VwGH 97/16/0067

VwGH97/16/006725.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des RL in W, vertreten durch Dr. Veronika Cortolezis, Rechtsanwältin in Wien I, Neutorgasse 9/10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat IV) vom 2. Oktober 1996, Zl. GA 13 - 1/L-191/1/1/96, betreffend Finanzvergehen, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §10 Abs1;
BewG 1955 §10 Abs2;
FinStrG §19 Abs3;
BewG 1955 §10 Abs1;
BewG 1955 §10 Abs2;
FinStrG §19 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz wurde der Beschwerdeführer nach durchgeführter mündlicher Verhandlung schuldig erkannt, von Sommer 1992 bis 11. März 1994 vorsätzlich 130.400 Stück (= 652 Stangen) Zigaretten verschiedener Marken, welche zugleich Gegenstände des Tabakmonopols waren und hinsichtlich derer zuvor von unbekannt gebliebenen Tätern die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols begangen worden waren, in dieser Kenntnis angekauft und weiterverhandelt zu haben. Er habe dadurch die Finanzvergehen der Abgaben- und Monopolhehlerei gemäß § 37 Abs. 1 lit. a und § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 100.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Tage) sowie ein anteiliger Wertersatz in der Höhe von S 150.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt. Die beschlagnahmten Zigaretten wurden für verfallen erklärt.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Tankwart in W gewesen. Erstmals im Sommer 1992 und dann laufend habe er von einem unbekannt gebliebenen Tschechen zum Stangenpreis von S 180,-- bis S 200,-- entgegen dem österreichischen Einfuhrverbot geschmuggelte Zigaretten und zwar pro Lieferung je 15 bis 20 Stangen gekauft. Ab Spätherbst 1992 habe der Beschwerdeführer zu den gleichen Preisen von einem anderen Tschechen - der frühere habe nach seiner Kenntnis "Schwierigkeiten" bekommen - ebenfalls laufend Zigaretten zu je 12 bis 20 Stangen und ab Herbst 1993 bis zu jeweils 250 Stangen bezogen. Am 11. März 1994 habe er die letzte Lieferung erhalten. Die Gesamtmenge der bis dahin angekauften, entgegen dem Einfuhrverbot nach Österreich geschmuggelten Zigaretten habe insgesamt 652 Stangen betragen. Eine für 23. März 1994 angekündigte Lieferung habe der Beschwerdeführer nicht mehr übernehmen können, weil inzwischen die Behörde eingeschritten sei. Der Beschwerdeführer habe es zumindest für möglich gehalten, daß sämtliche von ihm angekauften und auch von ihm dann weiterverkauften Zigaretten entgegen dem Einfuhrverbot nach Österreich geschmuggelt worden seien. Er habe sich damit abgefunden, "daß er solcherart finanzstrafbehördlich fällig" werde. Entgegen der Verantwortung des Beschwerdeführers stehe fest, daß er zumindest bedingt vorsätzlich darum gewußt habe, daß die Zigaretten entgegen dem monopolrechtlichen Einfuhrverbot nach Österreich geschmuggelt worden seien. Er habe damit seinerseits ein finanzstrafbehördliches Verhalten für möglich gehalten und dennoch so gehandelt. Diese Feststellung gründe sich auf Schlüsse, die aus äußeren Umständen gezogen worden seien. Bei der ersten Einlassung habe der Beschwerdeführer einen diesbezüglichen Einwand - von einem strafbaren Verhalten nichts gewußt zu haben - nicht erhoben. Der Beschwerdeführer sei selbst starker Raucher

(ca. 30 Zigaretten pro Tag) und habe daher um den Bezugspreis der Zigaretten in Trafiken und Automaten gewußt. Er habe damit die große Preisdifferenz zu den ihm angebotenen Zigaretten gekannt. Diese Differenz lasse sich unter Aufschlag von Zoll selbst bei dem geringen ausländischen Preis nicht erklären, weil solcherart jedermann legal die Möglichkeit in Österreich hätte, zum weitaus geringeren Preis Zigaretten zu kaufen als in Trafiken. Der Beschwerdeführer wußte um die großen Mengen, die ihm jeweils geliefert worden seien und habe gesehen, daß er trotz Preisaufschlag begeisterte und mittlerweile rechtskräftig abgeurteilte Abnehmer gefunden habe. Er sei langjährig als Tankwart in einem Grenzort tätig gewesen und habe nach den Aussagen seiner Abnehmer mit diesen kein Gespräch darüber geführt, woher die Zigaretten stammten. Es habe somit keine Unklarheit über deren Herkunft bestanden. Demnach konnte es aber niemandem und auch dem Beschwerdeführer nicht unklar sein, daß geschmuggelte Zigaretten vorlägen. Klar sei vielmehr gewesen - ohne daß es vieler Worte bedurft hätte - daß es sich, um entgegen dem Einfuhrverbot geschmuggelte Zigaretten gehandelt habe. Darüber habe es deshalb keiner wörtlichen Erklärungen mehr zwischen dem Beschwerdeführer und seinen mittlerweile rechtskräftig abgeurteilten Abnehmern bedurft.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bezeichnete der Beschwerdeführer die Schlußfolgerungen der Behörde als "rein spekulativ und im Ergebnis irrig" und bestritt, vorsätzlich gehandelt zu haben. Aus der Aktenlage gehe nicht hervor, daß er vom Schmuggel Kenntnis gehabt habe. Vielmehr habe er sich immer damit verantwortet, daß er nicht gewußt habe, ob die Zigaretten geschmuggelt worden seien, sondern er sei vielmehr davon ausgegangen, "daß alles in Ordnung" gewesen sei. Ein Einfuhrverbot nach Österreich habe der Beschwerdeführer nicht gekannt. Sein Bildungsstand sei "in dieser Richtung nicht gegeben gewesen". Die Schuld sei keinesfalls bewiesen, die subjektive Tatseite sei nicht richtig gewürdigt. Der Schuldspruch basiere auf unrichtigen Vermutungen und auch die Aktenlage gewähre keine hinreichende Begründung für das Vorliegen eines Vorsatzdeliktes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung nach durchgeführter Verhandlung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung heißt es, die Berufungseinwendungen vermögen die schlüssige und unzweifelhafte Beweiswürdigung der Finanzstrafbehörde erster Instanz nicht zu entkräften. Auch für den Berufungssenat stehe fest, daß der fortgesetzte Ankauf von einer jeweils größeren Menge Zigaretten um den Preis von S 9,-- bis S 10,-- pro 20iger-Packung, die von Tschechen vorerst mit einem PKW und später mit einem Kastenwagen angeliefert worden seien, durch den in einem Zollgrenzbezirk zu Tschechien wohnhaften und dort beschäftigten, zu den Tatzeiten über 45-jährigen Mann, der sein eigenes Rauchbedürfnis mit rund 30 Zigaretten täglich decke und im übrigen Kenntnis vom Vertrieb dieser Zigaretten in Österreich ausschließlich in Trafiken oder Gastbetrieben bzw. dort installierten Automaten habe, zwingend sowohl die Kenntnis von der gegen die Einfuhrbestimmungen und ohne Verzollung erfolgten Lieferung der Zigaretten als auch das Wissen um das staatliche Monopol an diesen Rauchwaren beweise, wobei der zum letztgenannten Vorwurf erhobene Einwand des Bildungsstandes des Beschwerdeführers sich den Akten auch nichts ansatzweise entnehmen lasse und ebensowenig in der Berufung in irgendeiner Weise konkretisiert worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, sowie auf fehlerfrei Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens und auf fehlerfreie Festsetzung des anteiligen Wertersatzes, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

In dieser Bestimmung ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung festgelegt. Dieser Grundsatz bedeutet, daß für den Beweis einer Tatsache nicht irgendwelche Beweisregeln, sondern allgemein der "innere Wahrheitsgehalt" der Ergebnisse ausschlaggebend sind. Bei der Feststellung dieses inneren (materiellen) Wahrheitsgehaltes hat die Behörde schlüssig im Sinne der Denkgesetzes vorzugehen.

Es obliegt dem Verwaltungsgerichtshof in den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangte, insbesondere zu prüfen, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaftem Verfahren zustandegekommen sind. Somit wird also vom Verwaltungsgerichtshof geprüft, ob das Ergebnis der von der Behörde durchgeführten Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang steht und die Sachverhaltsannahme der Behörde in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen wurde. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines angefochtenen Bescheides beinhaltet unter anderem die Aufgabe, zu überprüfen, ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Überlegungen der belangten Behörde schlüssig sind (vgl. Fellner, Das Finanzstrafgesetz, Rz. 17 zu § 98).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat in nicht unschlüssiger Weise begründet. Wenn nun der Beschwerdeführer den Vorwurf erhebt, die belangte Behörde habe aktenwidrig angenommen, daß es der Beschwerdeführer zumindest für möglich gehalten habe, daß die Zigaretten entgegen dem bestehenden Einfuhrverbot nach Österreich geschmuggelt worden seien und der Beschwerdeführer sich auch damit abgefunden habe, daß er auf solche Art finanzstrafrechtlich fällig werde, dann wird damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Die belangte Behörde hat vielmehr die Verantwortung des Beschwerdeführers, daß mit den Zigaretten "alles in Ordnung sei" auf Grund der besonderen Umstände des Falles als unglaubwürdig verworfen und hat dies in der Begründung des bereits wiedergegebenen angefochtenen Bescheides sowohl hinsichtlich der Abgaben- als auch der Monopolhehlerei in nicht unschlüssiger Weise dargestellt. Auch in Anbetracht des vom Beschwerdeführer selbst behaupteten - aber nicht näher präzisierten - niedrigen Bildungsstandes - er war Tankwart in einer Tankstelle im Zollgrenzbezirk zu Tschechien - durfte die belangte Behörde bei der geschilderten Art der Geschäftsabwicklung mit den im Verfahren unbekannt gebliebenen Tschechen und dem geringen Preis der aus Tschechien stammenden und in Österreich nur in bestimmten Verschleißstellen erhältlichen Zigaretten zu dem Ergebnis kommen, der Beschwerdeführer habe zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.

Über den Beschwerdeführer wurde eine anteilige Wertersatzstrafe in der Höhe von S 150.000,-- verhängt.

Gemäß § 19 Abs. 3 erster und zweiter Satz FinStrG entspricht die Höhe des Wertersatzes dem gemeinen Wert, den die dem Verfall unterliegenden Gegenstände im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens hatten; ist dieser Zeitpunkt nicht feststellbar, so ist der Zeitpunkt der Aufdeckung des Finanzvergehens maßgebend. Soweit der Wert nicht ermittelt werden kann, ist auf Zahlung eines dem vermutlichen Wert entsprechenden Wertersatzes zu erkennen.

Der gemeine Wert wird nach § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Der gemeine Wert besteht bei eingeführten Waren nicht nur aus dem reinen Sachwert (Importpreis), sondern erhöht sich um die Eingangsabgaben, allfällige sonstige Abgaben, die Transportspesen und die Handelsspanne. Er entspricht somit im wesentlichen dem inländischen Detailverkaufspreis (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/16/0087).

Wenn die belangte Behörde bei der Bemessung des gesamten Wertersatzes vom inländischen Verschleißpreis der Zigaretten ausging und dem Beschwerdeführer davon anteilig Wertersatz auferlegte, dann kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerde rügt in diesem Zusammenhang nur, daß der damalige Kaufpreis der Zigaretten in Tschechien S 70,-- pro Stange betragen habe und die Behörde keine Erhebungen durchgeführt habe, wie hoch der Kaufpreis der Zigaretten in Tschechien tatsächlich gewesen sei. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerde allerdings, daß es bei der Berechnung des Wertersatzes auf den gezahlten Kaufpreis der Zigaretten in Tschechien nicht ankommt, sondern der gemeine Wert der Zigaretten maßgebend ist. Die belangte Behörde trifft daher der Vorwurf des Verfahrensmangels, weil Erhebungen über den Kaufpreis der Zigaretten in Tschechien unterblieben sind, nicht zu Recht. Ein Rechtswidrigkeit wurde damit nicht aufgezeigt. Sonst wurde gegen die Höhe der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen nichts vorgebracht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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