VwGH 97/09/0120

VwGH97/09/012026.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des M B in W, vertreten durch Dr. Doris Hohler-Rössel, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, Grazer Straße 90, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 18. März 1997, Zl. LGS NÖ/ABV/13115/678 819/1997, betreffend Versagung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80;
AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1990/450 ;
AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1992/475;
AuslBG §3 idF 1990/450 ;
AuslBG §3;
VwRallg;
ARB1/80;
AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1990/450 ;
AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1992/475;
AuslBG §3 idF 1990/450 ;
AuslBG §3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. März 1997 wurde der am 30. September 1996 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aus, während der achtjährigen Rahmenfrist sei der Beschwerdeführer insgesamt 978 Tage im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG erlaubt beschäftigt gewesen; diese anrechenbaren Beschäftigungszeiten habe der Beschwerdeführer laut Auszug aus der zentralen Datenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger in der Zeit von 13. April 1991 bis 26. August 1992 bei der B Gesellschaft mbH sowie von 7. Dezember 1992 bis 15. September 1993 und von 10. Jänner 1994 bis 21. Februar 1994 bei der G Handelsgesellschaft mbH zurückgelegt. Dieses Ergebnis der Beweisaufnahme (Prüfung der Beschäftigungsbewilligungen und Versicherungszeiten) sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Jänner 1997 zur Kenntnis gebracht worden. Der Beschwerdeführer habe jedoch weder innerhalb der gesetzten Frist noch "bis dato" dazu eine Stellungnahme abgegeben. Da der Beschwerdeführer nur 978 Tage bewilligt beschäftigt gewesen sei und das Erfordernis einer Beschäftigungsdauer von 5 Jahren (1.827 Tagen) nicht erreicht habe, seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines nach dem AuslBG verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 475/1992) ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0107, vom 1. Juli 1993, Zl. 92/09/0296, und vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0187) dargelegt hat, kann nur eine behördlich genehmigte Beschäftigung die Grundlage für die Erteilung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG sein.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, daß im für die Ausstellung des Befreiungsscheines maßgebenden achtjährigen Zeitraum Beschäftigungszeiten von insgesamt 978 Tagen anrechenbar seien. Dieser den angefochtenen Bescheid tragende Sachverhaltsannahme hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nichts entgegengesetzt. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Jänner 1997 das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben und darin konkret aufgeschlüsselt, welche Beschäftigungszeiten im Verfahren auf Ausstellung des Befreiungsscheines als anrechenbar festgestellt worden seien. Zu diesem Ermittlungsergebnis hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.

Insoweit der Beschwerdeführer erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Richtigkeit und Vollständigkeit der von der belangten Behörde als anrechenbar festgestellten Beschäftigungszeiten bestreitet, ist zu erwidern, daß das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht dazu dient, Versäumnisse, die den Parteien im Verwaltungsverfahren unterlaufen sind, nachzuholen. Der Beschwerdeführer hat von der ihm im Berufungsverfahren gebotenen Gelegenheit, eine Berichtigung und Überprüfung des bekanntgegebenen Ermittlungsergebnisses der belangten Behörde herbeizuführen und weitere anrechenbare Beschäftigungszeiten nachzuweisen, keinen Gebrauch gemacht. Die erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachte Bestreitung der festgestellten Beschäftigungszeiten könnte der Beschwerde nur dann zum Erfolg verhelfen, wenn gleichzeitig mit berechtigter Verfahrensrüge dargetan würde, daß die belangte Behörde den im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt in einem mit wesentlichen Mängeln behafteten Verfahren festgestellt habe. Ein wesentlicher Verfahrensmangel, insbesondere dahingehend, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gehindert gewesen sei, das nunmehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattete Vorbringen geltend zu machen, wird jedoch in der Beschwerde nicht begründet dargetan, erweist sich doch der einzige gegen das Verfahren gerichtete Vorwurf, die belangte Behörde hätte "eine entsprechende Abfrage bei der Gebietskrankenkasse tätigen müssen", nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten als unrichtig (die Behörde hat die monierte Abfrage nämlich ohnedies eingeholt). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher auf die in der Beschwerde vorgetragene Bestreitung der festgestellten Beschäftigungszeiten nicht einzugehen und den angefochtenen Bescheid zufolge § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen (vgl. hiezu auch etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. März 1996, Zl. 94/04/0225, vom 7. Mai 1997, Zl. 94/09/0126, und vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0173).

Insoweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe bei Anwendung der Bestimmung des § 2 Abs. 2 AusBG seine Tätigkeit als Gesellschafter der M B Gesellschaft mbH unbeachtet gelassen, ist zu erwidern, daß mit diesem Hinweis auf eine allenfalls im Sinn des § 2 Abs. 4 AuslBG bewilligungspflichtig gewesene Tätigkeit als Gesellschafter allein nicht eine anrechenbare Beschäftigungszeit im Sinn des § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG dargetan wird, behauptet der Beschwerdeführer doch selbst nicht, daß für die ins Treffen geführte "Beschäftigung als Gesellschafter" jemals eine behördliche Genehmigung eingeholt oder erlangt worden sei.

Es ist somit auch vor dem Hintergrund des Vorbringens in der Beschwerde nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, daß der Beschwerdeführer die für die Ausstellung eines Befreiungsscheines erforderlichen erlaubten Beschäftigungszeiten nicht aufzuweisen habe.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, es sei auf ihn das Assoziationsabkommen EWG-Türkei anzuwenden, wird damit - selbst bei Zutreffen dieser Behauptung - keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Gegenstand seines Antrages und des mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Abspruches war ausschließlich die Ausstellung eines Befreiungsscheines auf der Rechtsgrundlage des AuslBG in der im Entscheidungszeitpunkt in Geltung gestandenen Fassung. Durch die Abweisung seines Antrages auf Ausstellung eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG wurde der Beschwerdeführer nicht in den aus dem genannten Assoziationsabkommen von ihm abgeleiteten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, wird doch durch den angefochtenen Bescheid weder die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nach dem von ihm ins Treffen geführten Abkommen berührt, noch besteht auf Grund dieses Abkommens ein Anspruch auf Ausstellung eines konstitutiv wirkenden Befreiungsscheines nach dem AuslBG (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 96/09/0040, und die darin angegebene Judikatur).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 1999

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