VwGH 96/19/2385

VwGH96/19/238514.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, in der Beschwerdesache des S in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen die Erledigung des Bundesministers für Inneres vom 27. Juni 1996, Zl. 306.374/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §10 Abs2;
AVG §62 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §9;
AVG §10 Abs2;
AVG §62 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er durch seinen bevollmächtigten Vertreter eine Berufung gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 14. Februar 1996 verfaßt habe. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe vom Beschwerdeführer bislang lediglich erfahren, daß ein Bescheid der belangten Behörde, der mit 27. Juni 1996 datiert sei, direkt an den Beschwerdeführer zugestellt worden sei. Daraufhin habe der Vertreter der Beschwerdeführers am 16. Juli 1996 eine "Beschwerde" zu der ihm mitgeteilten Zahl 306.374/2-III/11/96 an die "Republik Österreich, Bundesministerium für Inneres", gerichtet, in der er darauf hingewiesen habe, daß die Zustellung des Bescheides bislang nicht gesetzmäßig erfolgt sei. Gleichzeitig habe er um die Zustellung eines neuen Bescheides unter der Anschrift des Vertreters des Beschwerdeführers ersucht. Eine derartige Zustellung sei bislang nicht erfolgt. Da der Vertreter des Beschwerdeführers in der gegenständlichen Beschwerdesache vom Beschwerdeführer mit der Vertretung beauftragt worden sei, hätte der Bescheid vom 27. Juni 1996 an den ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt werden müssen. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe den betreffenden Bescheid auch tatsächlich nicht in Empfang genommen, weshalb eine wirksame Zustellung nicht erfolgt sei. Der "bekämpfte Bescheid" sei daher mit "formeller Rechtswidrigkeit" behaftet.

Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde ist die Tatsache, daß ein Bescheid erlassen wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein schriftlicher Bescheid erst mit der Zustellung bzw. Ausfolgung seiner schriftlichen Ausfertigung an eine Partei als erlassen anzusehen. Nur ein erlassender Bescheid kann Rechtswirkungen erzeugen. Durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung im Verwaltungsverfahren wird dieser auch Zustellungsbevollmächtigter im Sinne des § 9 Zustellgesetz. Ab dem Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung hat die Behörde nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten und nicht mehr an den Vertretenen selbst zuzustellen. Wird statt dessen an den Vertretenen selbst zugestellt, dann ist diese Zustellung unwirksam (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1958, Slg. Nr. 4557/A; Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht 1983, Anmerkung 9 zu § 9 Zustellgesetz).

Wie der Beschwerdeführer selbst vorbringt, ist eine Zustellung des gegenständlichen Bescheides nicht an den Vertreter des Beschwerdeführers als Zustellungsbevollmächtigten, sondern an den Vertretenen selbst erfolgt. Dies hat im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung aber die Unwirksamkeit der Zustellung zur Folge; dadurch ist der gegenständliche Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer als nicht erlassen anzusehen. Ein nicht erlassener Bescheid vermag jedoch keine Rechtswirkungen zu entfalten, weshalb der vorliegenden Beschwerde der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung anhaftet.

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG hat die Behörde den Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger zu bezeichnen. In Abweichung von § 7 ZustellG bestimmt § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustellG, daß bei fehlender Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger, die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen gilt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers ist dem Zustellungsbevollmächtigten der vorgenannte Bescheid bislang nicht zugekommen. Daraus ergibt sich, daß die Sanierung der fehlerhaften Zustellverfügung gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG und damit eine Erlassung des Bescheides nicht eingetreten ist.

Ist nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in einem Einparteienverfahren die Zustellung oder mündliche Verkündung eines Bescheides nicht erfolgt, so vermag sich der Verwaltungsgerichtshof bei Erledigung einer Beschwerde unabhängig von der Richtigkeit dieses Vorbringens allein darauf zu stützen (vgl. hg. Bestimmung des § 26 Abs. 2 VwGG im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden ist, weil Voraussetzung für eine Beschwerdeerhebung auch in diesem Fall der Umstand ist, daß der angefochtene Bescheid überhaupt erlassen, also einer (anderen) Partei zugestellt oder verkündet worden ist. Ist in einem Einparteienverfahren wie dem vorliegenden die behördliche Erledigung nicht zugestellt worden - und daher als Rechtsnorm nicht existent geworden - dann liegt kein mit Beschwerde anfechtbarer Bescheid vor (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 14. April 1982, Zl. 82/01/0087, vom 29. September 1989, Zl. 89/18/0123, und vom 27. Juni 1988, Zl. 88/10/0100).

Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

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