Normen
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
VwRallg;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem zur Zl. 97/20/0311 angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung einer Berufung gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid abgewiesen worden war, ab.
Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung wie folgt:
"Ihr Asylantrag vom 06.12.1996 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 22.01.1997 abgewiesen und erwuchs, da ein Rechtsmittel nicht eingebracht wurde, mit Ablauf des 11.02.1997 in Rechtskraft.
Am 19.02.1997 brachten Sie durch Ihren rechtsfreundlichen Vertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist ein und führten darin aus, daß der Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, Ihrem Zustellbevollmächtigten am 27.01.1997 (richtig 28.01.1997) zugestellt worden sei, Sie selbst hätten jedoch erst am 13.02.1997 von der Existenz des Bescheides erfahren.
Aus beiliegender ärztlicher Bestätigung ginge hervor, daß Sie zu diesem Zeitpunkt dispositionsunfähig gewesen seien.
Ein solche Bestätigung war Ihrem Antrag nicht beigelegt. Das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, hat Ihren Antrag mit dem bekämpften Bescheid abgewiesen.
Über Ihre zulässige und rechtzeitige Berufung hat der Bundesminister für Inneres erwogen:
Gemäß § 71 Absatz 1 Ziffer 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Sie machen in Ihrem Antrag geltend, daß Sie erst am 13.02.1997 von der Existenz des Bescheides des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, erfahren hätten und überdies infolge Krankheit dispositionsunfähig gewesen seien.
Wie sich aus der erst mit Ihrer am 13.03.1997 eingebrachten Berufung vorgelegten ärztlichen Bestätigung (datiert mit 13.03.1997) ergibt, sollen Sie vom 11.02.1997 bis 13.02.1997 "krank" gewesen sein. Auch wollen Sie erst am 13.02.1997 von der Existenz des Bescheides erfahren haben.
Ihre "Krankheit" am 13.02.1997 ist somit insofern kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund, als zu diesem Zeitpunkt die Berufungsfrist bereits abgelaufen war und auch wenn Sie nicht erkrankt und in der Lage gewesen wären, eine Berufung einzubringen, das Rechtsmittel als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre. Ihrem Antrag läßt sich auch nicht entnehmen, in welcher Form Sie von der "Existenz" des Bescheides erfahren haben wollen. Erst in der Berufung führen Sie aus, daß Sie infolge Krankheit an der Kontaktnahme mit Ihrem Zustellbevollmächtigten verhindert gewesen seien.
Dazu ist festzuhalten, daß der Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, Ihrem Zustellbevollmächtigten am 28.01.1997 zugestellt wurde und die von Ihnen vorgelegte ärztliche Bestätigung eine Krankheit vom 11.02.1997 bis 13.02.1997 bescheinigt, sodaß davon auszugehen ist, daß Sie bis 10.02.1997 gesund waren. Es stand Ihnen somit - entgegen Ihrer Behauptungen - fast der gesamte Zeitraum der Rechtsmittelfrist, zur "Kontaktnahme" mit Ihrem Zustellbevollmächtigten offen und läßt sich Ihren Ausführungen nicht entnehmen, welches "Ereignis" Sie in der Zeit von 28.01.1997 bis 10.02.1997 an dieser Kontaktnahme gehindert haben könnte.
Auch hat die Behörde erster Instanz zutreffend erkannt, daß das Verschulden des Vertreters einer Partei der Partei selbst zuzurechnen ist.
Wenn es nun der von Ihnen selbst namhaft gemachte Zustellbevollmächtigte unterläßt, Sie rechtzeitig von der "Existenz" des Bescheides zu verständigen, kann dies nicht als "Ereignis" im Sinne des AVG interpretiert werden und ist dieses Verhalten Ihres Vertreters auch Ihnen selbst zuzurechnen.
Angesichts solchen Vorbringens ist der Behörde erster Instanz im Ergebnis nicht entgegenzutreten, wenn diese Ihren Antrag abweislich beschieden hat, und war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Mit dem zur Zl. 97/20/0299 angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die am 19. Februar 1997 zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebrachte Berufung als verspätet zurück.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Verbindung der Verfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen hat:
Der Beschwerdeführer tritt der Darstellung des Verfahrensganges und seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren in dem zur Zl. 97/20/0311 angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Die Versäumung der Berufungsfrist beschreibt er in der Beschwerde gegen diesen Bescheid wie folgt:
"Dieser Bescheid (über die Abweisung des Asylantrages) wurde dem seinerzeitigen Zustellungsbevollmächtigten, Flughafensozialdienst, Dr. D. nach 1060 Wien zugestellt. Dieser hat sich mit dem Beschwerdeführer nicht ins Einvernehmen gesetzt. Der Beschwerdeführer erkrankte am Ende der Rechtsmittelfrist und legte auch eine ärztliche Bestätigung darüber vor. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob das versäumte Rechtsmittel. Mit dem gegenständlichen, in Beschwerde gezogenen Bescheid, wird nunmehr der Antrag auf Wiedereinsetzung nicht Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Die belangte Behörde gelangt zu der Auffassung, daß es dem Beschwerdeführer jedenfalls möglich gewesen sei, gegen den Bescheid die Berufung rechtzeitig zu erheben. Dies trotz der Tatsache, daß der Beschwerdeführer noch innerhalb der Berufungsfrist erkrankte und von seinem Zustellungsbevollmächtigten offensichtlich von der Abweisung nicht verständigt wurde. Es wird sohin den Feststellungen insoweit dezidiert entgegengetreten, als die belangte Behörde vermeint, der Beschwerdeführer wäre in der Lage gewesen, die Berufungsfrist zu wahren, da der Beschwerdeführer wie dargelegt und glaubhaft dargetan hat, er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der Erhebung der Berufung verhindert war."
In rechtlicher Hinsicht macht der Beschwerdeführer - soweit seine Ausführungen fallbezogen sind - geltend:
"Der Beschwerdeführer als Partei hatte nachweislich keine Möglichkeit, den an ihn gerichteten Bescheid vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Kenntnis zu erlangen, insbesondere durch die Erkrankung am Ende der Rechtsmittelfrist. Die Behauptung der Handlungsunfähigkeit kann einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen... Ausgehend von den Feststellungen von der belangten Behörde stellt daher die Untätigkeit des Zustellbevollmächtigten einerseits sowie die Erkrankung des Beschwerdeführer andererseits ein sehr wohl unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dar. Die belangte Behörde hat jedenfalls auch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG verletzt indem sie den Beschwerdeführer die von ihr getroffenen Feststellungen nicht vorhält und ihm keine Möglichkeit der Äußerung gab. Gerade die Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG stellt aber eine der zentralen Bestimmungen des Rechtsstaatlichkeitsprinzipes dar. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß der Zustellbevollmächtigte nicht als Rechtsanwalt fungierte, sondern als sozial engagierter Jurist, der zahlreichen Asylwerbern Hilfestellung gewährt. Dem Zustellbevollmächtigten oblag es jedenfalls nicht eine Berufung einzubringen, zumal auch der Berufungsauftrag fehlte. Zur Ergreifung einer sogenannten Sicherheitsberufung ist der Zustellbevollmächtigte nicht verpflichtet gewesen und kann daher das Verhalten des Zustellbevollmächtigten den Beschwerdeführer nicht als negativ angerechnet werden. Der Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig, es wurden wesentliche Verfahrensbestimmungen außer acht gelassen. Der Bescheid ist auch einer nachprüfenden Kontrolle nach den gegebenen Feststellungen der Behörde nicht zugänglich, damit ist auch die Bestimmung des § 60 AVG verletzt."
Damit steht unbekämpft fest, daß der Beschwerdeführer in seinem durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag behauptete, er hätte "erst am 13.2.1997 von der Existenz des Bescheides erfahren", ohne dies aber in diesem Antrag schon näher zu begründen, und daß sich die Behauptung, durch Krankheit dispositionsunfähig gewesen zu sein, im Wiedereinsetzungsantrag auf "diesen Zeitpunkt" und somit auf den 13. Februar 1997 bezog.
Der Beschwerdeführer hatte daher zu keinem der beiden Wiedereinsetzungsgründe, auf die er sich in der Beschwerde stützt, im Wiedereinsetzungsantrag ein taugliches Vorbringen erstattet. Er hatte weder Behauptungen darüber aufgestellt, durch welches "Ereignis" es dazu gekommen sei, daß er bis zum Ablauf der Berufungsfrist nichts von der "Existenz" des Bescheides erfahren hatte, noch war seinem Vorbringen entnehmbar, daß die behauptete Dispositionsunfähigkeit - zu einem "Zeitpunkt" nach Ablauf der Berufungsfrist - geeignet gewesen sein konnte, die Einhaltung dieser Frist zu verhindern. Unter diesen Umständen genügt es, darauf hinzuweisen, daß Wiedereinsetzungsgründe vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist geltend zu machen sind und die erst im Berufungsverfahren nachgetragenen Behauptungen, der Beschwerdeführer sei auch am 11. Februar 1997 (dem letzten Tag der Frist) "krank" gewesen - wobei Dispositionsunfähigkeit nach den unbekämpften Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht ärztlich bescheinigt wurde - und durch die Krankheit (an diesem Tag) an der Kontaktaufnahme mit dem Zustellungsbevollmächtigten verhindert gewesen, den Antrag nicht mehr begründen konnten (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 681, Entscheidung 2 und 7 zu § 71 Abs. 2 AVG, wiedergegebene Rechtsprechung, im besonderen das Erkenntnis vom 7. Juli 1960, Slg. Nr. 5346/A). Der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde, wegen einer Verhinderung erst am letzten Tag einer Frist sei die Wiedereinsetzung nicht zu bewilligen, kommt aus diesem Grund keine Bedeutung zu (vgl. gegenüber dieser Rechtsansicht aber Hauer-Leukauf, a.a.O., Seite 672 und 674, Entscheidung 13 und 19 e zu § 71 Abs. 1
AVG).
Da der Beschwerdeführer innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist keine tauglichen Wiedereinsetzungsgründe vorgebracht hatte, wurde er durch den Bescheid, mit dem die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages bestätigt wurde, nicht in seinen Rechten verletzt.
Damit war aber auch die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Berufung wegen ihrer Verspätung jedenfalls zurückzuweisen, was nur im Falle der vorherigen oder gleichzeitigen Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht zu erfolgen gehabt hätte (vgl. die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., Seite 671, wiedergegebene Rechtsprechung).
In der Beschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung macht der Beschwerdeführer geltend, sein "Zustellbevollmächtigter" habe ihn nicht nur nicht vom Zugang des Asylbescheides informiert, sondern es auch "unterlassen", "ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid auszuführen", und der Beschwerdeführer habe "jedenfalls aufgrund der Krankheit momentan nicht die Möglichkeit gehabt, den Antrag auf Wiedereinsetzung bzw. die Berufung zu erheben", habe "jedoch innerhalb einer offenen Wiedereinsetzungsfrist sowohl den Antrag auf Wiedereinsetzung als auch die Berufung ausgeführt". Diese Behauptungen widersprechen zwar tendenziell denjenigen in der Beschwerde gegen die Abweisung der Berufung gegen die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag, sind für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Berufung aber ohne Bedeutung. Der in der Beschwerde an anderer Stelle vertretenen Ansicht, wegen der unterbliebenen Verständigung von der Bescheidzustellung und wegen der Krankheit des Beschwerdeführers sei "die Anwendbarkeit des § 63 Abs. 5 AVG ... nicht gegeben", steht der Inhalt dieser Bestimmung entgegen, wonach die Berufung binnen zwei Wochen einzubringen ist und diese Frist "für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides" - eine solche stellt auch die gemäß § 9 Zustellgesetz zulässige Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten dar - beginnt.
Da der Beschwerdeführer in der Beschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung nichts darlegt, was an der Verspätung der Berufung (ohne die der Wiedereinsetzungsantrag nicht zulässig gewesen wäre) zweifeln ließe, und er in der Beschwerde gegen die Bestätigung der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages nicht aufzeigt, inwiefern die Wiedergabe seines Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag im angefochtenen Bescheid nicht zutreffe, zeigt er auch die Relevanz der in beiden Beschwerden behaupteten Verletzungen des Parteiengehörs nicht auf.
Damit ergibt sich schon aus dem Inhalt der Beschwerden, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGG waren die Beschwerden daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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