VwGH 96/07/0220

VwGH96/07/022012.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 30. September 1996, Zl. 31 3546/19-III/1/96-Gl, betreffend Genehmigung einer Behandlungsanlage für heterogene Feststoff-Metall-Flüssigkeitsgemische, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 6. Juni 1994 beantragte die L.-GesmbH die Erteilung einer Genehmigung gemäß § 29 Abs. 1 Z. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Behandlungsanlage für heterogene Feststoff-Metall-Flüssigkeitsgemische auf dem Grundstück Nr. 240/5 der KG S.

Innerhalb der Ediktalfrist wurden von der beschwerdeführenden Partei Einwendungen erhoben. Die beschwerdeführende Partei machte geltend, daß sich in den Projektsunterlagen und in der Beurteilung keine Angaben betreffend die Lüftung in der Halle befänden. Eine Lüftung der Halle sei unumgänglich, um Belästigungen durch Geruch und Staub zu vermeiden. Weiters wurden von der beschwerdeführenden Partei Lärmschutzmaßnahmen im Hinblick auf den Nachbarschaftsschutz gefordert. Abschließend rügte die beschwerdeführende Partei das Fehlen einer Sicherheitsanalyse. Mit Bescheid vom 12. April 1995 erteilte der Landeshauptmann von Kärnten die beantragte Genehmigung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen.

Die beschwerdeführende Partei berief. Sie machte geltend, die Auffassung der Behörde erster Instanz, die Gemeinde habe keine subjektiv-öffentlichen Rechte außer nach wasserrechtlichen Bestimmungen bzw. in jenen Fällen, in denen die Gemeinde auf Grund von in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken Nachbareigenschaft besitze, treffe nicht zu. Weiters wurde in der Berufung vorgebracht, es bestehe ein einheitliches Betriebsareal und ein tragender Grundsatz der gewerberechtlichen Bestimmungen für die Betriebsanlagen liege in der Einheit der Betriebsanlage. Dieser Grundsatz sei durch willkürliche Projektstrennung verletzt worden. Gerügt wurde von der beschwerdeführenden Partei in der Berufung auch die mangelnde Erhebung des Ist-Zustandes für die Stoffe Benzol, Toluol, Äthylbenzol, CO, HOx und HC. Schließlich brachte die beschwerdeführende Partei in der Berufung vor, die Behörde erster Instanz habe die "Emissionen der Luftstoffe" nicht nach dem Stand der Technik begrenzt und einige Auflagen im bekämpften Bescheid seien unbestimmt.

Mit Bescheid vom 30. September 1996 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.

In der Begründung wird ausgeführt, zu der von der beschwerdeführenden Partei in der Berufung aufgestellten Behauptung, die Gemeinde besitze auf Grund des § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG ein umfassendes subjektiv-öffentliches Recht, sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1996, Zl. 95/07/0098, zu verweisen, wonach die im § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG der Gemeinde des Standortes zuerkannte Parteistellung ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung allein kein subjektives Recht gewähre. Subjektive Rechte der Gemeinde ergäben sich nur aus den im § 29 Abs. 2 AWG genannten Bestimmungen. Die beschwerdeführende Partei habe jedoch in ihrer Berufung nicht die Verletzung solcher subjektiver Rechte geltend gemacht. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß eine juristische Person nur die Gefährdung ihres Eigentums oder sonstige dingliche Rechte erfolgreich geltend machen könne (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0178), eine persönliche Gefährdung einer juristischen Person (Gebietskörperschaft) durch Lärm, Geruch und Gas aber nicht vorliegen könne (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1992, Zl. 88/04/0185).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde verkenne im angefochtenen Bescheid, daß sich die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei aus zwei Aspekten ergebe, nämlich zum einen aus § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG und zum anderen aus ihrer Stellung als Eigentümerin von Nachbargrundstücken der geplanten Anlage. Die Parteistellung nach § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG sei als solche zu verstehen, die der Standortgemeinde eine unbeschränkte Parteistellung hinsichtlich der Wahrung sämtlicher Interessen der Standortgemeinde einräume, wie z.B. zur Wahrung sämtlicher vitaler Interessen ihrer Bürger, wie Leben und Gesundheit, die Geltendmachung von Planungsinteressen, usw. Die von der beschwerdeführenden Partei im Verfahren gemachten Einwendungen, daß die Emissionen von Luftschadstoffen nicht nach dem Stand der Technik begrenzt würden und daß durch die Anlage eine Gesundheitsgefährdung und eine unzumutbare Belästigung hervorgerufen werde, seien entgegen der Auffassung der belangten Behörde in der der beschwerdeführenden Partei zukommenden Parteistellung gedeckt und es handle sich um die Geltendmachung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte. Die erfolgte Aufspaltung der Bewilligung für die Anlage sei rechtswidrig. Im Verfahren sei den Behörden auch eine Reihe näher bezeichneter Verfahrensmängel unterlaufen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 29 Abs. 5 AWG haben im Verfahren zur Genehmigung für besondere Abfall- und Altölbehandlungsanlagen Parteistellung:

  1. 1. der Antragsteller
  2. 2. die betroffenen Grundeigentümer
  3. 3. die Inhaber rechtmäßig geübter Wassernutzungen gemäß § 12 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959

    4. die Gemeinde des Standortes und die unmittelbar angrenzenden Gemeinden der Behandlungsanlage

    5. das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1974

    6. Nachbarn (§ 75 Abs. 2 und 3 Gewerbeordnung 1973), die Einwendungen gemäß Abs. 4 innerhalb der sechswöchigen Frist erhobenen haben.

    § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG vermittelt der Standortgemeinde - abgesehen von prozessualen Rechten - kein subjektiv-öffentliches Recht (vgl. die hg. Beschlüsse vom 28. Februar 1996, Zl. 95/07/0098, und vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/07/0123, u.a.). Würde sich die beschwerdeführende Partei nur auf ihre aus § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG erfließenden Rechte berufen, wäre die Beschwerde zurückzuweisen.

    Unabhängig von der Parteistellung gemäß § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG kann jedoch auch einer Standortgemeinde und den unmittelbar angrenzenden Gemeinden der Behandlungsanlage aus einem der anderen Rechtsgründe des § 29 Abs. 5 AWG Parteistellung zukommen, welche auch subjektiv-öffentliche Rechte und damit ein Beschwerderecht im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gewährt.

    Die beschwerdeführende Partei behauptet auch die Verletzung von Rechten, die ihr aus ihrer Stellung als Nachbar (Grundnachbar) zur geplanten Anlage zustünden.

    Nach § 75 Abs. 2 der Gewerbeordnung - diese Bestimmung ist nach § 29 Abs. 5 Z. 6 AWG für den Begriff des Nachbarn im Sinn des AWG maßgeblich - sind Nachbarn alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

    Dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren ist nicht zu entnehmen, daß und warum DIE BESCHWERDEFÜHRENDE PARTEI durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb der geplanten Anlage gefährdet oder belästigt werden könnte oder daß IHR Eigentum oder IHRE sonstigen dinglichen Rechte gefährdet werden könnten. Insbesondere fehlt jede konkrete Bezugnahme auf ein Grundstück oder ein dingliches Recht der beschwerdeführenden Partei. Auch in der Beschwerde läßt die beschwerdeführende Partei trotz ihres Hinweises auf ihr Grundeigentum jegliche Bezugnahme auf konkrete Grundstücke vermissen.

    Zu Recht ist die belangte Behörde daher davon ausgegangen, daß die beschwerdeführende Partei mit ihren Einwendungen keine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten geltend gemacht hat. Der vorliegende Fall gleicht diesbezüglich in allen wesentlichen Belangen dem mit hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Zl. 96/07/0085, entschiedenen.

    Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.

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