Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, die am 25. Juni 1996 in das Bundesgebiet eingereist ist und am folgenden Tag einen Asylantrag gestellt hat, hat bei der niederschriftlichen Vernehmung durch das Bundesasylamt am 27. Juni 1996 zu ihren Fluchtgründen im wesentlichen folgendes angegeben:
Sie habe ihre Heimat verlassen, weil sie dort Probleme mit ihrem geschiedenen Ehemann gehabt habe. Dieser habe sie laufend bedroht. Es sei seine Absicht gewesen, die gemeinsamen Kinder, für die die Beschwerdeführerin das Sorgerecht habe, in ein Kinderheim zu bringen. Dies habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht zugelassen. Über ausdrückliche Aufforderung, asylrelevante Fluchtgründe bekanntzugeben, führte die Beschwerdeführerin aus, daß sie ihre Kinder in Sicherheit bringen wolle, damit diese nicht in ein Kinderheim müßten. Ihr geschiedener Mann pflege gute Kontakte zu den Behörden; aus diesem Grund habe ihr auch die Polizei nicht geholfen. Sie habe sich vergeblich an die Polizei gewandt. Dort sei sie gefragt worden, ob sie nicht für diese arbeiten wolle. In letzter Zeit habe sie gemeinsam mit ihren Kindern bei einem Onkel gelebt. Dort sei ihr geschiedener Gatte öfter aufgetaucht und habe verlangt, die Kinder in ein Heim zu bringen. Als die Beschwerdeführerin dies verweigert habe, sei sie von ihrem geschiedenen Mann geschlagen worden. Sie sei von ihm auch verletzt worden. Aus Angst habe sie die Heimat verlassen.
In ihrer Berufung gegen den ihren Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1996 hat sie im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Sie habe ihren Mann vor neun Jahren geheiratet und sich nach vier Jahre Ehe scheiden lassen. Nach etwa einem Jahr Trennung sei sie jedoch wieder zu ihrem Mann gezogen und habe diesen erneut geheiratet. Im Jahr 1993 habe sie von ihrem Cousin erfahren, daß ihr Mann für die serbische Polizei arbeite. Ihr Mann sei nämlich gemeinsam mit Polizisten zum Haus ihres Cousins gekommen, wobei ihr Cousin "zusammengeschlagen" worden sei, sodaß er noch immer im Krankenhaus liege. Nachdem sie von den Spitzeldiensten ihres Mannes erfahren habe, sei sie von ihrem Mann bedrängt worden, ebenfalls für die serbische Polizei Spitzeldienste zu leisten. Aufgrund ihrer Weigerung sei sie von ihrem Mann schwer mißhandelt worden. Im Anschluß daran sei sie gemeinsam mit ihrem Kind auf die Polizeiwache gebracht worden. Dort sei sie neuerlich aufgefordert worden, Spitzeldienste zu leisten. Aufgrund ihrer Weigerung sei sie geohrfeigt worden. In den folgenden drei Jahren bis zum Jahr 1996 habe sie etwa siebenmal auf die Polizeiwache kommen müssen, wobei sie jedesmal aufgefordert worden sei, Spitzeldienste zu leisten. Aufgrund ihrer Ablehnung sei sie jeweils geohrfeigt worden. In dieser Zeit sei sie auch von ihrem Mann immer wieder brutalst mißhandelt worden. Unter anderem habe er sie mit heißem Öl überschüttet und mit einem Messer attackiert. Im Juni 1995 habe sie sich scheiden lassen, wobei ihr das Sorgerecht für die Kinder zugesprochen worden sei. Anschließend sei sie zu ihrem Onkel gezogen. Da sie sich weiterhin geweigert habe, für die Polizei zu arbeiten, seien Polizisten zu ihrem Onkel und zu ihrem Bruder gekommen und hätten dort Uhren, Schmuck, Fernseher und Geld gestohlen sowie "immer wieder absichtlich Sachen zerstört". Ihr Onkel und ihr Bruder seien auch unter Druck gesetzt worden, der Beschwerdeführerin nicht weiter Unterkunft zu gewähren. Am 19. Juni 1996 sei die Beschwerdeführerin von der Polizei zu Hause abgeholt und auf die Polizeiwache gebracht worden. Dort sei ihr gedroht worden, die Kinder in ein Heim zu stecken, wenn sie nicht mit der Polizei kooperiere. Dabei sei sie erneut geohrfeigt worden. Sie habe die Ausweglosigkeit ihrer Lage erkannt und sei geflüchtet.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 15. Jänner 1997 wurde gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß die Beschwerdeführerin in Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei; die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Jugoslawien sei somit zulässig.
Begründend führte die belangte Behörde dazu zunächst aus, daß sie sich den Ausführungen der Bundespolizeidirektion Linz in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides "vollinhaltlich" anschließe und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebe. Es müsse festgehalten werden, daß die Angaben der Beschwerdeführerin "mit nicht geringer Unglaubwürdigkeit behaftet" seien, wie dies bereits die Erstbehörde ausgeführt habe. Dies schon deshalb, weil die Beschwerdeführerin bei ihrer Ersteinvernahme, welcher "noch die größte Glaubwürdigkeit beizumessen" sei, von den ihr abverlangten Spitzeldiensten bzw. Übergriffen durch die Polizei nichts erwähnt habe, sondern lediglich ausgeführt habe, ihr Heimatland wegen der Probleme mit ihrem Gatten verlassen zu haben. Erst im Zuge des Asylverfahrens und im vorliegenden Verfahren habe sie ihr Vorbringen dahin gesteigert, daß sie unter Druck gesetzt worden sei, Spitzeldienste für die serbische Polizei zu leisten.
Im weiteren vertrat die belangte Behörde die Ansicht, daß selbst dann, wenn die Angaben der Beschwerdeführerin der Wahrheit entsprächen, daraus keine Gefährdung und/oder Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG resultierte.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahren nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den vom Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung für die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung erforderlich, daß sich die Gefährdung und/oder Bedrohung auf das gesamte Gebiet des vom Antrag umfaßten Staates bezieht (vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 97/18/0593, mwN).
2.1. Wenngleich die von der belangten Behörde (ebenso wie von der Erstbehörde) gewählte Formulierung, wonach die Angaben der Beschwerdeführerin "mit nicht geringer Unglaubwürdigkeit behaftet" seien, die erforderliche Klarheit vermissen läßt, so geht doch aus der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides, derzufolge den Aussagen bei der Ersteinvernahme "noch die größte Glaubwürdigkeit beizumessen ist", und aus der zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhobenen Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, wonach die Beschwerdeführerin "im Asylverfahren" wahrheitsgemäß den Grund für ihre Flucht in Problemen mit ihrem Ehemann angegeben habe, mit noch ausreichender Deutlichkeit hervor, daß die belangte Behörde zwar den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer Ersteinvernahme im Asylverfahren, nicht aber den darüber hinausgehenden Ausführungen in der Berufung im Asylverfahren und den damit im wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen im vorliegenden Verfahren Glauben geschenkt hat.
Diese Beweiswürdigung hat die belangte Behörde vor allem damit begründet, daß die Beschwerdeführerin den Umstand, daß sie unter Druck gesetzt worden sei, mit der Polizei zu kooperieren, und die damit im Zusammenhang stehenden Übergriffe seitens der Polizei nicht bereits bei der ersten Befragung vorgebracht hat. Diese Beweiswürdigung begegnet im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) auch dann keinen Bedenken, wenn man berücksichtigt, daß die Beschwerdeführerin bereits bei ihrer ersten Einvernahme ausgeführt hat, von der Polizei anläßlich einer Vorsprache gefragt worden zu sein, ob sie für diese arbeiten wolle. Es widerspricht nämlich der Lebenserfahrung, daß eine Fremde, die in ihrer Heimat immer wieder von der Polizei vorgeladen und geschlagen sowie nur 12 Tage vor ihrer Einvernahme durch das Bundesasylamt zum Polizeiposten gebracht und dort massiv bedroht und geschlagen worden sein soll, bei der Einvernahme davon nichts erwähnt, sondern lediglich ausführt, sich wegen der Probleme mit ihrem Mann von sich aus an die Polizei gewendet zu haben, wobei sie "gefragt" worden sei, ob sie mit der Polizei zusammenarbeiten wolle.
2.2. Ausgehend von den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer ersten Einvernahme in Asylverfahren kann aber die Ansicht der belangten Behörde, daß es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, eine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG darzutun, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die geltend gemachten Drohungen und Mißhandlungen durch ihren Ehemann haben danach keinen Bezug zu den in § 37 Abs. 2 FrG taxativ aufgezählten Gründen. Selbst wenn man in diesen Drohungen und Mißhandlungen eine unmenschliche Behandlung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erblickte, hätte die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht dargetan, daß sie davon im gesamten Gebiet ihrer Heimatstaates (also auch außerhalb der "Reichweite" ihres geschiedenen Gatten) betroffen wäre und diese Gefährdung von den staatlichen Stellen ihres Heimatlandes - und nicht nur von einer bestimmten Polizeistelle - geduldet würde.
Es sei hinzugefügt, daß sich entgegen der Ansicht der Erstbehörde nicht schon deshalb aus dem Berufungsvorbringen im Asylverfahren keine Bedrohung gemäß § 37 Abs. 2 FrG ableiten läßt, weil der Asylantrag auch in zweiter Instanz abgewiesen wurde. Die Berufungsbehörde im Asylverfahren hat nämlich das dort erstattete Berufungsvorbringen gemäß § 20 Asylgesetz 1991 bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen unberücksichtigt gelassen.
3.1. Soweit die Beschwerdeführerin bemängelt, daß sie im vorliegenden Verfahren nicht "detailliert" einvernommen worden sei, bringt sie nicht vor, was sie dabei (zusätzlich) ausgeführt hätte und tut somit die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar.
3.2. Auch darin, daß sich die belangte Behörde mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin zur allgemeinen Lage der albanischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo nicht auseinandergesetzt hat, liegt kein Verfahrensmangel, weil derartige Ausführungen nicht geeignet sind, eine konkret die Beschwerdeführerin betreffende Gefährdung und/oder Bedrohung darzutun, zumal die bloße Zugehörigkeit zur albanischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - bezogen auf den hier relevanten Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - hiezu nicht ausreicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 97/18/0465).
4.1. Die Beschwerdeführerin erachtet den angefochtenen Bescheid auch deshalb für rechtswidrig, weil er die positive Feststellung enthalte, daß die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei. Dies stelle gegenüber dem Antrag festzustellen, daß die Abschiebung in diesen Staat unzulässig sei, ein Aliud dar; die belangte Behörde habe daher den Antrag der Beschwerdeführerin nicht erledigt.
4.2. Die belangte Behörde stellte im Einklang mit der gesetzlichen Anordnung des § 54 Abs. 1 FrG fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß die Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Wenn die belangte Behörde auch die sich daraus zwingend ergebende Rechtsfolge der Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Jugoslawien in den Bescheid aufnahm, so war dieser Abspruch zwar überflüssig, vermochte aber keine Verletzung des hier allein in Betracht kommenden Rechtes auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien zu bewirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1997, Zl. 97/18/0061).
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Dezember 1998
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