VwGH 97/08/0014

VwGH97/08/001411.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Stadtgemeinde K, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Dezember 1996, Zl. SV(SanR)-4381/1-1996-Ho/Ha, betreffend Aufwandersatz der Gemeinden zu den Kosten der Sondernotstandshilfe (mitbeteiligte Partei:

Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice für Oberösterreich), zu Recht erkannt:

Normen

AMPFG 1994 §6 Abs6;
FAG 1993 §2 Abs2;
F-VG §2;
F-VG §3;
F-VG §4;
SondernotstandshilfeV 1995 §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AMPFG 1994 §6 Abs6;
FAG 1993 §2 Abs2;
F-VG §2;
F-VG §3;
F-VG §4;
SondernotstandshilfeV 1995 §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit mehreren Bescheiden der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kirchdorf vom 6. März 1996 wurde die beschwerdeführende Gemeinde gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend Richtlinien über die Abwicklung der Sondernotstandshilfe (Sondernotstandshilfe-Verordnung), BGBl. Nr. 361/1995, zur Tragung eines Drittels der an die in den zitierten Bescheiden namentlich angeführten Personen in der in den Bescheiden angeführten Höhe ausbezahlten Sondernotstandshilfe verpflichtet.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Oberösterreich den Berufungen der beschwerdeführenden Gemeinde keine Folge gegeben.

Nach der Begründung dieses Bescheides habe die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §§ 2 Abs. 2 und 24 Abs. 4 des Finanzausgleichgsgesetzes 1993 (FAG 1993) in Verbindung mit § 6 Abs. 6 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (AMPFG) und § 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend die Richtlinien über die Abwicklung der Sondernotstandshilfe (Sondernotstandshilfe-Verordnung) jeweils in der geltenden Fassung die Beschwerdeführerin zum Ersatz der im Abrechnungszeitraum 1. Oktober 1995 bis 31. März 1996 entstandenen Kosten (ein Drittel der ausbezahlten Sondernotstandshilfe inklusive Sozialversicherungsbeiträge) verpflichtet. Die in den Bescheiden genannten Personen hätten während des maßgebenden Zeitraumes ihren Wohnsitz in der beschwerdeführenden Gemeinde gehabt. Die Sondernotstandshilfe sei ihnen gemäß den Bestimmungen des § 39 AlVG 1977 seitens der regionalen Geschäftsstelle "rechtskräftig zuerkannt" und auch ausbezahlt worden.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde - zusammengefaßt - die Auffassung, daß die Meßgröße, nach der ein Drittel der Ausgaben für die Sondernotstandshilfe, welche die beschwerdeführende Gemeinde zu tragen habe, zu errechnen sei, sich danach bestimme, welche Beträge von der regionalen Geschäftsstelle tatsächlich ausbezahlt worden seien, nicht aber danach, ob das der Auszahlung vorangegangene Zuerkennungsverfahren rechtmäßig und fehlerfrei abgewickelt worden sei. Es könne daher im gegenständlichen Verfahren weder die Frage des Vorliegens einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind bzw. die Frage der Unterlassung oder verspäteten Einholung einer Bestätigung der Gemeinde über die Unterbringungsmöglichkeit überprüft werden, da dieses Vorbringen lediglich das bereits "rechtskräftig abgeschlossene" Anerkennungsverfahren nach dem AlVG betreffe. Der Landeshauptmann habe im Berufungsverfahren gemäß § 6 Abs. 6 vierter Satz AMPFG ausschließlich die für das Abrechnungsverfahren vorgegebenen Rahmenbedingungen, das seien der Nachweis der Auszahlung der Sondernotstandshilfe, der Nachweis der Vorschreibung des Drittelkostenersatzes bzw. dessen rechnerische Richtigkeit, die Erlassung des Bescheides an die Gemeinde durch das Arbeitsmarktservice sowie den Wohnsitz der Leistungsbezieher(innen) in der Gemeinde zu prüfen. Es sei daher der Berufungsbehörde verwehrt, im vorliegenden Fall die in den Berufungen geltend gemachten Gründe einer weiteren Überprüfung bzw. Beurteilung zu unterziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Stadtgemeinde. Diese bringt in ihrer Beschwerde vor, sie habe nach Vorliegen der erstinstanzlichen Bescheide Akteneinsicht genommen und dabei festgestellt, daß Sondernotstandshilfe in mehreren Fällen zu Unrecht gewährt worden sei, weil es das Arbeitsmarktservice verabsäumt habe, vor der Entscheidung über den Anspruch auf Sondernotstandshilfe die Stadtgemeinde im Sinne des § 2 Abs. 1 der Sondernotstandshilfe- Verordnung aufzufordern, zu bescheinigen, ob eine Unterbringungsmöglichkeit für das Kind besteht.

Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sei im gegebenen Fall nicht von zwei getrennten, voneinander unabhängigen Verfahren auszugehen, sondern vielmehr von zwei Verfahrensabschnitten, die "notwendigerweise im unmittelbaren, untrennbaren und logischen Zusammenhang stehen". Die Kostenvorschreibung an die Gemeinde beruhe "zwingend auf der rechtmäßigen Zuerkennung der Sondernotstandshilfe". Ohne Beiziehung der Gemeinde zur "zwingenden Bescheinigungsausstellung" sei aber eine rechtmäßige Zuerkennung nicht erfolgt. § 6 Abs. 6 AMPFG gehe "selbstverständlich von einer RECHTMÄßIG ausbezahlten Sondernotstandshilfe" aus. Die Auffassung der belangten Behörde, das Faktum der Auszahlung allein rechtfertige die Kostenvorschreibung, mißachte das Mitwirkungsrecht bzw. die Mitwirkungspflicht der Gemeinde. Die gesetzlich normierte Pflicht der Gemeinde zur Ausstellung von Bescheinigungen über das Vorhandensein oder Fehlen einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit gewährleiste gleichzeitig auch ein Recht zur Beteiligung im "Zuerkennungsverfahrensabschnitt". Die beschwerdeführende Gemeinde habe erstmals im Zuge der Kostenvorschreibung durch das Arbeitsmarktservice Kenntnis von der Zuerkennung der Sondernotstandshilfe in den betreffenden Fällen erlangt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch das Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, wurde § 39 AlVG betreffend Sondernotstandshilfe für Mütter oder Väter geändert. Die Änderung bezieht sich auf die Voraussetzung des § 39 Abs. 1 Z. 2 AlVG, wonach eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Sondernotstandshilfe ist, daß der betreffende Elternteil wegen Betreuung des Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen kann, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht; der neue § 39 Abs. 5 AlVG in der Fassung des Art. XXII Z. 34 des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, sieht vor, daß zur Frage, ob eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit vorliegt, der Regionalbeirat anzuhören ist. Trifft der Regionalbeirat keine einhellige Feststellung, so ist das Landesdirektorium anzuhören. Die Überprüfung der Unterbringungsmöglichkeit ist ab dem Jahr 1996 halbjährlich vorzunehmen.

Durch Art. XXXII des zitierten Gesetzes wurde das Finanzausgleichsgesetz 1993 (FAG 1993) im § 2 geändert. § 2 Abs. 2 in dieser Fassung lautet:

"(2) Die Gemeinden ersetzen dem Bund ein Drittel der Kosten der Sondernotstandshilfe (Leistungsaufwand inklusive Sozialversicherungsbeitrag) gemäß § 39 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609/1977, jener Bezieher, die ihren Wohnsitz in der jeweiligen Gemeinde haben. Soweit sich Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994, insbesondere dessen § 41, § 42, § 58 und § 70, auf finanzielle Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz beziehen, gelten diese Bestimmungen auch für diese Kostenersätze durch die Gemeinden."

Durch Art. XXIII des Strukturanpassungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 297, wurde dem § 6 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, BGBl. Nr. 315/1994, u. a. ein Absatz 6 angefügt, welcher lautet:

"(6) Die Gemeinden haben ein Drittel der Ausgaben für die Sondernotstandshilfe (Leistungsaufwand inklusive Sozialversicherungsbeitrag), die an Mütter und Väter in der jeweiligen Gemeinde ausbezahlt wird, zu tragen. Die Überweisung hat im nachhinein aufgrund der Vorschreibung des Arbeitsmarktservice binnen zwei Wochen zu erfolgen. Für die Abrechnung sind zwei Stichtage pro Jahr festzulegen. Wird die Vorschreibung von der Gemeinde bestritten, hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Bescheid zu erlassen. Gegen diesen Bescheid kann die Gemeinde Berufung an den Landeshauptmann erheben. Dieser entscheidet endgültig. In diesem Verfahren kommt der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Parteistellung und das Recht der Beschwerde an den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof zu. Die näheren Regelungen über die Abwicklung der Vorschreibung und Überweisung hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung festzulegen."

Gestützt auf diese Gesetzesstelle und § 39 AlVG erließ der Bundesminister für Arbeit und Soziales die Verordnung betreffend Richtlinien über die Abwicklung der Sondernotstandshilfe (Sondernotstandshilfeverordnung), BGBl. Nr. 361/1995. In Abs. 1 dieser Verordnung wird der Begriff der geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind näher definiert und in Abs. 2 die Gemeinde verpflichtet, binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch das Arbeitsmarktservice zu bestätigen, ob eine Unterbringungsmöglichkeit für das Kind besteht (§ 2 Abs. 1).

Die (neuerliche) Änderung des § 39 Abs. 5 AlVG durch die Novelle BGBl. Nr. 201/1996 und die geänderte Fassung der Sondernotstandshilfe-Verordnung durch die Verordnung BGBl. Nr. 264/1996 müssen - dies übersieht die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde - mangels Geltung im hier maßgebenden Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober 1995 bis 31. März 1996 zur Gänze außer Betracht bleiben.

Die beschwerdeführende Gemeinde vertritt zusammengefaßt die Auffassung, daß ihr aufgrund ihrer Leistungsverpflichtung im Sinne des § 2 Abs. 2 Finanzausgleichsgesetz 1993 in Verbindung mit § 6 Abs. 6 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, jeweils in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zukomme, daß Sondernotstandshilfe nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausbezahlt werde bzw. daß die Beschwerdeführerin nur insoweit leistungspflichtig sei, als die Sondernotstandshilfe aufgrund eines rechtmäßig durchgeführten Verfahrens ausbezahlt wurde.

Damit verkennt die beschwerdeführende Stadtgemeinde das Wesen des Finanzausgleiches:

Gemäß § 2 des Finanzverfassungsgesetzes 1948 tragen der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt.

Gemäß § 3 Abs. 1 F-VG 1948 regelt die Bundesgesetzgebung die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) und kann außerdem diesen Gebietskörperschaften aus allgemeinen Bundesmitteln Finanzzuweisungen für ihren Verwaltungsaufwand überhaupt und Zuschüsse für bestimmte Zwecke gewähren.

Gemäß § 4 F-VG 1948 hat die in den §§ 2 und 3 vorgesehene Regelung in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden. In Durchführung der genannten Bestimmungen ergeht das jeweilige Finanzausgleichsgesetz, zuletzt - soweit hier relevant - das Finanzausgleichsgesetz 1993, BGBl. Nr. 30/1993, für die Jahre 1993 bis 1995 (seit der Novelle BGBl. Nr. 853/1995: für die Jahre 1993 bis 1996).

Aus den genannten Bestimmungen des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 ergibt sich somit einerseits eine Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers (des Bundes und der Länder), die Tragung des Aufwandes, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, abweichend von § 2 F-VG 1948 zu regeln, wobei eine Bindung an die Grundsätze des § 4 F-VG 1948 besteht, worin in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Gleichheitsgebotes des Art. 7 B-VG für den Finanzausgleichsgesetzgeber erblickt wird. Nach dieser Rechtsprechung eröffnet allerdings § 4 F-VG 1948 dem Finanzausgleichsgesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum sowohl in der Auswahl der mit dem Finanzausgleich anzustrebenden Ziele als auch des hiebei eingesetzten Instrumentariums. Die vorgesehenen Mittel dürfen nur nicht von vornherein zur Zielerreichung und zur Herstellung eines angemessenen Ausgleiches zwischen divergierenden finanzpolitischen Interessen der Gebietskörperschaften ungeeignet sein und auch sonst dem Gleichheitssatz nicht widerstreiten (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1995, A 7/94, unter Hinweisen auf die Vorjudikatur, insbesondere VfSlg. 8457/1978, 9280/1981, 12.505/1990 und 12.784/1991).

Der Finanzausgleich dient somit innerhalb eines breiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers, der besseren Verteilung der Tragung des durch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben entstehenden Aufwandes. Schon aus diesem Grund kommt es für diese Verpflichtung zur Lastentragung nicht darauf an, ob der entstandene Aufwand in jedem Einzelfall durch einen gesetzesgemäßen Vollzug der zuständigen Behörden verursacht wurde. Ebensowenig entsteht daher einer Gebietskörperschaft durch die Verpflichtung, einen Anteil der Kosten der Verwaltungstätigkeit der Behörde einer anderen Gebietskörperschaft zu tragen, ein subjektiv-öffentliches Recht auf einen gesetzmäßigen Gesetzesvollzug durch diese andere Behörde, so wie sich der Rechtsanspruch der Gemeinden auf Beteiligung an einer Abgabe einer anderen Gebietskörperschaft zwar auf die Überweisung der Beträge, die von den Verwaltungsbehörden als Abgaben tatsächlich eingehoben oder eingebracht worden sind, bezieht, nicht aber auch darauf, daß die Abgabenerträge von den für die Verwaltung der Abgaben zuständigen Behörden gesetzmäßig bemessen, eingehoben oder eingebracht werden (vgl. VfSlg. 8394/1978).

Daher erschöpft sich das Recht der Gemeinde im vorliegenden Fall lediglich darin, daß sie nicht mehr Beiträge im Sinne des § 6 Abs. 6 AMPFG zu leisten hat, als einem Drittel der tatsächlich ausbezahlten Sondernotstandshilfe entspricht.

Aus diesem Grund vermag die beschwerdeführende Gemeinde durch ihre Ausführungen, die ausschließlich die Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens der Leistungen an Sondernotstandshilfe durch die regionale Geschäftsstelle darzulegen trachten, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Da dies bereits der vorliegenden Beschwerde zu entnehmen ist, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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