VwGH 96/09/0185

VwGH96/09/018521.10.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des H S in W, vertreten durch Dr. Heinz Robathin, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerstraße 12 gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. April 1996, Zl. UVS-07/04/00310/95, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AÜG §3 Abs4;
AuslBG §18;
AuslBG §2 Abs2 idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs4 idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs4 idF 1993/502;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AÜG §3 Abs4;
AuslBG §18;
AuslBG §2 Abs2 idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs4 idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs4 idF 1993/502;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 12. April 1995, mit welchem er schuldig erkannt worden war, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener gemäß § 9 Abs. 1 VStG der I-GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft vier namentlich genannte Ausländer am 30. Juni 1994 auf einer bestimmt bezeichneten Baustelle beschäftigt habe, obwohl ihr weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei, und wofür er mit vier Geldstrafen in der Höhe von je S 25.000,--, im Nichteinbringungsfall mit vier Ersatzfreiheitsstrafen von je fünf Tagen bestraft worden war, im Schuldausspruch abgewiesen, jedoch die ausgesprochene Strafe auf viermal je S 20.000,-- im Nichteinbringungsfall auf vier Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen reduziert. Nach Wiedergabe der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsstandpunkte, des Verfahrensganges und der von ihr in Anwendung gebrachten Rechtslage führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, unstrittig sei, daß die vier im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannten Ausländer, für am 30.6.1994 auf der Liegenschaft der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft gearbeitet hätten, und daß für sie keine Bewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgestellt worden seien. Nicht in Zweifel gezogen sei ferner die Eigenschaft des Beschwerdeführers als strafrechtlich Verantwortlicher für die Firma I-GesmbH. Der Beschwerdeführer habe sich im Strafverfahren jedoch damit verantwortet, daß er den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten nicht an die Ausländer selbst, sondern an zwei namentlich bezeichnete Firmen (Fa. T und Fa. R) erteilt hätte, an denen je zwei der vier Ausländer zu je 50 % beteiligt seien, letztere daher keine Bewilligungen nach dem AuslBG benötigten. Auf Grund der Beweisergebnisse kam die belangte Behörde zum Ergebnis, daß der Beschwerdeführer für beide genannte Firmen als Prokurist jeweils einzelzeichnungsberechtigt, die beiden (ausländischen) Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma T hingegen nur gemeinsam zeichnungsberechtigt gewesen seien. Infolge Abschiebung des einen scheine nur noch ein einziger Gesellschafter-Geschäftsführer dieser Firma auf. Die Firma R scheine im Firmenbuch überhaupt nicht auf, auch für diese Firma sei eine ähnliche Konstruktion gewählt worden, d. h. zwei Ausländer mit je 50 % Firmenanteile gemeinsam zeichnungsberechtigt, der Beschwerdeführer als einzelzeichnungsberechtigter Prokurist. Beide Gesellschafter-Geschäftsführer dieser Gesellschaft seien bereits im Tatzeitpunkt abgeschoben gewesen, die Firma sei praktisch nicht existent. Unter Bedachtnahme auf § 2 Abs. 4 erster Satz (erg.: AuslBG) müsse die belangte Behörde von einer direkten Beschäftigung der vier Ausländer durch die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft ausgehen. In einer detaillierten Darstellung legt die belangte Behörde sodann in 14 Einzelpunkten ihre Erwägungen zur Beweiswürdigung dar, um zum Schluß zu kommen, daß der Beschwerdeführer in allen involvierten Gesellschaften eine dominierende Rolle gespielt habe, entweder als Geschäftsführer oder als Grundstückseigentümer oder als Prokurist und auch über alle aufgezählten Details - anders als in der Berufung behauptet - voll informiert gewesen sei. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß er durch Scheingeschäfte - die Zwischenschaltung von zwei Gesellschaften mbH - die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bewußt zu umgehen versucht habe, weshalb das Vorliegen des objektiven und subjektiven Straftatbestandes nicht anzweifelbar erscheine.

Im übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 450/1990 gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis,
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
  3. c) in einem Ausbildungsverhältnis,
  4. d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
  5. e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

    Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind nach § 2 Abs. 3 AuslBG

    a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

    b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter, und

    c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des AÜG.

    Soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...

    bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--.

    Insoweit der Beschwerdeführer inhaltlich - obwohl im Rahmen der Rechtsrüge - die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist er darauf zu verweisen, daß diese nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung an sich schlüssig ist, und ob der Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurde (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, S 328 angeführte Rechtsprechung). Diesen Anforderungen halten die umfangreichen, in Einzelpunkte gegliederten Ausführungen der belangten Behörde zur Beweiswürdigung stand.

In der rechtlichen Beurteilung des Beschwerdefalles durch die belangte Behörde ist ebenfalls keine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Der Beschwerdeführer bestreitet - wie schon im Verwaltungsverfahren - das Vorliegen einer "Beschäftigung" im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Den Begriff der "Beschäftigung" regelt § 2 Abs. 2 AuslBG im bereits zitierten Sinn. Mit der dort ersichtlichen Umschreibung wurde ein eigener Beschäftigungsbegriff - abweichend vom Sozialversicherungs- und Arbeitsvertragsrecht - geschaffen, der vor allem den spezifischen Gegebenheiten und verschiedenen Formen, unter denen Ausländer auf dem Arbeitsmarkt tätig werden können, Rechnung trägt und damit jede Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit erfaßt, gleichgültig ob es sich um ein Arbeitsverhältnis, um ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis, um ein Ausbildungsverhältnis (Volontär- oder Praktikantenverhältnis) oder um eine sonstige bloße Tätigkeit in Ö handelt, wie dies zum Beispiel im letztgenannten Fall bei ausländischen Arbeitskräften oder ausländischen arbeitnehmerähnlichen Personen, die in Ö als sogenannte Betriebsentsandte (§ 18) oder als überlassene Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des AÜG tätig werden, zutrifft (vgl. Neurath - Steinbach, AuslBG, Seite 74). Lediglich im Falle eines - zum Beispiel im Rahmen eines echten Werkvertrages - unternehmerischen (d.h. selbständigen) Tätigwerdens sind die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht anwendbar. Daher hat die belangte Behörde auch zu Recht die Abgrenzungskriterien für die Annahme wirtschaftlicher Abhängigkeit untersucht.

Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit ( Unselbständigkeit) - und nur diese ist im Beschwerdefall von Relevanz und im Sinne des § 2 Abs. 4 AuslBG idF BGBl. Nr. 502/1993 nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu prüfen - sind:

1. die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

  1. 2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;
  2. 3. die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung; 4. Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, "stille" Autorität);
  3. 5. die Berichterstattungspflicht;
  4. 6. die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;
  5. 7. das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

    8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

  1. 9. die Entgeltlichkeit und
  2. 10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zugute kommt.

    Bei der Beurteilung müssen nicht alle Kriterien, welche möglicherweise zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant sein könnten, verwirklicht sein; sie müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht bewertet werden. Bei der Beurteilung des konkret und genau erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, daß lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muß dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach den Regeln des "beweglichen Systems", indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, daß man berücksichtigt, daß eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als daß das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. mit zahlreichen weiteren Nachweisen Bachler, Ausländerbeschäftigung 1995, Seite 9 ff). Das im Sinne einer übermächtigen Einflußnahme des Beschwerdeführers auf die Geschicke der von ihm als Auftragnehmerinnen genannten Firmen T und R Gesellschaften mbH - soferne diese überhaupt existent geworden sind - wirtschaftliche Unselbständigkeit der vier in Rede stehenden Ausländer vorlag, kann nicht mehr zweifelhaft sein.

    Insoweit die Beschwerde Unzuständigkeit der belangten Behörde unter Hinweis auf den in N gelegenen Ort der Beschäftigung der genannten Ausländer geltend macht, ist darauf zu verweisen, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit der Angabe des Firmensitzes - der unbestrittenermaßen in W gelegen ist - der Tatort in ausreichendem Maße konkretisiert ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. September 1993, Zlen. 93/09/0152, 0153, und vom 8. September 1993, Zl. 93/09/0160), nach dem sich die Zuständigkeit der Strafbehörde - wie dies in der Beschwerde auch zutreffend dargelegt wird - richtet.

    Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, die im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannten Ausländer seien nicht als Zeugen einvernommen worden, ist ihm zu entgegnen, daß die belangte Behörde bereits darauf hingewiesen hat, daß in Ermangelung einer inländischen Zustellmöglichkeit erfolglos versucht worden sei, diese Zeugen zu laden und einzuvernehmen. Eine Jurisdiktion der belangten Behörde im Ausland (insbesondere Ermächtigung zu einer bescheidmäßigen Ladung im Sinn des § 19 Abs.1 AVG) im Ausland besteht aber nicht.

    Schon aus diesen Gründen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 21. Oktober 1998

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