VwGH 96/12/0044

VwGH96/12/004431.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der A in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. September 1995, Zl. SchA-70268/72/1995, betreffend Versetzung gemäß § 19 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §19 Abs2;
LDG 1984 §19 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §19 Abs2;
LDG 1984 §19 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Seit 13. September 1993 war sie der Hauptschule 8 in N zugewiesen.

Mit Schreiben vom 19. Juli 1995 verständigte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, daß beabsichtigt sei, sie von dieser Dienststelle zur Hauptschule 7 (ebenfalls in N) zu versetzen.

Mit Eingabe vom 13. August 1995 erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen und führte aus, daß sie seit April 1983 aktiv im Schuldienst stehe (Abschluß der Pädagogischen Akademie 1982) und in der Zeit bis 17. November 1991 an die 20 Schulwechsel habe durchführen müssen, und nunmehr seit 1993 bis heute ununterbrochen als Lehrerin für die Unterrichtsgegenstände Deutsch, Englisch und Geographie tätig sei. Sie sei seit 1979 verheiratet und Mutter zweier Kinder im Alter von 16 und 4 Jahren. Vor allem ihre vierjährige Tochter benötige ihre persönliche Betreuung auch unter der Woche, was im Rahmen der von ihr an der HS 8 zu erbringenden Unterrichtsstunden ausreichend möglich wäre (6-Tagewoche). Ferner benötige ihre vor einem dreiviertel Jahr an Krebs erkrankte Mutter mehrmals wöchentlich ihre Unterstützung im Haushalt. Ab dem Schuljahr 1995/96 werde an der HS 7 die 5-Tagewoche eingeführt, was dazu führe, daß die Beschwerdeführerin während der regulären Unterrichtstage vermehrt auch nachmittags mit Unterrichtsstunden rechnen müsse, was die Betreuung ihres Kindes und ihrer Familie empfindlich beeinträchtigen würde. Diese Beeinträchtigung könne auch durch den freien Samstag nicht gutgemacht werden. Dazu komme, daß sie sich in der Kollegenschaft der HS 8 aufgrund ihrer mehrjährigen Tätigkeit (insgesamt vier Jahre) gut eingefügt habe und das uneingeschränkte Vertrauen ihrer Kollegen und auch der Schulleitung genieße. Die Beschwerdeführerin sehe keine pädagogischen oder dienstlichen Gründe, die für ihre Versetzung an die HS 7 sprächen, solche Gründe seien ihr gegenüber auch nicht geltend gemacht worden. Als einziger Grund sei ihr mitgeteilt worden, daß der Lehrer der HS 7, H, seinerseits um Versetzung an die HS 8 ersucht habe, und offenbar diese Versetzung nur möglich sei, wenn ein Lehrer der HS 8 an die HS 7 versetzt werde. Die Beschwerdeführerin wolle auch keinen Kollegen der HS 8 nennen, dem an ihrer Stelle die Versetzung an die HS 7 zugemutet werden könnte. Ebensowenig aber finde sie eine Versetzung ihrer Person an die HS 7 für sie zumutbar. Es spreche kein schulisches (pädagogisches oder dienstliches) Erfordernis für ihre Versetzung an die HS 7.

Mit Datum 12. September 1995 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit dem sie folgendes aussprach:

"Sie werden gem. § 19 Abs. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984, aus Dienstesrücksichten unter Aufhebung der Zuweisung an Ihre derzeitige Dienststelle mit Wirksamkeit vom 11. September 1995 an die Hauptschule 7 in N versetzt."

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung der angewendeten Rechtsvorschrift aus, bei der vorliegenden Personalmaßnahme handle es sich um eine Versetzung an eine andere Schule desselben Schulstandortes. Es liege kein Grund vor, der die Versetzung im Sinne des § 19 LDG 1984 unzulässig mache. Die von der Beschwerdeführerin gegen die Versetzung ins Treffen geführten Einwendungen seien insgesamt nicht so gravierend, daß die notwendig gewordene Maßnahme hätte unterbleiben müssen. Vor allem die von ihr erwähnte familiäre Situation werde durch die Versetzung nicht in einem Ausmaß verschärft, das die Dienstbehörde zu einer anderen Vorgangsweise verhalten hätte können. Es gebe im Schuldienst zahlreiche Landeslehrer, deren Wunsch nach Verwendung im Wohnort auf lange Sicht nicht berücksichtigt werden könne. Der Wunsch, in einer bestimmten Schulleitung am Wohnort tätig bleiben zu wollen, möge verständlich sein; ihm nicht entsprechen zu können, erscheine der Dienstbehörde jedoch wesentlich unproblematischer als die Tatsache, daß vielen Landeslehrern ihre oftmals beachtlichen Fahrstrecken zwischen Wohnort und Dienststelle nicht verkürzt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 28. November 1995 ab und trat sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

In dem Eventualantrag zur Verfassungsgerichtshofbeschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, nicht entgegen § 19 LDG 1984 versetzt zu werden.

§ 19 Abs. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984), BGBl. Nr. 302/1984, lautet:

"(2) Unter Aufhebung der jeweiligen Zuweisung kann der Landeslehrer von Amts wegen oder auf Ansuchen jederzeit durch eine anderweitige Zuweisung an eine andere Schule oder zur Lehrerreserve versetzt werden (Versetzung), sofern er jedoch eine schulfeste Stelle innehat, nur in den Fällen des § 25."

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist bei der Versetzung von Amts wegen auf die sozialen Verhältnisse und auf das Dienstalter des Landeslehrers soweit Rücksicht zu nehmen, als dienstliche Interessen nicht gefährdet werden. Die Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Landeslehrer einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Landeslehrer, bei dem dies nicht der Fall ist und der keine schulfeste Stelle innehat, zur Verfügung steht. Gemäß § 19 Abs. 6 LDG 1984 kommt einer Berufung gegen den Versetzungsbescheid aufschiebende Wirkung zu.

Demnach ist die Versetzung eines Beamten ein rechtsbegründender Verwaltungsakt, dem keine rückwirkende Kraft zukommt. Es muß daher eine Versetzung, die mit Wirkung von einem Tag verfügt wurde, der vor dem Tag der Zustellung des Bescheides liegt, als eine rückwirkende und rechtswidrige Ernennung angesehen werden (siehe das zum diesbezüglich vergleichbaren § 38 BDG 1979 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1990, 89/12/0117).

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall die Versetzung mit Wirksamkeit 11. September 1995 ausgesprochen. Aus den Verwaltungsakten ist zwar nicht ersichtlich, wann der Bescheid der Beschwerdeführerin zugestellt wurde, allerdings ist er mit 12. September 1995 datiert, und die Versendung im Verwaltungsakt mit 21. September 1995 angegeben. Das stimmt auch mit der Angabe der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde überein, der angefochtene Bescheid sei ihr am 22. September 1995 zugestellt worden. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß der Bescheid der Beschwerdeführerin jedenfalls erst nach dem 11. September 1995 zugestellt wurde und ihm daher eine im Gesetz nicht gedeckte rückwirkende Kraft zukommt. Bereits deshalb ist er mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid ist auch aus folgendem Grund rechtswidrig:

Die amtswegige Versetzung eines Landeslehrers nach § 19 Abs. 2 LDG 1984 ist eine Ermessensentscheidung, die zunächst und grundsätzlich ihren im Gesetz zum Ausdruck gelangenden Sinn in dienstlichen Interessen, insbesondere im dienstlichen Bedarf, findet (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1989, Zl. 87/12/0073, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Grunde des Art. 130 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

Ermessensentscheidungen müssen von der Behörde in einem Ausmaß begründet werden, welches der Partei die zweckmäßige Rechtsverfolgung vor dem Verwaltungsgerichtshof ermöglicht, und den Gerichtshof in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Behörde von dem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (siehe die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf S. 430 wiedergegebene Judikatur).

Entgegen der oben angeführten Judikatur entbehrt der angefochtene Bescheid jeglicher Feststellungen, worin das dienstliche Interesse an der Versetzung der Beschwerdeführerin liegt. Damit ist aber dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit genommen, zu überprüfen, ob dieses Ziel, das durch die Versetzung erreicht werden soll, nur durch die Versetzung der Beschwerdeführerin erreicht werden kann bzw. (sollte das dienstliche Interesse in einer Bedarfssituation der Hauptschule 7 in N bestehen), falls dies nicht der Fall ist, ob die belangte Behörde etwa den Vergleich nach § 19 Abs. 4 LDG 1984 gesetzeskonform vorgenommen hat.

Der angefochtene Bescheid mußte aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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