VwGH 97/04/0002

VwGH97/04/00029.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des Dipl. Ing. FL in W, vertreten durch Dr. G und Dr. A, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. November 1996, Zl. MA 63 - V 1/96, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: V-HandelsgmbH. in W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1994 §353;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs3;
GewO 1994 §75 Abs2;
GewO 1994 §77;
GmbHG §49 Abs2;
GmbHG §51 Abs1;
HGB §17;
ZustG §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1994 §353;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs3;
GewO 1994 §75 Abs2;
GewO 1994 §77;
GmbHG §49 Abs2;
GmbHG §51 Abs1;
HGB §17;
ZustG §13 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der "V-Gesellschaft mbH" die Betriebsanlage in W, in welcher das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeehauses ausgeübt werden soll, unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen gewerbebehördlich genehmigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auch die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides enthaltene Betriebsbeschreibung rezipiert, jedoch mit der Maßgabe, dass im vierten Satz der Betriebsbeschreibung die Wortfolge "und hofseitigen" zu entfallen habe. Derart lautet die Betriebsbeschreibung (u.a.):

"... Die Betriebsanlage wird mechanisch be- und entlüftet. Der Lokalraum wird über zwei Fensterventilatoren, welche an den straßenseitigen Fenstern installiert sind, belüftet. Zwei weitere Fensterventilatoren dienen zur straßenseitigen Entlüftung des Lokalraumes. Die Sanitäranlage soll über eine Rohrleitung in den Lichthof des Hauses entlüftet werden, wobei die Abluft dieser Rohrleitung vor Austritt in den Lichthof über eine Aktivkohlefilteranlage geführt wird. ..."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird, soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist, ausgeführt:

"In Gastgewerbebetrieben sind folgende Ursachen für Geruchsbelästigungen möglich:

  1. a) Speisegeruch aufgrund des Kochbetriebes
  2. b) WC-Anlagen
  3. c) Zigarettenrauch aus den Gasträumen.

    zu a) Laut vorliegendem Projekt ist die Einrichtung einer Küche nicht vorgesehen, außerdem enthält der bekämpfte Bescheid im Punkt 34) eine Auflage, worin lediglich die Zubereitung kleiner Speisen ohne Geruchsentwicklung erlaubt ist. Eine Geruchsbelästigung der Nachbarn durch einen Kochbetrieb ist daher nicht möglich.

    zu b) Laut Punkt 1) des bekämpften Bescheides ist die Türe vom WC-Vorraum in das Stiegenhaus des Wohnhauses brandhemmend auszuführen. Dadurch ist gewährleistet, dass sie besonders dicht und ständig geschlossen ist. Ein Übertreten von Geruchsstoffen aus der Toiletten-Anlage in das Stiegenhaus ist somit ausgeschlossen. Die gemeinsame mechanische WC-Entlüftung erfolgt in den kleinen Lichthof, wobei die Abluftleistung des Ventilators (300 m3/h) sehr gering ist und zusätzlich eine Aktivkohlefilteranlage zur Geruchsadsorption vorhanden sein muss. Bei ordnungsgemäßer Ausführung und Wartung der Aktivkohleanlage ist bereits bei der Ausmündungsöffnung kaum Geruch wahrnehmbar. In den Auflagepunkten

    16) bis 20) des erstinstanzlichen Bescheides sind Vorschreibungen enthalten, welche die einwandfreie Funktion des Geruchsfilters gewährleisten. Außerdem sind gemäß Punkt 36) die Fenster aus dem Sanitärbereich in den Lichthof nicht öffenbar einzurichten, wodurch das Austreten von Gerüchen auf diesem Weg ebenfalls verhindert wird.

    zu c) Die im gassenseitigen Gastraum entstehenden Geruchsstoffe, vornehmlich Zigarettenrauch, werden von zwei Fensterventilatoren, die im oberen Bereich jener Fenster angeordnet sind, welche sich links und rechts der Eingangstüre befinden, auf die Straße geblasen. Selbst in den direkt darüberliegenden Räumlichkeiten ist eine Geruchsbelästigung auszuschließen, da der Abstand von den Fensterventilatoren zu den darüberliegenden Fenstern beinahe 3 m beträgt und die A-Straße mit ihrer Breite von mindestens 12 m und ihren Querstraßen ständig gut durchlüftet wird, wodurch die ausgeblasenen Geruchsstoffe sofort verdünnt werden. Überdies sind in den beiden rechten Fenstern zusätzlich je ein Zuluftventilator eingebaut, welche die zigarettenrauchhältige Luft aus dem Gastraum weiter verdünnen. Bei Vollbetrieb aller Fensterventilatoren ergibt sich ein sechsfacher Luftwechsel, wobei ein dauernder Betrieb wegen der Höhe des Gastraumes von über 4 m und des sich daraus ergebenden mehr als ausreichenden Luftraumes gar nicht notwendig ist. Ein Austreten von Geruchsstoffen aus dem Gastraum über die Nebenräume des Stiegenhauses oder in den Lichthof wird durch die Brandschutztüre und durch das nicht öffenbare Einrichten der Fenster in den Lichthof (siehe oben) verhindert.

    Zusammenfassend führte der gewerbetechnische Sachverständige aus, dass unzumutbare Geruchsbelästigungen der Nachbarn, insbesonders des im 5. Stock wohnenden Berufungswerbers, durch die gegenständliche Betriebsanlage bei Einhaltung der im bekämpften Bescheid vorgeschriebenen Auflagen auszuschließen sind."

    An anderer Stelle der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es sodann, die wiedergegebenen Gutachten der Amtssachverständigen ließen keinen Zweifel daran, dass - wie auch schon im erstinstanzlichen Verfahren festgestellt - bei Einhaltung der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Auflagen jede Belästigung des Beschwerdeführers durch aus der Betriebsanlage in seine Wohnung dringende Geruchs- oder Lärmimmission ausgeschlossen sei.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in seinen aus der GewO 1994 erfließenden Nachbarrechten verletzt erachtet.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

    Nach § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.

    § 74 Abs. 3 GewO 1994 bestimmt, dass die Genehmigungspflicht auch dann besteht, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seiner Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

    Der Beschwerdeführer macht zunächst als "Formalfehler im Berufungsbescheid" geltend: "Nicht: V-Gesellschaft mbH sondern richtig wäre: 'P' V-Handelsgesellschaft mbH (FN 1X)".

    Soweit der Beschwerdeführer damit eine Unrichtigkeit des Bescheidadressaten geltend machen sollte, ist er nicht im Recht.

    Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0292) wird mit der Firma einer juristischen Person das betreffende mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Gebilde bezeichnet.

    Die Änderung des Firmenwortlautes einer Gesellschaft ändert nichts an ihrem rechtlichen Bestand. Das Rechtsobjekt bleibt trotz der Änderung des Firmenwortlautes ein und dasselbe. Die Änderung des Firmenwortlautes ist (nur) eine Änderung des Gesellschaftsvertrages und daher anzumelden (§ 51 Abs. 1 GmbH-Gesetz), berührt aber nicht die Identität der Gesellschaft als juristische Person, wobei erst die Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages, so auch des Firmenwortlautes, konstitutive Wirkung hat (§ 49 Abs. 2 GmbH-Gesetz). Derart könnte durch die Nichtberücksichtigung der Änderung des Firmenwortlautes auch nicht etwa abgeleitet werden, dass, falls der Beschwerdeführer Derartiges zum Ausdruck bringen wollte, der angefochtene Bescheid ins Leere gegangen wäre, wobei nicht zweifelhaft ist, welcher Person gegenüber - nämlich der mitbeteiligten Partei - die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechts in förmlicher Weise gestalten wollte, zumal ein von der mitbeteiligten Partei unterschiedliches Rechtsobjekt mit der Bezeichnung V-Gesellschaft mbH nicht (mehr) existiert.

    In der Sache bringt der Beschwerdeführer vor, der "links vom Eingang der gegenständlichen Räumlichkeiten im Erdgeschoß der A-Straße 42 gelegene Raum wird über einen Ventilator direkt in das Stiegenhaus entlüftet - d.h. vorwiegend intensiver Zigarettengeruch via Stiegenhaus bis in den 5. Stock -/die zwingend notwendige Hintanhaltung dieser unzumutbaren Geruchsbelästigung wurde weder im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid, noch im Berufungsbescheid hiezu berücksichtigt und tritt durch den laufenden widerrechtlichen Kaffeehausbetrieb zutage/d.h. laufende Verletzung des § 74 Abs. 2 Z. 2".

    Dieses Beschwerdevorbringen ist deshalb schon unzutreffend, weil § 74 Abs. 2 und 3, § 75 Abs. 2 und § 77 GewO 1994 tatbestandsmäßig auf die "Betriebsanlage", und zwar entsprechend dem normativen Zusammenhang mit den §§ 353 ff GewO 1994, auf das den jeweiligen Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens bildende Projekt einer Betriebsanlage, abgestellt sind (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0105, 0106, 0107). Eine Entlüftung eines Gastraumes über einen Ventilator in das Stiegenhaus ist nach der oben wiedergegebenen Betriebsbeschreibung nicht vorgesehen. Sollte der Beschwerdeführer aber mit seinen Beschwerdeausführungen die WC-Entlüftung in den Lichthof meinen, so ist für den Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer auch gar nicht entgegentritt, nicht erkennbar, inwiefern der Beschwerdeführer in seinen Nachbarrechten verletzt sein sollte.

    Da § 74 Abs. 2 und 3, § 77 und § 353 GewO 1994 ohne Unterschied, ob eine Betriebsanlage noch nicht errichtet oder ob eine solche bereits genehmigungslos errichtet worden war, nur auf den Genehmigungsantrag des Konsenswerbers abgestellt sind (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0105, 0106, 0107), vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht damit darzutun, dass "im Zuge des laufenden widerrechtlichen Gastgewerbe-Kaffeehausbetriebes seit Juni 1994 u. a. auch die Betriebsanlagengenehmigungsbescheidpunkte 32 bis 36 nicht erfüllt wurden und u.a. es daher zur laufenden unzumutbaren Abluft- und Geruchsbelästigung, aber auch Lärmbelästigung sowohl über den Lichthof, aber auch straßenseitig kommt".

    Soweit sich der Beschwerdeführer auf eine im Zuge eines Verfahrens vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien vorgelegte statische Berechnung "für die widerrechtlich errichtete Galerie" bezieht, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, inwiefern damit eine Verletzung - aus der GewO 1994 erfließender - subjektiver Nachbarrechte des Beschwerdeführers (im Rahmen der von ihm erhobenen Einwendungen) geltend gemacht werden sollen.

    Wenn sich der Beschwerdeführer schließlich auf unzumutbare Lärmbelästigungen insbesondere beim Verlassen des widerrechtlich betriebenen Kaffeehauses in der Nacht bzw. den frühen Morgenstunden beruft, so ist er darauf zu verweisen, dass im Sinne des § 74 Abs. 3 GewO 1994 das Verhalten von Kunden der Betriebsanlage für die Genehmigungsfähigkeit einer solchen nur soweit von Bedeutung ist, als es in der Betriebsanlage gesetzt wird (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 27. Februar 1996, Zl. 94/04/0096). Im Übrigen ist hinsichtlich des Verhaltens von Gästen vor der Betriebsanlage auf die Regelung des § 152 Abs. 6 GewO 1994 zu verweisen.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 9. Juli 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte