VwGH 96/05/0069

VwGH96/05/006927.8.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Prof. Mag. WF und 2. der Prof. Mag. MF, beide in W, vertreten durch G, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. Jänner 1996, Zl. 8 BauR1-336/1/1995, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1.) Gemeinde Steindorf am Ossiacher See, vertreten durch den Bürgermeister,

2.) Dipl.-Ing. JK, B), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Krnt 1992 §21 Abs5;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §4 Abs2;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §4;
Bebauungsplan Steindorf am Ossiachersee 1993 §8 Abs4;
GdPlanungsG Krnt 1982 §14 Abs1 litf;
VwRallg;
AVG §8;
BauO Krnt 1992 §21 Abs5;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §4 Abs2;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §4;
Bebauungsplan Steindorf am Ossiachersee 1993 §8 Abs4;
GdPlanungsG Krnt 1982 §14 Abs1 litf;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 18. August 1994 eingelangten Ansuchen der zweitmitbeteiligten Partei wurde die Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes auf der Parzelle 248/2, KG X, welche im "Bauland-Dorfgebiet" liegt, beantragt. Auf Grund der vorgelegten Baubeschreibung "sollen zwei überdachte Abstellplätze (Carports), eine Ablage und eine kleine Sauna samt Ruheraum plus WC mit Handwaschbecken sowie eine Dusche errichtet werden".

Für das gesamte Gemeindegebiet der Gemeinde B besteht auf Grund der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Steindorf vom 30. März 1993, Zl. 031-2/1993/Kr, ein "textlicher Bebauungsplan".

Nach Durchführung des Vorprüfungsverfahrens gemäß § 11 der Kärntner Bauordnung beantragte der Zweitmitbeteiligte mit Eingabe vom 15. März 1995 (neuerlich) die Baugenehmigung für dieses Nebengebäude. Das laut beigelegter Baubeschreibung 68,60 m2 große Nebengebäude soll aus einem Carport für zwei PKWs (40,21 m2) und einem Abstellbereich mit Holzlage, Abstellraum und Sauna mit Naßgruppe (28,39 m2) bestehen und in naturbelassener Holz- (Ständerbau-)-Konstruktion errichtet werden. Für das gemeinsame Flachdach ist eine extensive Begrünung ("Gründach") vorgesehen. Das 16,4 m lange und 4,70 m breite Bauwerk soll 2,35 m hoch sein. Projektsgemäß befindet sich die Längsseite dieses Bauwerkes vom Grundstück Nr. 247/2 des Erstbeschwerdeführers 0,8 m weit entfernt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. April 1995 sprachen sich die Beschwerdeführer gegen die Errichtung der beantragten Baumaßnahmen deshalb aus, weil die im Plan vorgesehenen Abstände zur Grundgrenze "entsprechend den Kärntner Bauvorschriften und des Bebauungsplanes" zu gering seien. Eine Sauna dürfe innerhalb des Abstandsbereiches von 3 m nicht errichtet werden. Der Entlüftungsschacht der Sauna befinde sich direkt unter dem Schlafzimmer ihres Hauses; diesbezüglich müsse ein amtsärztliches Gutachten eingeholt werden. Gesundheitliche, ökologische und die Bausubstanz ihres Hauses betreffende Belange seien zu berücksichtigen. Eine in der Sauna vorgesehene Feuerstätte in unmittelbarer Nähe ihres Hauses stelle eine Gefährdung im Falle eines Brandes dar.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 29. Juni 1995 wurde die beantragte Baubewilligung unter Auflagen erteilt. Gemäß § 8 Abs. 4 des textlichen Bebauungsplanes könnten für das Gemeindegebiet der erstmitbeteiligten Partei in den Abstandsflächen zu den Grundstücksgrenzen Nebengebäude und Garagen errichtet werden, wenn sie nicht höher als 3 m über dem angrenzenden Gelände zu liegen kämen. Entsprechend der Planung weise das Nebengebäude eine Gesamthöhe von 2,48 m auf und entsprächen somit die Abstände dem Bebauungsplan.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der erstmitbeteiligten Partei vom 13. Oktober 1995 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die Errichtung von Nebengebäuden sei im 3 m-Bauwich zur Baugrundgrenze erlaubt.

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. Jänner 1996 wurde der Bescheid des Gemeindevorstandes der erstmitbeteiligten Partei "soweit sich die Angelegenheit auf EK bezieht" aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Steindorf am Ossiacher See zurückverwiesen. Im übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Abweichend von den Regelungen der Kärntner Bauvorschriften bestimme der hier anzuwendende Bebauungsplan, daß in den Abstandsflächen zu den Grundstücksgrenzen Nebengebäude und Garagen errichtet werden dürften, wenn sie nicht höher als 3 m über dem angrenzenden Gelände lägen. Das gegenständliche Bauvorhaben weise plangemäß eine Höhe von 2,48 m auf. Eine gemäß § 6 Abs. 2 lit. b der Kärntner Bauvorschriften vergleichbare Bestimmung, daß ein Nebengebäude nur etwa der Größe und der Form einer Einzelgarage entsprechen dürfe, enthalte der Bebauungsplan nicht. Auch eine Unvereinbarkeit eines Nebengebäudes mit einem Aufenthaltsraum könne nicht festgestellt werden. Wenn nach dem Bebauungsplan die Errichtung eines Nebengebäudes in Abstandsflächen zulässig sei und die einzige Einschränkung nur darin bestünde, daß dieses Nebengebäude nicht höher als 3 m sein dürfe, sei auch die Auffassung der Beschwerdeführer verfehlt, daß eine Feuerstätte in einem Nebengebäude in den Abstandsflächen nicht errichtet werden dürfe. Inwiefern Interessen der Feuersicherheit beeinträchtigt würden, hätten die Beschwerdeführer nicht dargetan. Sie seien auch dem Hinweis in der Begründung des Berufungsbescheides, daß eine Feuerstätte im vorliegenden Plan nicht vorgesehen sei, nicht entgegengetreten. Da EK als Bauwerberin nicht aufgetreten sei, erweise sich der Baubewilligungsbescheid, insofern er sich auch auf diese beziehe, als rechtswidrig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung der beantragten Baubewilligung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. In der Beschwerde wird als Rechtswidrigkeit gerügt, die Verordnung des textlichen Bebauungsplanes der erstmitbeteiligten Partei sei gesetzwidrig, weil sie sich nicht an die Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften halte. In einem textlichen Bebauungsplan könnten im Wege einer Verordnung nur Abstände bestimmt, es könnte aber entgegen den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften nicht auch normiert werden, welche Gebäude in diesen Abstandsflächen errichtet werden dürften. Der Bebauungsplan der erstmitbeteiligten Partei stehe somit mit § 6 Abs. 2 der Kärntner Bauvorschriften in Widerspruch. Dem Bauwerber werde auch eine Sauna mit Naßgruppe bewilligt. Eine solche müsse eine Feuerstätte enthalten. Von einer Sauna gingen daher wegen der vorhandenen Feuerstätte besondere Gefahren für den Grundnachbarn aus. Die Errichtung einer Sauna sowie einer Feuerstätte in der Abstandsfläche widerspräche daher dem Gesetz.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der hier anzuwendende textliche Bebauungsplan der erstmitbeteiligten Partei hat - auszugsweise, soweit für das Beschwerdeverfahren maßgeblich - folgenden Wortlaut:

"§ 3

Bebauungsweise

Als Bebauungsweise ist die offene, halboffene und

geschlossene Bebauung zulässig.

...

§ 8

Baulinien

(1) Baulinien sind jene Grenzlinien eines Baugrundstückes, innerhalb der Gebäude errichtet werden dürfen.

Die Baulinien von Gebäuden sind entsprechend der Kärntner Bauvorschriften, soferne in anderen landesrechtlichen oder bundesrechtlichen Vorschriften nicht größere Abstände vorgeschrieben sind, festzulegen.

...

(4) In den Abstandsflächen zu Grundstücksgrenzen dürfen Nebengebäude und Garagen errichtet werden, wenn sie nicht höher als 3 m über dem angrenzenden Gelände liegen.

..."

Gemäß § 4 Abs. 1 der Kärntner Bauvorschriften sind oberirdische Gebäude und sonstige bauliche Anlagen entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder so anzuordnen, daß sie voneinander und von der Grundstücksgrenze einen ausreichenden Abstand haben. Der Abstand ist in Abstandsflächen (§ 5) auszudrücken.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind die Bestimmungen des Abs. 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 nicht anzuwenden, wenn und soweit in einem Bebauungsplan Abstände festgelegt sind.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen ist der Abstand oberirdischer Gebäude und baulicher Anlagen voneinander und von der Grundstücksgrenze nach den Bestimmungen der §§ 5 bis 10 so festzulegen, daß

  1. a) jener Freiraum gewahrt bleibt, der zur angemessenen Nutzung von Grundstücken und Gebäuden auf dem zu bebauenden Grundstück und auf den Nachbargrundstücken erforderlich ist;
  2. b) eine nach Art des Vorhabens ausreichende Belüftung möglich ist und
  3. c) Interessen der Sicherheit und des Schutzes des Ortsbildes nicht verletzt werden.

Bestimmungen über die Abstände von Grundstücksgrenzen und von Gebäuden im Sinne des § 21 Abs. 5 Kärntner Bauordnung, welche auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen, ergeben sich entweder aus den §§ 4 bis 10 der Kärntner Bauvorschriften oder aus einem Bebauungsplan (vgl. hiezu auch § 14 Abs. 1 lit. f des Gemeindeplanungsgesetzes). In einem Bebauungsplan können abweichend von § 4 der Kärntner Bauvorschriften Abstände festgesetzt werden. § 8 Abs. 4 des hier anzuwendenden textlichen Bebauungsplanes der Gemeinde Steindorf stellt eine Abstandsregelung im Bebauungsplan im Sinne des § 4 Abs. 2 der Kärntner Bauvorschriften dar (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 96/05/0108) und bildet in bezug auf Nebengebäude hinsichtlich der zu den Grundstücksgrenzen einzuhaltenden Abstände eine lex specialis. Die Errichtung von Nebengebäuden und Garagen, sofern sie nicht höher als 3 m über dem angrenzenden Gelände liegen, dürfen demnach auch innerhalb von Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze hin errichtet werden (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0041). Die in einem Bebauungsplan festgesetzten Baulinien (Abstände) ersetzen gemäß § 4 Abs. 2 der Kärntner Bauvorschriften die Vorschriften des § 4 Abs. 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 dieses Gesetzes. Solche Regelungen des Bebauungsplanes können sich auf sämtliche Gebäude beziehen und können daher jedenfalls auch für Nebengebäude von anderen baulichen Anlagen abweichende Regelungen vorsehen. Die von den Beschwerdeführern vertretene, unbegründet gebliebene gegenteilige Rechtsansicht ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Da - wie oben ausgeführt - ein Bebauungsplan, welcher Abstände im Sinne des § 4 Abs. 1 erster Satz der Kärntner Bauvorschriften festlegt, die Anwendbarkeit der Abstandsvorschriften des § 4 Abs. 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 Kärntner Bauvorschriften ausschließt, bedarf es auch keiner weiteren Erörterung darüber, ob die im gegenständlichen Fall bewilligte Sauna ein Aufenthaltsraum ist und eine Feuerstätte enthält, welche den Abstandsvorschriften des § 6 Abs. 2 lit. b Kärntner Bauvorschriften widerspricht. Nach § 8 Abs. 4 des hier anzuwendenden textlichen Bebauungsplanes ist allein maßgeblich, ob das in den Abstandsflächen zu den Grundstücksgrenzen zu errichtende Gebäude ein Nebengebäude im Sinne der hier anzuwendenden Bebauungsplanverordnung ist, welches nicht höher als 3 m über dem angrenzenden Gelände liegt. Unter Nebengebäude wird grundsätzlich ein Gebäude verstanden, das zu einem anderen, dem Hauptgebäude, hinzukommt (vgl. auch Krzizek, System des Österreichischen Baurechts I, S 15), das also in der Regel im Vergleich zum gegebenen oder voraussehbaren Hauptgebäude nur untergeordnete Bedeutung hat und demnach im allgemeinen nicht Wohnzwecken dient. Daß das bewilligte Projekt ein Nebengebäude im Sinne der hier anzuwendenden Rechtslage ist, wurde von den Beschwerdeführern nicht bestritten und bestehen an der von den Baubehörden und der belangten Behörde diesbezüglich vertretenen Rechtsansicht seitens des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken. Da von der baubehördlichen Bewilligung eine Feuerstätte nicht erfaßt ist, geht der Einwand der Beschwerdeführer, eine Feuerstätte in unmittelbarer Nähe ihres Hauses stelle eine Gefährdung für ihr Objekt im Falle eines Brandes dar, ins Leere.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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