VwGH 96/19/0645

VwGH96/19/064519.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Jänner 1996, Zl. 112.821/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 2. Jänner 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. März 1995, mit dem dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht stattgegeben wurde, gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Die belangte Behörde nahm begründend als erwiesen an, daß die österreichische Ehegattin des Beschwerdeführers, (M E), angegeben habe, daß die Ehe mit dem Beschwerdeführer nur deshalb eingegangen worden sei, um diesem die Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung zu vereinfachen. Die vom Beschwerdeführer geschlossene Ehe sei mit (rechtskräftigem) Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 22. November 1994 für nichtig erklärt worden. Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Verhalten darstelle, welches dazu führe, daß die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre, führt die belangte Behörde aus, daß der Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen und er vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen sei. Was die "persönlichen Verhältnisse" des Beschwerdeführers anbelange, sei festzustellen, daß die familiäre Beziehung zu Österreich nur in der für nichtig erklärten Ehe bestehe. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen des Beschwerdeführers im Rahmen des Art. 8 MRK sei auf Grund des angenommenen Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, daß die von ihm am 29. April 1992 (mit einer österreichischen Staatsbürgerin) geschlossene - am 22. November 1994 für nichtig erklärte - Ehe ausschließlich zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen wurde, nicht entgegen.

Liegt eine Eheschließung ausschließlich zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen vor, so stellt dies einen Rechtsmißbrauch und solcherart ein Verhalten dar, welches auch ohne zusätzliche Anhaltspunkte den Schluß rechtfertigt, daß der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährden würde (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0671, und die dort angeführte Vorjudikatur). Daß aber im Beschwerdefall eine rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe als erwiesen und deshalb der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG in Ansehung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung als verwirklicht anzusehen sei, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend und mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Die Eingehung einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stellt einen Rechtsmißbrauch dar, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodaß diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung bewirkter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 95/19/0757). Die im Gefolge des vom Beschwerdeführer zu vertretenden Rechtsmißbrauches entstandenen privaten Bindungen zu Österreich (hier: aufrechte Beschäftigung; nicht aber die am 9. Jänner 1996 geschlossene weitere Ehe - siehe dazu unten) können schon deshalb keine zugunsten des Beschwerdeführers ausfallende Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK bewirken, als es dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderliefe, wenn sich ein Fremder auf eine solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.

Der Beschwerdeführer bringt allerdings vor, daß er am 9. Jänner 1996 vor dem Standesamt Wien-Währing mit einer österreichischen Staatsbürgerin (A S) die Ehe geschlossen habe, wobei dieser Umstand von der belangten Behörde nicht mehr berücksichtigt werden konnte, weshalb er eine Kopie der Heiratsurkunde vorlege. Diese Tatsache trat zwar bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustelldatum 10. Jänner 1996) ein, wurde aber erstmals in der Beschwerde geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer unterließ die unverzügliche Benachrichtigung der belangten Behörde von der neuerlichen Eheschließung.

Die belangte Behörde hatte somit vor der Erlassung des Bescheides keine Kenntnis von der neuerlichen Eheschließung.

Der Verwaltungsgerichtshof kann Tatsachen, die erst im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren neu vorgebracht werden, auch dann nicht berücksichtigen, wenn der Beschwerdeführer für diese Tatsachen Beweise anzubieten vermag (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 552, zitierte Judikatur).

Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kann nicht dazu dienen, Versäumnisse, die den Parteien im Verwaltungsverfahren unterlaufen sind, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf das sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebende Neuerungsverbot auf ein solches Vorbringen nicht einzugehen (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 556, zitierte Judikatur).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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