VwGH 98/06/0132

VwGH98/06/01329.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des G M und der E M, beide in W, beide vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Juni 1998, Zl. 03-12.10 T 75-98/1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. P S in W, vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, 2. Gemeinde Thannhausen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §25 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z3;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z5;
BauRallg;
ZustG §13 Abs1;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §25 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z3;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z5;
BauRallg;
ZustG §13 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 14. August 1997 kam die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerber) um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Tischlerwerkstätte auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein. Dieses Grundstück ist im Flächenwidmungsplan (der, wie der Verwaltungsgerichtshof erhoben hat, in den Sitzungen des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Juli 1995 und 23. Oktober 1995 beschlossen wurde) als "Industriegebiet I" gewidmet. Die Beschwerdeführer (in der Folge auch kurz: Nachbarn) sind Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes.

Die Behörde erster Instanz beraumte für den 16. September 1997 eine Bauverhandlung an. Ob die Bauverhandlung im Sinne des § 25 Abs. 1 BauG durch Anschlag in der Gemeinde kundgemacht wurde, ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Die Beschwerdeführer wurden zur Verhandlung mittels eines "gemeinsamen Rückscheinbriefes" (RSb-Sendung, die an beide Beschwerdeführer adressiert ist) geladen. Wie sich aus dem Rückschein ergibt, wurde die Sendung hinterlegt (Beginn der Abholfrist 5. September).

Mit dem bei der Baubehörde am 9. September 1997 eingelangten, undatierten Schriftsatz erhoben die Beschwerdeführer mit folgender Begründung "Einspruch" gegen das Bauvorhaben:

"1. Die Einladung für das Bauvorhaben 'Gewerbebetrieb' ist viel zu kurz.

2. Für dieses Naherholungsgebiet ist eine gewaltige Verschlechterung der Erholungsphase zu befürchten (Lärm- sowie Geruchsbelästigungen sind massiv zu erwarten).

3. Enorme Wertverminderung des Hauses und des Erholungsraumes wären damit gegeben.

4. Aus diesen besagten Gründen kann der Flächenwidmungsplan nicht in Ordnung sein."

In der Bauverhandlung (an welcher die Beschwerdeführer nicht teilnahmen) erklärte der beigezogene Sachverständige, der Einspruch der Beschwerdeführer sei zurückzuweisen, weil es sich bei den in den Punkten 1. bis 4. vorgebrachten Einwendungen um keine subjektiv-öffentlichrechtlichen Einwendungen handle.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 17. September 1997 wurde dem Bauwerber die angestrebte Baubewilligung unter verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Der "Einspruch" der Beschwerdeführer wurde zur Gänze zurückgewiesen: die Frist sei mit 11 Tagen ausreichend genug bemessen, um bei der Verhandlung vorbereitet erscheinen zu können. In den Punkten 2. bis 4. des Einspruches machten sie keine subjektiv-öffentlich-rechtlichen Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (BauG) geltend.

Dagegen erhoben die nun anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer Berufung, in welcher sie geltend machten, sie hätten entgegen der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde mit ihrem "Einspruch" sehr wohl öffentlich-rechtliche Einwendungen erhoben, und zwar im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1, 3 und 5 BauG. Vom Bauvorhaben seien ortsunübliche, unzumutbare und gesundheitsgefährdende Immissionen in Bezug auf ihr Grundstück, das im Flächenwidmungsplan als "allgemeines Wohngebiet" gewidmet sei, zu erwarten. Auch sei eine Brandgefahr gegeben.

In den Gemeindeakten befindet sich ein lärmtechnisches Gutachten vom 23. Februar 1998. Der Sachverständige kommt zusammengefasst zum Ergebnis, es zeige sich, dass bei den einzelnen von ihm zugrundegelegten Immissionspunkten die Abschirmwirkung des zu errichtenden Gebäudes die zusätzlichen Immissionen aus dem Betrieb übertreffe und sich damit eine geringfügige Verringerung der Gesamtimmissionen ergebe. Den Akten ist nicht zu entnehmen, dass zu diesem Gutachten Parteiengehör gewährt worden wäre.

Mit dem Berufungsbescheid vom 10. März 1998 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die Berufungsbehörde aus, sei eine Bauverhandlung kundgemacht worden, so behielten nur die Nachbarn Parteistellung, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG erhoben hätten. Die "Kundmachung bzw. Ladung zur Bauverhandlung" am 16. September 1997 sei den Beschwerdeführern am 5. September 1997 zugestellt worden. Eine Frist von 11 Tagen sei jedenfalls ausreichend, um bei einer Verhandlung vorbereitet erscheinen zu können. Im Übrigen hätten es die Beschwerdeführer verabsäumt, einen Vertagungsantrag zu stellen bzw. sich gemäß den §§ 10 ff AVG bei der Verhandlung vertreten zu lassen. Dieser Einwand sei daher jedenfalls als unbegründet abzuweisen. Darüber hinaus betreffe dieser Einwand keines der im § 26 Abs. 1 BauG taxativ angeführten Nachbarrechte, weshalb er nicht geeignet sei, die Parteistellung der Beschwerdeführer im Sinne des § 27 Abs. 1 leg. cit. aufrecht zu erhalten.

Abgesehen davon, sei Folgendes zu beachten: Sei eine mündliche Verhandlung durch Anschlag oder Verlautbarung kundgemacht worden, so könnten Einwendungen bei der Behörde nur bis zu dem Tag, der dem Verhandlungstag vorangehe, schriftlich oder mündlich, oder während der Verhandlung mündlich erhoben werden. Später erhobene Einwendungen seien nicht mehr zu berücksichtigen, weil sie präkludiert seien. Präkludierte Einwendungen könnten auch in der Berufung nicht mehr erhoben werden. Für die Beurteilung der gegenständlichen Berufung seien daher in erster Linie nur die Einwendungen maßgeblich, welche im "Einspruch" der Beschwerdeführer geltend gemacht worden seien. Zu diesen sei im Einzelnen Folgendes zu bemerken:

Auf dem Punkt 1. dieses Schriftsatzes sei bereits zuvor eingegangen worden.

Mit dem Einwand Punkt 2., dass für dieses Naherholungsgebiet eine gewaltige Verschlechterung der "Erholungsphase" zu befürchten sei, werde jedenfalls kein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG geltend gemacht. Außerdem ergebe sich aus dem eingeholten schalltechnischen Gutachten eindeutig, dass mit einer geringfügigen Verringerung der Gesamtimmission zu rechnen sei.

Die behauptete Wertminderung des Hauses und des Erholungsraumes (Punkt 3.) sei eine privatrechtliche Einwendung. Der Einwand Punkt 4., dass der Flächenwidmungsplan (auch aus diesen Gründen) "nicht in Ordnung sein könne", richte sich "eindeutig nur gegen den Flächenwidmungsplan als solchen". Mit diesem Einwand werde ebenfalls kein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG geltend gemacht. Eine Umdeutung dieser Einwendung, wie dies in der Berufung versucht werde, sei jedenfalls nicht zulässig, weil eine mangelnde Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan nicht behauptet, "sondern nur der Flächenwidmungsplan als solcher bezweifelt" worden sei. Weiters hätten die beschwerdeführenden Eheleute im Anhörungsverfahren anlässlich der Revision des Flächenwidmungsplanes einer Umwidmung des besagten Gebietes (in Gewerbe- und Industriegebiet I) schriftlich zugestimmt.

Auf die übrigen in der Berufung erhobenen Einwendungen sei nicht weiter einzugehen, weil diese präkludiert seien.

Da die Beschwerdeführer somit keine Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. erhoben hätten, sei ihrer Parteistellung gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. erloschen, weshalb die Berufung mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Nach zusammengefasster Wiedergabe des Verfahrensganges und nach Rechtsausführungen führte die belangte Behörde aus, dass das Grundstück der Beschwerdeführer im Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesen sei.

Mit Schriftsatz vom 9. September 1997 hätten die Beschwerdeführer rechtzeitig Folgendes vorgebracht (es folgt die Wiedergabe der vier Punkte des "Einspruches"). Eine dem Gesetz entsprechende Einwendung liege nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend mache. Dem Begriff der Einwendung sei die Behauptung einer Rechtsverletzung mit Bezug auf ein bestimmtes Recht, demnach die Geltendmachung der Verletzung eines konkreten subjektiven Rechts, immanent. Mit dem Vorbringen zu Punkt 2. des Einspruches könnte allenfalls eine Einwendung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 BauG erhoben worden sein, obwohl die Verschlechterung des Erholungswertes für sich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründe. Keinesfalls sei mit diesem Vorbringen jedoch eine Einwendung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 5 BauG erhoben worden, wie dies die Beschwerdeführer in ihrer Berufung darzulegen versucht hätten. § 26 Abs. 1 Z. 5 BauG verweise nämlich unmittelbar nur auf § 61 Abs. 1 (Rauch- und Abgasfänge), § 63 Abs. 1 (Lüftungsanlagen) und § 65 Abs. 1 leg. cit. (Entsorgungsanlagen für Abwässer). Da jedoch aus der Einwendung zu Punkt 2. nicht einmal ansatzweise eine Beeinträchtigungsmöglichkeit durch diese Anlagen geltend gemacht worden sei, könne dadurch eine Verletzung der durch § 26 Abs. 1 Z. 5 BauG gestützten Nachbarrechte nicht aufgezeigt werden.

Hinsichtlich der Frage der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan stehe dem Nachbarn nur insoweit ein Rechtsanspruch zu, als damit ein Immissionsschutz verbunden sei. Der Immissionsschutz ergebe sich hiebei aus der jeweiligen Baulandkategorie gemäß § 23 Abs. 5 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes (ROG). Da das BauG kein allgemeines Immissionsverbot kenne, könne die Beschränkung der Immissionen nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Flächenwidmung gesehen und geltend gemacht werden. Gemäß § 23 Abs. 5 lit. d ROG seien Industrie- und Gewerbegebiete I Flächen, die für die Betriebe und Anlagen bestimmt seien, die keine das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigungen in benachbarten Baugebieten (im angefochtenen Bescheid hervorgehoben) verursachten, wobei auch die für die Aufrechterhaltung dieser Anlagen in ihrer Nähe erforderlichen Wohnungen, Verwaltungs- und Geschäftsgebäude errichtet werden könnten. Da diese Baulandkategorie somit nur einen Immissionsschutz der benachbarten Baugebiete vorsehe, das Grundstück der Beschwerdeführer jedoch als Freiland ausgewiesen sei, stehe ihnen im konkreten Fall kein subjektiv-öffentlicher Anspruch auf Beschränkung von Immissionen zu.

Schließlich könne das Vorbringen der Beschwerdeführer auch nicht als Einwendung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 3 BauG umgedeutet werden, zumal sie in keiner Weise Schallschutzmaßnahmen gefordert, sondern sich lediglich darauf beschränkt hätten, allgemeine Bedenken gegen das Vorhaben zu äußern.

Insgesamt ergebe sich somit, dass die Berufungsbehörde die Berufung rechtmäßiger Weise als unzulässig zurückgewiesen habe, weil die Beschwerdeführer mangels Einwendung von Nachbarrechten im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG ihre Parteistellung verloren hätten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (kurz: BauG), die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. 2. die Abstände (§ 13);
  2. 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
  3. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
  4. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

    6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

    Gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.

    Nach § 61 Abs. 1 leg. cit. müssen, soweit hier erheblich, Rauchfänge (Abgasfänge) dauernd betriebsdicht sein; sie sind so anzulegen, dass eine wirksame Ableitung der Verbrennungsgase gewährleistet ist und damit keine Brandgefahr oder sonstige Gefährdung und keine unzumutbare Belästigung eintritt.

    Nach § 63 Abs. 1 leg. cit. sind Lüftungsanlagen so zu planen und auszuführen, dass mit ihrem Betrieb weder eine Brandgefahr oder sonstige Gefährdung noch eine unzumutbare Belästigung verbunden ist.

    Nach § 65 Abs. 1 leg. cit. ist bei baulichen Anlagen eine einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und Beseitigung der Niederschlagswässer auf Bestandsdauer sicherzustellen. Dafür erforderliche Anlagen sind so anzuordnen, herzustellen und instand zu setzen, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.

    Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten entgegen der Beurteilung der Behörde des Verwaltungsverfahrens mit ihrem "Einspruch" rechtzeitig Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben, und zwar im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1, Z. 3 und Z. 5 BauG.

    Damit sind die Beschwerdeführer im Recht. Mit dem Vorbringen "Lärm- sowie Geruchsbelästigungen sind massiv zu erwarten" in diesem Einspruch haben die Beschwerdeführer ausreichend bestimmt Einwendungen erhoben, die dem § 26 Abs. 1 Z. 1, Z. 3, aber auch noch Z. 5 BauG subsumiert werden können.

    Richtig sind allerdings die Ausführungen der belangten Behörde, dass die Widmung des zu bebauenden Grundstückes, nämlich Industrie- und Gewerbebetrieb I gemäß § 23 Abs. 5 lit. d des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 (ROG), einen Immissionsschutz gewährt, allerdings nur für benachbarte Baugebiete. Diesbezüglich hat aber die belangte Behörde - unbekämpft - darauf verwiesen, dass das Grundstück der Beschwerdeführer (Anmerkung: entgegen dem Vorbringen in der Berufung) als "Freiland" gewidmet ist. Auf Grundlage dieses Sachverhaltes bedeutet dies (zunächst), dass die Beschwerdeführer insofern zwar eine der im § 26 Abs. 1 aufgezählten Einwendungen erhoben hatten, die aber inhaltlich unbegründet war.

    Das Vorbringen der Beschwerdeführer in Bezug auf befürchtete Lärmbelästigungen ist (aber) auch, wie gesagt, als Einwendung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Z. 5 BauG anzusehen. Entgegen der Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bedurfte dieses Vorbringen nicht noch zusätzlich einer Forderung nach Schallschutzmaßnahmen, um als Einwendung im Sinne dieser Gesetzesstelle beurteilt werden zu können.

    Zu § 26 Abs. 1 Z. 5 schließlich bringen die Beschwerdeführer vor, auch zu erwartende Geruchsbelästigungen könnten eindeutig als Einwendung entsprechend dieser Gesetzesstelle "zugeordnet werden". Was denn sonst, als eine unzumutbare Geruchsbelästigung infolge von Rauch und Abgasen, werde der Nachbar eines Tischlereibetriebes befürchten, wo doch allgemein als hinlänglich notorisch gelte, dass in Tischlereibetrieben Holzabfälle zum Verheizen gelangten, sodass einerseits leicht der Bezug zu § 61 Abs. 1 leg. cit. hergestellt werden könne, wie auch andererseits bekannt sei, dass bei Tischlerwerkstätten durch Lackierarbeiten unzumutbare Belästigungen durch die Dämpfe zu gewärtigen sein könnten, die durch diese Arbeiten entstünden, was wiederum den Bezug zu § 63 Abs. 1 leg. cit. herstelle.

    Auch dieses Vorbringen ist nicht von der Hand zu weisen. Jedenfalls - und darauf kommt es aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalles entscheidend an - ist es vorweg nicht auszuschließen, dass von einer Tischlerwerkstätte Immissionen, näherhin Lärm- und Geruchsbelästigungen, ausgehen könnten, die (auch) dem § 26 Abs. 1 Z. 5 BauG subsumiert werden könnten.

    Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführer mit ihrem schriftlichen "Einspruch", der am 9. September 1997 bei der Behörde einlangte, rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG erhoben haben und somit die Auffassung der Gemeindebehörden, dass sie ihre Parteistellung gemäß § 27 Abs. 1 BauG verloren hätten, jedenfalls verfehlt war. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles wäre es somit Aufgabe jedenfalls der Berufungsbehörde gewesen, das Vorbringen der Beschwerdeführer in Bezug auf die befürchteten Lärm- und Geruchsbelästigungen inhaltlich zu prüfen. Die Zurückweisung der Berufung war jedenfalls rechtswidrig.

    Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

    Im Hinblick auf die Ausführungen in der Begründung des Berufungsbescheides ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine Kundmachung der Bauverhandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 BauG, also durch Anschlag in der Gemeinde, in den Gemeindeakten nicht dokumentiert ist. Auch ist im Beschwerdefall unstrittig, dass die Beschwerdeführer als Nachbarn gemäß § 25 Abs. 2 BauG zur Bauverhandlung persönlich zu laden waren. Diesem gesetzlichen Auftrag wird die von der Gemeinde gewählte Vorgangsweise, die beiden Beschwerdeführer mit einem Rückscheinbrief, der an beide adressiert ist, zu laden, nicht gerecht. Der Umstand, dass es sich dabei möglicherweise um Ehegatten handelt, vermag daran nichts zu ändern. Es wäre daher jeder der Beschwerdeführer für sich allein zu laden gewesen (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zlen. 93/06/0002 und 0003, mit weiteren Hinweisen; der Fall, dass mehrere Personen zu Handen eines Bevollmächtigten geladen werden, lag hier nach dem aktenkundigen Sachverhalt nicht vor).

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 9. September 1999

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