Normen
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z1;
BauTG OÖ 1994 §2 Z25 litb;
BauTG OÖ 1994 §2 Z25 litc;
ROG OÖ 1972 §20 Abs5;
ROG OÖ 1994 §32 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z1;
BauTG OÖ 1994 §2 Z25 litb;
BauTG OÖ 1994 §2 Z25 litc;
ROG OÖ 1972 §20 Abs5;
ROG OÖ 1994 §32 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erstmitbeteiligten Partei und der zweitmitbeteiligten Partei jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 17. April 1997 bei der Gemeinde eingelangten Ansuchen beantragte der Erstmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 447/2, KG Niederkulm. Nach dem eingereichten Bauplan sind sechs Wohneinheiten geplant, wobei sich jeweils zwei dieser Wohnungen in den im Plan als "Kellergeschoß", "Erdgeschoß" und "ausgebauter Dachraum" bezeichneten Ebenen befinden. Aufgrund der Hanglage des zu bebauenden Grundstückes liegt das geplante Kellergeschoß an der Nordseite des Gebäudes zur Gänze unter dem Erdboden, dort sind Schutz-, Abstellräume und Heizräume geplant, an der Südseite und an Teilen der West- und Ostseite liegt dieses Geschoß über dem Erdboden. Das Grundstück der Beschwerdeführer befindet sich nördlich des zur Bebauung ausersehenen Grundstückes und ist von diesem durch die öffentliche Verkehrsfläche, Grundstück Nr. 443/17, KG Niederkulm, getrennt.
Über dieses Ansuchen wurde eine mündliche Verhandlung für den 12. November 1997 anberaumt. Schon vor der Verhandlung brachten die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Bauvorhaben vor, die sie in der mündlichen Verhandlung teils wiederholten, teils durch weitere Einwendungen ergänzten. Das Projekt stehe hinsichtlich der Geschoßanzahl im Widerspruch zum Bebauungsplan, der nur zwei Geschoße zulasse. Das Bauvorhaben weise demgegenüber drei Geschoße auf, da der "ausgebaute Dachraum" als Geschoß zu werten sei. Die im Bebauungsplan festgesetzten Baufluchtlinien würden mehrfach überschritten. Stellplätze, Zufahrtswege, die Dachneigung, der Kinderspielplatz, die Stützmauern, Stiegengänge und Hausflure sowie die Abstellräume widersprächen baurechtlichen Vorschriften. Weiters liege eine Vorfrage gemäß § 38 AVG insoferne vor, als ein mündlicher Tauschvertrag betreffend einen Grundstücksteil abgeschlossen worden sei, sodaß die Grundstücksgrenze strittig sei. Abschließend stellten die Beschwerdeführer noch Anträge auf "abermalige" Durchführung eines Ortsaugenscheines und Beiziehung von Sachverständigen aus dem Gebiet des Bauwesens, der Raumplanung und des Verkehrswesens.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 1997 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die beantragte Baubewilligung. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unbegründet abteils als unzulässig zurückgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Jänner 1998 keine Folge gegeben. Der erstinstanzliche Bescheid wurde bestätigt. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde die Stellungnahme eines Amtssachverständigen zur Frage der Geschoßanzahl eingeholt, diese Stellungnahme vom 9. Juni 1998 wurde den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid vom 4. August 1998 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeinderates mit der Feststellung abgewiesen, daß die Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die erst- und zweitmitbeteiligte Partei, jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 1 Oö Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (Ö.ö. BauO 1994), sind Nachbarn die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundstücke, die unmittelbar an jene Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, und darüber hinaus jene Grundeigentümer, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Nachbarn können gemäß § 31 Abs. 3 leg. cit. gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind gemäß § 31 Abs. 4 leg. cit. im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Gemäß § 2 Z. 1 Oö Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994 (O.ö. BauTG), ist ein ausgebauter Dachraum ein Dachraum, in dem Einbauten vorhanden sind, die durch Wände, Dachschrägen und Decken umschlossen sind und nach außen nicht als Dachgeschoß in Erscheinung treten (wie z.B. Fenster nur als Dachflächenfenster oder in Gaupenform, ausgenommen im Bereich von Giebelwänden; Übermauerungen nur, soweit dies technisch notwendig ist, höchstens jedoch 1,20 m über Rohdeckenoberkante); ein ausgebauter Dachraum ist in die Gesamtgeschoßzahl nicht einzurechnen. Gemäß § 2 Z. 14 O.ö. BauTG ist ein Dachraum ein von der Dachhaut und den Giebelwänden umschlossener Raum über der obersten Vollgeschoßdecke. Gemäß § 2 Z. 25 lit. a O.ö. BauTG ist ein Dachgeschoß ein Geschoß über dem obersten Vollgeschoß, das zur Gänze oder zum überwiegenden Teil Wohn-, Betriebs- oder Aufenthaltszwecken dient und als solches nach außen optisch in Erscheinung tritt, wie durch größere Übermauerungen, Fenster im aufgehenden Außenmauerwerk oder in der Außenwand, ausgenommen Giebelwände und dergleichen; ein Dachgeschoß ist - sofern der Bebauungsplan nichts anderes festlegt - in die Gesamtgeschoßzahl einzurechnen. Gemäß § 39 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/1996 gelten u.a. für am 31. Dezember 1993 rechtswirksam bestehende Flächenwidmungs- und Bebauungspläne die Umschreibungen und Bestimmungen des O.ö. ROG 1994 sowie der gemäß § 21 Abs. 3 erlassenen Verordnungen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/05/0140).
Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, daß beim gegenständlichen Bauvorhaben drei Geschoße vorhanden seien.
Der rechtswirksame Bebauungsplan Nr. 33 "Innertreffling-Kreuzwirt", beruhend auf dem Beschluß des Gemeinderates vom 2. April 1990, sieht für das gegenständliche Baugrundstück die zweigeschoßige Bebauung vor. Er legt Baufluchtlinien fest, wobei diese ost-, nord- und westseitig einen Abstand von 5 m zur Grundstücksgrenze festlegen. Weiters wird die Dachform, Firstrichtung und die Dachneigung festgelegt, wobei die geringste Dachneigung 30 Grad , die maximale Dachneigung 40 Grad bet rägt. In
der Legende des Bebauungsplanes ist die Gebäudehöhe wie folgt festgesetzt:
"Entsprechend der im Plan eingetragenen Geschoßanzahl (Bezugspunkt), im stärker geneigten Geländeteil sind talseitig zwei Geschoße zulässig, die Oberkante des Erdgeschoßfußbodens max. 0,30 m über dem Straßenniveau, die Übermauerung beim Dachausbau der obersten Decke (Rohdecke), bei eingeschoßiger Bebauung 1,20 m, zweigeschoßiger Bebauung 0,70 m."
Nach § 20 Abs. 5 des zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bebauungsplanes geltenden O.ö. ROG 1972 war die Höhe der Gebäude nach der Anzahl der Geschoße über dem Erdboden bzw. der Hauptgesimshöhe oder der Gesamthöhe über dem tiefsten Punkt des Straßenniveaus oder anderen Vergleichsebenen festzulegen. Sie konnte für die Straßenseite und für die Hof- oder Gartenseite verschieden festgelegt werden.
§ 32 Abs. 4 des O.ö. ROG 1994 bestimmt, daß die Höhe der Gebäude nach der Anzahl der Geschosse über dem Erdboden, der Hauptgesimshöhe oder der Gesamthöhe über dem tiefsten Punkt des Straßenniveaus oder anderen Vergleichsebenen festzulegen ist; sie kann im Bereich des Bauplatzes auch unterschiedlich sowie mit Mindest- oder Höchstgrenzen festgelegt werden.
Der gegenständliche Bebauungsplan Nr. 33 sieht einen Bezugspunkt vor, nämlich an der südlichen Außenwand des Gebäudes (talseitig). Ausgehend von diesem Bezugspunkt ist die zweigeschoßige Bebauung zulässig, überdies ist bei zweigeschoßiger Bebauung eine Übermauerung von 70 cm, bei eingeschoßiger Bebauung eine Übermauerung von maximal 1,20 m zulässig.
In bezug auf diesen Bebauungsplan, der nicht nur die Anzahl der zulässigen Geschoße, sondern auch einen Bezugspunkt, von dem aus die Geschoßbemessung vorzunehmen ist, festlegt, teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, wonach bei Festsetzung der Gebäudehöhe durch die Anzahl der Geschosse grundsätzlich unter dem Begriff des "Geschoßes" jenes zu verstehen ist, das allseits über dem Erdboden liegt (vgl. in diesem Sinne die Regelungen des § 2 Z. 25 b und c BauTG). Wenn wie hier, der Bebauungsplan einen Bezugspunkt festlegt, was sowohl nach dem ROG 1972 zulässig war, als auch nach § 32 Abs. 4 ROG 1994 vorgesehen ist ("oder anderen Vergleichsebenen"), dann ist dieser Punkt Ausgangsbasis für die Betrachtungsweise. Ausgehend von diesem Bezugspunkt sind zwei Geschosse zulässig, woraus sich ergibt, daß tatsächlich die Errichtung zweier Geschosse über dem Erdboden zulässig ist, wenn das Untergeschoß wegen der Hanglage teilweise vom Erdreich umgeben ist. Dazu kommt die nach dem Bebauungsplan zulässige Übermauerung dort, wo eine zweigeschoßige Bebauung vorliegt, von 0,70 m, und dort, wo eine eingeschoßige Bebauung vorliegt, von 1,20 m. Diese Vorgaben des Bebauungsplanes werden durch das Bauvorhaben jedenfalls eingehalten, da hier das teilweise unter dem Erdboden liegende Kellergeschoß bei der zulässigen Geschoßanzahl nicht eingerechnet werden darf. Es ist somit unerheblich, ob die Ebene über dem ersten Vollgeschoß (hier Erdgeschoß benannt) als ausgebauter Dachraum bzw. als Dachraum im Sinne des § 2 Z. 1 O.ö. BauTG anzusehen ist, oder als Dachgeschoß, da dieses Geschoß das zweite nach dem Bebauungsplan zulässige Geschoß ist.
Der Verhandlung vom 12. November 1997 lag der ausdrücklichen Protokollierung in der Niederschrift zufolge der Einreichplan vom 21. Oktober 1997 zugrunde, diese Niederschrift wurde vom Verhandlungsleiter und den Verhandlungsteilnehmern, so auch dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer unterfertigt und bildet somit vollen Beweis. Dieser Plan vom 21. Oktober 1997 bildet auch einen Bestandteil der Baubewilligung.
In der Beschwerde wird behauptet, der Zugang zu den Wohnungen im nordseitig gelegenen Erdgeschoß (erstes Vollgeschoß) überschreite die laut Bebauungsplan einzuhaltende Baufluchtlinie. Damit verkennen die Beschwerdeführer, daß gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 des O.ö. BauTG die Abstandsbestimmungen zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze nicht hinsichtlich Terrassen, Pergolen, Freitreppen (eine solche liegt im Beschwerdefall vor) einzuhalten sind. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung gelten die Bestimmungen des Abs. 2 für Vorgärten sinngemäß.
Die Beschwerdeführer rügen, daß der Abschluß eines mündlichen Tauschvertrages nicht berücksichtigt worden sei und die Zustimmung des Eigentümers fehle. Dieses Vorbringen betrifft die Einhaltung des westseitigen Seitenabstandes und ist somit nicht geeignet, eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Eigentümer der nördlich gelegenen, durch die öffentliche Verkehrsfläche vom Bauvorhaben getrennten Liegenschaft (der Beschwerdeführer) darzutun. Im übrigen wird das Eigentum an einem Grundstücksteil grundsätzlich erst mit der grundbücherlichen Einverleibung begründet.
Dasselbe gilt für die gerügte mangelhafte Auspflockung und Ersichtlichmachung, es sei in der Verhandlung keine gehörige Auspflockung erfolgt, diese Auspflockung sei schon deshalb erforderlich gewesen, weil der Seitenabstand nicht eingehalten werde.
In der mündlichen Verhandlung vom 12. November 1997 wurde festgestellt, daß aufgrund bereits vorangegangener Lokalaugenscheine vor Ort eine Auspflockung des Bauvorhabens bereits durchgeführt worden war, von der an diesem Tage einige Pflöcke fehlten. Es sei noch während der Verhandlung vom 12. November 1997 an Ort und Stelle der Abstand des Bauvorhabens von der Stützmauer der Beschwerdeführer, unter der Annahme, daß diese die Straßengrundgrenze darstelle, abgemessen worden und es sei festgestellt worden, daß dieser Abstand 11 m betrage. Dieses Maß stimme in etwa mit der Vermessungsurkunde überein. Da nur mit dem Maßband und nicht mit einem Gerät vermessen worden sei, sei keine hundertprozentige Übereinstimmung erzielt worden. Aufgrund der teilweisen Auspflockung und der Nachmessung während der Verhandlung im Beisein des Beschwerdevertreters ist daher davon auszugehen, daß die Beschwerdeführer in der Lage waren, sich von der Situierung des Bauvorhabens in bezug auf die ihnen gegenüber einzuhaltenden Abstände ein ausreichendes Bild zu machen.
Da die behaupteten Rechtswidrigkeiten des angefochtenen Bescheides somit nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Jänner 1999
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