VwGH 98/02/0111

VwGH98/02/011123.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der S M, derzeit unbekannten Aufenthalts, vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in Wien I, Graben 27-28 Stiege 2/19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. März 1998, Zl. UVS-01/09/00017/98, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §72 Abs1;
FrG 1997 §73 Abs1;
FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §72 Abs1;
FrG 1997 §73 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 1998 wurde die an diese Behörde gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 73 Abs. 1, 2 und 4 FrG 1997 iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen und die Fortsetzung der Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft zum Zeitpunkt dieser Entscheidung für rechtmäßig erklärt. Ferner wurde der Enthaftungsantrag zurückgewiesen und das Begehren der Beschwerdeführerin auf Ersatz der Kosten als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, daß die Frage, ob ein Aufenthaltsverbot aufzuheben sei oder ein Aufenthaltsverbot erlassen werden könne, präjudiziell dafür sei, ob zu dessen Durchsetzung die Schubhaft angeordnet werden dürfe, weil damit der Rechtsgrund für die Verhängung wegfalle. Der unabhängige Verwaltungssenat sei als Kontrollorgan der Rechtmäßigkeit der Verwaltung zuständige Behörde im Sinne des § 114 Abs. 3 FrG; diese Bestimmung weise die Befugnis zur Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nicht nur der zum Vollzug des Fremdengesetzes bestimmten Polizeibehörde zu, sondern auch der Behörde, die einen Anlaß habe, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Eine Behörde, die einen Anlaß habe, sich mit der Angelegenheit zu befassen, sei zweifellos auch der unabhängige Verwaltungssenat; daher hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob das Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht erhalten werden dürfe. Sinn und Zweck dieser Bestimmung sei es schließlich gewesen, Aufenthaltsverbote, die dem Grundsatz der Integration der lange Ansässigen widersprächen, in ökonomischer Art und Weise zu beseitigen. Dies widerspreche auch nicht dem Grundsatz der klaren Aufteilung der Behördenzuständigkeiten, weil die Formulierung des § 114 Abs. 3 FrG 1997 zum Ausdruck habe bringen wollen, daß diese Altaufenthaltsverbote an sich mit dem FrG 1997 rechtswidrig geworden seien. Daher sei die Aufhebung nach § 114 Abs. 3 FrG eigentlich nur ein deklarativer Bescheid, der klar ausspreche, daß dieses Altaufenthaltsverbot nicht mehr der Rechtsordnung angehöre. Dieses Verschwinden der Altaufenthaltesverbote unbeschadet ihrer Rechtskraft aus dem Bestand der Rechtsordnung, welches mit einem Bescheid nach § 114 Abs. 3 FrG nur deklarativ festgestellt werde, gründe sich auch auf Art. 8 Abs. 1 iVm Art. 8 Abs. 2 MRK. Diese Bestimmungen seien unmittelbar anzuwendendes Recht. Der unabhängige Verwaltungssenat als mit der Angelegenheit befaßte Behörde habe daher das Recht und die Pflicht, dann auszusprechen, daß das Aufenthaltsverbot aufgehoben sei, wenn er mit der Frage der Existenz eines Aufenthaltsverbotes konfrontiert sei. Da der unabhängige Verwaltungssenat das unterlassen habe, sei der Bescheid rechtswidrig und das Verfahren mangelhaft geblieben.

Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997), BGBl. I Nr. 1997/75, lauten:

§ 72 (1) Wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

§ 73 (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

§ 88 (1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese.

§ 114 (3) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlaß für die Behörde ergibt sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können.

Das 8. Hauptstück des FrG 1997 weist damit unter den Verfahrens- und Strafbestimmungen die sachliche Zuständigkeit ("Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht anderes bestimmt ist") den Bezirksverwaltungsbehörden zu; in die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates fällt lediglich der besondere Rechtsschutz iSd §§ 72 ff Fr 1997.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht ist. Trifft dies zu, so ist sie an das Bestehen desselben gebunden und hat davon auszugehen. Ebenso wie es nicht Aufgabe der belangten Behörde ist, die Erfolgsaussichten des die Aufhebung des gegen den Schubhäftling erlassenen Aufenthaltsverbotes begehrenden Antrages zu beurteilen und solcherart ihrem Bescheid eine künftige allenfalls günstigere Rechtsposition des Schubhäftlings zugrunde zu legen, ist es ihr verwehrt, das rechtswirksame Aufenthaltsverbot und die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, einer Überprüfung zu unterziehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1996, Zl. 95/02/0392 u. a.m.).

Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. März 1999

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