VwGH 96/19/0941

VwGH96/19/094117.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des DM in W, geboren 1995, vertreten durch seine Mutter ZM, diese vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Jänner 1996, Zl. 304.895/4-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
AufG 1992 §4 Abs3;
MRK Art8 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
AufG 1992 §4 Abs3;
MRK Art8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 15. September 1995 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und gab als Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft mit Fremden, und zwar mit seiner Mutter an.

Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 6. November 1995 gemäß § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Als Begründung wurde der Umstand genannt, daß der Antrag der Mutter des Beschwerdeführers ebenfalls abgewiesen worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Jänner 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit den §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 3 AufG abgewiesen. Die Mutter des Beschwerdeführers verfüge über keine Aufenthaltsbewilligung - ihr Bewilligungsantrag sei mit (Berufungs-)Bescheid des Bundesministers für Inneres abgewiesen worden - und dem Beschwerdeführer könne daher gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 AufG keine Bewilligung erteilt werden. Bei der Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß die Mutter des Antragstellers über keine Aufenthaltsbewilligung verfüge und daher keine Nahebeziehung zur Republik Österreich bestehe, weshalb die öffentlichen Interessen, auch im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen, überwögen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ist ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerkes oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und Z. 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt. Gemäß § 4 Abs. 3 AufG ist eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 mit der gleichen Befristung zu erteilen, wie die Bewilligung des Elternteiles.

Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, seine Mutter habe im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über keine Bewilligung verfügt, nicht entgegen.

Der belangten Behörde ist daher dahingehend beizupflichten, daß die Mutter des Beschwerdeführers, mit der Familienzusammenführung angestrebt wird, im Zeitpunkt der Erlassung des vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheides keine Fremde war, auf die die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG zutrafen. Demnach stand dem Beschwerdeführer ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 3 Abs. 1 AufG nicht zu. Eine Anwendung des § 4 Abs. 3 AufG kam daher gar nicht in Betracht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0710 und vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0670).

Dem Beschwerdeführer, der - obzwar im Inland geboren - bislang über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügte, konnte auch im Wege einer Ermessensentscheidung über seinen Erstantrag keine Bewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung mit seiner Mutter erteilt werden, weil die erstmalige Erteilung einer Bewilligung zu diesem Zweck jedenfalls voraussetzt, daß sich der Angehörige, mit dem die Familienzusammenführung angestrebt wird, rechtmäßig im Inland befindet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1997, Zl. 96/19/1000, und vom 27. Juni 1997, Zl. 95/19/1827).

Aus den Verwaltungsakten sind auch keine Umstände ersichtlich, wonach durch die Versagung der gegenständlichen Bewilligung in ein gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK geschütztes Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Mutter eingegriffen worden wäre. Die Mutter des Beschwerdeführers war nach den Angaben in der Beschwerde seit Ende 1990 in Österreich, wobei sie über Sichtvermerke und zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung vom 3. Jänner bis 20. September 1995 verfügte; infolge des rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages wurde gemäß § 6 Abs. 3 AufG die Berechtigung zum Aufenthalt bis zum 20. November 1995 (Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz) verlängert. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Jänner 1996 wurde der Antrag auf Verlängerung der Bewilligung der Mutter des Beschwerdeführers im Instanzenzug abgewiesen.

Im Hinblick darauf, daß sich der am 20. April 1995 geborene Beschwerdeführer selbst nie rechtmäßig in Österreich aufhielt und die Mutter des Beschwerdeführers über keine Aufenthaltsbewilligung im Zeitpunkt der Bescheiderlassung verfügte, steht auch Art. 8 MRK einer Versagung der Bewilligung nicht entgegen. Aus dieser Bestimmung ist kein Recht eines Kindes, das selbst nie zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war, auf Familienzusammenführung mit einem Elternteil, der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte, ableitbar. Durch den Ablauf der Bewilligung der Mutter des Beschwerdeführers mit Erlassung des Bescheides erster Instanz gemäß § 6 Abs. 3 AufG und durch den folgenden, die Verlängerung der Bewilligung im Instanzenzug versagenden Bescheid der belangten Behörde wurde nicht in ein den Schutz des Art. 8 Abs. 1 MRK genießendes Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. In Ansehung des Beschwerdeführers lag daher bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides kein unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 MRK fallendes Familienleben vor.

Sollte sich aufgrund des anhängigen Beschwerdeverfahrens der Mutter des Beschwerdeführers die Sachlage durch Erlassung eines Ersatzbescheides der Behörde zweiter Instanz in Richtung einer Erteilung einer Bewilligung ändern, steht es dem Beschwerdeführer frei, neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu beantragen.

Unter Zugrundelegung des unbestrittenen Sachverhaltes ergibt sich somit, daß der Beschwerdeführer weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit in seinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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