VwGH 97/16/0329

VwGH97/16/032925.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerden der Compact Immobilien GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Roland Gabl u.a., Rechtsanwälte in Linz, Karl-Wiser-Straße 1, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 15. Mai 1996, Zlen. 156/1-9/Mü-1995 und 175/29/Mü-1995, je betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §1 Abs2 impl;
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §5;
HGB §93;
GrEStG 1955 §1 Abs2 impl;
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §5;
HGB §93;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den (ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen) Beschwerden ergibt sich im Zusammenhalt mit den Verbesserungsschriftsätzen der Beschwerdeführerin sowie den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten und den Begründungen der angefochtenen Bescheide folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin schloß am 25. November 1988 betreffend bestimmte Parzellen der Liegenschaft EZ 72 KG Hartheim und am 28. März 1990 betreffend bestimmte weitere Parzellen der genannten EZ mit dem (damaligen) Grundeigentümer Vereinbarungen mit - auszugsweise - folgenden gleichlautenden Inhalten ab:

"Gemäß dem Teilungsplan werden an den vorg nannten Grundstücken ca. 5 Bauparzellen zur Errichtung Reihenhäusern gebildet. Der Verkäufer beauftragt die Firma Compact Immobilien GesmbH hiermit mit dem Verkauf der Grundstücke nach Maßgabe der folgenden Punkte:

1. Dieser Auftrag gilt als alleiniger Vermittlungsauftrag. Die Frist zum Verkauf des Grundstückes wird mit 6 Monaten festgelegt.

z. Der Kaufpreis der einzelnen Parzellen beträgt S 690,-pro m2 + 3 Prozent Vermittlungsprovision. Dieser Kaufpreis gilt unverändert für die Laufzeit dieses Vermittlungsauftrages.

3. Die an das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen sowie die allenfalls nicht an das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen bzw. von der Gemeinde nicht übernommenen Grundstücksflächen, die jedoch zur Aufschließung der Parzellen und Schaffung der entsprechenden Zufahrten und Zugänge erforderlich sind, werden von den Anrainern abgelöst. Die Flächenermittlung erfolgt durch den beauftragten Geometer.

4. Die Kosten der Vermessung und Grundstücksteilung, eventuelle Bodenproben, die Kosten der Vertragserrichtung, der grundbücherlichen Durchführung, der Teilungsurkunde und der einzelnen Kaufverträge und die im Zusammenhang damit stehenden Nebenarbeiten haben zu Lasten der jeweiligen Käufer oder der Firma Compact Immobilien GesmbH zu gehen. Die Vertragspartner für die Teilungsurkunde und der einzelnen Kaufverträge werden von der Firma Compact Immobilien GesmbH oder von den Käufern ausgewählt.

5. Die Auswahl der Käufer trifft einzig und alleine die Firma Compact Immobilien GesmbH. Es muß sorgfältig darauf geachtet werden, daß der Kunde die nötige Bonität aufweist, um den Grundanteil auch in der dafür vereinbarten Zeit zu bezahlen. Ab dem Zeitpunkt der Unterschrift bei dem Vertragserrichter hat der Käufer mindestens 2 Monate Zahlungsziel für die Erledigung des Grundpreises. Dies ist notwendig, weil die Käufer den Grundanteil auch manchmal mit Hilfe einer Bausparkasse finanzieren.

6. Der Verkäufer leistet dafür Gewähr, daß die Bauparzelle lastenfrei ist bzw. lastenfrei gestellt wird, sodaß die einzelnen Käufer lastenfreies Eigentum erwerben. Allfällige Satzfreistellungskosten trägt der Verkäufer.

7. Die Firma Compact Immobilien GesmbH wird dem Verkäufer für die Abwicklung dieses Auftrages keine Kosten in Rechnung stellen."

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz forderte dafür gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe der in den Verträgen jeweils bedungenen Kaufpreise an.

Die dagegen erhobenen Berufungen wurden von der belangten I Behörde jeweils als unbegründet abgewiesen, wozu sie die Auffassung vertrat, das der Beschwerdeführerin eingeräumte Recht, die Käufer auszuwählen, rechtfertige bereits die Anwendung des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987. Da überdies eine Gegenleistung im Vertrag vereinbart worden sei, habe diese die Steuerbemessungsgrundlage darzustellen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden je wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - wie ihren Mängelbehebungsschriftsätzen in Verbindung mit den ursprünglichen Beschwerden zu entnehmen ist - in ihrem Recht darauf verletzt, daß jeweils ein grunderwerbsteuerfreier Maklervertrag vorliegt und daß als Gegenleistung allenfalls nur die mit 3 % des Kaufpreises festgelegte Provision des Maklers heranzuziehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Eine Berechnung vom Wert des Grundstückes hat u.a. nur stattzufinden, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist (Abs. 2 Z. 1 leg. cit.).

Die Beschwerdeführerin bringt im vorliegenden Fall die von ihr relevierten Beschwerdegründe nur im Wege einer Verweisung auf ihr Vorbringen in den seinerzeitigen Verfassungsgerichtshofbeschwerden zur Darstellung. Daraus ist immerhin zu entnehmen, daß sie - auch im Rahmen der Behauptung einer einfachgesetzlichen Rechtsverletzung - der Meinung ist, sie sei in den Beschwerdefällen nur auf Grund eines widerruflichen Vermittlungsauftrages tätig geworden und habe dabei nicht auf eigene Rechnung gehandelt. Überdies macht die Beschwerdeführerin geltend, daß als Gegenleistung allenfalls nur die ihr zukommende Provision herangezogen werden dürfe.

Keines dieser Argumente trifft zu:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 keineswegs des Vorliegens aller wesentlichen, aus dem Eigentumsrecht sich ergebenden Befugnisse, sondern genügt vielmehr, daß der "andere" das eine oder andere wesentliche s Recht des Eigentümers erhält (vgl. dazu das bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II,

3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987 unter Rz 256 Abs. 3 zu S 1 GrEStG 1987 referierte hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1972, Zlen. 1157, 1179/70),. Im vorliegenden Fall erhielt die Beschwerdeführerin -ungeachtet der in den Vertragstexten auch verwendten Begriffe "Vermittlungsauftrag" bzw. "Vermittlungsprovision" - nach der unmißverständlichen Formulierung des Einleitungssatzes der Vereinbarungen ausdrücklich den Auftrag zum "Verkauf der Grundstücke", und zwar mit der besonderen Ausprägung, daß die Auswahl der Käufer gemäß Punkt 5 der Vereinbarungen einzig und allein der Beschwerdeführerin zukam. In Verbindung damit, daß die Vereinbarungen für eine Laufzeit von sechs Monaten in ihren Punkten 1 überdies als "alleiniger" Vermittlungs(= Verkaufs)auftrag bezeichnet wurde, hat die Beschwerdeführerin damit für die genannte Zeit das exklusive Recht erlangt, die Liegenschaft an ausschließlich von ihr auszusuchende Personen zu verkaufen. Damit hat ihre Aufgabe keineswegs nur darin bestanden, Kaufverträge zwischen allfälligen Interessenten und dem Grundeigentümer zu vermitteln.

Dazu kommt, daß diese Position der Beschwerdeführerin - anders als sie es jetzt darzustellen sucht - auch keineswegs jederzeit widerruflich war. Wie dazu im Rahmen des hg. Erkenntnisses vom 18. März 1982, ZL. 81/16/0068 (unter Berufung auf OGH SZ 48/60; siehe bei Fellner a.a.O. Rz 275) klargestellt

wurde, unterscheidet sich ein Alleinvermittlungsauftrag vom gewöhnlichen Maklervertrag durch das Moment der Unwiderruflichkeit. Da auch der Beschwerdeführerin für die in den Verträgen genannte Laufzeit von je sechs Monaten die ihr übertragene Aufgabe als "alleiniger" Vermittlungs- (richtig: Verkaufs-)auftrag übertragen war, kam ihrer Position somit während der genannten Zeiträume auch das Element der Unwiderruflichkeit zu.

Die Beschwerdeführerin war demnach von der belangten Behörde zu Recht als eine Person anzusehen, der gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG wesentliche Befugnisse des Eigentümers übertragen wurden.

Dazu kommt weiters, daß die Beschwerdeführerin dabei auch das Recht erhielt, die Grundstücke auf eigene Rechnung zu verwerten. Nach der hg. Judikatur verlangt dieses Tatbestandselement des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 keineswegs die Einräumung des Rechtes, die Liegenschaft auf eigene Rechnung bzw. mit Mehrerlös zu verkaufen (vgl. die bei Fellner a.a.O. Rz 268 Abs. 2 und 3 referierten hg. Erkenntnisses vom 19. Oktober 1972, Zl. 655/71 und vom 27. Februar 1995, ZL. 94/16/0136), sondern genügt dafür schon die Einräumung einer Einwirkungsmöglichkeit, die über die eines Bestandnehmers hinausreicht (vgl. dazu das bei Fellner a.a.O. Rz 268 Abs. 4 angeführte hg. Erkenntnis vom 20. September 1984,

Zlen. 83/16/0120, 0129). Im vorliegenden Fall hat nun die Beschwerdeführerin nicht" nur durch die erlangte Befugnis, allein die Käufer auszusuchen, eine solche Einwirkungsmöglichkeit erlangt, sondern in Verbindung damit ein solches Recht auch durch die Kostentragungsregelung gemäß Punkt 4 und 7 der getroffenen Vereinbarungen. Die in Punkt 4 näher umschriebenen - in der Praxis durchaus ins Gewicht fallenden - Kosten hatten nämlich entweder die von der Beschwerdeführerin auszusuchenden Käufer oder die Beschwerdeführerin selbst zu tragen. Es oblag daher ihrem Geschick - und hat sie insoweit jedenfalls auf eigene Rechnung gehandelt - solche Kaufinteressenten zu suchen und nur solche zum Kauf zuzulassen, die auch bereit waren, die entsprechenden Kosten zu übernehmen.

Auf den Verkäufer konnte die Beschwerdeführerin keine Kosten überwälzen.

Somit war der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 voll erfüllt

Zur Frage der Gegenleistung schließlich ist darauf zu verweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof schon mit den (bei Fellner a.a.O. Rz 127 zu § 5 GrEStG referierten) Erkenntnissen vom 21. Oktober 1963, Zlen. 411-413/62 und vom 20. Dezember 1973, Zl. 972/72 klargestellt hat, daß auch bei Personen, die zum Verkauf ermächtigt sind bzw. bei Vermittlern

und Bevollmächtigten die Gegenleistung in dem vom Verkäufer ausbedungenen Mindest- oder Globalverkaufspreis besteht. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die in den Verträgen genannten Quadratmeterpreise als Steuerbemessungsgrundlage herangezogen.

Da sich bereits aus den Beschwerdeinhalten ergab, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die oben angeführte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden. W i e n, am 5. September 1997

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