VwGH 96/21/1025

VwGH96/21/102512.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde des BH (geboren am 3. Oktober 1976) in N, vertreten durch

Dr. Stefan Wurst, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Pergerstraße 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. Juli 1996, Zl. Fr- 5182/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 und Abs. 3 des Fremdengesetzes (FrG) ausgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 12. November 1995 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Er sei daher nicht im Besitz eines Reisedokumentes bzw. einer Aufenthaltsberechtigung gewesen. Am 13. November 1995 habe er beim Bundesasylamt einen Asylantrag eingebracht. Sein Antrag auf Gewährung von Asyl sei mit Bescheid vom 16. November 1995 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen worden, wobei weder die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers noch seine direkte Einreise bejaht worden sei. Der rechtskräftige Abschluß des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde nicht erforderlich. Die Behörde erster Instanz habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt sei; er selbst habe diese Feststellungen bei einer niederschriftlichen Einvernahme bestätigt. In der Berufung gegen den Bescheid erster Instanz habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, daß er nunmehr über die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge.

Von der Behörde erster Instanz sei innerhalb eines Monates nach der Einreise des Beschwerdeführers die Ausweisung verfügt worden. Über die Anträge auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes sowie auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung werde die Behörde erster Instanz zu entscheiden haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung, daß der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne das erforderliche Reisedokument und ohne Aufenthaltsberechtigung in das Bundesgebiet gelangt sei, unbestritten.

Auf dem Boden dieser Sachverhaltsannahme ist der von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG, wonach Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden können, wenn sie unter Mißachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen einem Monat betreten werden, unbedenklich.

Zwar weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, daß die Behörde bei Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG Ermessen zu üben hat. Im Hinblick darauf, daß den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten ein hoher Stellenwert zukommt, handelt es sich bei der unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisedokument erfolgten Einreise des Beschwerdeführers jedoch nicht um eine bloß geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung, weshalb die verfügte Ausweisung nicht als rechtswidrig zu erkennen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1996, Zlen. 96/21/0341 bis 0343). Nur bei einer geringfügigen Störung der öffentlichen Ordnung ist in den Fällen des § 17 Abs. 2 FrG von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 95/18/0120).

Im Falle einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 FrG ist - anders als im Fall einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG - § 19 leg. cit. nicht anzuwenden. Eine Bedachtnahme auf das Privat- und Familienleben kommt im Hinblick darauf nicht zum Tragen, daß die Ausweisung schon vom Tatbestand der Bestimmung her in kurzer Frist nach der Einreise erfolgt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 96/21/0210).

In der Beschwerde wird weiters ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nicht binnen eines Monates im Sinne des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG "betreten" worden, sondern habe "freiwillig und ohne Amtshandlung seitens der österreichischen Behörden sich diesen durch Stellung seines Asylantrages am 13.11.1995 offenbart". Die Auffassung in der Beschwerde, die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG verlange, daß der Fremde ohne eigenes Zutun, sohin gegen seinen Willen, "aufgegriffen" werde, entspricht nicht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es muß der Fremde lediglich innerhalb eines Monats nach seiner Einreise entdeckt werden, der Anlaß hiefür ist ohne rechtliche Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Zl. 95/18/0776), was im vorliegenden Fall durch den Behördenkontakt bei der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 17. November 1995 geschehen ist.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Abschiebungsverbot des § 37 Abs. 1 FrG und zu seinem "noch nicht beendeten" Asylverfahren ist der Auffassung der belangten Behörde in der Gegenschrift zu folgen, daß mit der Erlassung einer Ausweisung lediglich die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden ist (§ 22 FrG), nicht jedoch darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1995, Zl. 95/18/0308). Außer im Falle eines asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsrechts ist die Ausweisung eines Asylwerbers auch während eines anhängigen Asylverfahrens zulässig (vgl. § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991).

Konnte die belangte Behörde zutreffend ihren Bescheid auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stützen, so kann es dahingestellt bleiben, ob auch der weitere von der belangten Behörde herangezogene Grund des § 17 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. erfüllt ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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