VwGH 97/21/0794

VwGH97/21/079424.7.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 15. Juli 1962 geborenen K in Graz, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 22. Juli 1997, Zl. FR 522/2- 1996, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 22. Juli 1997 gerichtet, mit dem gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt wurde, dass keinerlei stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, in der Türkei Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu sein bzw. dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer habe vor Beamten des Bundesasylamtes am 29. Juni 1995 Folgendes angegeben:

Da er Kurde wäre und alle Kurden unterdrückt würden, hätte er die Türkei verlassen. Er wäre vor einem Kaffeehaus gesessen und hätte sich mit anderen Kurden in türkischer Sprache unterhalten. Während dieser Unterhaltung hätte er auch gelacht. In dieser Zeit wäre der Kommandant des Gendarmeriepostens mit einigen Freunden am Kaffeehaus vorbeigegangen, dies wäre im Juli 1993 in Yeniceoba geschehen. Etwa zehn Minuten später, der Beschwerdeführer wäre gerade dabei gewesen, wegzugehen, wäre die Gendarmerie gekommen und hätte ihn und zwei Freunde zur Gendarmerie gebracht. Von Seiten der Gendarmerie wäre behauptet worden, der Beschwerdeführer hätte Propaganda für die Kurden und die PKK gemacht und hätte dabei ein Propagandaband gehört. Der Beschwerdeführer und seine türkischen Freunde würden separatistische Propaganda betreiben. Es hätte jedoch aber nie so etwas gegeben. Deshalb hätte der Beschwerdeführer widersprochen, d.h. er und seine Freunde hätten alle drei widersprochen. Daraufhin hätte er einen Faustschlag ins Gesicht erhalten und könne seither am linken Ohr nur mehr sehr schlecht hören. Die Freunde wären dann freigelassen worden, aber nur unter der Bedingung, dass sie durch ihre Unterschrift bestätigten, sie wären am Posten nicht misshandelt worden. Er selbst hätte diese Unterschrift vorerst verweigert und man hätte ihn aus diesem Grunde dort behalten. Es wäre ungefähr gegen 17 Uhr gewesen, als man ihn hingebracht hätte. Drei oder vier Soldaten hätten daraufhin auf ihn eingeschlagen. Auf die Frage, warum er zuerst von der Gendarmerie und dann anschließend von Soldaten gesprochen hätte, habe der Beschwerdeführer geantwortet, dass die Gendarmerie und Soldaten eine Einheit wären, der ganze Posten würde sich jedoch Gendarmerieposten nennen. Auf die Frage, wie lange er in Haft gehalten worden sei, habe er geantwortet, man möge ihn weitererzählen lassen. Er hätte versucht, sich gegen die Schläge zu wehren. In der Zelle wäre ein Stockbett gewesen, und er wäre am unteren Bett gesessen, als jemand auf ihn einschlagen hätte wollen, hätte er versucht aufzuspringen und sich dabei am oberen Bett am Kopf verletzt. Etwa gegen 21 Uhr hätte er sich gezwungen gefühlt, zu unterschreiben. Nachdem er eine Bestätigung unterschrieben hätte, hätte er dann auch weggehen dürfen. Daraufhin hätte er mit einem Arzt telefoniert, um von diesem eine Bestätigung über seine Misshandlung zu erlangen. Dieser Arzt hätte den Beschwerdeführer für den nächsten Tag in seine Ordination bestellt, jedoch gemeint, es wäre trotzdem besser, das nicht zu tun. Der Beschwerdeführer wäre dennoch hingegangen, hätte sich dann aber die Bestätigung nicht ausstellen lassen, weil er gefürchtet hätte, dass ihm ein Unfall zustoßen könnte.

Auf die Frage, ob es weitere Verhaftungen gegeben hätte und wenn ja, wie oft der Beschwerdeführer in Haft gewesen wäre, habe er geantwortet, dass dies insgesamt dreimal der Fall gewesen wäre. Die erste Haft hätte im Juli 1993 stattgefunden, die zweite am 12. März 1994 und die dritte Haft etwa am 13. oder 14. Jänner 1995.

In Bezug auf die zweite Haft habe der Beschwerdeführer gegenüber den Beamten des Bundesasylamtes angegeben, dass ein Fremder ins Dorf gekommen wäre, der Mais verkauft hätte. Er hätte sich sehr verdächtig verhalten, da er weit unter dem Preis verkauft hätte. Alle hätten vermutet, dass der Mann vom Geheimdienst wäre. Alle hätten weiterhin kurdische Lieder gehört, was verboten gewesen wäre. Der Beschwerdeführer selbst wäre dann wieder in derselben Art der Propaganda beschuldigt worden, nachdem er unterschrieben hätte, hätte er jedoch wieder gehen können. Diese zweite Haft hätte etwa drei bis vier Stunden gedauert. Auf die Frage, ob es auch im Zuge dieser zweiten Verhaftung zu Misshandlungen gekommen wäre, habe der Beschwerdeführer geantwortet, dass er selbstverständlich geschlagen worden wäre. Er hätte zwei Ohrfeigen bekommen, dann wäre er aufs Gröbste beleidigt worden.

Im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer angegebenen dritten Haft etwa am 13. oder 14. Jänner 1995 habe der Beschwerdeführer zu Protokoll gegeben, dies wäre etwa gegen 4 Uhr in der Früh im Jänner 1995 gewesen. Der Beschwerdeführer hätte die Tür geöffnet und es wären plötzlich zwei Leute vor ihm gestanden. Sie hätten nichts gesagt. Der Beschwerdeführer hätte auch nichts sagen dürfen. Man hätte ihm einfach den rechten Arm nach hinten gedreht. Dann hätte man ihm die Augen verbunden und er wäre mit Handschellen gefesselt worden. In weiterer Folge wäre man mit ihm weggefahren, wohin, das wisse er nicht. Man hätte den Beschwerdeführer über Vorfälle in seinem Dorf befragt und ihn beschuldigt, dass er dafür verantwortlich wäre. Es wären ganz dumme verrückte Fragen gewesen, z.B. ob er für den Tod einer Person verantwortlich gewesen wäre. Der Beschwerdeführer selbst wäre sogar versucht gewesen, dies zu gestehen, um möglichst schnell vor Gericht zu kommen, um sich gegen diese Anschuldigungen zu wehren. Die ganze Zeit wären ihm seine Augen verbunden gewesen und er hätte nicht gewusst, was man ihm unter die Füße gegeben hätte. Man hätte ihm auf die Fußsohlen geschlagen, er wüsste jedoch nicht genau womit, da ja seine Augen verbunden gewesen wären. Der Beschwerdeführer hätte in Konya Verwandte. Nachdem er telefoniert hätte, hätte sein Onkel mit einem hochrangigen Militärangehörigen gesprochen, dem Onkel wäre mitgeteilt worden, er brauchte sich nicht zu kümmern, der Beschwerdeführer würde um 12 Uhr zu Hause sein. Tatsächlich wäre er um 12 Uhr freigelassen worden. Er wüsste jedoch noch immer nicht, wo er gewesen wäre. Er nähme an, im Gebiet von Konya. Die letzte Haft hätte etwa vier Tage gedauert. Die Festnahme wäre zu Hause erfolgt. Als er von zu Hause abgeholt worden wäre, hätte er zwei Personen gesehen, später hätte er jedoch gehört, dass sechs Beamte bei seiner Verhaftung dabei gewesen wären. Seine Ehegattin und die Kinder wären zu Hause geblieben. Am 16. Jänner 1995 wäre der Beschwerdeführer dann wieder nach Hause gekommen und hätte sofort seinen Bruder in Österreich angerufen, damit er ihm helfe. Auf die Frage, ob gegen den Beschwerdeführer Anzeige erstattet worden wäre bzw. ob gegen ihn ein Verfahren eingeleitet worden wäre, habe er geantwortet, er wünschte, dass es so wäre, es gäbe so etwas jedoch nicht. Auf die Frage, warum er, wenn er selbst ein Verfahren wünsche, deshalb nicht selbst eine Anzeige erstattet habe, habe der Beschwerdeführer geantwortet, dass er, wenn er dies getan hätte, jetzt nicht mehr am Leben wäre.

Der Beschwerdeführer habe weiters geschildert, wie er schließlich über einen Freund für DM 700,-- zu einem Reisepass gekommen wäre. Er hätte den Verdacht, dass dieser Reisepass gefälscht sein könnte. Auf die Frage, wie sich seine Furcht vor Verfolgung mit der dennoch letztendlich legalen Ausreise aus der Türkei und der Kontrolle am Flughafen vereinbaren ließe, habe der Beschwerdeführer geantwortet, dass es weder in seinem Reisepass noch in seinem Gesicht stünde, ob er Türke oder Kurde wäre. Auf die Frage, ob er in den nichtkurdischen Gebieten der Türkei wie z. B. in den Großstädten eine Verfolgung zu befürchten hätte, habe er angegeben, dass dies für ihn keinen Unterschied machte. Es gäbe für ihn keine Rettung. Auf die Frage, welche Verfolgung ihm konkret drohen würde, habe der Beschwerdeführer angegeben, er spreche eine eigene Mundart, man würde dies hören, wo er herkäme, deshalb würde er sich auf der Straße ständig kontrolliert fühlen. Das Mindeste wäre, dass er als Kurde ständig beleidigt würde. Bei der Kontrolle auf dem Flughafen habe man nicht feststellen können, ob er Kurde oder Türke wäre, weil er im Zuge der Passkontrolle nicht gesprochen hätte. Er hätte den Beamten nur seinen Pass ausgehändigt und der Beamte hätte ihm eine gute Reise gewünscht. Danach befragt, welche Verfolgungen er bei seiner Rückkehr in die Türkei zu befürchten hätte, habe er angegeben, dass es so weitergehen würde wie bisher. Er würde zum Gendarmerieposten mitgenommen werden, und wenn er sich nur ein einziges Mal dagegen wehren würde, würde ihm ein "Unfall" zustoßen. Er habe eine noch sichtbare Narbe am Kopf aufzuweisen.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Jänner 1996 abgewiesen worden sei. Im Verfahren über seinen Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG habe er auf sein Vorbringen im Asylverfahren verwiesen und erklärt, im Fall der Rückkehr mit Sicherheit wieder festgenommen und gefoltert zu werden. Er hätte deshalb Angst um sein Leben, weil ihm bestimmt irgendetwas zustoßen würde. In der Türkei würde man dies dann meistens Unfall oder Herzinfarkt nennen. Der Beschwerdeführer habe auch ausdrücklich erklärt, dass er, sollte er in die Türkei abgeschoben werden, sich das Leben nehmen würde.

Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid zu den Angaben des Beschwerdeführers aus, dass diese durch keinerlei Dokumente belegt seien. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe ergäben keinerlei Hinweise, dass tatsächlich die Annahme gerechtfertigt wäre, dass er in der Türkei Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung, Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, "zumal Sie nämlich nur oberflächlich und unpräzise in der Lage gewesen sind, die von Ihnen behaupteten Repressalien tatsächlich erduldet zu haben". Würden seine Angaben tatsächlich der Wahrheit entsprechen, "so darf angenommen werden, dass Ihre Schilderungen erfahrungsgemäß präziser gewesen wären". Dem Beschwerdeführer sei es im Hinblick auf seine unpräzisen Angaben daher nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er im Fall seiner Rückkehr in die Türkei dort im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG gefährdet wäre. Der in der Berufung des Beschwerdeführers erhobene Vorwurf, die Behörde erster Instanz habe sich mit seinen Aussagen und Angaben nicht entsprechend auseinander gesetzt, gehe am Inhalt des mit der Berufung bekämpften Bescheides vorbei.

Im Übrigen könne die Vorführung zu einer Behörde, im Fall des Beschwerdeführers handle es sich um Einvernahmen bei einem Gendarmerieposten, grundsätzlich nicht als Umstand gewertet werden, der eine asylrelevante Gefahr begründe. Wenn der Beschwerdeführer die Gefahr der Bestrafung, die ihm im Fall seiner Rückkehr in die Türkei wegen allfälliger Propaganda für die kurdische Minderheit drohe, ins Treffen führe, so sei dies aus der Sicht der belangten Behörde mangels einer entsprechenden Zielrichtung der Strafdrohung nicht als eine Bedrohung seiner Freiheit aus Gründen des § 37 Abs. 2 FrG zu werten.

Auch eine Gefährdung im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG könne "in Ihrem Fall ausgeschlossen werden, zumal Sie in Ihren Einvernahmen, im Zuge des Asyl- bzw. auch des fremdenpolizeilichen Verfahrens, keine Angaben darüber gemacht haben, dass Sie mit den türkischen Behörden bzw. mit der dortigen Polizei, ausgenommen die von Ihnen ins Treffen geführten Befragungen und dreimaligen kurzen Festhaltungen ins Treffen geführt haben, so dass sie tatsächlich Ihren Behauptungen nicht als staatsfeindlich gesinnt, bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland einer dort aktuell, gegen Ihrer Person gerichtete Verfolgungshandlung bzw. einer Bedrohung oder Gefährdung, seitens der türkischen Behörden bzw. der dortigen Polizei, ausgesetzt waren". Der Beschwerdeführer habe mehrfach bestätigt, dass offiziell kein Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet worden wäre, er werde daher keinesfalls von den staatlichen Behörden gesucht. Auch habe er von der Behörde seines Heimatlandes einen Pass ausgestellt erhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete keine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Antragsteller mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den im Antrag genannten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt durch diese nicht abwendbaren Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen und von der Behörde das Vorliegen konkreter Gefahren für jeden einzelnen Fremden für sich zu prüfen. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße der im § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 95/21/0905, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er im Verwaltungsverfahren zahlreiche Anträge gestellt habe, mit denen sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt habe. Die belangte Behörde habe sein Vorbringen bloß als nicht glaubwürdig erachtet, ohne aufzuzeigen, weshalb dies der Fall wäre.

Im vorliegenden Fall hält die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der ihm widerfahrenen Festnahmen und Misshandlungen deswegen für unglaubwürdig, weil diese Angaben "unpräzise" seien. Dies stellt jedoch deswegen keine schlüssige Begründung dar, weil die belangte Behörde nicht dargelegt hat, in welcher Hinsicht sie die doch recht ausführlichen und detailreichen Ausführungen des Beschwerdeführers für derart lückenhaft oder ungenau hält, um schon allein daraus auf ihre Unwahrheit schließen zu können. Hat die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers jedoch zu Unrecht für unglaubwürdig erachtet, so kann bei Zugrundelegung seines Vorbringens nicht mehr ohne weiteres gesagt werden, er hätte im Fall seiner Abschiebung in die Türkei nicht neuerlich gleichartige Festnahmen, im Zuge derer er neuerlich misshandelt wird, zu erwarten. Die vom Beschwerdeführer geschilderten Misshandlungen fallen nämlich durchaus - jedenfalls teilweise - in ihrer Intensität über die bei Anwendung des § 37 Abs. 1 FrG zu ziehende Erheblichkeitsschwelle. Insoferne ist der belangten Behörde auch der Vorwurf zu machen, dass sie es verabsäumt hat, das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, näherhin der Situation von Angehörigen der kurdischen Volksgruppe in der Türkei zu beurteilen, insofern hat sie die Rechtslage verkannt. In dieser Hinsicht hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausführlich auf ein Schreiben eines Sonderberichterstatters vom 5. September 1994 hingewiesen, wonach in der Türkei die Folter ein verbreitetes Phänomen sei, um Geständnisse bzw. die Nennung der Namen von Mitgliedern verbotener Organisationen zu erzwingen und um Inhaftierte einzuschüchtern; er hat auch ausführlich aus dem Bericht der Arbeitsgruppe der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen für Fragen des gewaltsamen oder unfreiwilligen Verschwindens (E/CN. 4/1995/36) zitiert, wonach die Zahl der unfreiwillig verschwundenen Kurden in der Türkei im Jahr 1994 erheblich angestiegen sei.

Die belangte Behörde hat die Rechtslage auch insoferne verkannt, als sie ausführte, dass eine dem Beschwerdeführer allenfalls wegen einer von ihm getätigten Propaganda für die kurdische Minderheit in der Türkei drohende Bestrafung "mangels einer entsprechenden Zielrichtung der Strafdrohung" nicht als eine Bedrohung seiner Freiheit aus Gründen des § 37 Abs. 2 FrG zu werten sei. Eine drohende Bestrafung wegen einer Meinungsäußerung kann nämlich - jedenfalls wenn es um politische Inhalte geht - durchaus als Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG gewertet werden, zumal Strafverfahren wegen absolut politischer Delikte, aber auch wegen relativ politischer Delikte, d.h. anderer als politischer Delikte, die aus politischen Motiven oder zu politischen Zwecken begangen werden, eine Bedrohung der Freiheit des Fremden aus Gründen seiner politischen Ansichten darstellen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 93/18/0146).

Der Aufhebungsgrund des § 42 Abs. 2 Z. 1 geht jenem des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG vor. Der angefochtene Bescheid war daher nach der erstgenannten Vorschrift wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Juli 2001

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