Normen
AlVG 1977 §12 Abs6;
AlVG 1977 §26 Abs4 litd;
AlVG 1977 §79 Abs19;
AlVG 1977 §12 Abs6;
AlVG 1977 §26 Abs4 litd;
AlVG 1977 §79 Abs19;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstangefochtenen der beiden gemeinsam erlassenen, die gleiche Geschäftszahl tragenden Bescheide, gegen die sich die vorliegende Beschwerde richtet, sprach die belangte Behörde in teilweiser Stattgebung einer Berufung der Beschwerdeführerin gegen einen erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Schärding vom 16. Dezember 1994 aus, für den Zeitraum vom 1. Juni 1989 bis zum 31. Dezember 1989 werde der Bezug (gemeint: die Zuerkennung) des der Beschwerdeführerin im Anschluss an ihre Beschäftigung bei der Ka. GmbH gewährten Karenzurlaubsgeldes widerrufen und die Beschwerdeführerin zum Rückersatz des empfangenen Karenzurlaubsgeldes im Gesamtbetrag von S 32.271,-- verpflichtet.
Diese Entscheidung gründete sich im Wesentlichen darauf, dass die Beschwerdeführerin Geschäftsführerin der B. GmbH und der Kr. GmbH und an der B. GmbH auch zu 50 % beteiligt gewesen sei. Damit sei die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde selbständig erwerbstätig gewesen:
"Im Falle eines geschäftsführenden Gesellschafters jedoch, der also Anteile an der Gesellschaft besitzt und dessen Gesellschaft ein Einkommen erzielt, das anteilsmäßig (z.B. in Ihrem Fall 50 %) die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, ist Arbeitslosigkeit im Sinne des AlVG nicht gegeben und es besteht gemäß § 26 Abs. 4 lit. d AlVG kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. in Ihrem Fall auf Karenzurlaubsgeld.
Dies deshalb, weil Sie als geschäftsführender Gesellschafter auch Mitbestimmungsrechte ausüben, mit einer 50 %igen Beteiligung können Sie sogar wesentlich die Geschäftspolitik des Unternehmens beeinflussen."
Das Einkommen der B. GmbH habe laut Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften (gemeint ist der Körperschaftsteuerbescheid) 1989 S 0,--, die Sonderausgaben hätten S 5.000,-- und der Verlustabzug habe S 981.222,-- betragen. Sohin habe das monatliche Einkommen der Beschwerdeführerin bei Bedachtnahme auf ihre 50 %ige Beteiligung an der Gesellschaft und unter Berücksichtigung der in dem hg. Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 95/08/0090, dargelegten Rechtslage S 41.092,58 betragen, was die sogenannte Geringfügigkeitsgrenze bei Weitem überstiegen habe. Die Beschwerdeführerin habe daher im Jahr 1989 keinen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld gehabt, weshalb die Zuerkennung der Leistung zu widerrufen gewesen sei. Nach Ansicht der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin auch den Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG erfüllt.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen einen erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Schärding vom 1. Dezember 1994, mit dem ein von der Beschwerdeführerin am 1. Juni 1994 unter Vorlage einer Arbeitsbescheinigung der A. GmbH gestellter Antrag auf Karenzurlaubsgeld abgewiesen worden war, keine Folge.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei Geschäftsführerin der B. GmbH, an der sie auch zu 50 % beteiligt sei. In dieser Funktion sei die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde selbständig erwerbstätig:
"Im Falle eines geschäftsführenden Gesellschafters jedoch, der also Anteile an der Gesellschaft besitzt und dessen Gesellschaft einen Umsatz erzielt, von dem 11,1 % anteilsmäßig (z.B. in Ihrem Fall 50 %) die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, ist Arbeitslosigkeit nicht gegeben und es besteht gemäß § 26 Abs. 4 lit. d AlVG kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. in Ihrem Fall auf Karenzurlaubsgeld.
Dies deshalb, weil Sie als geschäftsführender Gesellschafter auch Mitbestimmungsrechte ausüben, mit einer 50 %igen Beteiligung können Sie sogar wesentlich die Geschäftspolitik des Unternehmens beeinflussen."
11,1 % von einem Zwölftel der Hälfte des Jahresumsatzes der B. GmbH überstiegen 1994 jedenfalls die Geringfügigkeitsgrenze von S 3.288,-- (näher ausgeführt). Die Beschwerdeführerin habe daher keinen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat übersehen, dass die von ihr herangezogene Vorschrift des § 26 Abs. 4 lit. d AlVG sowohl in der für den erstinstanzlichen Bescheid (der fälschlich die für 1994 anzuwendende Fassung wiedergibt) maßgeblichen Stammfassung als auch in der für den zweitangefochtenen Bescheid zunächst maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 auf das Einkommen bzw. den Umsatz der das Karenzurlaubsgeld beanspruchenden Mutter abstellte. Im vorliegenden Fall war dies die Beschwerdeführerin und nicht eine oder mehrere der von ihr vertretenen Kapitalgesellschaften. Für die Fiktion, ein Einkommen bzw. Umsatz einer Kapitalgesellschaft sei - etwa insoweit, als es um Gesellschafter gehe, die zugleich Geschäftsführer seien - auch als Einkommen bzw. Umsatz der Gesellschafter anzusehen, gab es keine Rechtsgrundlage (vgl. dazu im Zusammenhang mit dem Umsatz - zum Teil auch auf Personengesellschaften bezogen - die hg. Erkenntnisse vom 8. April 1997, Zl. 96/08/0237, vom 16. Februar 1999, Zl. 97/08/0427, und vom 29. März 2000, Zl. 97/08/0481). Gegenteiliges ist im Besonderen auch dem von der belangten Behörde im erstangefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnis (in dem es um Einzelheiten des Verlustabzuges, aber nicht um eine Gleichsetzung von Kapitalgesellschaften und deren Gesellschaftern ging) nicht zu entnehmen.
Seit dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, verwies § 26 Abs. 4 AlVG auf § 12 Abs. 6 AlVG, der - gleichfalls seit dem Strukturanpassungsgesetz - auch eine Regelung über die Zurechnung aliquotierter Umsätze einer Gesellschaft bei der Beurteilung der Arbeitslosigkeit geschäftsführender Gesellschafter enthielt. Diese Regelung konnte im Fall der Beschwerdeführerin, auf den sie - bei Zutreffen ihrer Voraussetzungen - gemäß § 79 Abs. 19 AlVG für den Zeitraum ab dem 1. Jänner 1996 anzuwenden gewesen wäre, nicht zum Verlust der Berechtigung zum Bezug des Karenzurlaubsgeldes führen, weil sie nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht für geschäftsführende Gesellschafter von Kapitalgesellschaften gilt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 13. April 1999, Zlen. 98/08/0283, 0354, vom 29. März 2000, Zl. 98/08/0045 und Zl. 97/08/0481, und zuletzt vom 18. Oktober 2000, Zl. 96/08/0039).
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz im verzeichneten Ausmaß gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)