VwGH 98/05/0240

VwGH98/05/024017.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Georg und der Beatrix Materna in Wien, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien II, Taborstraße 23, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Oktober 1998, Zl. MD-VfR - B XIII - 11/98, betreffend eine Baueinstellung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke Nr. 2357 und .1324 der Liegenschaft EZ. 893, KG Auhof. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 3. Juli 1997 wurde ihnen die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wintergartens (Nebengebäude) in Holzkonstruktion mit Isolierglasdach an der hinteren Grundstücksgrenze in einer Gesamtlänge von 6,80 m und einer Breite von 3,70 m erteilt. Plangemäß soll dieser Wintergarten 24,41 m2 groß sein und an der hinteren Seite an die ehemalige Lainzer Tiergartenmauer angebaut werden. Über einem 10 cm dicken Unterlagsbeton und einer Feuchtigkeitsisolierung sollen ein Estrich und sodann Cotto-Fliesen aufgebracht werden. Die Gesamthöhe des bewilligten Wintergartens beträgt plangemäß mit Satteldach 3,50 m. (Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. August 1998, Zl. MD-VfR - B XIII - 22/98, wurde die erteilte Bewilligung gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG als nichtig erklärt. Die dagegen erhobene Beschwerde der Beschwerdeführer ist zur hg. Zl. 98/05/0241 protokolliert.)

Anlässlich einer am 27. Mai 1998 durchgeführten Erhebung an Ort und Stelle wurde vom Amtssachverständigen der Mag. Abt. 37/13 festgestellt, dass auf der obbezeichneten Liegenschaft in der hinteren Abstandsfläche unmittelbar im Anschluss an das bestehende Wohnhaus eine bis zur linken Grundgrenze reichende betonierte Platte mit einer Breite von 3,93 m bis 4,90 m und einer Länge von 11,58 m hergestellt worden sei. Über dieser Bodenplatte sei eine rahmenartige Holzkonstruktion mit einer Länge von 9,90 m und einer Firsthöhe von ca. 4,50 m errichtet worden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Oktober 1998 wurde die Fortführung der auf der vorgenannten Liegenschaft begonnenen Bauausführung, "nämlich die Errichtung eines Wintergartens an der hinteren Gebäudefront des bestehenden Wohnhauses", in Anwendung des "§ 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien (BO) untersagt". In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, der Betonplatte des hier zu beurteilenden Nebengebäudes komme eine Bedeutung als Bodenplatte für die Standsicherheit der Holztragekonstruktion zu. Eine unsachgemäße Ausführung könne zu einer Gefährdung von Personen führen, da ein Nachgeben der Fundierung zu einem Umstürzen dieser Konstruktion führen könnte. Im Hinblick auf diese statische Funktion bedürfe die Herstellung der Bodenplatte eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse, insbesondere was die Betonqualität und erforderlichenfalls die Bewährung der Platte betreffe. Aus dem Umstand, dass der Betonplatte eine statische Funktion für die Standsicherheit der darüber errichteten rahmenartigen Holzkonstruktion zukomme, folge, dass diese einen integrierten Bestandteil des geplanten Nebengebäudes bilde und somit einer isolierten Betrachtung nicht zugänglich sei. Die Bodenplatte werde jedenfalls als Bauteil für die Errichtung des projektierten Nebengebäudes verwendet. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Baueinstellung sei im gegebenen Fall allein die Frage, ob mit der Errichtung des Nebengebäudes ohne Baubewilligung begonnen worden sei. Die rahmenartige Holzkonstruktion sei keine Pergola, weil eine solche eine Deckung mit Querhölzern in horizontaler Ebene aufweise (Hinweis auf Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Auflage, S. 195). Die zur Ausführung gelangte Holzkonstruktion besitze hingegen einen sattelförmigen Dachstuhl, dessen First nahe der hinteren Gebäudefront des Wohnhauses parallel zu dieser verlaufe, sodass die zur hinteren Grundgrenze geneigte Dachfläche wesentlich länger ausgeführt sei, als jene, die an die Hausmauer grenze. Genau diese Form liege auch dem mit Bescheid vom 3. Juli 1997 bewilligten Wintergarten zugrunde. Das äußere Erscheinungsbild des Nebengebäudes lege somit den Schluss nahe, dass die Beschwerdeführer die Errichtung eines Wintergartens beabsichtigten. Die Errichtung eines solchen Wintergartens bedürfe aber gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO einer Baubewilligung. Daran ändere auch nichts, dass die raumbildende Verglasung zum Zeitpunkt der Erhebung der Behörde erster Instanz noch nicht angebracht gewesen sei. Die zum Zeitpunkt der Erhebung der Behörde erster Instanz vorgefundene Baulichkeit weise eine Breite von 3,39 m bis 4,90 m und eine Länge von 11,58 m sowie eine Firsthöhe von 4,50 m auf und sei daher als ein gänzlich anderes Bauwerk anzusehen, als der am 3. Juli 1997 bewilligte Wintergarten. Das bestehende Bauwerk sei daher durch die Baubewilligung nicht gedeckt und ohne Baubewilligung errichtet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge offenkundig in dem Recht auf Abstandnahme von einer Baueinstellung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien (BO) ist die Bauführung einzustellen, wenn ein Bau ohne Bewilligung oder ohne Kenntnisnahme der Bauanzeige oder entgegen den Bestimmungen des § 70 a ausgeführt wird.

Die Beschwerdeführer tragen in ihren Ausführungen zum Sachverhalt in ihrer Beschwerde vor, sie hätten sich entschlossen, im Rahmen des ihnen erteilten Bewilligungsbescheides zur Errichtung eines Wintergartens diesen dadurch großzügiger zu gestalten, dass sie einen "bewilligungsfreien Pergola-Anbau an selbigen Wintergarten" anschließen. Die Beschwerdeführer gehen also selbst davon aus, dass sie mit der Ausführung des ihnen mit Bescheid vom 3. Juli 1997 bewilligten Bauvorhabens zur Errichtung eines Wintergartens begonnen hätten, diesen jedoch nicht der Bewilligung entsprechend ausgeführt haben bzw. auszuführen beabsichtigen. Wie den dem Verwaltungsakt angeschlossenen Lichtbildern entnommen werden kann, stimmen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur errichteten Holzkonstruktion mit der Wirklichkeit überein. Ohne Rechtsirrtum konnte die belangte Behörde daraus den Schluss ziehen, dass die Beschwerdeführer die Errichtung eines Wintergartens beabsichtigen, der zwar in der Form dem mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 3. Juli 1997 bewilligten entspricht, der jedoch sowohl in der horizontalen als auch in der vertikalen Ausdehnung erheblich größer als der bewilligte ist. Da somit von den Beschwerdeführern eine bauliche Konstruktion zur Herstellung eines abgeschlossenen Raumes geplant und ausgeführt worden ist, scheidet im Beschwerdefall die Annahme der Errichtung einer Pergola schon deshalb aus, weil eine solche nach oben offen und nicht raumbildend ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 93/05/0143). Auf Grund der in ihrer Gesamtheit eine bautechnische Einheit bildenden, bereits vorhandenen Holzkonstruktion ist davon auszugehen, dass eine Teilung des geplanten Bauwerkes in Wintergarten einerseits und Pergola andererseits nicht möglich ist. Die Errichtung eines Wintergartens der hier zu beurteilenden Art ist baubewilligungspflichtig im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO. Da eine Bewilligung jedoch für die von den Beschwerdeführern errichtete raumbildende bauliche Anlage nicht vorliegt, durften die Baubehörden ohne Rechtsirrtum im Sinne des § 127 Abs. 8 lit. a BO mit der Anordnung einer Einstellung der Bauführung vorgehen. Ob die vorhandene Bodenplatte im Zusammenhang mit der Errichtung des Traggerüstes hergestellt wurde und wie die Holztragekonstruktion verankert worden ist, ist in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung, weil es darauf ankommt, ob das von den Beschwerdeführern errichtete und noch nicht fertig gestellte Bauwerk ohne Baubewilligung in Angriff genommen worden ist.

Da die Beschwerdeführer zu den von der belangten Behörde durchgeführten Beweisaufnahmen und -ergebnissen gehört worden sind, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch nicht mit der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 1999

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