter Beträge an die WSCE, sondern lediglich die Gefährdung der Einbringung der Abgabenschuld auf Grund der behaupteten Beziehung des Beschwerdeführers zur WSCE festgestellt worden (vgl das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, 96/14/0170).

Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe keine konkreten Feststellungen getroffen, zeigt der Beschwerdeführer beim gegebenen Sachverhalt keine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Die Beschwerde gegen die Sachbescheide erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 30. Oktober 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte