Normen
BEinstG §23 Abs1;
BEinstG §8 Abs2 idF 1992/313;
BEinstG §8 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §24 Abs3 idF 1997/I/088;
VwGG §48 Abs1 Z1;
BEinstG §23 Abs1;
BEinstG §8 Abs2 idF 1992/313;
BEinstG §8 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §24 Abs3 idF 1997/I/088;
VwGG §48 Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zustimmung zur Kündigung des bei ihr als begünstigter Behinderter im Wachdienst beschäftigen Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 313/1992 stattgegeben.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 2 erster und zweiter Satz BEinstG darf die Kündigung eines begünstigten Behinderten von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß nach Anhörung näher genannter Gremien zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Entscheidung betreffend die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten eine Ermessensentscheidung. Nach dem Zweck des Gesetzes, das der Eingliederung der begünstigten Person in den Arbeitsprozeß und der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz dienen soll, ist es bei dieser Ermessensentscheidung Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des Dienstnehmers im Einzelfall gegen einander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann. Diese aus der Zweckbestimmung des Gesetzes abgeleiteten Grundsätze haben als Richtlinie für die Handhabung des Ermessens zu dienen. Eine Ermessensprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof setzt voraus, daß alle für die Ermessensentscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und in der Bescheidbegründung festgestellt wurden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 4. Juli 1995, Zl. 94/08/0034). Von besonderer Bedeutung ist im Zusammenhang mit der Ermessensprüfung die Begründung des Bescheides.
Die belangte Behörde ist nach dieser Begründung davon ausgegangen, daß der mitbeteiligten Partei die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses mit dem Beschwerdeführer nicht zumutbar sei. Sie stützte dies primär darauf, daß der Beschwerdeführer als Wacheorgan im Rahmen des von der mitbeteiligten Partei betriebenen Überwachungsunternehmens im Jahre 1993 bei einem Kunden einen Diebstahlsversuch unternahm, indem er acht Schrauben an sich nahm. Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß es ein erhebliches Dienstvergehen darstellt, wenn ein zur Bewahrung der Sicherheit eines Kunden (auch) gegen Angriffe auf dessen Eigentum eingesetzter Dienstnehmer sich an dem seinem Schutz anvertrauten Eigentum vergreift. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht der Ansicht, daß dieses Fehlverhalten allein die Zustimmung zur Kündigung rechtfertigt. Maßgebend für die Meinung des Verwaltungsgerichtshofes sind in diesem Zusammenhang - abgesehen von der Geringfügigkeit des versuchten Eigentumseingriffes - die Einmaligkeit eines derartigen Vorfalles sowie der Umstand, daß dieser Vorfall zwar zum Anlaß des Ausspruches der Entlassung des Beschwerdeführers genommen, diese in der Folge jedoch wieder zurückgenommen wurde, sodaß der Beschwerdeführer noch über längere Zeit bei der mitbeteiligten Partei weiterarbeitete.
Der Verwaltungsgerichtshof geht andererseits davon aus, daß dieses Faktum in Verbindung mit anderen die Vertrauensbasis zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer untergrabenden Umständen zur Erteilung der Zustimmung zur Kündigung ausreichen könnte. Solches deutet die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch an, indem sie ausführt, daß beim Beschwerdeführer "eine gewisse Aggressionsbereitschaft und Uneinsichtigkeit vorliegt, die sich insbesondere gegen seinen Vorgesetzten ... richte. Eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen dem Dienstgeber und dem" Beschwerdeführer "scheint daher unmöglich". Diese Andeutung ist aber zur Dartuung, daß die Zustimmung zur Kündigung des Beschwerdeführers im Sinne des Gesetzes sei, viel zu wenig substantiiert. Dies vor allem im Hinblick darauf, daß sich die belangte Behörde dabei vor allem auf Vorfälle in der mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde vom 1. Juni 1995 bezieht. Weder aus der Begründung des angefochtenen Bescheides noch aus der Niederschrift über diese Verhandlung ergibt sich, welchen Inhalt die "verbale Auseinandersetzung" zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten hatte, welche Anschuldigungen bzw. Vorwürfe vom Beschwerdeführer erhoben und welche Worte dabei gebraucht wurden.
Zu berücksichtigen ist angesichts der mangelhaften Feststellungen betreffend die gegen den Beschwerdeführer sprechenden Umstände, daß jedenfalls das Interesse des Beschwerdeführers am Bestand des Dienstverhältnisses vor allem im Hinblick auf sein Alter (Jahrgang 1942) verhältnismäßig groß ist.
Die belangte Behörde hat den maßgebenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Diese Verfahrensmängel setzen den Verwaltungsgerichtshof außerstande, die Überprüfung der Ermessensübung der belangten Behörde vorzunehmen. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Beschwerde gemäß § 23 BEinstG von der Entrichtung der Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG befreit war, weswegen ein Ersatz dieser Gebühr nicht in Betracht kommt.
Wien, am 25. August 1998
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