VwGH 96/17/0008

VwGH96/17/000826.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, in der Beschwerdesache des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 25. August 1993, Zl. IIIa-211/10, betreffend Anzeigenabgabe für den Monat Jänner 1992, zu Recht erkannt:

Normen

AnzeigenabgabeG Vlbg 1990 §1 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
AnzeigenabgabeG Vlbg 1990 §1 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. August 1993 schrieb die Vorarlberger Landesregierung dem Beschwerdeführer gemäß den "§§ 1, 3, 4 und 6 des Anzeigenabgabegesetzes, LGBl. Nr. 30/1990," für den Monat Jänner 1992 eine Anzeigenabgabe in der Höhe von S 1,099.493,-- vor.

Dieser Bescheid stützte sich u.a. auf § 1 des Vorarlberger Anzeigenabgabegesetzes, Anlage zur Neukundmachungsverordnung der Vorarlberger Landesregierung LGBl. Nr. 30/1990 idF vor der Novelle LGBl. Nr. 46/1994. Nach dieser Bestimmung unterliegen Anzeigen, die in die in Vorarlberg erscheinenden Druckwerke gegen Entgelt aufgenommen werden, einer Abgabe. Dasselbe gilt für Anzeigen, die durch den Rundfunk (Hörfunk oder Fernsehen) von einem in Vorarlberg gelegenen Studio aus verbreitet werden. Gemäß § 8 leg. cit. fällt das Erträgnis der nach diesem Gesetz erhobenen Anzeigenabgabe je zur Hälfte dem Lande und den Gemeinden zu.

1.2. Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 29. November 1993, B 1703/93-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie mit weiterem Beschluß vom 26. Jänner 1994 antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.

1.3. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf "Freiheit von der Vorarlberger Anzeigenabgabe im strittigen Bereich ... (Freiheit für Anzeigen, die in anderen Hörfunkprogrammen als in Ö Regional gesendet werden, und Freiheit für die Fernsehprogramme)" verletzt. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid - erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

In seinem Schriftsatz vom 17. Mai 1994 regte der Beschwerdeführer an, der Verwaltungsgerichtshof möge an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG den Antrag stellen, das Vorarlberger Anzeigenabgabegesetz zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

Hiezu erstatteten die belangte Behörde und der Beschwerdeführer je einen weiteren Schriftsatz.

1.4. In Entsprechung des im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages sprach der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. September 1995, G 293/94, aus, daß der zweite Satz des § 1 Abs. 1 des Anzeigenabgabegesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 30/1990, (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 46/1994) verfassungswidrig war.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, daß ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."

Der Beschwerdefall bildet den Anlaßfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, daß die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.

Dadurch, daß die belangte Behörde den angefochtenen Abgabenbescheid auf diese die Abgabenvorschrift allein tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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