Normen
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §10 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088 ;
VwGG §63 Abs1;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §10 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088 ;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm die Kosten des Verfahrens zu ersetzen, wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hält sich seit 1973 in Österreich auf und stützte - nach seinen Angaben - seine Aufenthaltsberechtigung in den Jahren bis 1982 auf Wiedereinreisesichtvermerke. Im Jahr 1982 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot verhängt; die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes wurde mehrfach aufgeschoben, zuletzt bis zum 30. Juni 1992. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 29. März 1994 wurde das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 26 des Fremdengesetzes (FrG) aufgehoben.
Einen vom Beschwerdeführer am 26. November 1992 eingebrachten Antrag auf (weiteren) Vollstreckungsaufschub sowie auf Erteilung eines Sichtvermerkes, der als Antrag im Sinn des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) gewertet wurde, wies der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 8. Juni 1994 gemäß § 7 Abs. 7 FrG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG mangels Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er auf die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes verwies sowie darauf Bezug nahm, daß ihm aufgrund der Erlasses des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994 die Möglichkeit einer Erstantragstellung vom Inland aus offenstehe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. März 1995 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 sowie § 13 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen. Die Behörde begründete dies damit, daß sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Durchsetzbarkeit des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Aufenthaltsverbotes sei bis 26. November 1992 aufgeschoben gewesen. Nach Beendigung des Durchsetzungsaufschubes habe der Fremde unverzüglich auszureisen; diese Ausreise sei unterblieben. Die bloße Antragstellung vom 26. November 1992 auf Erteilung eines Sichtvermerkes schaffe kein Aufenthaltsrecht. Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und gelte somit nicht als Überleitungsfall im Sinne des § 13 AufG. Aufgrund der unzulässigen Antragstellung sei eine weitere Auseinandersetzung mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ausgeschlossen. Überdies stelle das Vorliegen eines Sichtvermerksversagungsgrundes einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht dar.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 13. Dezember 1995, B 1239/95-12, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und über Antrag des Beschwerdeführers die Beschwerde mit Beschluß vom 2. Februar 1996, B 1239/95-14, dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
In der ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Zwischenzeitig wurden dem Beschwerdeführer nach entsprechender Antragstellung Aufenthaltsbewilligungen für die Zeiträume vom 7. Mai 1996 bis 7. Mai 1997 sowie vom 8. Mai 1997 bis 11. Oktober 1997 erteilt.
Mit hg. Schreiben vom 11. Dezember 1996 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich zur Frage zu äußern, ob er sich durch die Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als klaglos gestellt erachte. Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 1997 teilte der Beschwerdeführer mit, er erachte sich nicht als klaglos gestellt, da er ein "rechtliches Interesse daran habe, daß ihm eine Aufenthaltsbewilligung aufgrund seines Antrages vom 26. November 1992 unmittelbar nach Ende der Gültigkeit des Durchsetzungsaufschubes erteilt werden hätte müssen", und verwies auf ein gegen ihn wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet anhängiges Verwaltungsstrafverfahren.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; ein Antrag auf Kostenersatz wurde von ihr nicht gestellt.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderungen maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (siehe dazu den schon erwähnten hg. Beschluß vom 9. April 1980 sowie jenen vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A). Ob in letzterem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Gesichtspunkten zu prüfen. Wenn der Beschwerdeführer durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt wäre, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist, wird eine Beschwerde gegenstandslos, ohne daß der angefochtene Bescheid durch einen formellen Akt beseitigt wurde. Wenn kein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers mehr daran bestehen kann, daß der Verwaltungsgerichtshof über den angefochtenen Bescheid im Rahmen der Beschwerdepunkte entscheidet, so führt dies gleichfalls zur Einstellung des Verfahrens.
Im Falle eines den Antrag bewilligenden Ersatzbescheides würde das Ziel des Beschwerdeführers, eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum vom Ablauf des letzten Vollstreckungsaufschubes bis zum Beginn der ersten Aufenthaltsbewilligung erteilt zu bekommen, nicht erreicht werden. Aufgrund des Vorliegens eines Erstantrages käme die Erteilung einer Bewilligung nur mit Wirkung ex nunc und nicht
- wie es der Beschwerdeführer wünscht - rückwirkend in Frage. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides kann der Beschwerdeführer somit nicht günstiger gestellt werden, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde
- aufgrund der dem Beschwerdeführer zwischenzeitig erteilten Aufenthaltsbewilligungen - der Fall ist. Da somit ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem dargelegten Gesichtspunkt nicht mehr bestehen kann und ein solches auch sonst nicht ersichtlich ist, liegt Gegenstandslosigkeit im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGG vor. Das Verfahren war daher nach dieser Gesetzesstelle einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu urteilen.
Im gegenständlichen Fall war dem Beschwerdeführer kein Kostenersatz zuzusprechen, weil die meritorische Erledigung der Beschwerde zu ihrer Abweisung geführt hätte. Dies aus folgenden Gründen:
Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 27. März 1995 hatte die belangte Behörde die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, anzuwenden (im folgenden: AufG aF).
Gemäß § 6 Abs. 2 AufG aF ist der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung kann auch vom Inland aus gestellt werden. Nach § 13 Abs. 1 AufG bleiben die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften beantragen. Gemäß § 13 Abs. 1 AufG bleiben die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Tatsachenannahme der belangten Behörde, er habe seinen Antrag vom Inland aus gestellt, nicht entgegen. Er bestreitet auch nicht, daß sein letzter Sichtvermerk im Jahr 1982 abgelaufen war und im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (1. Juli 1993) gegen ihn ein Aufenthaltsverbot bestand, dessen Vollstreckung nicht (mehr) aufgeschoben war.
Der im bekämpften Bescheid gezogene Schluß, daß für den Beschwerdeführer - mangels rechtmäßigen Aufenthaltes im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes - die Übergangsregelung des § 13 Abs. 1 AufG nicht zum Tragen komme, er daher die Antragstellung gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus vorzunehmen gehabt hätte, begegnet keinen Bedenken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0564, sowie vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0277). Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AufG stand das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot, das erst mit Bescheid vom 29. März 1994 mit Wirkung ex nunc aufgehoben wurde, noch in Geltung. Der letzte Sichtvermerk des Beschwerdeführers lief - nach seinen Angaben - im Jahr 1982, nach der im Akt erliegenden Kopie des Reisepasses bereits Anfang 1979 ab. Er verfügte daher zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes über keine gültige Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich, weshalb die Übergangsregelung aus § 13 Abs. 1 AufG nicht zum Tragen kommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. April 1997, Zl. 95/19/1134, sowie vom 7. November 1997, Zl. 95/19/0991).
Die belangte Behörde wertete den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht als Erstantrag, für den die Erfolgsvoraussetzungen des § 6 Abs. 2 AufG maßgeblich waren.
Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Mit der "Einreise nach Österreich" im Sinne dieser Bestimmung ist die Einreise des Antragstellers gemeint (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/1168 m.w.N). Liegt diese Voraussetzung nicht vor, so hat die Behörde diesen Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG abzuweisen.
Aber auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf seinen langjährigen Aufenthalt in Österreich und die Notwendigkeit "weiterer Auseinandersetzungen mit seinen persönlichen Verhältnissen" verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Beschwerdeführer befand sich zwar schon - jeweils aufgrund von Wiedereinreisesichtvermerken - seit 1973 in Österreich; sein letzter Sichtvermerk lief (spätestens) im Jahr 1982 ab. Die im Zeitraum vor der Erteilung des Aufenthaltsverbotes entwickelten privaten und familiären Interessen wurden bereits im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes berücksichtigt, wo eine Erforderlichkeitsprüfung im Sinne des Art. 8 MRK gemäß § 20 FrG zwingend geboten ist.
Im Hinblick auf das Aufenthaltsverbot vom 26. Mai 1982 traf den Beschwerdeführer sodann jedenfalls mit Ablauf des Vollstreckungsaufschubes zum 30. Juni 1992 aus dem Grunde des § 22 Abs. 1 FrG die Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise. Die während eines unberechtigten weiteren Aufenthaltes begründeten oder auch nur intensivierten persönlichen Interessen eines Fremden im Inland vermögen keine zu seinen Gunsten ausschlagende Interessensabwägung zu bewirken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0340, sowie vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0277). Der Fall des Beschwerdeführers ist auch nicht vergleichbar mit jenen Fällen, in denen nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes aufgrund einer verfassungskonformen Interpretation des § 6 Abs. 2 AufG eine analoge Anwendung der Bestimmungen über die Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen geboten wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148).
Die im bekämpften Bescheid wegen Nichtentsprechung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 AufG erfolgte Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, erweist sich somit nicht als rechtswidrig.
Die Beschwerde wäre daher abzuweisen gewesen. In Ermangelung eines entsprechenden Kostenbegehrens war der belangten Behörde aber kein Kostenersatz zuzusprechen; der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Kostenersatz hingegen war abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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