Normen
ASVG §69 Abs1 idF 1991/676;
ASVG §69 Abs1;
VwRallg;
ASVG §69 Abs1 idF 1991/676;
ASVG §69 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin zahlte auf ihr Beitragskonto Nr. 206.839-1 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse von Jänner bis Juni 1991 insgesamt S 3,250.652,-- an Beiträgen für eine Gruppe von Arbeitnehmern ein, die mit 1. Jänner 1991 von einer anderen, der Beschwerdeführerin nahe stehenden Gesellschaft übernommen worden waren. Der Dienstgeberwechsel war der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gemeldet worden, und auch der neue Dienstgeber entrichtete Beiträge für die betroffene Mitarbeitergruppe.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 1996 ersuchte die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse um Rückerstattung der zu viel bezahlten Beiträge.
Mit einem zweiten Schreiben vom selben Tag ersuchte die Beschwerdeführerin - bezogen auf ein Beitragskonto mit der Nr. 231.595-4 und offenbar aufgrund desselben Sachverhalts - um die Rückerstattung weiterer S 57.033,-- an zu viel bezahlten Beiträgen.
In der nachfolgenden Korrespondenz vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, die Verjährungsfrist für die Rückforderung habe erst mit der Vorlage des Beitragsgrundlagennachweises 1991 ab März 1992 zu laufen begonnen. Eine "Abstimmung des Beitragsgrundlagennachweises mit den Beitragsnachweisungen" sei vor diesem Zeitpunkt weder für die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse noch für die Beschwerdeführerin möglich gewesen.
Mit Bescheid vom 21. März 1997 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, es bestehe kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rückerstattung der "in den Beitragszeiträumen Jänner bis Juni 1991 auf die Dienstgeberkonten 231.595-4 und 206.839-1 ... zu Ungebühr entrichteten" Beiträge. Diese Entscheidung stützte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse darauf, dass zwischen der Zahlung der Beiträge und deren Rückforderung am 2. Oktober 1996 mehr als fünf Jahre verstrichen seien. Das Recht auf Rückzahlung der Beiträge sei daher verjährt.
In ihrem Einspruch gegen diesen Bescheid bezog sich die Beschwerdeführerin ausschließlich auf das Beitragskonto Nr. 206.839-1. Sie brachte vor, es sei richtig, dass die Zahlung der zu viel geleisteten Beiträge im Zeitraum Jänner 1991 bis Juni 1996 (gemeint: 1991) erfolgt sei, da durch einen Programmfehler sowohl beim Beitragskonto der Beschwerdeführerin als auch bei dem des neuen Dienstgebers eine monatliche Beitragsnachweisung für die betroffenen Mitarbeiter erstellt worden sei und die entsprechenden Beiträge auch abgeführt worden seien. Dieser Fehler sei in allen Bundesländern aufgetreten, wobei es in den übrigen Bundesländern im Rahmen von Beitragsprüfungen zu Rückerstattungen gekommen sei. Auch bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sei die Beschwerdeführerin davon ausgegangen, dass eine Beitragsprüfung anstehe und bei dieser Gelegenheit die zu viel bezahlten Beiträge rückgerechnet werden würden. Es werde ersucht, die Angelegenheit so zu interpretieren, dass die überhöhte Abfuhr für das Jahr 1991 grundsätzlich erst Ende Februar 1992 feststellbar gewesen sei. Weiters sei "festzuhalten, dass die Zahlungen ja monatlich laufend erfolgten und eine Überzahlung ja auch so auszulegen ist, dass diese irrtümliche Mehrleistung an Zahlungen im November und Dezember des Jahres 1991 erfolgten. Denn rückblickend betrachtet, hätten wir als Selbstabrechner nach dem Lohnsummenverfahren in Richtung Jahresende ein Guthaben auf diesem Konto gehabt, das nach den Regelungen des § 69 Abs. 1 ASVG noch nicht verjährt wäre".
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Einspruch nicht Folge.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erwogen hat:
Vorweg ist festzuhalten, dass das Recht der Beschwerdeführerin auf Rückforderung der ungebührlich entrichteten Beiträge beim Inkrafttreten des § 69 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 50. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 676/1991, am 1. Jänner 1992 nach der bis dahin geltenden Rechtslage noch nicht verjährt war und die mit der erwähnten Novelle (ohne sonstige Änderung dieser Bestimmung) vorgenommene Verlängerung der Verjährungsfrist von drei auf fünf Jahre im vorliegenden Fall daher wirksam wurde (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das zu § 40 BSVG ergangene Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 93/08/0205, mit weiteren Nachweisen).
§ 69 Abs. 1 ASVG in der seit dem Inkrafttreten der erwähnten Novelle geltenden Fassung lautet:
"§ 69. (1) Zu Ungebühr entrichtete Beiträge können, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, zurückgefordert werden. Das Recht auf Rückforderung verjährt nach Ablauf von fünf Jahren nach deren Zahlung. Der Lauf der Verjährung des Rückforderungsrechtes wird durch Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zur Herbeiführung einer Entscheidung, aus der sich die Ungebührlichkeit der Beitragsentrichtung ergibt, bis zu einem Anerkenntnis durch den Versicherungsträger bzw. bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Verwaltungsverfahren unterbrochen."
In dem in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei erwähnten Erkenntnis vom 7. Juli 1992, Zl. 92/08/0079, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit einem Fall zu befassen, in dem einem Dienstgeber für einen Dienstnehmer überhöhte Beiträge vorgeschrieben worden waren. Dieser Irrtum war anlässlich einer Beitragsprüfung, die mehr als drei Jahre nach der Entrichtung eines Teils der Beiträge stattfand, zutage getreten. Im Einspruch gegen die Abweisung seines Rückforderungsantrages in Bezug auf diesen Teil der ungebührlich entrichteten Beiträge machte der Dienstgeber geltend, die Verjährungsfrist könne erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens, somit ab dem Zeitpunkt der Beitragsprüfung, zu laufen beginnen. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stützte er sich darauf, dass nicht er, sondern die Gebietskrankenkasse die der überhöhten Vorschreibung zugrunde liegende fehlerhafte Einstufung des Dienstnehmers vorgenommen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hob zu diesem Fall - für den, entgegen einem irreführenden Klammerausdruck in dem Erkenntnis, noch § 69 Abs. 1 ASVG in der Fassung vor der 50. ASVG-Novelle galt - hervor, die Verjährungsfrist beginne mit der Zahlung der Beiträge und es komme nicht darauf an, wen das Verschulden an der Entrichtung der Beiträge treffe. § 69 Abs. 1 ASVG stelle nicht darauf ab, ob die Gebietskrankenkasse und/oder der Dienstgeber hätten erkennen können, dass die Beiträge zu Ungebühr vorgeschrieben bzw. entrichtet worden seien.
Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin geltend, sie sei "ein Selbstabrechner gemäß den Bestimmungen des ASVG" und melde "dementsprechend monatlich die abzuführenden Beträge (Erbringung eines Beitragsnachweises)". Am Jahresende erbringe sie einen Beitragsgrundlagennachweis und erst aufgrund dieses Beitragsgrundlagennachweises sei die Zuordnung von während des Kalenderjahres geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen an bestimmte Dienstnehmer möglich. Somit erfolge "eine Aufrollung der über das Jahr bezahlten Beiträge anhand der von der Beschwerdeführerin geführten Nachweise". Da zuvor weder seitens der Beschwerdeführerin noch seitens der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eine Überprüfung der über das Jahr entrichteten Beträge durchgeführt werde, sei es vor der Erbringung des Beitragsgrundlagennachweises weder der Beschwerdeführerin noch der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse "möglich zu erkennen, dass zu hohe Beiträge abgeführt wurden". Die über das Jahr geleisteten Beiträge der Beschwerdeführerin seien Akontozahlungen auf die "am Ende der Verrechnungsperiode (Kalenderjahr) zu erfolgende Abrechnung". Eine "Zahlung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge" erfolge "somit nicht im Zeitpunkt der vorläufigen Entrichtung, sondern erst in jenem Zeitpunkt, in dem die von der Beschwerdeführerin abgeführten Beträge einem bestimmten Dienstnehmer zuordenbar gegenüberstanden". Das sei nicht im Zeitpunkt der Akontozahlungen vom Jänner bis Juni 1991, sondern erst nach Ende der Abrechnungsperiode mit Gegenüberstellung der vorläufig entrichteten Beiträge und der aufgrund des Beitragsgrundlagennachweises tatsächlich zu entrichtenden Beiträge im Februar 1992 der Fall gewesen. Als "Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung im Sinne des § 69 Abs. 1 ASVG" sei derjenige der Vorlage des Beitragsgrundlagennachweises und der Abrechnung des Kalenderjahres 1991 im Februar 1992 anzunehmen. Dies entspreche "dem Wesen eines Kontokorrentverhältnisses".
Dem ist entgegenzuhalten, dass das Lohnsummenverfahren, auf dessen Funktionsweise die Beschwerdeführerin diese Argumente zu stützen versucht, nichts mit einem Kontokorrentverhältnis zu tun hat und im Besonderen nichts daran ändert, dass die Beiträge - wie dies im vorliegenden Fall auch geschehen ist - monatlich zu entrichten sind (vgl. zum Lohnsummenverfahren etwa Schrank, Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht, 204 f; im Einzelnen die §§ 21 und 22 der Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, kundgemacht in Soziale Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr. 67/1983, in der hier maßgeblichen Fassung der Amtlichen Verlautbarungen Nr. 29/1988, 27/1989, 5/1990 und 109/1990). Mit dem Argument, der Fehler sei vor der Erbringung des Beitragsgrundlagennachweises im Februar 1992 nicht erkennbar gewesen, zielt die Beschwerdeführerin auf einen rechtlich unerheblichen Umstand ab. Hiezu kann - mit der Beifügung, dass die ungebührliche Beitragsentrichtung im vorliegenden Fall nicht auf einem Fehler der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, sondern auf einem Programmfehler bei der Erstellung der monatlichen Beitragsnachweise durch die Beschwerdeführerin beruht haben soll - auf das erwähnte Erkenntnis vom 7. Juli 1992, Zl. 92/08/0079, verwiesen werden.
Dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin, sie sei in Wahrheit nicht Dienstgeberin der betroffenen Mitarbeiter gewesen, weshalb die Rückverrechnung nicht nach § 69 Abs. 1 ASVG, sondern - gemeint offenbar: im Wege eines öffentlich-rechtlichen Anspruches - "nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen" und somit unter Beachtung einer "30-jährigen Rückverrechnungsfrist" zu erfolgen habe, ist schon im Ansatz nicht zu folgen. Ein Fall des § 69 Abs. 1 ASVG liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof schon in dem Erkenntnis vom 22. September 1988, Zl. 87/08/0262, Slg. Nr. 12.778/A, ausgeführt hat, auch dann vor, wenn Beiträge von jemand entrichtet wurden, der dazu gesetzlich nicht verpflichtet war. Es ist vielmehr darauf hinzuweisen, dass § 69 Abs. 1 ASVG nicht weiter nach Gründen differenziert, aus denen ein Beitrag "zu Ungebühr" entrichtet worden ist; es sind daher alle Ursachen ungebührlicher Beitragsentrichtung nach dem Gesetz gleichwertig und darauf gestützte Rückforderungsansprüche immer nach § 69 ASVG zu behandeln.
Unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin schließlich noch geltend, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Einwand der "tatsächlichen Bezahlung der Beiträge erst im Jahre 1992" sowie damit auseinander gesetzt, dass die "Beiträge erst in diesem Zeitpunkt bestimmten Arbeitnehmern zuordenbar" gewesen seien. Diese Rüge ist - da die monatliche Abfuhr der Beiträge vom Sachverhalt her außer Streit steht - nur eine teilweise Wiederholung der Rechtsrüge. Der weitere Vorwurf, das Verhalten der anderen Gebietskrankenkassen in dieser Angelegenheit sei nicht näher erörtert worden, ist wegen der offenkundigen Irrelevanz der Frage, ob und unter welchen Umständen es zu Rückzahlungen durch andere Versicherungsträger kam, nicht geeignet, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse steht mangels anwaltlicher Vertretung kein Schriftsatzaufwand zu.
Wien, am 20. September 2000
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