VwGH 98/05/0080

VwGH98/05/00801.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Franz Leibl in Wien, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien XIII, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Februar 1998, Zl. MD-VfR-B XIII-36/96, betreffend einen Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §297;
ABGB §435;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
ABGB §297;
ABGB §435;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist aufgrund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrages mit der Gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf reg. Gen.m.b.H. Mieter des Hauses auf der Liegenschaft in Wien XIII, Trabertgasse 14, EZ 892, Stammeinlage der Baurechtseinlage EZ 895, KG Speising. Die Liegenschaft steht im Eigentum der Stadt Wien, die der bezeichneten Genossenschaft das Baurecht im Sinne des Baurechtsgesetzes, RGBl. Nr. 86/1912, bis 31. Dezember 2012 eingeräumt hat. Im Jahre 1974 hat der Beschwerdeführer mit Zustimmung der Grundeigentümerin und der Baurechtsinhaberin die Bewilligung zur Errichtung eines Zubaues und baulicher Änderungen auf der genannten Liegenschaft beantragt, mit Bescheid vom 3. Dezember 1975 wurde ihm die beantragte Baubewilligung erteilt. Mit Bescheid vom 28. August 1978 wurde die Änderung dieses bewilligten Bauvorhabens bewilligt.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 1994 teilte die Baurechtsinhaberin dem Beschwerdeführer mit Bezug auf sein im August 1988 mit einer Skizze bei ihr vorgelegtes Ansuchen mit, daß eine Bewilligung zur Errichtung eines Wintergartens über der Dachterrasse nach eingehender Prüfung dieses Vorhabens und Einholung entsprechender Stellungnahmen nicht erteilt werden könne, weil eine derartige Baulichkeit von der Flächenwidmung her nicht zulässig sei. Da dieser Wintergarten bereits ohne Zustimmung der Genossenschaft errichtet worden sei und dieses Vorhaben weder seitens der Baubehörde noch seitens der Genossenschaft genehmigt werden könne, sehe sich die Baurechtsinhaberin gezwungen, den Beschwerdeführer zur unverzüglichen Demontage dieser Konstruktion aufzufordern.

Die Baulichkeit ist eine Aluminium-Wintergartenkonstruktion, die mit auf der mit Bescheiden vom 3. Dezember 1975 bzw. 28. August 1978 bewilligten Terrasse, die über dem damals gleichzeitig bewilligten Zubau errichtet wurde, montiert wurde.

Nach einem umfangreichen Schriftwechsel zwischen dem Beschwerdeführer, der Magistratsabteilung 37/13-14 und dem Präsidialbüro des Bürgermeisters, der Baurechtsinhaberin sowie der für Stadtbildfragen und für rechtliche und administrative Grundstücksangelegenheiten zuständigen Magistratsabteilung, in dessen Verlauf sich der Beschwerdevertreter als Rechtsfreund des Beschwerdeführers in der Angelegenheit des errichteten Wintergartens ausgewiesen hat, erließ die Magistratsabteilung 37/13-14 mit Bescheid vom 16. Februar 1996 gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien einen an den Beschwerdeführer als Eigentümer des Zubaues gerichteten Auftrag, diesen binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides abzutragen. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zugestellt, der ihn per Fax seinem Rechtsvertreter übermittelte. Die namens des Beschwerdeführers eingebrachte Berufung durch den Rechtsfreund des Beschwerdevertreters wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1996 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid sei dem ausgewiesenen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht im Original zugekommen, vielmehr sei der Bescheid nur dem Beschwerdeführer zugestellt worden. Der Bescheid gelte daher nicht als erlassen. Hierauf stellte die Behörde erster Instanz den Bescheid vom 16. Februar 1996 dem Beschwerdevertreter zu, der in der dagegen erhobenen Berufung ausführte, der Beschwerdeführer sei nicht Eigentümer des Zubaues, Grundeigentümer der Liegenschaft sei die Gemeinde Wien, baurechtsberechtigt sei die Siedlungsgenossenschaft. Im Hinblick auf die besondere soziale Härte habe sich die Magistratsabteilung 69 zumindest für eine befristete Lösung gemäß § 71 der Wiener Bauordnung ausgesprochen.

In der Folge holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des Sachverständigen der Baubehörde erster Instanz vom 15. Jänner 1997 ein, in der ausgeführt wurde, daß der aus einer Aluminium-Glaskonstruktion bestehende verfahrensgegenständliche Zubau auf dem Dach des in Massivbauweise errichteten, mit Baubewilligung vom 3. Dezember 1975 genehmigten Zubaues von diesem bautechnisch trennbar sei. Die Baurechtsberechtigte teilte über Anfrage der belangten Behörde mit, daß Eigentümer des auf der Terrasse errichteten Zubaues der Beschwerdeführer sei. Die Baurechtsberechtigte wäre nur dann Eigentümerin des Zubaues, wenn dieser mit dem Grundstück untrennbar verbunden werde, nach der Mitteilung der MA 37 sei der Zubau aus einer Aluminium-Glaskonstruktion bautechnisch vom Zubau zu trennen, sodaß der Beschwerdeführer Eigentümer des Zubaues geblieben sei. Wenn von einem Nutzungsberechtigten bauliche Änderungen am Nutzungsobjekt durchgeführt würden, sei dieser grundsätzlich verpflichtet, bei Rückgabe des Nutzungsobjektes den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Für den Fall, daß das Nutzungsverhältnis beendet werde, sei auf Wunsch der Genossenschaft oder auf Wunsch des Folgemieters der ursprüngliche Zustand wieder herzustellen. Die Grundeigentümerin, vertreten durch die MA 69, führte über Anfrage der belangten Behörde mit Schreiben vom 21. März 1997 aus, gemäß § 6 des Baurechtsgesetzes seien alle Bauwerke auf diesem Areal als Zugehör des Baurechtes zu sehen und stünden deshalb im Eigentum der Baurechtsnehmerin; es sei auch ein Superädifikat auf Baurechtsliegenschaften möglich. Um eine solche selbständige Rechtsfähigkeit zu begründen, müsse es sich entweder um ein für jedermann sichtbares Provisorium handeln oder es müsse das Fehlen der dauernden Belassungsabsicht des Erbauers dokumentiert sein; da § 6 des Baurechtsgesetzes vom Alleineigentum der Baurechtsnehmerin ausgehe, werde der Erbauer wohl nachweisen müssen, daß es sich um keinen "Zubau" sondern um einen "Neubau" handle und die Baurechtsnehmerin ihm die Belassung lediglich auf Mietdauer (oder ähnliches) gestattet habe. Bis zum Beweis des Gegenteiles gehe die MA 69 in allen solchen Fällen grundsätzlich davon aus, daß Bauführungen am Baurechtsgrund keinesfalls der Stadt Wien als Grundeigentümerin, sondern immer dem Baurechtsnehmer zuwüchsen.

Dieses Beweisergebnis wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters zugestellt, der dazu auf seine bisherigen Ausführungen verwies.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 16. Februar 1996 als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid insoferne präzisiert, als der Spruch zu lauten habe: "Binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides ist der aus einer Aluminium-Glaskonstruktion im Ausmaß von ca. 7,3 m x 3 m und einer Höhe von ca. 2 m bis ca. 2,30 m bestehende Zubau, der auf der mit Bescheid vom 3. Dezember 1975, Zl. MA 37/13-Trabertgasse 14/2/75, bewilligten Terrasse ohne Baubewilligung errichtet wurde, abzutragen".

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden, daß es sich bei der gegenständlichen Aluminium-Glaskonstruktion um einen Zubau handle, der sowohl zum Zeitpunkt seiner Errichtung baubewilligungspflichtig gewesen sei, als auch nach der geltenden Fassung der Bauordnung für Wien einer Baubewilligung bedürfe. Im Mittelpunkt der Erörterung stehe vielmehr die Frage, wer Adressat des Auftrages nach § 129 Abs. 10 BO sei. Der Beschwerdeführer bestreite, Eigentümer des von ihm errichteten Zubaues zu sein, die Berufungsbehörde habe daher vorerst die Grundeigentümerin und auch die Baurechtsträgerin aufgefordert, mitzuteilen, wer Eigentümer des Zubaues sei, beide seien der Aufforderung nachgekommen und hätten erklärt, selbst nicht Eigentümer des Zubaues zu sein. Die Rechtsfolge des § 129b Abs. 2 BO könne daher nicht zur Anwendung gelangen. Die Berufungsbehörde habe daher die Frage des Eigentumes am Zubau als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu beurteilen. Die Baurechtsträgerin habe keine Zustimmung zur Herstellung des Zubaues erteilt, eine Vereinbarung, aus der die sachenrechtliche Zuordnung des Zubaues ersehen werden könnte, bestehe nicht. Es fänden daher die Bestimmungen des ABGB Anwendung; aus § 297 iVm § 435 ABGB ergebe sich, daß Gebäude, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt würden, daß sie nicht stets darauf bestehen bleiben sollten, als beweglich anzusehen seien. Das Eigentum an solchen Superädifikaten könne auch einer anderen Person als dem Grundeigentümer zustehen. Gemäß § 6 Abs. 1 des Baurechtsgesetzes gelte das Baurecht als unbewegliche Sache, das aufgrund des Baurechtes erworbene oder hergestellte Bauwerk als Zugehör des Baurechtes. Aus diesen Bestimmungen folge, daß sowohl die Baurechtsträgerin als auch die Grundeigentümerin nicht als Eigentümer des Zubaues in Frage kämen. Der Zubau sei nämlich zum einen nicht aufgrund des Baurechtes erworben oder hergestellt worden und sei somit nicht Zugehör des Baurechtes, zum anderen sei der Zubau aber auch nicht unselbständiger Bestandteil des Gebäudes oder - was damit verbunden wäre - unselbständiger Bestandteil der Liegenschaft. Die Verbindung zwischen dem Gebäude und dem Zubau sei nicht so eng, daß er von diesem nicht nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnte. Der bautechnische Amtssachverständige der Magistratsabteilung 37/13 habe bestätigt, daß der Zubau (vom übrigen Gebäude) technisch jederzeit trennbar sei. Auch die weitere Voraussetzung für die Qualifikation als unbewegliche Sache, nämlich, daß der Zubau in der Absicht errichtet worden sei, dauernd auf dem Grund zu bleiben, sei nicht gegeben. Diese Absicht könne dem Beschwerdeführer schon deshalb nicht unterstellt werden, weil ihre Verwirklichung nicht allein in seiner Macht liege. Im Falle der Auflösung des Nutzungsverhältnisses sei der Beschwerdeführer, wie die Baurechtsträgerin im Berufungsverfahren mitgeteilt habe, auf Wunsch der Genossenschaft verpflichtet, von ihm vorgenommene bauliche Änderungen rückgängig zu machen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Die Absicht, den Zubau auf der Liegenschaft dauernd ("auf Lebensdauer der Baulichkeit") zu belassen, könnte daher nur dann verwirklicht werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Baurechtsträgerin und dem Beschwerdeführer vorläge. Es sei daher davon auszugehen, daß der aus einer Aluminium-Glaskonstruktion hergestellte Zubau auf der Terrasse des gegenständlichen Hauses ein Superädifikat darstelle, das im Eigentum des Beschwerdeführers stehe. Zu Recht sei daher der Beseitigungsauftrag an den Beschwerdeführer gerichtet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, nicht Eigentümer der vom Bauauftrag umfaßten Baulichkeit zu sein. Es handle sich hiebei um kein Superädifikat.

Gemäß § 297 ABGB gehören zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, daß sie stets darauf bleiben sollen.

Gemäß § 435 ABGB sind Überbauten (Superädifikate) Bauwerke, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt werden, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen. Entscheidend für die Qualifikation als Überbau ist somit in erster Linie die Absicht des Erbauers, das Bauwerk nicht dauernd auf dem Grund zu belassen; die Beschränkung des Grundbenützungsrechtes ist nur ein Indiz für diese Absicht (vgl. hiezu die bei Dittrich-Tades, ABGB, 33. Auflage, Seite 393, E.1 zu § 435 ABGB, referierte Rechtsprechung). Ein Superädifikat liegt also nur dann vor, wenn dem Erbauer erkennbar die Belassungsabsicht fehlt, welche im allgemeinen durch das äußere Erscheinungsbild des Bauwerkes hervortritt, aber auch aus anderen Umständen erschlossen werden kann. Selbst wenn von vornherein vereinbart wurde, daß das Gebäude nach Ablauf des Grundbenützungsverhältnisses dem Grundeigentümer zufallen soll, kann ein Überbau im Sinne des § 435 ABGB vorliegen, sofern die vorgenannten Voraussetzungen zutreffen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/05/0121).

Im Beschwerdefall kann nicht nur aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes und der technischen Ausgestaltung des Bauwerkes (verhältnismäßig leichte Trennbarkeit der Aluminium-Glaskonstruktion vom übrigen Gebäude), sondern auch aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer aufgrund der Stellungnahme der Baurechtsträgerin nicht davon ausgehen konnte, daß er das Bauwerk für immer (auf "Lebensdauer des Bauwerkes") auf der Liegenschaft belassen könne, geschlossen werden, daß ein Überbau im Sinne des § 435 ABGB vorliegt, dessen Eigentümer der Beschwerdeführer ist.

Der auf § 129 Abs. 10 BO gestützte Auftrag, das konsenslos errichtete Bauwerk zu beseitigen, ist daher mit Recht an den Beschwerdeführer als Eigentümer dieses Bauwerkes ergangen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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