VwGH 96/10/0148

VwGH96/10/01484.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. März 1996, Zl. 3-Gem-101/15/6/96, betreffend Bordellbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
ProstG Krnt 1990 §12;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
ProstG Krnt 1990 §12;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. März 1996 die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Arnoldstein vom 2. Jänner 1996, betreffend Bordellbewilligung, als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Arnoldstein vom 9. November 1994 sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Bordellbewilligung abgewiesen worden. Der die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abweisende Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Arnoldstein sei mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 31. Mai 1995 aufgehoben worden. Am 30. November 1995 habe der Gemeinderat der Marktgemeinde Arnoldstein eine Verordnung gemäß § 12 des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1990 in der Fassung LGBl. Nr. 84/1990, erlassen, die nach Ablauf des Tages, an dem sie angeschlagen worden sei (das sei der 1. Dezember 1995 gewesen), in Kraft getreten sei. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Arnoldstein vom 2. Jänner 1996 sei die Berufung des Beschwerdeführers (neuerlich) abgewiesen worden, weil sich das beantragte Bordell innerhalb jenes Bereiches befinde, in dem die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution aufgrund dieser Verordnung verboten sei. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung sei unbegründet, weil die Berufungsbehörde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Rechtslage und somit auch die genannte Verordnung anzuwenden gehabt hätte. Daran vermöge auch der Umstand, daß die Berufungsbehörde ihre Entscheidung nicht fristgerecht getroffen habe, nichts zu ändern.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser ihre Behandlung mit Beschluß vom 19. Juni 1996, B 1348/96, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Kärntner Prostitutionsgesetz darf ein Bordell nur mit Bewilligung der Behörde (Bordellbewilligung) betrieben werden. Die Behörde hat eine Bordellbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. zu erteilen, wenn die persönlichen (§ 6) und die sachlichen (§ 7) Voraussetzungen erfüllt sind.

Gemäß § 7 lit. a leg. cit. darf die Bordellbewilligung nur erteilt werden, wenn für den Standort, an dem die Prostitution ausgeübt werden soll, kein Verbot der Gemeinde (§ 12) erlassen wurde.

Gemäß § 12 leg. cit. kann der Gemeinderat durch Verordnung die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden im Gemeindegebiet zum Zwecke der Anbahnung oder der Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinschaftsleben gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, wie insbesondere im Rahmen der örtlichen Sicherheitspolizei Interessen der Ruhe, Ordnung und Sicherheit, Interessen des Jugendschutzes oder Interessen des Fremdenverkehrs verletzt werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß der beantragte Standort im Verbotsbereich der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Arnoldstein vom 30. November 1995 gelegen ist. Er wendet sich vielmehr gegen die Anwendung dieser Verordnung auf den vorliegenden Fall. Nach Ansicht des Beschwerdeführers komme der Rechtsmittelbehörde nämlich Ermessensfreiheit zu, ob sie diese Verordnung anzuwenden habe oder nicht; dieses Ermessen sei jedoch fehlerhaft geübt und im übrigen auch nicht begründet worden.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die Rechtsmittelbehörde - wie auch im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt wird - nach ständiger hg. Judikatur im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat. Eine andere Betrachtungsweise wird dann geboten sein, wenn der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung anderes anordnet, oder wenn darüber abzusprechen ist, was zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum Rechtens war (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 (1996), 581 f, referierte

hg. Judikatur). Da ein eine in diesem Sinn andere Betrachtungsweise gebietender Fall nicht vorliegt, ist die belangte Behörde zu Recht davon augegangen, daß der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Arnoldstein die Verordnung des Gemeinderates vom 30. November 1995 anzuwenden hatte. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es liege im Ermessen der Rechtsmittelbehörde, welches Recht sie ihrer Entscheidung zugrundezulegen habe, ist allerdings schon im Ansatz verfehlt. Besteht Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG doch darin, daß der Gesetzgeber von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überläßt, nicht aber in einem Wahlrecht der Behörde, welche von mehreren (bindenden) Regelungen sie ihrer Entscheidung zugrunde legt.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, durch die Säumigkeit der Berufungsbehörde sei es überhaupt erst möglich gewesen, die in Rede stehende Verordnung auf ihn anzuwenden. Aus dieser Vorgangweise sei zu ersehen, daß der Beschwerdeführer bei Erlassung der Berufungsentscheidung aus unsachlichen Motiven benachteiligt werden sollte; dies sei von der belangten Behörde jedoch unberücksichtigt gelassen worden.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Denn weder bewirkt eine Verletzung der Pflicht nach § 73 Abs. 1 AVG, über Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen, eine Rechtswidrigkeit des (verspätet erlassenen) Bescheides, noch zieht eine Überschreitung der Entscheidungsfrist gemäß § 73 AVG die Wirkung nach sich, daß eine Änderung der Rechtslage nicht mehr zu beachten sei (vgl. die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., 713, referierte hg. Judikatur). Im übrigen indiziert diese Vorgangsweise für sich noch nicht das Vorliegen unsachlicher Beweggründe.

Es läßt somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt; die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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