Normen
BAO §167 Abs2;
BAO §303 Abs1 litc;
BAO §303;
VwRallg;
BAO §167 Abs2;
BAO §303 Abs1 litc;
BAO §303;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 11. Mai 1995 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des am 16. Februar 1990 durch Hinterlegung der Finanzamtsbescheide rechtskräftig abgeschlossenen Abgabenverfahrens mit der Begründung, er sei nunmehr durch Urteil des Obersten Gerichtshofes rechtskräftig vom Vorwurf der Abgabenhinterziehung für die Jahre 1983, 1986 und 1987 freigesprochen worden. Durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes lägen neue Tatsachen vor, die bei Bescheiderlassung noch nicht vorhanden gewesen seien.
Mit weiterem Schriftsatz vom 23. Mai 1995 wiederholte der Beschwerdeführer den Wiederaufnahmeantrag und begründete diesen ergänzend damit, das erstinstanzliche Strafurteil sei deswegen zur Gänze aufgehoben worden, weil der (namentlich genannte) wichtigste Zeuge S, Geschäftsführer der Fa. S & S, nicht gehört worden sei. Im Finanzverfahren sei der genannte Zeuge ebenfalls nicht gehört worden. Dieser hätte den Beschwerdeführer sicherlich entlasten können, weil er als Geschäftsführer über den tatsächlichen Geldfluss Auskunft geben könne. (Entscheidend war im Abgabenverfahren die Frage, ob der Beschwerdeführer Provisionen von der Fa. S & S erhalten hat.)
Seinen Wiederaufnahmeantrag begründete der Beschwerdeführer weiters dahin, auch die Namhaftmachung eines Zeugen stelle ein neu hervorgekommenes Beweismittel dar; vom Vorhandensein des Wiederaufnahmegrundes habe er erst am 30. März 1995, dem Tag der Zustellung des Urteiles des Obersten Gerichtshofes, erfahren.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1995 wies das Finanzamt den Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers im Wesentlichen mit der Begründung ab, im Urteil des OGH sei kein Wiederaufnahmegrund zu erblicken, weil bei Freisprüchen keine Bindungswirkung bestehe. Vom Beschwerdeführer sei nicht glaubhaft behauptet worden, ihm wäre nicht bereits während des nunmehr abgeschlossenen Verfahrens der Zeuge S bzw. dessen Wissen bekannt gewesen. Somit seien die Voraussetzungen des § 303 Abs. 1 lit. b BAO nicht erfüllt; das Unterbleiben der Namhaftmachung des Zeugen liege, unbeachtlich ob dieser tatsächlich neue Tatsachen vorbringen könnte, im Verschulden des Abgabepflichtigen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung behauptete der Beschwerdeführer im Wesentlichen, es sei aus dem Akteninhalt ersichtlich, dass er im Prüfungsverfahren nicht vertreten und auch niemals als Partei anwesend gewesen sei, weil ihm niemals ein Bescheid zugestellt worden wäre, sondern nur als zugestellt gelte. Eine Namhaftmachung des Zeugen S sei ihm daher nicht möglich gewesen. Der Zeuge S habe nunmehr auf schriftliche Anfrage die Antwort gegeben, dass er niemals Provisionszahlungen an den Beschwerdeführer geleistet habe. Obwohl der Erstbehörde somit klar gewesen sei, dass S der Hauptzeuge in dieser Sache sei, habe sie es unterlassen, diesen als Zeugen einzuvernehmen.
Diese in der Berufung genannte schriftliche Antwort des Zeugen S vom 7. Oktober 1994 wurde der Berufung angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und begründete dies nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsprechung im Wesentlichen damit, die Betriebsprüfung habe ergeben, dass Provisionen von der Fa. S & S dem Beschwerdeführer und nicht den von diesem beschäftigten Subvertretern zuzurechnen seien. Es könne deshalb in der Namhaftmachung des Zeugen S, Geschäftsführer der Fa. S & S, und in dem in der Berufung geltend gemachten Umstand, dass dieser Zeuge keine Provisionszahlungen an den Beschwerdeführer geleistet habe, keine neue Tatsache bzw. kein neues Beweismittel erblickt werden.
Weiters führte die belangte Behörde aus, es sei kein formeller Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt worden und der Beschwerdeführer sei vom Vorsitzenden des Berufungssenates in ausreichender Weise vernommen worden. Ein Wiederaufnahmeantrag müsse selbst alle für die Beurteilung seiner Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben enthalten. Die Kenntnis eines Wiederaufnahmegrundes sei "innerhalb der Frist des § 303 Abs. 2 BAO in keiner Weise nachgewiesen" worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Das Bundesministerium für Finanzen legte die Verwaltungsakten
mit einer Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, die Ergebnisse der Betriebsprüfung seien nicht festgestellt worden, sodass der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde, wonach die geltend gemachten Wiederaufnahmegründe keine neuen Tatsachen oder Beweismittel darstellten, die Tatsachengrundlage fehle. Weiters sei der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren erster Instanz nicht vertreten gewesen und von der Abgabenbehörde erster Instanz niemals vernommen worden, sodass ihm ein Antrag auf Vernehmung des Zeugen S ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei. Da der Inhalt der Vernehmung des Beschwerdeführers nicht niedergeschrieben worden sei, könne dem Akteninhalt nicht entnommen werden, ob die Abgabenbehörden der Vorschrift des § 115 Abs. 2 BAO entsprochen haben.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer in keiner Weise darzutun, dass ihm die Existenz des Zeugen S, der immerhin Geschäftsführer des Vertragspartners des Beschwerdeführers war, im Abgabenverfahren noch nicht bekannt und die Namhaftmachung dieses Zeugen ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen wäre. Denn der Beschwerdeführer bringt zwar vor, er sei im Abgabenverfahren nicht vertreten und von der Abgabenbehörde erster Instanz niemals vernommen worden, übersieht aber, dass ihm eine Mitwirkung im - wie oben dargelegt rechtskräftig abgeschlossenen - Abgabenverfahren durchaus möglich gewesen wäre, wie dies sein Brief vom 31. Mai 1989 an das Finanzamt Mödling (OZ 7/115 des Verwaltungsakts) beweist.
Vom Beschwerdeführer wurde daher der für einen Erfolg seines Wiederaufnahmeantrages erforderliche Nachweis, er hätte die Vernehmung des Zeugen S im Abgabenverfahren unverschuldet nicht beantragen können, nicht erbracht.
Soweit der Beschwerdeführer auf seinen Freispruch im Strafverfahren verweist, ist ihm zu entgegnen, dass Entscheidungen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache - außerhalb des Vorfragentatbestandes nach § 303 Abs. 1 lit. c BAO - keine Wiederaufnahmegründe darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1990, Zl. 90/15/0118), ebenso wenig eine unterschiedliche Beweiswürdigung durch eine Verwaltungsbehörde einerseits und durch eine Verwaltungsstrafbehörde oder ein Gericht andererseits (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1990, Zl. 89/16/0037).
Der Beschwerdeführer verkennt das Wesen der Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO, wenn er in der Beschwerde behauptet, die inhaltliche Unrichtigkeit der gegen ihn erlassenen Abgabenbescheide habe sich im Strafverfahren herausgestellt und sei sohin schon bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens vorhanden gewesen, denn die Wiederaufnahme dient nicht dazu, eine allfällige Unrichtigkeit des im wieder aufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheides aufzugreifen. Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass das freisprechende Urteil des OGH auf Tatsachen oder Beweismitteln beruhte, die er ohne Verschulden im Finanzverfahren nicht hätte geltend machen können.
Soweit der Beschwerdeführer behauptet, er hätte die Frist des § 303 Abs. 2 BAO gewahrt, ist er der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass er selbst mit seiner Berufung gegen den abschlägigen erstinstanzlichen Bescheid den Brief des Zeugen S vom 7. Oktober 1994 - dem Vertreter des Beschwerdeführers am selben Tag zugestellt - vorgelegt hat, in welchem das Beweisthema, nämlich die Frage des Erhalts von Provisionszahlungen, behandelt wird. Schon daraus ergibt sich in eindeutiger Weise die Verspätung der Wiederaufnahmeanträge des Beschwerdeführers vom 11. Mai und 23. Mai 1995.
Letztlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde Verfahrensmängel derart vor, dass sie eine Berufungsverhandlung nicht durchgeführt und das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt habe. Dem ist zu entgegnen, dass der Berufung ein Antrag im Sinn des § 284 Abs. 1 BAO auf Durchführung einer Verhandlung nicht entnommen werden kann.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 25. März 1999
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