Normen
BauO Tir 1989 §56 Abs7;
BauRallg;
LBauO Tir §45;
LBauO Tir §58;
LBauO Tir §70;
LBauO Tir §85;
BauO Tir 1989 §56 Abs7;
BauRallg;
LBauO Tir §45;
LBauO Tir §58;
LBauO Tir §70;
LBauO Tir §85;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 29. Dezember 1994 meldete der Beschwerdeführer einen näher bezeichneten Zweitwohnsitz gemäß § 16 Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 81/1993, an. Aufgrund von Erhebungen durch die Marktgemeinde S gemäß dem Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, wurden entsprechende Erhebungen bezüglich des Objektes, welches von dem genannten Antrag erfaßt war, durchgeführt. Im Zuge dieses Verfahrens gab der Beschwerdeführer an, daß das Objekt auf einer Alm stehe, die schon seit mehr als 100 Jahren bestehe, und daß seit den siebziger Jahren der ursprüngliche Wohnbereich langfristig zu Freizeit- und Erholungszwecken vermietet sei. Der Wirtschaftsteil werde weiterhin mit Vieh beschickt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde S vom 4. September 1995 wurde sodann (in Spruchpunkt I.) gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, festgestellt, daß für das gegenständliche Gebäude das Vorliegen einer Baubewilligung zu vermuten sei, daß aber (Spruchpunkt II.) das Gebäude ohne baurechtliche Bewilligung zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet werde (§ 2 Abs. 2 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994).
Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen Spruchpunkt II dieses Bescheides. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde S vom 9. November 1995 wurde diese Berufung abgewiesen. Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abwies. Begründend führt die belangte Behörde zu Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides aus, der Beschwerdeführer übersehe, daß die im Jahre 1974 geltende Tiroler Landesbauordnung eine Zweckbestimmung für bauliche Anlagen enthalte. Nach dem ersten Teil, §§ 15 ff Tiroler Landesbauordnung, sei die Konstruktion von Gebäuden bestimmten Vorschriften hinsichtlich Festigkeit, Höhe, Konstruktion von Dächern, Decken, Wänden, Rauchfängen, etc. unterworfen und einer Baubewilligung unterzogen. Nach §§ 70 ff Tiroler Landesbauordnung hätte es Vorschriften für Bauten auf dem offenen Land und im Gebirge, die ein erleichtertes Bauverfahren für solche Bauvorhaben vorgesehen hätten, gegeben. Diese Vorschriften hätten für Bauten, die u.a. "für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt und ihrem Zweck nach nicht eine besondere Festigkeit fordern", gegolten.
Nach § 85 Tiroler Landesbauordnung habe jedoch gegolten, daß, sollten auf dem offenen Lande oder im Gebirge Bauten errichtet werden, welche "ihres Zweckes wegen eine größere Festigkeit und Sicherheit erreichen wie z.B. Zinshäuser, größere Gasthöfe, so haben für solche Bauten die besonderen Vorschriften des ersten Teiles zu gelten". Eine Zusammenschau der genannten Bestimmungen ergebe, daß die Tiroler Landesbauordnung sehr wohl auch eine Zweckbindung des Gebäudes, nämlich als Alm, bewirkt habe. Es möge somit eine Baubewilligung bzw. ein vermuteter Baukonsens für eine Alm, nicht jedoch für die Verwendung des Gebäudes zu anderen als landwirtschaftlichen Zwecken vorgelegen sein. Eine Verwendung zu anderen Zwecken hätte einer Bewilligung nach der Tiroler Landesbauordnung bedurft, da das Gebäude seinem landwirtschaftlichen Verwendungszweck entzogen worden wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im einfach gesetzlich gewährleisteten Recht, das gegenständliche Gebäude weiterhin zu Ferienwohnsitzzwecken verwenden zu dürfen bzw. ohne Baubewilligung zu Ferienwohnsitzzwecken verwenden zu dürfen, geltend gemacht wird und die Verletzung des Rechtes, daß entgegen der Bestimmung des § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland nicht festgestellt werde, daß das Gebäude ohne Baubewilligung zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet werde, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der angefochtene Bescheid ist eine Vorstellungsentscheidung in einem Feststellungsverfahren gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. für Tirol Nr. 11/1994. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer in den von ihm geltend gemachten Rechten, das gegenständliche Gebäude weiterhin zu Ferienwohnsitzzwecken verwenden zu dürfen bzw. dieses ohne Baubewilligung zu Ferienwohnsitzzwecken verwenden zu dürfen verletzt sein kann, da sich das gegenständliche Verfahren nur auf die Feststellung gemäß § 2 Abs. 2 des zitierten Gesetzes bezog.
Der Beschwerdeführer kann jedenfalls in dem von ihm auch geltend gemachten Recht, daß nicht entgegen § 2 Abs. 2 des zitierten Gesetzes festgestellt werde, daß das Gebäude zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet werde, verletzt sein. Insoweit ist die Beschwerde im Ergebnis begründet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom
28. März 1996, Zl. 95/06/0265, unter Hinweis auf das Erkenntnis
vom 19. November 1981, Slg. Nr. 10.596 A, ausgeführt hat, hat
die Tiroler Landesbauordnung von 1901 keine Bestimmung des
Inhaltes enthalten, daß der Verwendungszweck von Bauten oder
Bauteilen in den Bauplänen oder im Baugesuch festzulegen sei,
ebensowenig sei eine Beschränkung des Verwendungszweckes im
Rahmen der "Erlaubnis zur Benützung des Baues" (§ 58)
vorgesehen gewesen. Eine Bewilligungspflicht für Veränderungen
des Verwendungszweckes von einem Wohnhaus für den Eigenbedarf
in einen Freizeitwohnsitz lasse sich aus der Tiroler
Landesbauordnung auch nicht aus den Vorschriften über das
Erfordernis einer Bewilligung zur "Vornahme wesentlicher
Abänderungen an bestehenden Gebäuden" (§ 45) ableiten, da nach
dieser Gesetzesstelle zu den wesentlichen Abänderungen nur
diejenigen gerechnet würden, "wodurch in irgendeiner Weise auf
die Festigkeit und Feuersicherheit des Gebäudes wie bei
Neuanlagen oder Abänderung von Feuerstätten, Öfen und
Rauchleitungen, auf die Gesundheit seiner Bewohner oder auf die
Rechte der Nachbarn Einfluß geübt wird". Auch aus § 70 der
Tiroler Landesbauordnung sei keine Bewilligungspflicht für die
Änderung des Verwendungszweckes ableitbar, weil sich diese
Bestimmung nur auf die Herstellung von Gebäuden beziehe, was
sich nicht nur aus der Verwendung des Wortes "Herstellung"
ableite, sondern auch daraus, daß Erleichterungen in bezug auf
die Statik vorgesehen waren. Wenn die belangte Behörde im
angefochtenen Bescheid nunmehr auf § 85 Tiroler
Landesbauordnung hinweist, so ist dazu auszuführen, daß für
§ 85 Tiroler Landesbauordnung das gleiche gelten muß wie für
§ 70 Tiroler Landesbauordnung. Der Umstand, daß bestimmte
Bauten auf dem offenen Lande oder im Gebirge einer
Baubewilligung bedurften, bedeutet nicht, daß die Änderung des
Verwendungszwecks des Wohnteils eines Almgebäudes
bewilligungspflichtig gewesen wäre, zumal die bloße Änderung
des Verwendungszwecks des bestehenden Almgebäudes ohne bauliche
Veränderungen nicht die Bewilligungspflicht nach § 85 Tiroler
Landesbauordnung auslösen konnte. Wie die Bezugnahme in § 85
auf Zinshäuser oder große Gasthöfe zeigt, kann die im
Beschwerdefall vorliegende Verwendungsänderung die
Bewilligungspflicht nach dieser Gesetzesstelle keinesfalls
ausgelöst haben.
Im Jahre 1974 war somit der Umstand, daß der Wohnteil eines Almgebäudes nunmehr als Freizeitwohnsitz oder Ferienwohnung benützt wurde, von keiner Baubewilligungspflicht nach der Tiroler Landesbauordnung erfaßt.
Mit der 3. Bauordnungsnovelle 1988 wurde die Bestimmung des § 56 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung eingeführt. Diese Bestimmung trat am 1. März 1989 in Kraft und hat nachstehenden Wortlaut:
"Die Verwendung eines nach früheren baurechtlichen Vorschriften errichteten Gebäudes oder Teiles davon zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck bedarf, wenn diese Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann, einer Baubewilligung."
Aus dieser Bestimmung geht hervor, daß die bauordnungsgemäße Benützung jene ist, die sich aus dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck ergibt (vgl. das genannte Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0265). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis hervorgehoben hat, bedeutet die dargestellte Rechtslage, daß die Änderung des Verwendungszweckes eines nach der Tiroler Landesbauordnung als konsentiert anzusehenden Wohngebäudes in "Freizeitwohnung" irrelevant war, weil dieser Verwendungszweck in dem Begriff "Wohnzweck" seine Deckung finde. Erst wenn der erkennbare Zweck überschritten sei, sei gemäß § 56 Abs. 7 TBO eine Baubewilligung erforderlich.
Gleiches gilt auch im Beschwerdefall. Auch im Falle der Verwendung eines ursprünglich als Almhütte errichteten und nach der Tiroler Landesbauordnung als konsentiert anzusehenden Gebäudes als Freizeitwohnsitz liegt keine Änderung des aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweckes vor. Dies ergibt sich daraus, daß auch eine Almhütte während der Sommermonate Wohnzwecken diente. Eine Änderung des aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweckes liegt daher auch im Beschwerdefall nicht vor.
Es ist daher davon auszugehen, daß das in Rede stehende Gebäude für einen Zweck verwendet wird, der aus der Zweckbestimmung hervorgeht.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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