Normen
AVG §41 Abs1;
AVG §42 Abs1;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §121 Abs1;
AVG §41 Abs1;
AVG §42 Abs1;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §121 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 5. Juli 1988 wurde der mitbeteiligten Gemeinde die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der Kanalisationsanlage durch die Errichtung und den Betrieb des Hauptsammlers Bärnstetten sowie durch die Entflechtung des Kanalsystems im Bereich Kirchdorf/Dorf erteilt.
Über Ansuchen der mitbeteiligten Partei wurde mit Kundmachung der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vom 29. Februar 1996 unter Hinweis auf die §§ 32, 99 Abs. 1 lit. d und § 121 WRG 1959 iVm §§ 40 bis 44 AVG eine mündliche Verhandlung zwecks wasserrechtlicher Überprüfung der ausgeführten Anlagen anberaumt, zu welcher die Beschwerdeführerin persönlich geladen worden ist. In dieser Kundmachung wurde darauf hingewiesen, dass eine Vorbegutachtung durch einen kulturbautechnischen Amtssachverständigen ergeben habe, dass die Anlagen mit geringfügigen Änderungen im Wesentlichen projekts- und bescheidgemäß ausgeführt worden seien und die Planunterlagen zur allgemeinen Einsicht auflägen.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin nahm am 4. März 1996 Akteneinsicht und fertigte eine Kopie der Pläne der "betroffenen Grundstücke" an.
In der mündlichen Verhandlung, zu welcher weder die Beschwerdeführerin noch deren Vertreter erschienen ist, wurde festgestellt, dass nur geringfügige Abänderungen vorgenommen worden seien, die technisch zweckmäßig seien und fremde Rechte nur in einem unerheblichen Ausmaß zusätzlich berührten.
Der Landeshauptmann von Tirol fasste mit Bescheid vom 27. März 1996 über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei "nach §§ 27, 29, 32, 111, 112 und 121 WRG" folgenden Spruch:
"I. Die wasserrechtliche Bewilligung für die gegenüber den bewilligten Projekten zusätzlich errichteten Anlagenteile und für die gegenüber den bewilligten Projekten erfolgten Änderungen in der Bauausführung wird nach Maßgabe der vorgelegten Ausführungspläne der Ingenieurgemeinschaft Vermessung AVT vom November 1994 nachträglich erteilt.
II. Hinsichtlich der durch die zusätzlich errichteten Anlagenteile bzw. geändert ausführten Anlagenteile zusätzlich berührten fremden Grundstücke gelten nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 die erforderlichen Dienstbarkeiten für den Bau, den Bestand, den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage sowie zum Betreten der Grundstücke zu Betriebs- und Instandhaltungszwecken als eingeräumt. Allfällige Entschädigungsansprüche aus diesem Grund können in Ermangelung einer Übereinkunft binnen Jahresfrist nach Fertigstellung der Anlage bei der Wasserrechtsbehörde geltend gemacht werden.
...
VIII. Gemäß § 121 WRG wird festgestellt, dass ... die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 5. Juli 1998, Zl. IIIa1-7230/39, wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage 'Hauptsammler Bärnstein und Entflechtung des Kanalsystems im Bereich Kirchdorf/Dorf' der Gemeinde Kirchdorf in Tirol nach Maßgabe der vorgelegten Ausführungspläne der Ingenieurgemeinschaft Vermessung AVT vom November 1994 im Wesentlichen projekts- und bescheidgemäß ausgeführt wurden. Die ausgeführten Anlagen werden wasserrechtlich für überprüft erklärt.
..."
Dem sich auf diesen Bescheid beziehenden "Bestandsplan-Kirchdorf Kanalnetzplan" Nr. 3927-3/43 der Ingenieurgemeinschaft Vermessung AVT vom November 1994 ist zu entnehmen, dass - in Abänderung der wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahre 1988 - das der Beschwerdeführerin gehörige Grundstück Nr. 18 durch Errichtung eines Kanalschachtes mit Deckel in der Größe von rund 1 m2 in Anspruch genommen worden ist.
In der gegen diesen Bescheid der Wasserrechtsbehörde erster Instanz erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, aufgrund einer Auskunft des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei und des Bauamtsleiters sei die Beschwerdeführerin davon ausgegangen, dass die Trassierung des Kanals im Bereich dieses Grundstückes unverändert im Sinne des eingereichten Projektes verlaufe und von der Kanalführung nicht betroffen sei. Bereits durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung sei die Beschwerdeführerin insofern in Irrtum geführt worden, als von geringfügigen Änderungen des ursprünglichen Projektes gesprochen worden sei. Hievon könne jedoch keine Rede sein, da die eigenmächtige Verlegung eines Kanals auf fremden Grund keine geringfügige Projektsänderung darstelle.
In einer von der belangten Behörde eingeholten, der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachten fachkundigen Stellungnahme des Amtssachverständigen wird festgehalten, dass die Landesstraßenverwaltung im Bereich des Grundstückes Nr. 18 der Beschwerdeführerin verlangt habe, die befestige Fahrbahn so weit als möglich von Schächten freizuhalten. Dies habe im gegenständlichen Bereich eine Trassenführung knapp an der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführerin bedingt, weil in diesem Bereich nur ein schmales Bankett vorhanden sei. Im Zuge der Bauausführung sei der Kontrollschacht Nr. 160 B auf bzw. teilweise über die Grundstücksgrenze hinaus versetzt worden, sodass nunmehr das als Grünfläche gewidmete Grundstück der Beschwerdeführerin in einem geringfügigen Ausmaß in Anspruch genommen werde. Eine Umwidmung des Grundstückes in Bauland sei nicht vorgesehen. Der Nachteil infolge der nicht projektsgemäßen Inanspruchnahme beschränke sich auf einen minimalen Ernteentgang, der aus dem Flächenverlust durch den Teil des Schachtdeckels resultiere (weniger als 1 m2), der in das Grundstück der Beschwerdeführerin hineinrage. Eine Behinderung bei der Bearbeitung der landwirtschaftlichen Fläche sei auszuschließen, weil der Kontrollschacht direkt an der Grundstücksgrenze liege. Die vom erstinstanzlichen Amtssachverständigen festgestellte geringfügige Berührung des fremden Rechtes (Grundstückes) könne bestätigt werden.
Die Beschwerdeführerin gab hiezu eine Stellungnahme ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Jänner 1998 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben. Bezüglich der in der Berufung geltend gemachten Einwände sei die Beschwerdeführerin präkludiert. Diese Präklusion habe die belangte Behörde zu beachten; sie sei nicht mehr berechtigt, das Vorbringen einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen. Von Amts wegen sei jedoch festgestellt worden, ob die hier zu beurteilenden Abweichungen vom wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid geringfügig seien. Der gutächtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen sei die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten, sie habe auch nicht überzeugend darzutun vermocht, dass die erfolgte unbeabsichtigte Grundstücksinanspruchnahme im Ausmaß von weniger als 1 m2 nicht grundsätzlich als geringfügig einzustufen wäre. Die belangte Behörde schließe sich daher den Überlegungen der Sachverständigen an.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 1998, B 571/98-3, nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß §121 Abs. 1 WRG 1959 hat sich unmittelbar nach erfolgter Ausführung einer nach diesem Bundesgesetz bewilligungspflichtigen Wasseranlage die zur Erteilung der Bewilligung in erster Instanz zuständige Wasserrechtsbehörde in einem nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 AVG 1950 auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumasse zu überzeugen, die Messergebnisse in der Verhandlungsschrift festzulegen, das Ergebnis dieser Überprüfungsverhandlung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden.
Im Überprüfungsverfahren nach § 121 WRG 1959 haben jene Personen Parteistellung, die auch im Bewilligungsverfahren Parteistellung hatten. Eine in diesem Verfahren Parteistellung genießende Partei darf geltend machen, dass die ausgeführte Anlage in einer ihre Rechte berührenden Weise nicht mit dem Bewilligungsbescheid übereinstimmt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Slg. NF Nr. 14.756/A). Eine Partei des Überprüfungsverfahrens darf das Fehlen der zu beurteilenden Übereinstimmung des ausgeführten Projektes mit dem bewilligten Vorhaben auch einwenden, wenn sie im Bewilligungsverfahren keine tauglichen Einwendungen erhoben hat, sie muss jedoch einen innerhalb des Überprüfungsverfahrens erfolgten Eintritt der Präklusion nach § 42 AVG gegen sich gelten lassen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1996, 95/07/0203, und vom 26. Juni 1996, 95/07/0229).
Gemäß § 42 Abs. 1 AVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 tritt Präklusion gegenüber bekannten Beteiligten dann ein, wenn sie gemäß § 41 Abs. 1 AVG von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung persönlich verständigt wurden und sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen vorgebracht haben.
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin bezüglich der von ihr in der Berufung erstmals erhobenen Einwendungen präkludiert und demnach hinsichtlich der ihr Grundstück berührenden Abweichung von der wasserrechtlichen Bewilligung als zustimmend anzusehen ist. Die Beschwerdeführerin wurde zur Überprüfungsverhandlung persönlich geladen und gleichzeitig von der Möglichkeit der Einsichtnahme in die Planunterlagen in Kenntnis gesetzt. Diese Planunterlagen reichten aus, um der Beschwerdeführerin jene Informationen zu vermitteln, die sie zur Verfolgung ihrer aus § 121 Abs. 1 WRG 1959 abzuleitenden Rechte gebraucht hat. Aus den Planunterlagen ergibt sich eindeutig, dass ein - wenn auch kleiner Teil - ihres Grundstückes nunmehr in Anspruch genommen wird. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, welche Auskünfte der Bürgermeister und der Bauamtsleiter der Beschwerdeführerin gegeben haben, weil - wie der Kundmachung zu entnehmen war - die bei der Wasserrechtsbehörde erster Instanz aufgelegenen Planunterlagen Gegenstand des Überprüfungsverfahrens waren.
Das Beschwerdevorbringen, der Vertreter der Beschwerdeführerin hätte in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, der Inanspruchnahme einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 18 werde nicht zugestimmt, ist eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG und steht mit der einen vollen Beweis (§ 15 AVG) bildenden Niederschrift über den Gang der mündlichen Verhandlung in Widerspruch.
Ist die Beschwerdeführerin aber im Sinne des § 42 AVG präkludiert, kann sie eine Verletzung ihrer Rechte nicht mehr geltend machen. Auf die eingetretene Präklusion hat die Rechtsmittelbehörde und auch der Verwaltungsgerichtshof Bedacht zu nehmen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Juli 1999
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