Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 938,52 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 15. April 1993 schloss die Beschwerdeführerin mit MB eine als "Einbringungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung, wonach MB der Beschwerdeführerin "unentgeltlich" eine Liegenschaft in W, bestehend aus Grundstück samt Haus, überlasse. Die tatsächliche Besitzübergabe sei bereits am 1. Jänner 1993 erfolgt und sämtliche Besitz- und Verwaltungsrechte an dieser Liegenschaft seien zu diesem Zeitpunkt an die Beschwerdeführerin übergegangen. Im Lastenblatt des Grundbuches seien verschiedene Pfandrechte einverleibt, wobei von den darin bezeichneten Krediten und Darlehen zum Übergabsstichtag 8 Millionen S aushafteten. Die Beschwerdeführerin trete unter Übernahme der persönlichen Haftung für die weitere Rückzahlung der offenen Forderungen an Stelle von MB in die Kredite und das Darlehen ein und verpflichte sich, MB in Ansehung aller Forderungen aus den Krediten und dem Darlehen schad- und klaglos zu halten. Diese Vereinbarung wurde von MB einerseits als Vertragspartei sowie andererseits als "einzelzeichnungsberechtigtem Verwaltungsrat" und damit Vertreter der Beschwerdeführerin unterzeichnet.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine in Österreich beschränkt steuerpflichtige schweizerische Aktiengesellschaft, für welche im Streitjahr 100 Inhaberaktien je 1.000 sfr das Aktienkapital ausmachten.
Mit der Körperschaftsteuererklärung für 1993 erklärte die Beschwerdeführerin u.a. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der in Streit stehenden Liegenschaft in Höhe von 115.040 S. In der der Abgabenerklärung beigelegten Gewinn- und Verlustrechnung führte sie unter den Werbungskosten einen Betrag von 270.000 S an, welche sie als jährliche Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 1,5 % der mit 18 Millionen S errechneten fiktiven Anschaffungskosten erklärte. Zu den fiktiven Anschaffungskosten gelangte die Beschwerdeführerin, indem sie vom Wert der Liegenschaft in Höhe von 20 Millionen S einen Grundanteil von 2,400.000 S abzog und die Grunderwerbsteuer von 280.000 S und "Notariatskosten und Eintragsgebühren" von 120.000 S hinzurechnete.
Mit Bescheid vom 6. März 1995 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Streitjahr fest, wich von der Erklärung der Beschwerdeführerin ab und errechnete die AfA für das Gebäude in Höhe von 1,85 % (nach einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten bezogen auf eine Restnutzungsdauer von 54 Jahren ab 1993) von einem Betrag der Anschaffungskosten "laut Vertrag" von 8 Millionen S, vermindert um einen Grundanteil "(laut Gutachten)" und vermehrt um Beträge unter dem Titel Grunderwerbsteuer und Notarkosten.
Die Übernahme der Verbindlichkeiten in Höhe von 8 Millionen S "laut Vertrag vom 15.4.1993" stelle eine Gegenleistung dar, weshalb von einem unentgeltlichen Erwerb im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b EStG 1988 nicht gesprochen werden könne.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, dass die Übernahme einer Verbindlichkeit von 8 Millionen S für eine Liegenschaft, deren Schätzwert 24,3 Millionen S betrage, "in wirtschaftlichem Sinn nicht als Gegenleistung einzustufen" sei, welche dem Rechtsgeschäft den Charakter der Unentgeltlichkeit nehme.
Mit Fernkopie vom 2. Juni 1997 ersuchte die belangte Behörde, eine Ablichtung des im "Fragebogen (Juli 1993) zitierten Handelsregisterauszuges" der Beschwerdeführerin zu übermitteln. Weiters solle die "gesellschaftliche Beziehung (Beteiligung, Vorstand, Prokurist etc.)" des MB zur Beschwerdeführerin erläutert werden.
Auf dieses Ersuchen übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit Schreiben vom 3. Juni 1997 einen Handelsregisterauszug vom 3. Juni 1996 und teilte mit, dass MB als Verwaltungsrat ausgeschieden sei und nunmehr UO das Verwaltungsratsmandat innehabe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und setzte die Körperschaftsteuer mit einem höheren Betrag als das Finanzamt fest. Der Beschwerdeführerin stehe keine AfA zu, weil die in Rede stehende Liegenschaft dem MB als dem "wahren wirtschaftlichen Eigentümer" zuzurechnen sei.
Nach Wiedergabe der §§ 22 und 24 Abs. 1 lit. d BAO erläutert die belangte Behörde, dass sie die rechtliche Gestaltung für ungewöhnlich und unangemessen halte, diese einem Fremdvergleich nicht standhalte und sie deren Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung finde. Die Tatsache, dass eine auf etwa 24 Millionen S bewertete Liegenschaft um nur 8 Millionen S veräußert werde, sei einem Fremdvergleich völlig unzugänglich. Der "formale Eigentümerwechsel" sei nur deshalb möglich, weil sowohl der "Verkäufer" MB als auch der "Käufer (=(Beschwerdeführerin), und diese einzig durch (MB) vertreten - einziges Mitglied des Verwaltungsrates -, d.h. es lag einzig in seiner Hand, dieses 'Geschäft' durchzuführen) ident" gewesen seien. Es sei daher offensichtlich, dass die gewählte rechtliche Gestaltung nur auf eine Steuervermeidung bzw. -minderung abgezielt habe:
"a) Ersparnis bei der Grunderwerbsteuer (GrESt):
Die (Beschwerdeführerin) entrichtete 280.000 S an GrESt (= 8.000.000 x 3,5 %)
Der Verkehrswert (Mittel aus Sach- und Ertragswert) beträgt aber nach dem Schätzungsgutachten des ..... rund 24.300.000 S.
b) Absetzung für Abnutzung (AfA):
Als AfA-Basis setzte die (Beschwerdeführerin) 18.000.000 S an (= Gebäudewertanteil + Nebenspesen), da sie die gegenständliche Gestaltung als zur Gänze unentgeltlichen Vorgang bewertete."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 22 BAO kann die Abgabepflicht durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes nicht umgangen oder gemindert werden. Liegt ein Missbrauch vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 22 BAO ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes so einzusetzen, dass er die geringste Steuerbelastung erzielt. Das gilt auch dann, wenn er bestimmte rechtliche Wege ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis einschlägt. Zum Missbrauch bedarf es einer rechtlichen Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht findet, Steuer zu vermeiden. Es ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn der abgabenersparende Effekt weggedacht wird, oder ob er ohne das Ergebnis der Steuerminderung unverständlich wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. August 2002, 98/14/0194, m.w.N.).
Die belangte Behörde hält das in Rede stehende Rechtsgeschäft deshalb für ungewöhnlich und unangemessen, weil die Veräußerung einer mit 24 Millionen S bewerteten Liegenschaft um nur 8 Millionen S einem Fremdvergleich völlig unzugänglich sei.
Abgesehen davon, dass die belangte Behörde dabei die Missbrauchsbestimmung des § 22 BAO mit der im Rahmen der Beweiswürdigung maßgebenden Fremdvergleichsbetrachtung vermengt, hat sie keinerlei Feststellungen getroffen, inwieweit MB als mit der Beschwerdeführerin einen Vertrag schließende Partei an der Beschwerdeführerin (etwa als bestimmender Mehrheitsaktionär oder überhaupt) beteiligt gewesen sei. Zwar mag die Bezeichnung der Vereinbarung als Einbringungsvertrag eine - in der Beschwerde im Übrigen verneinte - Beteiligung des MB (und eine Einbringung von Vermögensteilen des Gesellschafters in seine Gesellschaft) nahe legen, doch kann dies die vermissten Feststellungen der belangten Behörde nicht ersetzen. Der bloße Wertunterschied zwischen dem Grundstück und der Gegenleistung allein vermag den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes noch nicht zu belegen.
Die belangte Behörde begründet ihre Annahme, die Absicht der Vertragsparteien sei ausschließlich auf Steuervermeidung gerichtet gewesen, damit, dass die Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage von 8 Millionen S entrichtet habe. Der Verkehrswert habe jedoch 24,3 Millionen S betragen. Ausgehend vom Ergebnis der Überlegungen der belangten Behörde, dass die in Rede stehende Liegenschaft dem MB zuzurechnen sei, was bedeutet, dass das abgeschlossene Rechtsgeschäft weggedacht werden müsste, läge jedoch keine Steuervermeidung vor, fiele diesfalls doch mangels eines Erwerbsvorganges keine Grunderwerbsteuer an. Die von der belangten Behörde gesehene Steuerersparnis durch die von der Beschwerdeführerin eingeschlagene Vorgangsweise steht der vom Finanzamt gesehenen Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gegenüber und würde somit voraussetzen, dass das Rechtsgeschäft und dessen Folgen dem Grunde nach anzuerkennen sei. Gerade das hat die belangte Behörde jedoch verneint.
Als Grundlage für die Absetzung für Abnutzung habe die Beschwerdeführerin einen Gebäudewertanteil samt Nebenspesen von 18 Millionen S angesetzt, weil sie die "gegenständliche Gestaltung als zur Gänze unentgeltlichen Vorgang bewertete". Die belangte Behörde vermeint offensichtlich, dass der Beschwerdeführerin nicht die AfA von einer geringeren Bemessungsgrundlage - wie vom Finanzamt gesehen - zukäme, sondern in Zurechnung der Liegenschaft an MB überhaupt keine Absetzung für Abnutzung. Diese AfA betrifft jedoch die mit der in Rede stehenden Vereinbarung zivilrechtlich übertragene Liegenschaft, ein Wirtschaftsgut, aus welchem die Beschwerdeführerin jedoch - von der belangten Behörde unbeanstandet - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hatte. Eine Erklärung dafür, warum die belangte Behörde zwar das Wirtschaftsgut nicht der Beschwerdeführerin, sondern dem MB zurechnete, die aus der Vermietung und Verpachtung dieses Wirtschaftsgutes erfließenden Einkünfte jedoch der Beschwerdeführerin zurechnete, blieb sie schuldig.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft Stempelgebühren für eine Beilage, welche über die Gebühr für die erforderliche Beilage des angefochtenen Bescheides in einfacher Ausfertigung (§ 28 Abs. 5 VwGG) hinausgehen. Gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000 war der Betrag der ersetzten Stempelgebühren in Euro auszudrücken.
Wien, am 30. April 2003
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