VwGH 97/17/0199

VwGH97/17/019915.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der B Ges.m.b.H., vertreten durch Dr. A Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 15. April 1997, Zl. MD-VfR - B 5/97, betreffend Anzeigenabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs1;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs2;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs1;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in K, deren Unternehmensgegenstand unter anderem die Herausgabe, die Herstellung, der Verlag und der Vertrieb von Druckschriften aller Art, insbesondere solche unter der Bezeichnung "Bezirksjournale" ist. Mit Bescheid vom 4. Juli 1996 des Magistrats der Stadt Wien wurde der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 1, 3, 4, 5 Abs. 1 und 2 und § 7 Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, LGBl. für Wien Nr. 22/1983 idgF (im Folgenden: Wiener AnzAbgG), Anzeigenabgabe für die anlässlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen aller Art in einer Reihe näher genannter Bezirksjournale vorgeschrieben. Begründet wurde die Abgabenvorschreibung damit, dass bei sämtlichen Bezirksjournalen die erstmalige Verbreitung von Wien aus erfolge und die Abgabepflicht nach dem Wiener AnzAbgG daher gegeben sei.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und beantragte, aus der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Anzeigenabgabe jene Teilbeträge auszuscheiden, die auf die Verbreitung von Anzeigen in den außerhalb des Gemeindegebiets von Wien veröffentlichten Bezirksjournalen entfielen, sodass für die Abgabenerhebung nur mehr der auf die Bezirksjournale für den 1. bis 23. Wiener Gemeindebezirk entfallende Teilbetrag der gesamten Bemessungsgrundlage verbleibe.

Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, dass der Erscheinungsort der zur Verbreitung außerhalb Wiens bestimmten Bezirksjournale nicht als in Wien gelegen angesehen werden könne, da die Medienwerke von der Druckerei in gebündelten und verschlossenen Zeitungspaketen zu den in Wien sesshaften Verteilerfirmen und von diesen in unverändertem Zustand an den jeweiligen (außerhalb Wiens liegenden) Ort ihrer Verbreitung transportiert würden, wo sie nach Öffnung der Pakete erstmals einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht würden.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und der Stellung eines Vorlageantrags wurde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging wie die Behörde erster Instanz unter Zitierung der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1984, Zl. 83/17/0151, vom 28. Juni 1973, Zl. 184/73, vom 23. Mai 1986, Zl. 85/17/0164, vom 27. Oktober 1982, Zlen. 81/17/0204 und 81/17/0218, sowie vom 22. Dezember 1980, Zl. 2655/79, davon aus, dass bei der Auslegung des Wiener AnzAbgG für die Bestimmung des Ortes, von dem aus die erstmalige Verbreitung erfolgt, maßgeblich sei, an welchem Ort die erstmalige Verbreitung ihren Anfang nimmt. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass die Verbreitung dort ihren Anfang nehme, wo das Druckwerk der Post zum Versand übergeben werde. Die Beschwerdeführerin sei den Nachweis schuldig geblieben, welchen rechtlichen Unterschied es machen sollte, ob die Post oder ein privates Unternehmen mit der Verbreitung des Druckwerkes beauftragt werde. Ob der Gegenstand des Unternehmens auch den Vertrieb umfasse, sei unbeachtlich, da es nur darauf ankomme, ob das Unternehmen konkret die Verbreitung selbst vorgenommen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht, Anzeigenabgabe nur für die Aufnahme von Anzeigen in Medienwerke vorgeschrieben zu erhalten, deren Verbreitung von Wien aus erfolgt, geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, BGBl. Nr. 22,

lautet wie folgt:

"(1) Anzeigen, die in die in Wien erscheinenden Medienwerke (§ 1 Abs. 1 Z 3 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981) gegen Entgelt aufgenommen oder mit solchen ausgesendet oder verbreitet werden, unterliegen, sofern die Verbreitung nicht ausschließlich im Ausland erfolgt, einer Abgabe nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Als Erscheinungsort des Medienwerkes gilt Wien dann, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 28. Juni 1973, Zl. 184/73, und vom 20. Juni 1986, Zl. 84/17/0173, ausgeführt hat, ist der Ort, von dem aus die Verbreitung erfolgt, jener, in welchem die Verbreitung ihren Anfang nimmt. Der Ort, in dem die Verbreitung erfolgt, ist nach dieser Rechtsprechung jener Ort, in welchem die Verbreitung ihr Ziel findet. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene Vorgangsweise bei der Verbreitung (Lieferung der gedruckten Ausgaben der Bezirksjournale an Vertriebsunternehmen in Wien, von welchen die Exemplare an die jeweiligen Bestimmungsorte transportiert werden und dort von den Angestellten der Vertriebsunternehmen verteilt werden), dahingehend gedeutet hat, dass die Verbreitung der Medienwerke in Wien ihren Anfang nimmt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handelt es sich bei dieser Vorgangsweise nicht um einen rein innerbetrieblichen Vertriebsvorgang. Der Umstand, dass die bis zum jeweiligen Bestimmungsort verschlossenen Pakete erst an diesem Ort geöffnet und die Journale durch Mitarbeiter der Verteilerfirmen an die einzelnen Haushalte verteilt werden, ändert daran nichts, wird doch das Druckwerk bei dieser Vorgangsweise (hier: direkt von der Druckerei, was aber nicht maßgeblich wäre) in Wien einem Verteilungsunternehmen zur Verbreitung übergeben. Wenn in der Beschwerde in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, dass der Inhalt der Bezirksjournale bis zum Zeitpunkt der Öffnung der Zeitungspakete, in welchen sie verschnürt seien, noch niemandem bekannt sei und sich daraus zwingend ergebe, dass die darin enthaltenen Werbeinserate bis zu diesem Zeitpunkt keine Wirkung entfalten könnten, so ist dazu darauf hinzuweisen, dass sich die von der Beschwerdeführerin gewählte Vertriebsform insofern nicht von einem Postversand unterscheidet, da auch dabei bis zur Abgabe an den Empfänger der Inhalt der Zeitung und der damit verbreiteten Anzeigen niemandem bekannt ist. Wenn in der Beschwerde unter Hinweis auf die Begriffsbildung im Mediengesetz ausgeführt wird, dass das Gesetz auf die Verbreitung von "Medienstücken" abstelle, ist für den Standpunkt der Beschwerde nichts gewonnen, da auch die Verbreitung von "Medienstücken" an einem bestimmten Ort ihren Ausgangspunkt hat und auch bei einer Zusammenfassung von Stücken zu Paketen die einzelnen Stücke verbreitet werden. Wenn in der Beschwerde weiters unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1973 betreffend ein Sportplakat die Auffassung vertreten wird, dass eine Verbreitung erst vorliege, wenn die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch einen größeren Personenkreis gegeben sei, so ist dazu darauf zu verweisen, dass die maßgebliche Rechtsfrage im vorliegenden Zusammenhang dahin geht, wo eine Verbreitung (die zweifelsohne im Beschwerdefall gegeben ist) ihren Anfang nimmt. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in eben jenem, von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnis die Auffassung vertreten, dass zwischen dem Ort, von dem aus die Verbreitung erfolgt, und dem Ort, in dem die Verbreitung erfolgt, zu unterscheiden sei. Die Beschwerdeführerin verkennt daher die Aussage dieses Erkenntnisses, wenn sie vermeint, es müsse bereits an dem Ort, von dem aus die Verbreitung erfolgt, die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt der Anzeigen bestehen. Darüber hinaus ist wesentlich, dass es im Erkenntnis vom 28. Juni 1973 um eine Beilage zu einem Druckwerk ging, welche an das die Verbreitung besorgende Unternehmen versendet wurde. Hinsichtlich dieser Versendung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass sie noch nicht die Verbreitung iSd Anzeigenabgabegesetzes darstelle, weil die Beilage erst dem Druckwerk beigelegt wurde und sodann die Verbreitung erfolgte. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt jedoch von dem geschilderten (der Ort der Versendung der Beilage war ein anderer als jener, von dem aus die Verbreitung des Druckwerks mit der Beilage ausging). Zu den Bedenken der Beschwerde, dass eine unterschiedliche Beurteilung, je nachdem ob der Transport und die Verteilung von Medienwerken durch das Unternehmen des Medieninhabers selbst oder durch ein Verteilerunternehmen erfolge, eine ungerechtfertigte Differenzierung ein und desselben Tatbestands darstelle, ist darauf hinzuweisen, dass diese Differenzierung dem vorliegenden Abgabentatbestand inhärent ist und als Korrektiv vom Abgabengesetzgeber die Bruchteilsfestsetzung für den Fall der Erfüllung der Abgabenpflicht auch in anderen hebeberechtigten Gemeinden vorgesehen ist.

Soweit in der Beschwerde aus dem Wortlaut "die Verbreitung besorgenden Medieninhabers (Verlegers)" abzuleiten versucht wird, dass diesem auch "die Verbreitungshandlungen seiner Erfüllungsgehilfen zuzurechnen" seien, ist daraus für die beschwerdeführende Partei deshalb nichts zu gewinnen, weil der hier maßgebliche Abgabentatbestand den Begriff des Erfüllungsgehilfen nicht kennt.

Auch die Ausführungen in der Beschwerde zur Rechtslage nach dem Niederösterreichischen Anzeigenabgabegesetz und zur daraus folgenden Abgabepflicht in K sind nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Frage, ob und in welchen Fällen eine Besteuerung derselben Anzeigen durch verschiedene Gebietskörperschaften erfolgen kann, ist von der Frage, ob im konkreten Fall die Abgabepflicht (hier: gegenüber Wien) besteht, zu unterscheiden. Der Umstand, dass es nur einen Ort der erstmaligen Verbreitung geben kann, ändert nichts daran, dass unter Umständen von verschiedenen Gebietskörperschaften auf unterschiedliche Weise bei der Regelung der Abgabepflicht angeknüpft wird. Inwieweit eine nur bruchteilsmäßige Festsetzung des Abgabenanspruches der Gemeinde K gemäß § 5 Abs. 4 Niederösterreichisches Anzeigenabgabegesetz in Frage gekommen wäre, ist für die Frage der Abgabepflicht nach dem Wiener AnzAbgG nicht relevant (eine solche Relevanz wäre allenfalls im Zusammenhang mit einem Antrag auf Bruchteilsfestsetzung nach dem Wiener AnzAbgG gegeben, welche jedoch hier nicht beschwerdegegenständlich ist).

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal es sich bei der vorliegenden Abgabensache nicht um eine unter Art. 6 EMRK fallende Angelegenheit handelt und daher auch Art. 6 EMRK die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gebietet (vgl. die bei Mayer, B-VG, Kommentar2, unter III.2.a) zu Art. 6 EMRK, S. 542, wiedergegebene Rechtsprechung, sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1997, Zl. 96/07/0246).

Die Beschwerde ist daher nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Mai 2000

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