VwGH 98/09/0353

VwGH98/09/035316.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch die Heller-Pitzal-Pitzal Rechtsanwälte KEG in 1040 Wien, Paulanergasse 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Oktober 1998, Zl. UVS- 07/A/36/00239/97, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Oktober 1998 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Hausbetreuung A Gesellschaft mbH (in weiterer Folge: Gesellschaft A) zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber am 5. Dezember 1995 die Ausländer (jeweils polnische Staatsangehörige) M und K ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) als Arbeiter zur Durchführung von Schneeräumungsarbeiten beschäftigt habe. Wegen dieser als zwei Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG qualifizierten Taten wurden über die Beschwerdeführerin nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils eine Woche) sowie Kostenbeiträge von S 4.000,-- für das erstinstanzliche Verfahren und S 8.000,-- für das Berufungsverfahren verhängt.

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zugrunde gelegt, dass die von der Beschwerdeführerin vertretene Gesellschaft A die beiden Ausländer M und K ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung beschäftigt habe. Der Ausländer M habe seinen Lebensunterhalt durch "Schwarzarbeit" bestritten, er sei seit ca. 2 Wochen gemeinsam mit K für die Gesellschaft A tätig gewesen und habe für zwei Einsätze ein Entgelt von S 1.150,-- von der Gesellschaft A ausbezahlt bekommen. Auch der Ausländer K habe seinen Lebensunterhalt durch die Arbeit für die Gesellschaft A bestritten. Der von der Gesellschaft A eingesetzte Kontrollor habe für den Ausländer M einen Stundenzettel über seinen Arbeitsbeginn für die Gesellschaft A unterschrieben, damit dieser "bei der Auszahlung keine Probleme habe". Die Ausländer M und K hätten gemeinsam am 5. Dezember 1995 unter Aufsicht des genannten Kontrollors "die Arbeit erledigt". Nach der als "Werkvertrag" bezeichneten, am 16. Oktober 1995 zwischen der Gesellschaft A und dem Ausländer K getroffenen Vereinbarung müsse dieser Ausländer für die Gesellschaft A entweder stets telefonisch erreichbar sein, oder sich bei Eintritt von Schneefall oder Glatteis selbst melden; erfolge der Arbeitsantritt nicht innerhalb von zwei Stunden, gelte der Werkvertrag nicht zu "100 % erreicht". Der Firmenleitung (der Gesellschaft A) hätten Arbeitsverhinderungen sofort gemeldet werden müssen. Dem beschäftigten Ausländer K sei keine generelle Vertretungsbefugnis eingeräumt worden, sondern er sei zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Zur Verschleierung, dass der Ausländer K mit Betriebsmittel der Gesellschaft A gearbeitet habe, seien zum Schein Mietverträge mit ihm abgeschlossen worden; eine Bezahlung oder Abrechnung dieser Mieten sei allerdings nicht erfolgt. Das dem Ausländer K zur Durchführung der Schneeräumungsarbeiten zur Verfügung gestellte Fahrzeug habe ausschließlich als Dienstfahrzeug für Räumeinsätze verwendet werden dürfen; ein Gebrauch für private Zwecke sei dem Ausländer K untersagt gewesen. Die prozentuelle Staffelung des dem Ausländer K zugesagten Entgelts habe sich nach der Anzahl seiner tatsächlich geleisteten Einsätze bzw. seiner tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen (Arbeitsstunden) gemessen. Der Ausländer M sei bei dem Einsatz des Ausländers K als Beifahrer bzw. Helfer verwendet und für seine geleisteten Arbeitsstunden von der Gesellschaft A bezahlt worden.

Ausgehend von der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Judikatur führe die Betrachtung der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeiten und der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, dass beide Ausländer (K und M) zu der von der Beschwerdeführerin vertretenen Gesellschaft A in arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen gestanden seien. Ein umgrenztes, vereinbarungsgemäß umschriebenes Werk habe gefehlt. Der Ausländer K (und gleichfalls auch der Ausländer M) habe über keinen eigenen Betrieb und über keine eigene Betriebsstätte verfügt. Geschuldet sei nicht ein bestimmter Erfolg gewesen, sondern für die Gesellschaft A sei die Bereitstellung der Arbeitskraft der Ausländer im Vordergrund gestanden. Zudem würden auch aus den näher dargestellten Erwägungen die Anzeichen, die für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechen, eindeutig überwiegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG gilt die Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, als Beschäftigung.

Nach dem Abs. 3 lit. a dieser Gesetzesstelle sind den Arbeitgebern gleichzuhalten in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist.

Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist zufolge Abs. 4 erster Satz leg. cit. der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Eine Verwaltungsübertretung begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - wer nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde nach den in dieser Gesetzesbestimmung näher bezeichneten Strafsätzen zu bestrafen.

Die Beschwerdeführerin rügt die Beweiswürdigung der belangten Behörde als unüberprüfbare "Scheinbegründung". Es fehle eine Auseinandersetzung mit den Beweisergebnissen. Aus welchem Grund die belangte Behörde einen bestimmten Sachverhalt als erwiesen angenommen habe, könne nicht nachvollzogen werden.

Diese unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Ausführungen entbehren der sachlichen Grundlage. Die Beschwerdeausführungen beziehen sich anscheinend bloß auf die bis Seite 19 der Ausfertigungen des angefochtenen Bescheides reichende Bescheidbegründung. Die auf den Seiten 20 bis 38 der Bescheidausfertigungen enthaltene eingehende und detaillierte Würdigung sämtlicher Beweisergebnisse lässt die Beschwerdeführerin bei ihrer Kritik an der Beweiswürdigung unberücksichtigt. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholung wird auf diese Ausführungen der Bescheidbegründung verwiesen.

Zur Behauptung der Beschwerdeführerin, das Arbeitsinspektorat habe "die Unternehmereigenschaft des Werkvertragsnehmers anerkannt", genügt es auf die von der Beschwerdeführerin dabei unbeachtet gelassene Tatsache zu verweisen, dass das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten wegen des inkriminierten Sachverhaltes am 3. Jänner 1996 die Anzeige erstattete.

Der Beschwerdeführerin wurde nicht die Vorlage von Originalurkunden - wie in der Beschwerde behauptet wird - "nachteilig ausgelegt", sondern die belangte Behörde hat den Zeitpunkt der Urkundenvorlage (nämlich erst zwei Jahre nach Begehung der vorgeworfenen Taten) gewürdigt.

Der nicht auf Beweisergebnisse gestützten Behauptung, eine Beschäftigung des Ausländers M sei nicht ableitbar, ist zu erwidern, dass der (vor der Behörde erster Instanz und der belangten Behörde abgelegten) Zeugenaussage des von der Gesellschaft A eingesetzten Kontrollors die von der belangten Behörde festgestellte Verwendung des Ausländers M hinreichend zu entnehmen ist. Des weiteren hat der Ausländer M - wie in der Beschwerde ausdrücklich eingeräumt wird - seine Beschäftigung durch die Gesellschaft A auch selbst eingestanden.

Für die in der Beschwerde behauptete Lebenserfahrung, dass ein "Unternehmen in der Größenordnung der Firma A ohne irgendwelche Unterlagen anzufertigen" Personen nicht beschäftige, vermag die Beschwerdeführerin keine sachverhaltsmäßige Grundlage anzugeben. Eine solche Erfahrung ist auch weder offenkundig noch notorisch.

Insoweit die Beschwerdeführerin der belangten Behörde pauschal vorwirft, ihre Ermittlungspflicht vernachlässigt zu haben, ist auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführen nicht zu erkennen, welche Ermittlungen die belangte Behörde im einzelnen hätte vornehmen müssen, und welcher Sachverhalt derart hätte erwiesen werden können.

Die Beschwerdeführerin vermag insgesamt betrachtet vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Mängel des Ermittlungsverfahrens und der Beweiswürdigung somit nicht aufzuzeigen (vgl. zur Überprüfung der Beweiswürdigung die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage 2000, Seite 512f wiedergegebene hg. Judikatur).

Geht man von dem im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt aus, dann hat die belangte Behörde diesen in rechtlicher Hinsicht fehlerfrei beurteilt.

Auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen ist nicht zu erkennen, dass die verwendeten Ausländer als selbständige Werkunternehmer ein "Werk" für die Gesellschaft A hergestellt haben (vgl. hiezu das ebenfalls die Gesellschaft A betreffende hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1999, Zl. 97/09/0287).

Die für die Selbständigkeit der Ausländer ins Treffen geführten Behauptungen der Beschwerdeführerin entfernen sich von den nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen tatsächlich gegebenen Verhältnissen bzw. dem zufolge § 2 Abs. 4 AuslBG wahren wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhaltes. Nach den tatsächlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen bzw. der konkreten Vertragsumsetzung kam eine Betätigung der Ausländer für andere Werkbesteller oder ein Einsatz von Substituten bei der Schneeräumung (anstelle der Ausländer) nicht in Frage. Dass bei den verwendeten Ausländern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine unternehmerische Betätigung vorgelegen seien, vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun. Sie verkennt, dass allein die inhaltliche Ausgestaltung schriftlicher Vereinbarungen die Anwendung der Bestimmungen des AuslBG (insbesondere über das Vorliegen einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung) nicht beseitigt, sondern die tatsächlichen Umstände, unter denen der Ausländer verwendet wird, maßgebend sind (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 98/09/0153, und die darin angegebene Judikatur).

Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, dass die Ausländer von der von der Beschwerdeführerin vertretenen Gesellschaft in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis verwendet wurden und demnach eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung vorgelegen ist.

Mit dem Vorbringen, der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sei deshalb vorgelegen, weil sie "keine einschlägige Bestrafung" aufweise, verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage, weil die sogenannte "relative Unbescholtenheit" nach ständiger Rechtsprechung keinen Milderungsgrund bildet (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 346, E 308 wiedergegebene hg. Judikatur). Angesichts der rechtskräftigen und noch nicht getilgten Vorstrafen wegen Übertretung der StVO bzw. des KFG - die von der Beschwerdeführerin nicht bezweifelt werden - konnte der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit von der belangten Behörde nicht herangezogen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Mai 2001

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