VwGH 96/07/0085

VwGH96/07/008529.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt vom 27. März 1996, Zl. 06 3546/67-III/6/96-Gl, betreffend Genehmigung einer Abfall- und Altölbehandlungsanlage (mitbeteiligte Partei: L-Gesellschaft mbH. in K), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5 Z6;
AWG 1990 §29 Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5 Z6;
AWG 1990 §29 Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (mP) beantragte mit Eingabe vom 5. Oktober 1994 beim Landeshauptmann von Kärnten (LH) die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für einen Zu- und Umbau einer bestehenden Halle, wobei eine Sortieranlage, ein Sonderabfallzwischenlager sowie ein Lager und eine Verladestation für Altöl inklusive infrastrukturelle Einrichtungen errichtet werden sollten.

Bei einer vom LH am 25. April 1995 durchgeführten mündlichen Verhandlung, bei der die mP die Genehmigung eines Versuchsbetriebes für den Projektsteil Sortierhalle beantragte, erklärte der Vertreter der beschwerdeführenden Partei, gegen "einen Versuchsbetrieb der Sortieranlage mit anschließender Hauptverhandlung zur Genehmigung" bestünden keine Einwendungen. Für die beabsichtigte Genehmigung der Errichtung und Inbetriebnahme der Ölverlade- und Umfüllstation (inklusive Ölzwischenlager) und des Sonderabfallzwischenlagers werde beantragt, sämtliche Unterlagen (Projekt, Einwendungen, Gutachten, Niederschrift) zu übermitteln und eine Frist von drei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme durch den Stadtsenat für die Standortgemeinde zu gewähren.

Der LH trug diesem Begehren Rechnung.

Mit Schreiben vom 16. Mai 1995 gab die beschwerdeführende

Partei folgende Stellungnahme ab:

"Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wird

1. durch die projektsgemäß vorgesehene ungeordnete Lagerung von losen Abfällen in der Sortierhalle eine Feuersgefahr eingewandt, welche durch Untersagung bzw. Einrichten von Brandabschnitten hintangehalten werden müßte;

2. durch die in der Sortierhalle umgeschlagenen Abfälle eine Gesundheitsgefährdung bzw. unzumutbare Belästigung durch Geruch eingewandt; die Emissionen von Luftschadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen."

Mit Bescheid des LH vom 7. Juni 1995 wurde der mP gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3, Abs. 2 und 8 letzter Satz des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) in Verbindung mit § 354 der Gewerbeordnung 1994, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung zur Durchführung eines Versuchsbetriebes einer Sortieranlage für nicht gefährliche Abfälle (Altpapier und Kunststoffverpackungen, Gewerbetrockenmüll) erteilt.

Mit einem weiteren Bescheid des LH vom 14. Juli 1995 wurde der mP gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3, Abs. 2 und 13 AWG die abwirtschaftsrechtliche Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme des Sonderabfallzwischenlagers, der Lager- und der Verladestation für Altöl, der damit verbundenen infrastrukturellen Einrichtungen sowie für den Bau und den Betrieb einer Anschlußbahn erteilt.

Die beschwerdeführende Partei berief. Sie machte geltend, der Standortgemeinde als Nachbar komme eine unbeschränkte Parteistellung zur Wahrung sämtlicher Interessen der Standortgemeinde zu. Das Projekt der mP sei nicht teilbar, sodaß auch keine Teilung in einen Versuchsbetrieb und eine Genehmigung nach § 29 AWG möglich sei. Die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Feuersgefahr seien nicht behandelt worden; ähnliches gelte für die Beurteilung des Lärms und die eingewandte Gefährdung durch Geruchsbelästigungen. Mehrere Auflagen seien völlig unbestimmt.

Mit Bescheid vom 27. März 1996 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, die Parteistellung einer juristischen Person sei auch im Verfahren nach § 29 Abs. 1 AWG beschränkt. Eine Vertretungsbefugnis für die Interessen der Gemeindebürger bestehe für diese juristische Person nicht. Die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte habe die beschwerdeführende Partei im Verfahren nicht geltend gemacht. Im Hinblick auf die von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Verfahrensverletzungen sei festzuhalten, daß die Sache des Berufungsverfahrens insofern beschränkt sei, als den Parteien hierüber ein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt und Sache des Berufungsverfahrens nach § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich jener Bereich sei, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zustehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde verkenne im angefochtenen Bescheid, daß die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei im gegenständlichen Verfahren sich aus zwei Aspekten ergebe, nämlich zum einen aus § 29 Abs. 5 Z. 3 (gemeint offenbar Z. 4) AWG und zum anderen aus ihrer Stellung als Eigentümer von Nachbargrundstücken der geplanten Anlage. Die Parteistellung nach § 29 Abs. 5 Z. 3 (Z. 4) AWG sei als solche zu verstehen, die der Standortgemeinde eine unbeschränkte Parteistellung hinsichtlich der Wahrung sämtlicher Interessen der Standortgemeinde einräume, wie z.B. zur Wahrung sämtlicher vitaler Interessen ihrer Bürger wie Leben und Gesundheit, die Geltendmachung von Planungsinteressen usw. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde habe die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren sehr wohl die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend gemacht. Die erfolgte Aufspaltung der Bewilligung für die Anlage der mP sei rechtwidrig. Im Verfahren sei den Behörden auch eine Reihe - näher bezeichneter - Verfahrensmängel unterlaufen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 29 Abs. 5 AWG haben im Verfahren zur Genehmigung für besondere Abfall- und Altölbehandlungsanlagen Parteistellung:

  1. 1. der Antragsteller
  2. 2. die betroffenen Grundeigentümer
  3. 3. die Inhaber rechtmäßig geübter Wassernutzungen gemäß § 12 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959

    4. die Gemeinde des Standortes und die unmittelbar angrenzenden Gemeinden der Behandlungsanlage

    5. das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1974

    6. Nachbarn (§ 75 Abs. 2 und 3 Gewerbeordnung 1973), die Einwendungen gemäß Abs. 4 innerhalb der sechswöchigen Frist erhoben haben.

    Der im § 29 Abs. 5 Z. 6 erwähnte Abs. 4 des § 29 AWG enthält folgende Regelung:

    Wird eine Genehmigung gemäß Abs. 1 beantragt, so hat der Landeshauptmann den Antrag durch Anschlag in der Gemeinde und in einer örtlichen Zeitung öffentlich bekanntzumachen. Mit der Bekanntmachung ist eine Frist von 6 Wochen einzuräumen, innerhalb der gegen die Genehmigung der Behandlungsanlage von den Nachbarn (§ 75 Abs. 2 und 3 Gewerbeordnung 1973) begründete schriftliche Einwendungen beim Landeshauptmann eingebracht werden können.

    § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG vermittelt der Standortgemeinde - abgesehen von prozessualen Rechten - kein subjektiv-öffentliches Recht (vgl. die hg. Beschlüsse vom 28. Februar 1996, Zl. 95/07/0098, und vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/07/0123, u.a.). Würde sich die beschwerdeführende Partei nur auf ihre aus § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG erfließenden Rechte berufen, wäre die Beschwerde zurückzuweisen.

    Unabhängig von der Parteistellung gemäß § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG kann jedoch auch einer Standortgemeinde und den unmittelbar angrenzenden Gemeinden der Behandlungsanlage aus einem der anderen Rechtsgründe des § 29 Abs. 5 AWG Parteistellung zukommen, welche auch subjektiv-öffentliche Rechte und damit ein Beschwerderecht im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gewährt.

    Die beschwerdeführende Partei behauptet auch die Verletzung von Rechten, die ihr aus ihrer Stellung als Nachbar (Grundnachbar) der geplanten Anlage zustünden und wirft der belangten Behörde vor, diese habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, die beschwerdeführende Partei habe im Verfahren die Verletzung solcher subjektiv-öffentlicher Rechte nicht geltend gemacht.

    Eine Untersuchung des Verhaltens der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren zeigt jedoch, daß sie tatsächlich keine Beeinträchtigung von subjektiv-öffentlichen Rechten geltend gemacht hat, die sich aus einer allfälligen Stellung der beschwerdeführenden Partei als (Grund-)Nachbar ergeben könnten.

    Nach § 75 Abs. 2 der Gewerbeordnung - diese Bestimmung ist nach § 29 Abs. 5 Z. 6 AWG für den Begriff des Nachbarn im Sinn des AWG maßgeblich - sind Nachbarn alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

    Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren ist nicht zu entnehmen, daß und warum DIE BESCHWERDEFÜHRENDE PARTEI durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb der geplanten Anlage gefährdet oder belästigt werden könnte oder daß IHR Eigentum oder IHRE>sonstigen dinglichen Rechte gefährdet werden könnten. Insbesondere fehlt jede konkrete Bezugnahme auf ein Grundstück oder ein dingliches Recht der beschwerdeführenden Partei. Auch in der Beschwerde läßt die beschwerdeführende Partei trotz ihres Hinweises auf ihr Grundeigentum jegliche Bezugnahme auf konkrete Grundstücke vermissen. Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die beschwerdeführende Partei mit ihren Einwendungen keine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten geltend gemacht hat. Es braucht daher nicht auch noch die Frage der Rechtzeitigkeit der von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Einwendungen geprüft werden.

    Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

    Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

    BGBl. Nr. 416/1994.

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