VwGH 97/12/0180

VwGH97/12/018023.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Mag. W in Z, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 6. März 1997, Zl. 192.424/5-III/16/96, betreffend Einrechnung von Nebenleistungen in die Lehrverpflichtung (§ 9 Abs. 2 lit. d BLVG), zu Recht erkannt:

Normen

BLVG 1965 §9 Abs2 litd;
BLVG 1965 §9 Abs2;
BLVG 1965 §9 Abs2b idF 1994/016;
BLVG 1965 §9 Abs2 litd;
BLVG 1965 §9 Abs2;
BLVG 1965 §9 Abs2b idF 1994/016;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 927,62 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe X (im Folgenden: HLWB). Der Beschwerdeführer war seit dem Schuljahr 1993/1994 zur Unterstützung des Schulleiters als Administrator an dieser aus zehn Klassen bestehenden Schule bestellt. Der Schulleiter der HLBW ist gleichzeitig auch Schulleiter der im selben Gebäude befindlichen, aus sechs Klassen bestehenden Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Y (im Folgenden: BA).

Mit Schreiben vom 10. Oktober 1996 stellte der Beschwerdeführer beim Landesschulrat für Oberösterreich (im Folgenden: LSR) den Antrag auf Einrechnung seiner administrativen Tätigkeit für die BA in die Lehrverpflichtung. Begründend führte er aus, er erhalte für seine Tätigkeit als Administrator an der HLBW die für die Klassenzahl dieser Schule vorgesehene Einrechnung in die Lehrverpflichtung im Ausmaß von 5 Wochenstunden der Lehrverpflichtungsgruppe III. Da er jedoch aus der gegebenen Schulsituation heraus auch administrative Aufgaben der BA wahrzunehmen habe, finde er mit obiger Einrechnung für diese Tätigkeit in keiner Weise das zeitliche Auslangen, weshalb er um "Einrechnung der Klassen" der BA in entsprechender Wochenstundenzahl ersuche.

Nominell handle es sich zwar um zwei verschiedene Schulen, was aus den verschiedenen Schulnummern hervorgehe. In Wirklichkeit befänden sich beide Schulen räumlich in einem Schulgebäude und organisatorisch unter einer Schulleitung, sodass nicht von zwei verschiedenen, voneinander unabhängigen Schulen gesprochen werden könne. Eine Reihe von Lehrern werde an beiden Schulen aus Gründen der Auffüllung der Lehrverpflichtung verwendet, sämtliche Lehrmittelsammlungen werden von beiden Schultypen verwendet, die betreuenden Kustoden erhielten die Abgeltung nicht für jede Schule gesondert, sondern nur einmal, und die vorhandenen, näher genannten Sonderunterrichtsräume würden von beiden Schulen frequentiert .

Im Rahmen seiner administrativen Tätigkeit sei er gezwungen, bestimmte Planungsarbeiten für beide Schulen durchzuführen:

Sämtliche Planungen zu Beginn des Schuljahres müssten, um ein reibungsloses Funktionieren der Schulorganisation gewährleisten zu können, für beide Schultypen im gleichen Arbeitsgang durchgeführt werden (Erstellung der Klassen- und Lehrstundenpläne sowie der Raumbelegungspläne für die Sonderunterrichtsräume). Im Laufe des Schuljahres müssten Planungsarbeiten für schultypenübergreifende Schulveranstaltungen wie Wandertage, Theaterbesuche, Projekttage, Schulfest ebenfalls integriert durchgeführt werden. Infolge der personellen Verschränkung sei es unmöglich, die laufende Supplier-Planung für Lehrerabsenzen getrennt nach Schulen durchzuführen. Wesentliche und vor allem sehr zeitaufwändige Bereiche der administrativen Tätigkeit müssten von ihm für 16 Klassen durchgeführt werden, es erfolge aber eine Einrechnung für die Lehrverpflichtung lediglich für die 10 Klassen der HLBW. Auch der Bibliothekar der gemeinsamen Schulbibliothek erhalte eine Einrechung in die Lehrverpflichtung, wobei die kumulierte Schülerzahl beider Schulen herangezogen werde. Die Administratoren von humanberuflichen Schulen und kaufmännischen Schulen, die im gleichen Schulgebäude untergebracht seien, erhielten die Einrechnung der administrativen Tätigkeit in die Lehrverpflichtung kumulativ der Klassenzahl beider Schulen entsprechend.

Mit Bescheid vom 4. November 1996 sprach der LSR aus, dass eine Einrechnung der administrativen Tätigkeit des Beschwerdeführers für die Klassen der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Y in seine Lehrverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2b des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes (BLVG) nicht erfolgen könne. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Beschwerdeführer sei im Rahmen der administrativen Tätigkeit aus der Natur der jeweiligen Sache heraus gezwungen, Planungsarbeiten für beide Schulen durchzuführen. Wie er selbst angeführt habe, handle es sich bei den beiden Schulen um zwei selbstständige Unterrichtsanstalten. Diese würden zwar von ein und derselben Person geleitet, die jedoch sowohl mit der Leitung der HLBW als auch mit der Leitung der BA betraut worden sei. Daran, dass es sich bei den beiden Schulen um zwei selbstständige Unterrichtsanstalten handle, ändere auch die Tatsache nichts, dass sich beide Schulen räumlich in einem Gebäude befänden. Da für die BA gemäß § 9 Abs. 2b BLVG kein Administrator vorgesehen sei, könne dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer unter teilweiser Wiederholung der in seinem Antrag angeführten Argumente vor, § 9 Abs. 2b BLVG sei in der Absicht geschaffen worden, Schulen unter 8 Klassen, also relativ kleinen Schulen, keine Administration zur Unterstützung des Schulleiters zu gewähren. Dies treffe aber auf den gegebenen Schulstandort nicht zu, weil an diesem eine organisatorische Einheit der beiden Schulen bestünde. Dies gehe auch aus der Tatsache hervor, dass für die beiden Schulen ein gemeinsames Sekretariat eingerichtet sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. März 1997 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 9 Abs. 2 lit. d und Abs. 2b BLVG ab und führte begründend aus, die HLBW werde als Lehranstalt mit 10 Klassen und die BA als solche mit 6 Klassen geführt. Wie der Beschwerdeführer selbst in seinem Antrag vom 10. Oktober 1996 eingeräumt habe, handle es sich bei diesen Schulen um zwei selbstständige Lehranstalten. Nach § 9 Abs. 2b BLVG sei die Bestellung eines Lehrers zur Unterstützung des Schulleiters an einer höheren oder selbstständig geführten mittleren Schule nur zulässig, wenn diese Schule mindestens 8 Klassen aufweise und weder ein Direktorstellvertreter noch ein Abteilungsvertreter vorgesehen sei. Die Unterstützung des Schulleiters könne somit nur schulbezogen verstanden werden. Daher seien die 10 Klassen der HLBW von den 6 Klassen der BA gesondert zu sehen. Jede dieser Schulen bilde einen selbstständigen Zuordnungstatbestand nach dem BLVG. Die vom Beschwerdeführer behauptete Zusammenrechnung der Klassenzahlen beider Schulen könne auf keine gesetzliche Bestimmung zurückgeführt werden, bestimme doch § 9 Abs. 2 lit. d BLVG ausdrücklich, dass die Tätigkeit der verwaltungsmäßigen Unterstützung des Direktors als eine halbe Wochenstunde der Lehrverpflichtungsgruppe III je Klasse der Schule in das Ausmaß der Lehrverpflichtung einzurechnen sei (Unterstreichungen im Original).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Einrechnung einer Nebenleistung als Administrator in seine Lehrverpflichtung im gesetzlichen Ausmaß des § 9 Abs. 2 lit d BLVG iVm § 9 Abs. 2b BLVG verletzt. Als Rechtswidrigkeit des Inhalts bringt er vor, es liege auf der Hand, dass der Gesetzgeber bei einer Konstellation der hier gegebenen Art nur die Einzahlform "Schule" verwendet habe, weil das dem typischen Anwendungsfall entspreche - es gebe zwar durchaus eine beträchtliche Anzahl ähnlicher Schulkombinationen, dennoch überwögen bei weitem die Einzelschulen.

Bei gleichartigen Schulkombinationen, bei welchen jede der Schulen mehr als 8 Klassen aufweise, werde bei der Einrechnung der Tätigkeit des Administrators die Summe der Klassenzahlen beider Schulen zu Grunde gelegt. In diesem Fall werde die administrative Tätigkeit bezüglich jeder Klasse gleichmäßig berücksichtigt, in seinem Fall werde ihm das für einen Teil der Klassen versagt. Bei einer Klassenzahl von je 8 Klassen für jede der beiden Schulen würde die Gesamtsumme zu Grunde gelegt werden, obgleich diese ebenfalls 16 Klassen betragen würde und arbeitsmäßig überhaupt keine Auswirkung hätte. Das von der belangten Behörde vertretene Ergebnis sei daher "evident" verfassungswidrig.

Der Administrator habe einen vorgegebenen Aufgabenrahmen, der hier für beide Schulen zum Tragen komme. Der behördliche Standpunkt laufe darauf hinaus, dass ihm ein Teil seiner Leistungen nicht abgegolten werden solle. Dass hier nominell zwei Schulen vorlägen, trete im Hinblick darauf in den Hintergrund, dass die Tätigkeit des Administrators eine administrativorganisatorische sei und dass genau nach diesen Kriterien eine zusammengehörige Einrichtung bestehe. Dieser organisatorischen Betrachtungsweise komme die primäre Bedeutung zu, weil durch sie ein sinnvolles und verfassungskonformes Ergebnis erzielt werden könne. Der Gesetzeswortlaut stehe dem "nicht entscheidend" entgegen. Es gehe nicht darum, dass ein Administrator für eine Schule mit weniger als 6 Klassen bestellt oder verwendet werde, sondern es sei der Begriff der Schule hier organisatorischadministrativ aufzufassen und auch diesbezüglich von einer Einheit auszugehen.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer als Begründungsmangel geltend, die belangte Behörde bestreite sein Vorbringen über die organisatorische Einheit beider Schulen nicht, habe aber diesbezüglich keine Feststellungen getroffen. Bei entsprechenden Erhebungen wäre sein Vorbringen inhaltlich als richtig bestätigt worden.

§ 9 Abs. 2 lit d und Abs. 2b des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes (BLVG), BGBl. Nr. 244/1965 (dessen Abs. 2 lit. d in der Stammfassung und dessen Abs. 2b in der Fassung BGBl. 16/1994) lautet:

"Einrechnung von Nebenleistungen

§ 9. (1) ...

(2) Die Verwaltung einer organisationsmäßig vorgesehenen und tatsächlich bestehenden Lehrmittelsammlung (Kustodiat) sowie folgende von einem Lehrer auftragsgemäß erbrachte Nebenleistungen werden im nachstehenden Ausmaß in die Lehrverpflichtung eingerechnet:

...

d) als eine halbe Wochenstunde der Lehrverpflichtungsgruppe

III je Klasse der Schule die Tätigkeit des Lehrers, der mit der verwaltungsmäßigen Unterstützung des Direktors betraut ist;

...

(2b) Eine Bestellung zur Unterstützung des Schulleiters (Abs. 2 lit. d) ist nur an höheren oder selbstständig geführten mittleren Schulen zulässig, die mindestens acht Klassen aufweisen und an denen weder Direktor-Stellvertreter noch Abteilungsvorstände vorgesehen sind. Eine solche Bestellung ist weiters zulässig an Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik und für Sozialpädagogik, wenn diese Anstalten mindestens acht Klassen aufweisen. Die Bestellung mehrerer Lehrer an einer Schule ist unzulässig. Gruppen im Rahmen des Betreuungsteiles ganztägiger Schulformen und vergleichbarer Betreuungsteile sind bei der Ermittlung der Zahl der Klassen gemäß Satz 1 und Abs. 2 lit. d nicht zu berücksichtigen."

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer, dessen Dienststelle ausschließlich die HLWB ist, mit Beginn des Schuljahres 1993/1994 mit den Aufgaben eines Administrators zur Unterstützung des Schulleiters dieser Schule betraut wurde. Diese Bestellung war auch, weil diese Lehranstalt 10 Klassen (also mehr als die in § 9 Abs. 2b BLVG genannte Mindestzahl von 8 Klassen) aufwies, zulässig.

Die im selben Gebäude befindliche (und in Personalunion geführte) BA hatte im fraglichen Zeitraum nur 6 Klassen und erfüllte daher nicht die Voraussetzung zur Bestellung eines Lehrers zur verwaltungsmäßigen Unterstützung des Schulleiters dieser Schule.

§ 9 Abs. 2b BLVG, der ausdrücklich auf § 9 Abs. 2 lit. d BLVG verweist, sieht die Bestellung eines Lehrers zur verwaltungsmäßigen Unterstützung des Schulleiters an bestimmten Schulen unter bestimmten Voraussetzungen, u.a. einer bestimmten Mindestklassenanzahl, vor. Dies offensichtlich vor dem Hintergrund, dass bei einer geringeren Anzahl als acht Klassen eine verwaltungsmäßige Entlastung als nicht erforderlich angesehen wird.

Der Beschwerdeführer, dessen Dienststelle nur die HLBW ist, ist - wie bereits ausgeführt - zur verwaltungsmäßigen Unterstützung des Schulleiters dieser Schule bestellt. Hingegen sind die Administrationserfordernisse der BA (mangels Erfüllung der Voraussetzungen zur Bestellung eines Administrators) grundsätzlich von deren Schulleiter selbst wahrzunehmen; Maßnahmen, die aus Sachzwängen oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit bei der gegebenen organisatorischen Verflechtung nur für beide Schulen gemeinsam getroffen werden können, sind im Zusammenwirken mit dem Administrator der HLBW vorzunehmen.

Der Beschwerdeführer vermeint nun, auf Grund der organisatorischen Einheit müsse er "zwangsläufig" für beide Schulen administrative Tätigkeiten verrichten. Er sei "de facto" voll und ganz als Administrator für beide Schulen tätig.

Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, ob der Beschwerdeführer (auch) mit der Wahrnehmung der verwaltungsmäßigen Agenden der BA "betraut" wurde. Derartige Feststellungen sind aber aus folgenden Gründen von Bedeutung:

Eine Einrechung von Nebenleistungen findet gemäß § 9 Abs. 2 BLVG statt, wenn diese von einem Lehrer auftragsgemäß erbracht werden, wobei in lit. d als einrechenbare Tätigkeit jene eines zur verwaltungsmäßigen Unterstützung des Direktors betrauten Lehrers genannt ist.

Wäre nun davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer vom Direktor der HLBW mit der Wahrnehmung der verwaltungsmäßigen Agenden der BA betraut worden ist (zur Erteilung einer derartigen Weisung wäre er - wenn er sie als Leiter der HLBW gegeben hat - zuständig; ungeachtet ihrer inhaltlichen Rechtswidrigkeit wäre sie auch wirksam), wäre der Anspruch des Beschwerdeführers zu bejahen. Läge hingegen ein derartiger Betrauungsakt nicht vor, bestünde ein Anspruch des Beschwerdeführers nach § 9 Abs. 2 BLVG nicht zu Recht.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage dahingehende Erhebungen und Feststellungen unterlassen hat, belastete sie ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Barauslagen waren in dem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwand von S 270,-- (angefochtener Bescheid einfach, Beschwerde zweifach) mit dem Betrag von EUR 19,62 zuzusprechen und das darüber hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen.

Wien, am 23. Oktober 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte