VwGH 96/18/0204

VwGH96/18/020423.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. März 1996, Zl. SD 1574/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. März 1996 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin habe nach einer sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet aufgrund einer Verpflichtungserklärung einen bis 30. Mai 1993 gültigen Sichtvermerk erhalten.

Am 10. Mai 1993 habe die Beschwerdeführerin vor dem Standesamt Wien-Favoriten einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Am 24. August 1993 habe sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt und diese aufgrund des wegen der Eheschließung erteilten Befreiungsscheins für eine unselbständige Erwerbstätigkeit erhalten. Im Anschluß daran habe die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung als Angehörige eines österreichischen Staatsbürgers erhalten. Die letzte Aufenthaltsbewilligung sei bis 8. Oktober 1996 gültig.

Das Bezirksgericht Fünfhaus habe mit Urteil vom 30. August 1995, rechtskräftig seit 27. Oktober 1995, die zwischen dem österreichischen Staatsbürger und der Beschwerdeführerin geschlossene Ehe gemäß § 23 des Ehegesetzes für nichtig erklärt. Aus dem Ehenichtigkeitsurteil ergebe sich, daß die Heirat den Zweck gehabt habe, der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu verschaffen, eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in weiterer Folge die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Die Ehe sollte nur für eine bestimmte Dauer angelegt sein. Die Ehegatten hätten zur Zeit der Eheschließung keine gemeinsame Haushaltsgründung und keine ehelichen Beziehungen geplant gehabt. Auch im Laufe der Ehe sei es dazu nicht gekommen. Der Ehegatte habe für den Abschluß der gegenständlichen Ehe einen Geldbetrag erhalten.

Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, daß das Ehenichtigkeitsverfahren vor dem Bezirksgericht Favoriten noch immer nicht abgeschlossen wäre, die Angaben des Ehemannes daher nicht zugrundezulegen und vollkommen unrichtig wären. Die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin das vom Bezirksgericht Fünfhaus gefällte Ehenichtigkeitsurteil vom 30. August 1995 zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin habe sich hiezu nicht geäußert. Dieses Ehenichtigkeitsurteil sei daher der Entscheidung der belangten Behörde zugrundezulegen.

Das Bezirksgericht Fünfhaus habe - wie bereits erwähnt - festgestellt, daß die Heirat nur den Zweck gehabt hätte, der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu verschaffen, eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung zu erlangen. Bei der Eingehung einer Ehe nur zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen handle es sich um einen Rechtsmißbrauch, der als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens und solcherart als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten sei (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0505). Dieses Fehlverhalten sei seinem Gehalt nach der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzuhalten und stelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG dar, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertige.

Die Beschwerdeführerin verweise in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid bezüglich ihrer familiären Verhältnisse auf ihre Stellungnahme vom 20. November 1995. In dieser Stellungnahme bringe die Beschwerdeführerin vor, daß in Österreich ihr früherer Lebensgefährte gemeinsam mit ihren beiden gemeinsamen Kindern (13 Jahre und 5 1/2 Jahre alt) lebe. Das ältere Kind besuche in Österreich die Schule. Sie selbst sei berufstätig und arbeite bei einem Unternehmen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von über S 10.000,--. Aufgrund dieses Vorbringens werde von der belangten Behörde ein durch das Aufenthaltsverbot bedingter Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig.

Die gemäß § 20 FrG vorgenommene Interessenabwägung habe ergeben, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie. Dabei sei zu bedenken gewesen, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin, vom sichtvermerksfreien Aufenthalt und vom Sichtvermerk für sechs Monate

(1992 bis 1993) abgesehen, aufgrund der vom Landeshauptmann von Wien erteilten Aufenthaltsbewilligungen zwar erlaubt gewesen sei, die Erlaubtheit dieses Aufenthaltes jedoch nur auf das geschilderte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen sei. In Abwägung all dieser Umstände sei festzustellen, daß die aus der Dauer des Aufenthaltes resultierende Integration nicht wesentlich zugunsten der Beschwerdeführerin zu veranschlagen sei (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0441).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, daß das Eingehen einer für nichtig erklärten Ehe in ihrem Fall keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstelle, habe sie doch bereits vor Eingehen der Ehe über einen Sichtvermerk verfügt, sodaß die Eheschließung keinesfalls notwendig zur Erlangung eines Sichtvermerks gewesen sei.

Weiters habe die belangte Behörde ihre "familiären Verhältnisse zwar richtig dargestellt, aber nicht entsprechend gewürdigt; bei richtiger Würdigung der familiären Verhältnisse hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, daß die privaten Interessen die öffentlichen überwiegen".

2. Mit diesen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Zutreffend hat die belangte Behörde - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - das Eingehen einer Ehe allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen als Rechtsmißbrauch qualifiziert, welcher als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens anzusehen sei und solcherart - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige und der auch zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten erscheinen lasse und demnach diese Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zulässig mache (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. März 1996, Zl. 95/18/1441).

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, daß das Eingehen der als nichtig erklärten Ehe keinesfalls notwendig zur Erlangung eines Sichtvermerkes gewesen wäre, gehen ins Leere, da es im Hinblick auf das Vorliegen des Ehenichtigkeitsurteiles aus dem sich - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt und von der Beschwerdeführerin nicht bestritten - ergibt, daß die Beschwerdeführerin mit der Heirat den Zweck verfolgt habe, ihr die Möglichkeit zu verschaffen, eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in weiterer Folge die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen, unbeachtlich ist, ob sie eine Aufenthaltsberechtigung auch auf andere Weise hätte erlangen können.

Die Bekämpfung der von der belangten Behörde zutreffenderweise als erforderlich angesehenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG ist nicht geeignet, diese und deren Ergebnis als rechtswidrig darzutun. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die abgesehen von der unter Punkt II. 1. wiedergegebenen allgemeinen Behauptung nicht weiter auf die näheren Umstände ihres Privat- und Familienlebens eingehen, können die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung nicht erschüttern, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in einer dem Gesetz entsprechenden Weise vorgenommen wurde.

3. Da nach den vorstehenden Ausführungen die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - , war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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