VwGH 98/02/0409

VwGH98/02/040923.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des S S in D, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 9. Juli 1998, Zl. 3-50-16/98/E2, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §40 Abs1;
AVG §67d Abs1;
AVG §67e Abs1;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §73 Abs2;
FrG 1997 §88 Abs1;
EMRK Art5 Abs4;
EMRK Art6;
AVG §40 Abs1;
AVG §67d Abs1;
AVG §67e Abs1;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §73 Abs2;
FrG 1997 §88 Abs1;
EMRK Art5 Abs4;
EMRK Art6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juli 1998 wurde gemäß den §§ 72 Abs. 1 und 73 Abs. 1, 2 und 4 zweiter Satz des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) in Verbindung mit § 67c Abs. 4 AVG die an diese Behörde gerichtete Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Festnahme und Freiheitsentziehung als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig gemäß § 73 Abs. 4 erster Satz FrG 1997 festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG ein Kostenersatz vorgeschrieben.

In der Begründung führte die belangte Behörde zum festgestellten Sachverhalt unter anderem aus, über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Republik Bosnien-Herzegowina, sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 30. April 1997 gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 in Verbindung mit §§ 19, 20 und 21 FrG (1992) ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden, welches in Rechtskraft erwachsen sei. Mit Schreiben der Bezirkshautpmannschaft Dornbirn vom 16. März 1998 sei der Beschwerdeführer unter Hinweis auf dieses rechtskräftige Aufenthaltsverbot aufgefordert worden, das österreichische Bundesgebiet innerhalb einer Woche zu verlassen. Der Beschwerdeführer habe sich aber dennoch weiterhin (nicht rechtmäßig) im Bundesgebiet aufgehalten, sodaß er am 2. Juli 1998 gemäß § 62 Abs. 2 FrG festgenommen und anschließend der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vorgeführt worden sei; diese habe mit Bescheid vom 3. Juli 1998 die Schubhaft über den Beschwerdeführer angeordnet.

Mit Beschluß vom 5. Oktober 1998, B 1574/98-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 9. Juli 1998 erhobene Beschwerde ab und trat diese in der Folge mit Beschluß vom 27. November 1998 dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf Art. 6 MRK die Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde rügt, genügt es, auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 27. März 1998, Zl. 97/02/0550, zu verweisen. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof mit eingehender Begründung der Argumentation des auch hier vertretenden Beschwerdevertreters entgegengehalten, daß weder Art. 6 noch Art. 5 Abs. 4 MRK im Zusammenhang mit einem Schubhaftbeschwerdeverfahren eine öffentliche mündliche Verhandlung erfordere. Auch die nunmehr vom Beschwerdeführer angeführte Rechtsprechung des EGMR gibt im Hinblick auf die Umstände des Beschwerdefalles keinen Anlaß, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Überdies zeigt der Beschwerdeführer mit der Behauptung, es sei ihm infolge der unterlassenen mündlichen Verhandlung die Möglichkeit genommen worden, "Akteneinsicht in den vorgelegten Fremdenpolizeiakt zu nehmen, etwa zu prüfen, ob der vorgelegte Fremdenpolizeiakt vollständig" gewesen sei und die "ihn begünstigenden Schriftstücke" enthalte, nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde allenfalls unterlaufenen Verfahrensmangels auf; für den Verwaltungsgerichtshof ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtlich, daß dem Beschwerdeführer etwa die Möglichkeit zur vollen Akteneinsicht bei der Behörde sowie die Möglichkeit, alles Zweckdienliche vorzubringen, nicht offengestanden wäre. Da der Beschwerdeführer auch nicht darlegt, welche "ihn begünstigenden Schriftstücke" von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden sein sollen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels zu erkennen.

Der Beschwerdeführer verweist weiters darauf, daß ihm infolge der Unterlassung der öffentlichen mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit gegeben worden sei, ein Vorbringen betreffend das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot zu erstatten. Der Beschwerdeführer geht dabei von der Rechtsansicht aus, die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, daß das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot durch das Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 überholt worden wäre. Bei Zutreffen dieser von der belangten Behörde nicht geteilten Rechtsansicht läge aber eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides vor, die aus diesem Grunde zu dessen Aufhebung führen müßte. Die Unterlassung der mündlichen Verhandlung (und des darin allenfalls zu erstattenden Vorbringens) wäre dann nur die Folge der rechtsirrigen Ansicht der belangten Behörde, sie bedürfe zu ihrer Entscheidung keiner weiteren Sachverhaltsermittlungen.

Das Schwergewicht der vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeausführungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß die belangte Behörde zunächst zu untersuchen gehabt hätte, ob das seinerzeitige Aufenthaltsverbot noch aktuell sei; hätte sie dies getan, wäre sie zu dem Schluß gekommen, daß das Aufenthaltsverbot in der neuen Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1997 offenkundig keine Deckung mehr finde und demnach nicht mehr die Grundlage für die Verhängung der Schubhaft gegen den Beschwerdeführer bilden hätte können.

Der Beschwerdeführer beruft sich zunächst auf seine "Aufenthaltsverfestigung" im Sinne des § 35 Abs. 2 FrG 1997. Dabei übersieht er, daß diese Bestimmung nicht Aufenthaltsverbote - wie im Beschwerdefall - sondern die Frage der Zulässigkeit der Ausweisung betrifft.

Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 - wie im Beschwerdefall unbestritten - noch nicht abgelaufen sind, gelten nach der Übergangsregelung des § 114 Abs. 3 FrG 1997 als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlaß für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes (FrG 1997) nicht erlassen hätten werden können.

Für die Aufhebung eines derartigen Aufenthaltsverbotes kommt nach der Systematik des Fremdenrechtes nur die Behörde in Betracht, die dieses Verbot zu erlassen hat (vgl. auch §§ 44, 88 FrG 1997).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0565, sowie das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. März 1998) ist der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung eines Fremden in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine "mittelbare" Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht war. Trifft dies zu, so hat die daran gebundene belangte Behörde vom Bestehen desselben auszugehen. Von dieser Rechtsprechung zum Fremdengesetz (1992) abzugehen, bietet der Beschwerdefall keinen Anlaß.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. März 1999

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