Spruch:
Gemäß § 42 Abs. 4 und § 62 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG wird der Devolutionsantrag vom 25. November 1994 als unzulässig zurückgewiesen.
Die Gemeinde Puch hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 10.330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. April 1990 wurde dem Ehepaar W als Eigentümer der an das Grundstück der Beschwerdeführerin angrenzenden Liegenschaft U-Straße 179 in P die Baubewilligung für diverse Umbaumaßnahmen erteilt. Im Zuge der Bauausführung machte die Beschwerdeführerin die Baubehörde erster Instanz auf nicht konsensgemäß durchgeführte Baumaßnahmen aufmerksam. Mit Eingabe vom 6. November 1991 suchte das Ehepaar W sodann um Bewilligung diverser Abänderungen, mit Eingabe vom 24. Juni 1993 suchte es um die Bewilligung der Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes an, da eine behördliche Überprüfung ergeben habe, daß der im ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 10. April 1990 festgelegte Mindestabstand von 4,0 m nicht eingehalten worden sei. Über diese Anträge fand am 29. September 1993 eine mündliche Verhandlung statt. Im Rahmen dieser Verhandlung, deren Gegenstand der Antrag auf Abänderung der Baubewilligung vom 10. April 1990 unter gleichzeitiger Einbeziehung des Antrags auf Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes war, machte die Beschwerdeführerin die Verletzung der Vorschrift des § 25 Abs. 3 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz geltend.
Am 25. November 1994 stellte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag bei der belangten Behörde als sachlich in Betracht kommender Oberbehörde. Darin nahm sie auf die "Bauverhandlung vom 29.9.1993" bezug und "ersuchte", alle in einer näher genannten Überprüfung "aufgezeichneten Überschreitungen" in das Verfahren miteinzubeziehen.
Am 15. Jänner 1996 erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Säumnisbeschwerde und beantragte eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über das vom Ehepaar W am 6. November 1991 gestellte Baubewilligungsansuchen und das Ansuchen vom 24. Juni 1993 und "über die Eingabe(n?) der Beschwerdeführerin" (eine nähere Angabe, um welche Eingabe(n) es sich hiebei handeln sollte, enthält die Beschwerde nicht).
Die belangte Behörde hat trotz Urgenz durch den Verwaltungsgerichtshof keine Stellungnahme abgegeben und keine Verwaltungsakten vorgelegt.
Die Säumnisbeschwerde ist zulässig.
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war (nachem die oberste im Verwaltungsverfahren anrufbare Verwaltungsbehörde oder der Unabhängige Verwaltungssenat angerufen wurde; § 27 VwGG). Jede Partei hat Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist. Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung ihres Antrages oder ihrer Berufung vorliegen. Die vorliegende Säumnisbeschwerde bezieht sich auf die Säumnis der Gemeindevertretung der Gemeinde P hinsichtlich des Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin vom 25. November 1994. Diesbezüglich bestand die Entscheidungspflicht der belangten Behörde, gleichgültig in welcher Form über den Antrag zu entscheiden war (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Beschluß nämlich ausgesprochen hat, ist gemäß Art. 132 B-VG ein Antragsteller beschwerdeberechtigt, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, auch wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann.
Der Verwaltungsgerichtshof ist daher - da eine Entscheidung der belangten Behörde über den Devolutionsantrag auch nach Einbringung der Beschwerde nicht ergangen ist - zuständig, in der (Verwaltungs-)Sache über diesen Devolutionsantrag zu entscheiden.
Der gegenständliche Devolutionsantrag nennt zwar nicht ausdrücklich das Verfahren oder den Antrag, auf welchen er sich bezieht. Aus der Erwähnung einer bestimmten mündlichen Verhandlung und der Wendung "daß ... ich daher den Fall an Sie als nächste Instanz zur Erledigung übergebe" ist aber erkennbar, daß er sich (jedenfalls) auf die in der genannten mündlichen Verhandlung gegenständlichen Anträge der mitbeteiligten Parteien bezogen hat.
Der Devolutionsantrag ist jedoch insofern unzulässig, da der Nachbar im Bauverfahren in der Regel nicht die Entscheidungspflicht geltend machen kann, solange über ein Bauansuchen oder im Zusammenhang damit stehende Einwendungen eines Nachbarn kein Bescheid ergangen ist. Vor der Entscheidung der Behörde erster Instanz kann somit nur der Bauwerber die Entscheidungspflicht geltend machen. Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Nachbarn ist nämlich im allgemeinen nur dann gegeben, wenn eine Baubewilligung erteilt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Mai 1994, Zl. 92/05/0268, und vom 30. Juni 1994, Zl. 93/06/0176). Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, aufgrund des Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin in der Verwaltungssache inhaltlich zu entscheiden; sie hätte vielmehr den Devolutionsantrag zurückzuweisen gehabt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1987, zur Zl. 87/07/0092, sowie vom 2. Oktober 1989, zur Zl. 88/04/0336). Auch soweit mit der in der Beschwerde verwendeten Formulierung betreffend die "Eingaben" der Beschwerdeführerin die Stellungnahmen gegen das ausgeführte Bauvorhaben zu verstehen sind und es insofern teilweise um Einwendungen im Sinne des § 42 AVG geht, bestand somit keine Entscheidungspflicht.
Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob der Devolutionsantrag vom 25. November 1994 sich auch auf andere "Anbringen" der Beschwerdeführerin bezog, da auch in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde nicht behauptet wird, daß die Beschwerdeführerin Anträge an die Baubehörden gestellt hätte, die eine Entscheidungspflicht der Baubehörden ausgelöst hätten. Die Eingaben der Beschwerdeführerin betrafen Mitteilungen an die Baubehörden hinsichtlich der nicht konsensgemäßen Ausführung eines Bauvorhabens, Ersuchen um Überprüfung der Ausführung des Bauvorhabens und Stellungnahmen zur Zulässigkeit des von den Mitbeteiligten ausgeführten Bauvorhabens. Eine Entscheidungspflicht der Behörde war daher selbst unter Zugrundelegung der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde auch insoweit nicht gegeben.
Daraus folgt, daß der verfahrensgegenständliche Devolutionsantrag infolge fehlender Entscheidungspflicht jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen war und ist (vgl. auch Winkelhofer, Säumnis von Verwaltungsbehörden, 86f.).
Aufgrund der zulässigerweise erhobenen Säumnisbeschwerde ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Devolutionsantrag gemäß § 27 in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Es war daher die Zurückweisung des Devolutionsantrages vom 25. November 1994 auszusprechen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrags auf § 47 in Verbindung mit § 55 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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