Normen
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. März 1998 wies die Wiener Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers vom 3. August 1994 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben auf seine Ehegattin sowie seine minderjährigen Kinder gemäß § 10 i.V.m.
§ 11 StbG 1985 ab. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer, welcher syrischer Staatsangehöriger sei, seit 1987 ununterbrochen in Österreich lebe, verheiratet und derzeit als Koch beschäftigt sei, sei bisher mehrmals rechtskräftig bestraft worden, nämlich
1. vom Bezirksgericht Hernals mit Strafverfügung vom 4. Jänner 1995 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung sowie der Sachbeschädigung nach "§ 88 Abs. 1 und 2" sowie § 125 StGB mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen a
S 40,-- (insgesamt S 2.000,--), welche infolge der Weihnachtsbegnadigung 1996 gemäß einer Entschließung des Bundespräsidenten mit Wirkung vom 18. Dezember 1996 für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei,
2. von der Bundespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom 13. Februar 1995 wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 9 Abs. 5 StVO 1960 i.V.m. § 53 Abs. 1 Z. 25 StVO 1960 (Befahren des Fahrstreifens für Omnibusse) und § 99 Abs. 5 KFG 1967 (Fahren ohne Abblendlicht in der Stadt) mit einer Gesamtstrafe in der Höhe von
S 1.500,--;
3. von der Bundespolizeidirektion Wien mit Straferkenntnis vom 20. März 1996 nach § 64 Abs. 1 und § 102 Abs. 1 KFG 1967 (Lenken eines Kfz ohne gültige Lenkerberechtigung sowie Fehlen des Schaublattes im Fahrtenschreiber) mit Geldstrafen von insgesamt
S 2.500,-- sowie
4. von der Bundespolizeidirektion Wien wegen mehrerer Übertretungen nach der StVO 1960 und dem KFG 1967 in den Jahren 1994 und 1996, nämlich zweimal nach § 20 Abs. 2 StVO 1960, sowie nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 (falsches Umfahren einer Schutzinsel) und § 103 Abs. 2 KFG 1967 (Unterlassen der Lenkerauskunft) mit mehreren Geldstrafen von insgesamt S 4.500,--, wobei die beiden Verstöße gegen § 20 Abs. 2 StVO 1960 hervorzuheben wären, nämlich
a) eine Geldstrafe in Höhe von S 1.500,-- wegen erheblicher Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 30 km/h; sowie
b) eine Geldstrafe in Höhe von S 800,--, ebenfalls wegen Überschreiten der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 20 km/h.
Beim Lenken eines KFZ ohne Lenkerberechtigung handle es sich um eine der schwerst wiegenden Übertretungen des KFG 1967. § 20 Abs. 2 StVO 1960 ziele auf die Beschränkung des im Ortsgebiet erlaubten Risikos ab, eine Verletzung dieser im Interesse aller Verkehrsteilnehmer liegenden Schutzvorschrift vergrößere die sich aus dem Straßenverkehr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Menschen ergebenden Gefahren. Der vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme im Verwaltungsverfahren hervorgehobene Umstand, er habe seinen Führerschein lediglich zu Hause vergessen gehabt, könne am Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Übertretung nichts ändern. Die unter 4.a) erwähnte Geschwindigkeitsüberschreitung sei entgegen dem anders lautenden Vorbringen des Beschwerdeführers sehr wohl mit einem Messgerät festgestellt worden. Derartige Straftaten dürften nicht bagatellisiert werden. Sein Vorbringen schließlich, der unter Punkt 1. genannten Strafverfügung liege ein "gewöhnlicher Verkehrsunfall" zu Grunde, ändere nichts am Vorliegen der rechtskräftigen Verurteilung, die weder getilgt, noch deren Probezeit abgelaufen sei. "Positiv" zu "bewerten" sei jedoch, dass der Beschwerdeführer sich seit 1987 im Gebiet der Republik Österreich aufhalte und einer Beschäftigung als Koch nachgehe.
Das "Gesamtbild" des Staatsbürgerschaftswerbers könne angesichts der wiederholten Übertretungen der StVO 1960 sowie des KFG 1967 und wegen der noch nicht getilgten gerichtlichen Verurteilung als nicht dermaßen einwandfrei beurteilt werden, dass von dem nach § 11 StbG zu handhabenden freien Ermessen positiv Gebrauch zu machen sei. Überdies dürfe auch nicht auf die Signalwirkung einer antragsgemäßen Erledigung des Verleihungsansuchens des Beschwerdeführers dahingehend, dass die beschriebenen, für die Allgemeinheit gefährlichen Verhaltensweisen bei der Aufnahme in den Staatsverband nicht relevant seien und dadurch die Wirkung dieser Normen eklatant abgeschwächt würde, vergessen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist das StbG 1985 i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 124/1998 maßgeblich.
§ 10 Abs. 1 Z. 1 und 6 sowie § 11 StbG 1985 lauteten (auszugsweise):
"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn
1. er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat;
...
6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet;
...
§ 11. Die Behörde hat sich bei der Ausübung des ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen. ..."
Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die belangte Behörde die zwingende Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG als gegeben erachtet. Sie hat ihre Entscheidung ausschließlich auf § 11 StbG gestützt, wonach sich die Behörde bei der Ausübung des ihr in § 11 StbG eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen hat. Es ist daher vom Verwaltungsgerichtshof lediglich zu überprüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat oder nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0105).
Vorweg ist zu bemerken, dass es der belangten Behörde nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht verwehrt war, Umstände, die bereits bei der Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 StbG zu beurteilen waren, im Rahmen der Ausübung des freien Ermessens gemäß § 11 StbG heranzuziehen. Bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers im Rahmen der Ausübung ihres freien Ermessens hatte die belangte Behörde auf die vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen Bedacht zu nehmen.
Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen der in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bestrafungen nicht. Er wendet allerdings ein, dass es sich dabei entgegen der Auffassung der belangten Behörde keineswegs um schwer wiegende Übertretungen gehandelt habe, und weist darauf hin, dass er sich bereits seit drei Jahren wohl verhalten habe.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er sei zwar wegen Fahrens ohne Lenkerberechtigung bestraft worden, habe "damals" aber nur seinen Führerschein zu Hause vergessen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er - unbestritten rechtskräftig - wegen der Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG 1967, und nicht etwa nach § 102 Abs. 5 KFG 1967 bestraft worden ist. Angesichts der rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde - in Übereinstimmung mit der Aktenlage (vgl. AS 105) - dem angefochtenen Bescheid ihre Auffassung zu Grunde legen, der Beschwerdeführer habe im maßgeblichen Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ohne Lenkerberechtigung gelenkt.
Soweit der Beschwerdeführer weiters den von ihm verursachten Verkehrsunfall als "gewöhnlichen" Verkehrsunfall bezeichnet, lässt er außer Acht, dass, wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten (vgl. AS 135) ergibt, der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 5. Jänner 1995 eine Missachtung eines Vorrangschildes durch den Beschwerdeführer zu Grunde liegt. Damit ist aber der Argumentation des Beschwerdeführers der Boden entzogen, bei den von ihm begangenen Übertretungen habe es sich um bloß geringfügige gehandelt.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde daraus, dass er sich zwischen 1994 und 1996 - und daher noch nicht in einem entsprechenden zeitlichen Abstand vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - über verschiedene mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen im Zusammenhang stehende gesetzliche Bestimmungen hinweggesetzt hat, zu seinen Ungunsten Rückschlüsse auf sein Persönlichkeitsbild ziehen (vgl. zu einem gleich gelagerten Fall das oben erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995). Dass diese Umstände gegen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft sprechen, hat die belangte Behörde zutreffend beurteilt.
Zu Gunsten des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde nur festgestellt, dass dieser sich seit 1987 (der genaue Zeitpunkt der Begründung seines Hauptwohnsitzes in Österreich ist weder dem Verwaltungsakt noch dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen) in Österreich aufhält und einer Beschäftigung als Koch nachgeht. Zu diesen beiden, von der belangten Behörde als "positiv" bewerteten Umständen ist freilich zu bemerken, dass damit im Wesentlichen nur das Fehlen eines Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z. 1 (noch nicht zehnjähriger Hauptwohnsitz in Österreich) und Z. 7 (nicht hinreichend gesicherter Lebensunterhalt) StbG zum Ausdruck gebracht wird. Selbst in dem für den Beschwerdeführer günstigsten Fall der Begründung eines Hauptwohnsitzes Anfang 1987 hätte er im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst über etwas mehr als 11 Jahre - und damit nur um ein Jahr länger als die erforderliche Mindestdauer - über einen inländischen Hauptwohnsitz verfügt.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Rücksichten auf das allgemeine Wohl und die öffentlichen Interessen jedenfalls nicht für die Einbürgerung des Beschwerdeführers sprechen, ist auch angesichts des erst elfjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich ein Ermessensmissbrauch oder eine Ermessensüberschreitung durch die belangte Behörde und demnach eine vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG wahrzunehmende Rechtswidrigkeit nicht erkennbar. Daran ändert auch der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, er sei bereits seit 10 Jahren als Koch tätig, nichts.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er aus beruflichen Überlegungen ("Eintritt in die Selbstständigkeit") die österreichische Staatsbürgerschaft "sehr dringend benötige" und daher sein Interesse an einer Verleihung besonders groß sei, ist ihm zu entgegnen, dass es sich bei diesem erstmaligen Vorbringen um eine unzulässige Neuerung handelt.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)