Normen
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art5 Abs1;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6 Abs1;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6 Abs2;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6 Abs3;
VwRallg;
WehrG 1990 §17 Abs1;
WehrG 1990 §35 Abs1;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art5 Abs1;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6 Abs1;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6 Abs2;
Übk Mehrfache Staatsangehörigkeit Verminderung Militärdienstpflicht Art6 Abs3;
VwRallg;
WehrG 1990 §17 Abs1;
WehrG 1990 §35 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit hg. Erkenntnis vom 6. August 1996, Zl. 94/11/0164, wurde ein an den (am 2. November 1966 in Italien geborenen und - nach seiner Stellung in Italien - im Jahr 1992 in Österreich für tauglich befundenen) Beschwerdeführer, der die italienische und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, ergangener Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Grund dafür war das Fehlen einer Begründung in der (damals) zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittigen Frage des Bestehens eines ordentlichen Wohnsitzes des Beschwerdeführers in Österreich. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer neuerlich gemäß § 35 Abs. 1 Wehrgesetz 1990 zum Grundwehrdienst einberufen.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging neuerlich davon aus, der Beschwerdeführer habe in Österreich seinen ordentlichen Wohnsitz (im Sinne des Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit, BGBl. Nr. 471/1975- im folgenden: Übereinkommen). Sie begründete diese Annahme wie folgt: Der Beschwerdeführer sei seit dem Jahr 1992 mit Hauptwohnsitz in Dornbirn gemeldet. Er wohne dort mit seiner Ehegattin seit der Eheschließung am 31. Mai 1996 und sei auch in einem näher genannten Unternehmen in Dornbirn beschäftigt. Er sei im aufrechten Besitz einer von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn im Jahr 1992 erteilten Lenkerberechtigung und einer ihm von dieser Behörde im Jahr 1995 erteilten Zulassung eines Pkw's zur Verkehr. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich befinde. Demgegenüber ließen die von ihm angeführten Anhaltspunkte (Besitz einer Eigentumswohnung in Italien, polizeiliche Meldung auch in Italien, Italienisch als "erste Sprache") nicht darauf schließen, daß das Zentrum seiner Lebensinteressen in Italien liege.
Der Beschwerdeführer bemängelt das Fehlen von Feststellungen darüber, daß seine Ehegattin nicht aus Österreich stamme, sowie darüber, seit wann die aufgezählten Anknüpfungspunkte vorlägen. Insbesondere sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, welchen Stichtag die belangte Behörde für die Begründung des inländischen Wohnsitzes für maßgeblich halte. Außer Streit stehe, daß der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und damit sein ordentlicher Wohnsitz bis zu seiner Promotion im Jahr 1992 in Italien gelegen gewesen sei. Rechtlich sei entscheidend, daß sein ordentlicher Wohnsitz bei Erreichen des wehrfähigen Alters bzw. der Volljährigkeit in Italien gelegen gewesen sei, wo er sich ordnungsgemäß den Militärbehörden gestellt habe. Mit dieser Entscheidung für einen der beiden Staaten, deren Staatsbürgerschaft er besitze, habe er ein für allemal die Wahl des zuständigen Landes für die Ableistung des Militärdienstes getroffen, was sich schon aus Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens ergebe. Aus der in Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens vorgesehenen Wahlmöglichkeit für militärdienstpflichtige Doppelstaatsbürger bis zum Alter von 19 Jahren sei abzuleiten, daß für deren Militärdienstpflicht der ordentliche Wohnsitz im Zeitpunkt der Erreichung des 19. Lebensjahres maßgeblich sei. Beide Bestimmungen führten somit zu dem Ergebnis, daß er in Italien und nicht in Österreich militärpflichtig sei. Für diese Auslegung sprächen insbesondere auch Gründe der Rechtssicherheit. Sie ergebe sich auch aus Art. 6 Abs. 3 des Übereinkommens.
Dieses Vorbringen läßt nichts erkennen, was gegen die Richtigkeit der Annahme des Bestehens des ordentlichen Wohnsitzes des Beschwerdeführers in Österreich spräche. Dies gilt insbesondere auch für den Vorwurf des Fehlens einer Feststellung über die Herkunft seiner Ehegattin (nach der Aktenlage stammt sie aus Deutschland). Es ist mangels näherer Ausführungen nicht ersichtlich, inwiefern dieser Umstand für die Frage nach dem nunmehrigen Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers von Bedeutung sein könnte. Mit dem vorstehend wiedergegebenen (erstmals in der Beschwerde vorgetragenen) Vorbringen hält der Beschwerdeführer der Sache nach den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde von der unzutreffenden Rechtsansicht ausgegangen sei, es komme im gegebenen Zusammenhang auf den ordentlichen Wohnsitz bei Erlassung des Einberufungsbefehles an. Entscheidend sei vielmehr der ordentliche Wohnsitz bei Eintritt der Volljährigkeit bzw. Erreichen des wehrpflichtigen Alters und der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer damals den Militärbehörden in Italien gestellt habe, wo er unbestritten auch seinen ordentlichen Wohnsitz gehabt habe, wodurch ein für allemal die Zuständigkeit dieses Staates für die Ableistung der Militärdienstpflicht festgelegt worden sei.
Bei der Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage ist von folgenden Bestimmungen des Übereinkommens auszugehen: Nach seinem Art. 5 Abs. 1 braucht, wer die Staatsangehörigkeit von zwei oder mehreren Vertragsparteien besitzt, seine Militärdienstpflicht nur gegenüber einer dieser Vertragsparteien zu erfüllen. Nach Art. 6 Abs. 1 ist der Betreffende gegenüber derjenigen Vertragspartei zur Leistung des Militärdienstes verpflichtet, in deren Hoheitsgebiet er seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Es steht ihm jedoch bis zum Alter von 19 Jahren frei, seine Militärdienstpflicht bei jeder anderen Vertragspartei zu erfüllen, deren Staatsangehörigkeit er ebenfalls besitzt, indem er als Freiwilliger einen Militärdienst von mindestens der gleichen tatsächlichen Gesamtdauer ableistet, wie sie für den aktiven Militärdienst der erstgenannten Vertragspartei vorgesehen ist. Art. 6 Abs. 2 sieht eine Wahlmöglichkeit für Doppel- oder Mehrfachstaatsbürger mit ordentlichem Wohnsitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, deren Staatsbürgerschaft sie nicht besitzen, oder im Hoheitsgebiet eines Nichtvertragsstaates vor. Gemäß Art. 6 Abs. 3 gilt, wenn eine Person nach Maßgabe des Abs. 1 oder 2 ihre Militärdienstpflicht gegenüber einer Vertragspartei in Einklang mit deren Rechtsvorschriften erfüllt hat, ihre Militärdienstpflicht auch gegenüber der oder den Vertragsparteien als erfüllt, deren Staatsangehörigkeit sie ebenfalls besitzt.
Diese Bestimmungen bieten keine taugliche Grundlage für die vom Bfr vertretene Rechtsansicht. Entgegen seiner Behauptung erschöpft sich Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens in der Normierung des Grundsatzes, daß Staatsbürger zweier oder mehrerer Vertragsparteien ihre Militärdienstpflicht nur gegenüber einem Staat zu erfüllen brauchen. In Übereinstimmung damit stellt Art. 6 Abs. 3 klar, daß mit der Erfüllung der Militärdienstpflicht gegenüber einem Vertragsstaat die Militärdienstpflicht des Betreffenden in Ansehung eines anderen Vertragsstaates, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt, als erfüllt gilt. (Bemerkt sei, daß zufolge der Erklärung der Republik Österreich zu Art. 5 und 6 des Übereinkommens unter "Militärdienstpflicht" nur die Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes zu verstehen ist; sonstige militärische Pflichten fallen nicht darunter.) Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens enthält entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Anordnung dahin, daß mit der Stellung des Betreffenden bei den Militärbehörden des Staates des ordentlichen Wohnsitzes nach Erreichen des Militärdienstalters bzw. der Volljährigkeit ein für allemal festgelegt sei, daß der Militärdienst in diesem Staat zu leisten sei. Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens sieht als einzige Ausnahme vom Grundsatz der Maßgeblichkeit des ordentlichen Wohnsitzes für die Erfüllung der Militärdienstpflicht eine Wahlmöglichkeit für Militärdienstpflichtige bis zum Alter von 19 Jahren vor. Nur der - hier allerdings nicht anzuwendende - Art. 6 Abs. 2 des Übereinkommens räumt Militärdienstpflichtigen über diese Altersgrenze hinaus eine Wahlmöglichkeit ein. Weshalb sich das vom Beschwerdeführer vertretene Interpretationsergebnis auch aus Art. 6 Abs. 3 des Übereinkommens ergebe, wird in der Beschwerde nicht näher dargetan und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich somit das von ihm vertretene Auslegungsergebnis weder aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens noch aus ihrem
Zusammenhang. Vielmehr ist nach dem klaren Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 erster Satz des Übereinkommens - von dem hier nicht gegebenen Fall des Bestehens einer Wahlmöglichkeit abgesehen (Art. 6 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2) - für die Militärdienstpflicht von Doppelstaatsbürgern ihr (aktueller) ordentlicher Wohnsitz maßgebend.
Da das Übereinkommen einen Stichtag, nach dem sich ein für allemal bestimme, in welchem Vertragsstaat ein Doppelstaatsbürger den Militärdienst zu leisten habe, nicht vorsieht, gehen die darauf Bezug habenden Verfahrensrügen ins Leere.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 1998
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