VwGH 98/09/0338

VwGH98/09/033823.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des X in Wien, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 16. Oktober 1998, Zl. 10/13117, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §7;
AuslBG §1 Abs2 litl;
AuslBG §3 Abs8 idF 1995/895;
VwRallg;
ABGB §7;
AuslBG §1 Abs2 litl;
AuslBG §3 Abs8 idF 1995/895;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von "Jugoslawien" beantragte am 15. Juli 1998 beim Arbeitsmarktservice Bau- Holz die Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG und begründete dies damit, er sei seit 24. Juli 1998 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet berechtigt.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Bau- Holz vom 26. August 1998 wurde dieser Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Beschwerdeführer verfüge über keinen aufrechten Aufenthaltstitel, da ihn die vom Verwaltungsgerichtshof bewilligte aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde gegen die Versagung der Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung nur in jene Rechtsposition restituiere, die er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gehabt habe (und damit ein aufrechter Titel noch nicht vorliege).

In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 31 Abs. 4 FrG 1997 verbunden mit dem Hinweis darauf, dass er seinen Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Abs. 2 lit. l und 3 Abs. 8 AuslBG keine Folge. Sie stützte ihre Entscheidung - anders als die Behörde erster Instanz - darauf, der Beschwerdeführer sei auf Grund des ihm ausgestellten Befreiungsscheines bereits vom 6. Oktober 1993 bis 29. Jänner 1995, vom 19. Juni 1995 bis 19. Jänner 1997, vom 3. März 1997 bis 13. Feber 1998 und vom 18. Mai 1998 bis 18. August 1998 in Beschäftigung gestanden, so dass es am gesetzlichen Erfordernis der "erstmaligen" Aufnahme einer Beschäftigung fehle.

Auf die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet komme es daher nicht mehr an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer in Hinblick auf die gemäß § 31 Abs. 3 FrG vorläufig verlängerte Aufenthaltsberechtigung in Verbindung mit der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Abweisung des Verlängerungsantrages gerichteten Beschwerde die "Rechtsstellung, die er vor Erlassung des bekämpften Bescheides hatte", wiedererlangt hatte.

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung daher zutreffend nicht mehr auf die somit rechtswidrige Begründung der Behörde erster Instanz, sondern lediglich auf das Fehlen des Tatbestandsmerkmales der "erstmaligen" Beschäftigungsaufnahme gestützt.

In diesem Punkte erweist sich aber auch ihre Begründung als inhaltlich rechtswidrig.

Der mit der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 eingefügte Absatz 8 des § 3 AuslBG bestimmt, dass ausländischen Familienangehörigen eines österreichischen Staatsbürgers im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l leg. cit. vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung (Anm.: Unterstreichung nicht im Original) von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel sich ihr Hauptwohnsitz befindet, eine Bestätigung auszustellen ist, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. l leg. cit. vorliegen. Danach sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Ausländer nicht anzuwenden, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt, sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997 verfügen.

Diese Novelle trat mit 1. Juni 1996 in Kraft. Die Eheschließung des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin erfolgte nach der Aktenlage am 24. Juli 1998.

Es erhebt sich im gegebenen Zusammenhang die Frage, ob der Gesetzgeber bei Schaffung der Bestimmung des § 3 Abs. 8 AuslBG überhaupt auch jene Fälle erfassen wollte, die auf vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung verwirklichten Tatbeständen fußen, oder ob nicht eine teleologische Reduktion dieser Bestimmung angebracht ist. Eine solche Reduktion wird auch von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts dann vorgenommen, wenn verfassungswidrige Ergebnisse, unverständliche oder nicht sachgerechte Ergebnisse vermieden werden sollen.

Würde man der Ansicht sein, dass sich die im § 3 Abs. 8 AuslBG genannte Voraussetzung der "erstmaligen" Aufnahme einer Beschäftigung nur auf jene Personen beziehen könnte, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung noch nie in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden sind, so bedeutete dies gegenüber jenen Personen (wie z.B. dem Beschwerdeführer), die in der Zeit vor Inkrafttreten dieser Bestimmung und vor Begründung des - dem Sinn des Gesetzes nach wesentlichen - Tatbestandsmerkmales der Angehörigeneigenschaft zu einem österreichischen Staatsbürger einer legalen Beschäftigung auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein nachgegangen sind, eine durch sachliche Argumente nicht zu rechtfertigende Diskriminierung. Zutreffend verweist auch der Beschwerdeführer darauf, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG erst mit der Novelle BGBl. Nr. 475/1992 in das Ausländerbeschäftigungsgesetz eingefügt wurde und erst gleichzeitig mit dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum mit 1. Jänner 1994, also nach seiner "erstmaligen" Beschäftigungsaufnahme in Kraft getreten ist. Es ist den Ausführungen in der Beschwerde aus diesem Grunde beizupflichten, dass § 3 Abs. 8 AuslBG verfassungskonform nur dahin einschränkend interpretiert werden kann, dass das Erfordernis eines "erstmaligen" Antritts einer Beschäftigung sich verständigerweise nur auf einen solchen nach Inkrafttreten dieser Bestimmung, d.h. nach dem 1. Juni 1996 bzw. nach Begründung der Angehörigeneigenschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG beziehen kann. Dies bedeutet auch weiters, dass die Tatsache einer legal vor diesem Stichtag bzw. vor Verehelichung mit einem österreichischen Staatsbürger ausgeübten Beschäftigung einem Ausländer nach diesen Bestimmungen nicht zum Nachteil gereichen kann.

Dies hat die belangte Behörde verkannt und den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

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