VwGH 97/21/0170

VwGH97/21/017010.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des FÖ in Graz, geboren am 9. Oktober 1971, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. Jänner 1997, Zl. FR 110/1-1996, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, der am 22. Jänner 1995 in das Bundesgebiet eingereist war und am 25. Jänner 1995 einen Asylantrag gestellt hatte, gab bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei Kurde und sei aus politischen und militärischen Gründen geflohen. Er habe näher genannte politische Parteien seit 1991 finanziell unterstützt und für den Obmann einer dieser Parteien, den Rechtsanwalt Feik Candan, Aufträge (Sammeln von Spendengeldern und Medikamenten) durchgeführt. Außerdem habe er eine Zeitung verteilt, was zwar nicht verboten, von den türkischen Behörden jedoch "nicht gerne gesehen" werde.

Am 2. Dezember 1994 sei Candan aus seinem Büro in Ankara entführt und in der Folge am 13. Dezember 1994 mit verbundenen Augen erschossen auf der Straße aufgefunden worden. Er sei bereits der fünfte Rechtsanwalt gewesen, der für die Kurden eingetreten und getötet worden sei.

Er, der Beschwerdeführer, sei nach Österreich geflohen, weil der Rechtsanwalt Candan getötet worden sei und weil er seinen Militärdienst nicht habe ableisten wollen. Am 15. Dezember 1994 sei er von der Polizei in Ankara gesucht worden, er sei jedoch nicht zu Hause gewesen. Bereits 1991 hätte er seinen Militärdienst leisten müssen, er habe dies jedoch nicht gemacht. Er sei daher mit einem falschen Personalausweis unterwegs gewesen und habe sich seit Juni 1991 ständig im Untergrund bei Verwandten in Ankara aufgehalten. Sein Cousin, der seinen Militärdienst (gleichfalls) nicht abgeleistet habe, sei verhaftet und während der Haft gefoltert worden. (Auch) sein Vater sei nach dem 15. Dezember 1994 zweimal von Militärangehörigen festgenommen und gefoltert worden; zunächst am 15. Dezember 1994, wobei man ihn einen Tag festgehalten habe; am 20. Dezember 1994 sei der Vater wieder festgenommen und abermals einen Tag lang festgehalten worden. 1991 habe er - so der Beschwerdeführer auf ausdrückliche Frage seitens des Bundesasylamtes - keinen Einberufungsbefehl bekommen; er habe jedoch ein paar Wochen vor seiner Ausreise von der Militärbehörde ein Schriftstück erhalten, in dem ihm schwere Strafen angedroht worden seien, wenn er seinen Militärdienst nicht ableisten würde; er habe dieses Schriftstück von einem namentlich genannten Türken in Österreich erhalten, der in der Türkei gewesen sei und erlebt habe, wie der Vater des Beschwerdeführers hätte festgenommen werden sollen; um dies zu verhindern, habe dieser Türke seine Adresse in Österreich bekannt gegeben, woraufhin der Vater des Beschwerdeführers wieder freigelassen worden sei; an diese Adresse in Österreich sei das an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben der Militärbehörde geschickt worden.

Er, der Beschwerdeführer, habe deshalb nicht einrücken wollen, weil niemand bereit sei, im Zuge des Militärdienstes gegen die eigenen Landsleute tätig zu werden. Für den Fall seiner Rückkehr in die Türkei habe er Haft und vermutlich Folter zu erwarten; es seien viele Personen im Gefängnis bei Folterungen getötet worden. Er sei erst jetzt geflüchtet, weil die Folterungen und der Krieg in den letzten Jahren schlimmer geworden seien.

2. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers ab, eine dagegen erhobene Berufung an den Bundesminister für Inneres blieb erfolglos. Im Rahmen des in der Folge eingeleiteten Ausweisungsverfahrens stellte der Beschwerdeführer bezogen auf sein Heimatland einen Feststellungsantrag nach § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992. Zu diesem Antrag am 28. November 1995 befragt, führte er aus, bereits 1991 eine Einberufung zum Militär erhalten zu haben. Er habe diese Einberufung jedoch ignoriert und in der Folge im Untergrund gelebt. Während dieser Zeit habe er aktiv gegen die bestehende Regierung Propaganda betrieben, und zwar durch Verteilen von Flugblättern. Er sei Sympathisant kurdischer Bewegungen gewesen, wegen seiner Militärdienstverweigerung dort jedoch nicht aufgenommen worden. Als Deserteur müsste er bei einer Rückkehr mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen. Unabhängig davon habe er eine solche auch wegen seiner Tätigkeit als Aktivist bei Kurdenorganisationen zu erwarten.

3. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 20. Jänner 1997 wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in der Türkei gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei; seine Abschiebung in die Türkei sei somit zulässig.

Nach Wiedergabe des Spruches der erstinstanzlichen Entscheidung und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen begründete die belangte Behörde ihren Bescheid zunächst damit, dass sie sich den Ausführungen der Bundespolizeidirektion Graz vollinhaltlich anschließe und diese zum Inhalt ihrer Erledigung erhebe. (Die Bundespolizeidirektion Graz als erstinstanzliche Behörde hatte ihre Entscheidung im Ergebnis darauf gestützt, dass den Angaben des Beschwerdeführers wegen "gravierender Widersprüche und Ungereimtheiten" - insbesondere in der Frage des Erhaltes eines Einberufungsbefehls - zur Gänze kein Glauben geschenkt werden könne.)

Ergänzend führte die belangte Behörde aus, dass mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. August 1995 rechtskräftig festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer nicht Flüchtling und dass er in seinem Heimatland vor Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sicher sei. Der Begriff des Flüchtlings decke sich mit den Verfolgungsgründen nach § 37 Abs. 2 FrG; es könne daher davon ausgegangen werden, dass diese Verfolgungsgründe nicht vorlägen, weil der Beschwerdeführer im fremdenpolizeilichen Verfahren keine neuen Tatsachen vorgebracht und bezüglich der Fluchtgründe auf sein Vorbringen im Asylverfahren verwiesen bzw. dieses Vorbringen wiederholt habe. Gemäß § 46 AVG sei es ihr nicht verwehrt, die Ergebnisse des Asylverfahrens zu berücksichtigen; dies sei im Hinblick auf § 37 Abs. 2 FrG sogar nahe liegend.

Bezüglich der Ableistung des Militärdienstes sei es "das Recht jedes Staates der Welt", seine männlichen und wehrfähigen Staatsbürger zum Militärdienst einzuberufen, wobei auch in Staaten westlicher Prägung Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion unter strenger Strafdrohung stehe. Die Einberufung zum Militärdienst bzw. die strafrechtliche Verfolgung wegen Desertion und "Refraktion" stellten grundsätzlich weder Folter noch unmenschliche Strafe oder ebensolche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK dar, noch begründeten sie eine Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG. Die Gefahr der Bestrafung wegen seinerzeitiger Verweigerung des Militärdienstes im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat sei demnach mangels entsprechender Zielrichtung der Strafdrohung nicht als Bedrohung seiner Freiheit aus Gründen seiner politischen Ansichten im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG zu werten. "Flucht wegen Einberufung zum Militärdienst (Desertion)" könnte nur dann asylrechtlich und in weiterer Folge fremdenrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der GFK genannten Gründe erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen ausfiele oder wenn der Beschwerdeführer einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe "ausgesetzt" wäre; gleichfalls, wenn er während der Ableistung des Militärdienstes aus den in § 37 Abs. 2 FrG angeführten Gründen gegenüber Personen anderer Volksgruppen schlechter gestellt wäre. Im Fall des Beschwerdeführers lägen aber keine stichhaltigen Gründe für eine Gefährdung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG vor, zumal aus allgemein gehaltenen Hinweisen auf die Brisanz der derzeitigen politischen Situation in der Türkei noch keine konkrete, ihn betreffende Gefährdung abgeleitet werden könne. Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass sein Vorbringen durch keinerlei Bescheinigungsmittel dokumentiert worden sei und bereits Erst- und Asylbehörde festgestellt hätten, dass sein Vorbringen "mit nicht geringer Glaubwürdigkeit" behaftet sei, "zumal" der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Asylverfahren jedenfalls nicht dargetan habe, dass seine Einberufung zum Militär ethnisch, religiös oder politisch motiviert gewesen wäre bzw. dass er wegen der Wehrdienstverweigerung aus vorangeführten Gründen eine strengere Bestrafung zu befürchten gehabt hätte.

Es entspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die ursprünglichen Angaben eines Beschwerdeführers am glaubwürdigsten seien. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung anführe, nie vom Erhalt eines Einberufungsbefehls 1991 gesprochen zu haben, so werde auf den Inhalt seiner Einvernahme vom 28. November 1995 verwiesen. Der erstinstanzlichen Behörde sei aber auch keine Verletzung ihrer Manuduktionspflicht anzulasten. Schließlich werde wie von der erstinstanzlichen Asylbehörde die Ansicht vertreten, dass gegen ein Mitglied der Familie des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungshandlungen nicht als Fluchtgrund im Sinn der GFK anerkannt werden könnten.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5. Die belangte Behörde, die von der Erstattung einer Gegenschrift absah, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte Kostenzuspruch.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass die belangte Behörde die Einvernahme des von ihm in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid beantragten Zeugen I. I. (das ist jener Türke, der gemäß den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt eine beabsichtigte Festnahme des Vaters des Beschwerdeführers verhindert haben soll) ohne jede Begründung unterlassen habe. Dieser Zeuge habe vor der Asylbehörde deponiert, dass er am 16. Dezember 1994 in die Türkei zurückgefahren wäre, dass er von der Tötung eines Anwalts am 13. Dezember 1994 und von der Festnahme des Vaters des Beschwerdeführers am 15. Dezember 1994 gehört und dass er nach Rückkehr in sein Heimatdorf gesehen hätte, dass der Vater des Beschwerdeführers wieder von Gendarmeriebeamten verhaftet und eine Nacht inhaftiert worden wäre; schließlich hätte er erfahren, dass der Vater des Beschwerdeführers verhaftet worden wäre, weil sich der Beschwerdeführer nicht zum Militärdienst gemeldet hätte.

Richtig ist, dass der Beschwerdeführer die Einvernahme des Zeugen I. I. - unter Verweis auf dessen Aussage im Asylverfahren - in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz ausdrücklich beantragt hat. Richtig ist weiters, dass demgegenüber eine Einvernahme dieses Zeugen seitens der belangten Behörde unterblieben ist. Das ist zwar zunächst insoweit unbedenklich, als der gegenständliche Beweisantrag des Beschwerdeführers keine Angaben darüber enthielt, was der beantragte Zeuge I. I. über seine Ausführungen im Asylverfahren hinaus hätte berichten können. Der belangten Behörde, die im Rahmen eines Verfahrens nach § 54 Abs. 1 FrG nicht zur unmittelbaren Aufnahme von Beweisen verpflichtet ist, wäre es daher nicht verwehrt gewesen, auf die im Asylverfahren erstattete Aussage dieses Zeugen zurückzugreifen und sie in Verbindung mit den sonstigen Verfahrensergebnissen ihrer Beweiswürdigung zugrundezulegen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, zu § 46 AVG sub E 14a. ff. zitierte hg. Judikatur). Auch das hat sie jedoch - gleich der erstinstanzlichen Behörde - nicht getan; den vorgelegten Verwaltungsakten und der Begründung des angefochtenen Bescheides ist nämlich nicht zu entnehmen, dass sie das Protokoll über die im Asylverfahren erfolgte Einvernahme des Zeugen I. I. beigeschafft oder in dieses Protokoll auch nur Einsicht genommen hätte. Es kann daher - entgegen der programmatischen Darstellung der belangten Behörde - auch nicht davon die Rede sein, dass sie "die Ergebnisse des Asylverfahrens" berücksichtigt habe. Miteinbezogen in ihre Erwägungen hat sie vielmehr bloß den negativen Ausgang des Asylverfahrens als solchen, womit sie ihre Entscheidung jedoch unter Verletzung der sie treffenden Ermittlungspflicht auf eine nicht ausreichende Basis gestellt hat.

2. Dazu kommt, dass sie letztlich gar nicht erkennen lässt, welche Feststellungen sie dem bekämpften Bescheid zugrunde legt. Der zu Beginn ihrer Erwägungen vorgenommene Verweis auf den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz, dessen Ausführungen sie sich vollinhaltlich anschließe und die sie zum Inhalt ihres Bescheides erhebe, spricht im Hinblick auf die diesem Bescheid zugrundeliegende Annahme, dass sämtlichen Angaben des Beschwerdeführers kein Glauben geschenkt werden könne, zunächst dafür, dass auch die belangte Behörde bloß negative Feststellungen in diese Richtung treffen wollte. Einer derartigen Annahme stehen jedoch die in der Folge angestellten rechtlichen Überlegungen zum Komplex "Militärdienst" einerseits und zur Relevanz von Verfolgungshandlungen gegenüber Familienmitgliedern des Beschwerdeführers andererseits entgegen. Sie indizieren, dass die belangte Behörde insoweit den tatsächlichen Angaben des Beschwerdeführers folge, zumal sie nicht mit hinreichender Deutlichkeit hat erkennen lassen, dass es sich dabei bloß um eventualiter angestellte Erwägungen handle. Zwar "verweist" die belangte Behörde - betreffend den Komplex "Militärdienst" - darauf, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers durch keinerlei Bescheinigungsmittel dokumentiert und dass bereits von der Erst- und von der Asylbehörde festgestellt worden sei, dass sein Vorbringen "mit nicht geringer Glaubwürdigkeit" (gemeint wohl: mit geringer Glaubwürdigkeit) behaftet wäre, doch lässt gerade diese Formulierung kein klares Kalkül erkennen. Auch der nachfolgende Satzteil ("zumal sie im erstinstanzlichen Asylverfahren jedenfalls nicht dargetan haben, dass ihre Einberufung zum Militär ethnisch, religiös oder politisch motiviert gewesen wäre, bzw. dass sie bei einer Nichtbefolgung aus vorangeführten Gründen eine strengere Bestrafung zu befürchten gehabt hätten"), der ungeachtet seiner Einleitung ("zumal") keine Begründung des Vorangehenden darstellt, lässt keinen eindeutigen Schluss zu. Dass der folgende Absatz ("Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die ursprünglichen Angaben eines Beschwerdeführers am glaubwürdigsten sind.") wiederum klar dafür spricht, dass die tatsächlichen Angaben des Beschwerdeführers (nämlich jene vor dem Bundesasylamt) zumindest teilweise zugrunde gelegt werden, sei nur mehr der Vollständigkeit halber hinzugefügt.

3. Ist nach dem Gesagten nicht klar, von welchen tatsächlichen Gegebenheiten die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ausgeht bzw. welche Behauptungen des Beschwerdeführers sie als unglaubwürdig verwirft, so wird sie den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bescheidbegründung (siehe zu diesen Anforderungen etwa die bei Hauer/Leukauf, aaO., zu § 67 AVG sub E 8. und zu § 60 AVG sub E 1. bis 9. zitierte Judikatur) nicht gerecht.

4. Der aufgezeigte Verfahrensfehler und die mangelhafte Bescheidbegründung sind aus folgenden Gründen von Relevanz: Träfen die Behauptungen des Beschwerdeführers über die Militärdienstverweigerung zu, so läge es auf der Hand, dass er für den Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort mit einer Bestrafung zu rechnen hätte. Zwar unterfällt strafrechtliche Verfolgung von Wehrdienstverweigerung - wie die belangte Behörde im Rahmen ihrer rechtlichen Überlegungen zutreffend ausgeführt hat - grundsätzlich weder § 37 Abs. 1 FrG noch § 37 Abs. 2 leg. cit.. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn mit einer derartigen Strafe Folter einhergeht, weil kein Zweifel daran bestehen kann, dass dann eine unmenschliche Behandlung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG vorläge. Auch in diese Richtung hat der Beschwerdeführer Vorbringen erstattet. Zum einen hat er ausgeführt, dass sein gleichfalls den Militärdienst verweigernder Cousin in der Haft gefoltert worden sei; zum anderen (und vor allem) hat er behauptet, dass auch seinem Vater Festnahme und Folter widerfahren sei, und zwar am 15. und am 20. Dezember 1994, erkennbar jeweils im Zusammenhang mit der Suche der Militärbehörden nach dem Beschwerdeführer. Sollten diese Angaben den Tatsachen entsprechen, so müsste der Beschwerdeführer mit Recht befürchten, im Fall seiner Abschiebung in die Türkei im Rahmen einer zu erwartenden Haft Opfer einer unmenschlichen Behandlung zu werden. Zwar trifft es zu, dass aus Maßnahmen, die sich gegen einen Angehörigen richten, für sich allein nicht auf die Verfolgung eines bestimmten anderen Familienmitgliedes geschlossen werden kann. Das gilt jedoch nur, wenn mit diesen Maßnahmen auch tatsächlich der betreffende Angehörige selbst getroffen werden soll und nicht in Wahrheit das andere Familienmitglied.

5. Der Beschwerdeführer hat weiters vorgebracht (im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 28. November 1995), dass er wegen seiner Tätigkeit als Aktivist bei Kurdenorganisationen zusätzlich mit Haftstrafen rechnen müsste. Seine Tätigkeit hat er in diesem Zusammenhang mit dem Verteilen von Flugblättern umschrieben, im Asylverfahren war außerdem vom Verteilen einer Zeitung und von Hilfsdiensten für den später erschossenen Obmann einer Kurdenpartei (Feik Candan) die Rede. Auch die Richtigkeit dieser Angaben würde einer Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei entgegenstehen, wäre doch dann im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer drohende Beeinträchtigung seiner Freiheit aus Gründen seiner politischen Ansichten der Tatbestand des § 37 Abs. 2 FrG erfüllt.

6. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist der bekämpfte Bescheid mit wesentlichen Verfahrensfehlern behaftet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

7. Bei diesem Ergebnis konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. Juni 1999

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